Zum Schluss noch ein paar Worte zu der Formulierung in der Begründung zur Aktuellen Debatte der AfD-Fraktion: „trauriger erster Platz bei den Gewaltdelikten“. Die durch die Kriminalität verursachte Gefährdung der Bevölkerung wird durch die Häufigkeitszahl festgestellt, die angibt, wie viele Straftaten pro 100 000 Einwohner registriert wurden.
Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für das Jahr 2016 pro 100 000 Einwohner in Sachsen-Anhalt 256,7 Gewaltdelikte auf. Ein Blick auf die Häufigkeitszahlen anderer Flächenländer zeigt, dass das Saarland mit 274 und Nordrhein-Westfalen mit 272,6 Gewaltdelikten diese Statistik anführen. Sachsen-Anhalt folgt auf dem dritten Platz. Niedersachsen reiht sich mit 243,1 Gewaltstraftaten pro 100 000 Einwohner auf dem vierten Platz ein. Unter Berücksichtigung der drei Stadtstaaten ran
Ich will das nicht relativieren, aber zumindest klarmachen, dass die von Ihnen behauptete Tatsache, dass wir an erster Stelle stünden, definitiv falsch ist.
Eine weitere Betrachtung der Häufigkeitszahlen zeigt auch, dass in allen Bundesländern die Anzahl der Gewaltdelikte steigt. Das macht es nicht besser, aber es ist kein singuläres Ergebnis unseres Bundeslandes.
Die Ursachen für den in der polizeilichen Kriminalstatistik ausgewiesenen Anstieg der Fallzahlen der Gewaltkriminalität sind vielschichtig. Jetzt kommen wir zu den Ursachen: Zum einen wird heute in der Gesellschaft viel mehr über Gewalt diskutiert und darüber aufgeklärt. Das hat sicherlich dazu beigetragen, dass Opfer von Gewalt häufiger als früher bereit sind, dies bei der Polizei anzuzeigen, also ein verändertes Anzeigeverhalten.
In Sachsen-Anhalt standen in mehr als 40 % der Fälle Tatverdächtige und Opfer in einer sozialen Beziehung zueinander.
Zum anderen spricht einiges auch für einen negativen Wertewandel in Teilen unserer Gesellschaft. Diese sprichwörtliche Verrohung ist nicht nur ein polizeiliches Problem, sondern eher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Dies haben wir im Blick und nehmen die Entwicklung ernst. So steht sprachliche Enthemmung oftmals am Anfang späterer Gewalt. Vor diesem Hintergrund wird das Landeskriminalamt eine Internetstreife aufbauen.
Durch zielgerichtete Recherchen sollen Hasspostings schneller erkannt, angezeigt und letztlich verfolgt werden. Eine entsprechende Konzeption liegt bereits vor, soll jedoch auf Anregung des Landesbeauftragten für den Datenschutz in einigen wenigen Punkten überarbeitet werden.
Gleichwohl hat dieser bereits erkennen lassen, dass er keine grundsätzlichen Bedenken gegen dieses Vorhaben hat. Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir mit der Internetstreife nach einer nochmaligen Vorlage des Konzepts beim Landesdatenschutzbeauftragten zügig beginnen können.
Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass ich anstrebe, der Zusammenarbeit der Polizei mit den Kommunen einen neuen Impuls zu geben. Dies betrifft Sicherheitspartnerschaften ebenso wie kriminalpräventive Gremien. Auch zu diesem Vor
haben habe ich bereits positive Rückmeldungen erhalten. Sowohl der Landkreistag als auch der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalts stehen einer verbesserten Zusammenarbeit sehr aufgeschlossen gegenüber. Gegenwärtig werden dazu Einzelheiten abgestimmt.
In welchem Umfang diese Zusammenarbeit auch einen Beitrag leisten wird, um die Kriminalität zu senken, bleibt abzuwarten. Allerdings verspreche ich mir davon, dass durch ein noch stärkeres gemeinsames Engagement Hotspots von Ordnungsstörern und einzelne Kriminalitätsschwerpunkte besser entschärft werden können.
Darüber hinaus werden wir in den kommenden Jahren die Sach- und Personalausstattung der Polizei konsequent verbessern und die Prävention intensivieren. Darüber sprachen wir heute Morgen schon an anderer Stelle.
Trotz all dieser Bemühungen bleibt es gleichwohl eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, gegen Kriminalität im Allgemeinen und Gewaltkriminalität im Speziellen vorzugehen. Die Polizei ist lediglich ein Akteur von vielen, wenn auch ein bedeutender. - Herzlichen Dank.
Danke, Herr Minister. - Ich sehe keine Nachfragen. Demzufolge können wir in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Bevor wir das machen, wollen wir aber noch zwei Besuchergruppen begrüßen, zum einen auf unserer Besuchertribüne Damen der Selbsthilfegruppe für Tumorerkrankungen in Sandersdorf. Herzlich willkommen bei uns!
Zum anderen begrüßen wir sowohl auf unserer Besuchertribüne als auch auf unserer Pressetribüne Schülerinnen und Schüler der Ganztagsschule Burgbreite aus Wernigerode. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Herren von der AfD! Als der erste Entwurf der Tagesordnung letzte Woche Donnerstag vorlag, kannte ich zunächst nur Ihre martialische Überschrift für die Aktuelle Debatte - ich zitiere -: „Zunehmende Verrohung und Gewalttaten“. Mir war klar, das lief irgendwie als Redner auf mich zu. Meine Gedanken kreisten, was man dazu sagen kann.
Mir fiel ziemlich schnell ein - wie sagt Ihre noch amtierende Bundesvorsitzende immer? ich glaube: Pinocchiopresse -, der Pinocchiopresse war jüngst Folgendes zu entnehmen - ich will das einmal zitieren -:
„Spätestens seit seiner Dresdner Rede über die Herstellung von Mischvölkern ist Jens Maier bundesweit bekannt. Auf einem Treffen des ‚Compact‘-Magazins legte der sächsische AfD-Bundestagskandidat nun nach. Das Attentat des Rechtsterroristen Anders Breivik aus dem Jahr 2011 gilt als einer der schwersten Terrorakte, die Europa in den vergangenen Jahren erlebte. Breivik, der sich in der Folge der Anschläge mehrfach zum Rechtsextremismus bekannte, zündete zunächst im Zentrum der norwegischen Hauptstadt Oslo eine Autobombe und erschoss danach auf der Ferieninsel Utøya 69 Menschen - die meisten davon Gäste eines Feriencamps der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Norwegens. Insgesamt starben 77 Menschen, Breivik wurde im Jahr 2012 zu 21 Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.
Für Jens Maier, der erst vor wenigen Wochen auf Listenplatz 2 des sächsischen AfD-Landesverbandes für die im September anstehende Bundestagswahl gewählt wurde, ist Breivik vor allem eines: ein Opfer der herrschenden Umstände.“
„erklärte Maier am Mittwochabend während einer Veranstaltung des neurechten Magazins ‚Compact‘ unweit von Pirna.“
Werte Kollegen von der AfD! Das sind Leute, die Sie in Ihren Reihen dulden, die einen Massenmörder damit rechtfertigen, dass er aus Verzweiflung dazu gekommen sei, dass er die sozialdemokratische Jugend in einem Feriencamp ausgelöscht habe. Schämen Sie sich!
Ich bin Ihnen aber durchaus auch dankbar für die Aktuelle Debatte über die Sicherheitslage in Sachsen-Anhalt, weil Sicherheit ein Thema ist, das für die Koalition und auch für uns als Sozialdemokraten in besonderer Weise wichtig ist; denn wir wissen, dass sich Sicherheit nur Reiche kaufen können, normale Menschen nicht. Sie
Sozialdemokraten wissen weiter, innere Sicherheit erreicht man nur in der Kombination von Prävention und Repression. Investitionen in die Prävention, in den sozialen Zusammenhang unseres Landes sind ebenso notwendig wie die Stärkung unserer Sicherheitsbehörden.
Wo gesetzgeberischer Handlungsbedarf zur Verhütung von Kriminalität besteht, wie zum Beispiel bei verstärkter Videoüberwachung öffentlicher Räume auf der Bundesebene oder auch bei der Aufnahme der sogenannten elektronischen Fußfessel in unser Landespolizeirecht, wird sich die SPD diesem nicht verschließen.
Man muss die Lagebilder, auch die der Gewaltkriminalität, nüchtern analysieren und die Polizei, aber auch die Justiz in die Lage versetzen, reagieren und insbesondere auch mit der technischen Entwicklung der Kriminellen Schritt halten zu können. Dabei muss man auch Vertrauen in die Polizei haben.
Wer bei jeder neuen Eingriffsermächtigung für die Polizei gleich wieder an Missbrauch denkt, der sollte sein Staatsverständnis überprüfen. Ohne Vertrauen in die Gesetzmäßigkeit des Handelns staatlicher Institutionen könnten wir unsere Arbeit als Gesetzgeber aufgeben.
Herr Erben, warten Sie bitte einmal ganz kurz. - Werte Kolleginnen und Kollegen, angefangen von der Regierungsbank, würden Sie dem Redner bitte einmal zuhören oder zumindest nicht so laut reden, dass es die anderen können. - Danke.
Alles klar. Das schaffe ich. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir liegt es daran, an dieser Stelle zu unterstreichen, dass unsere Polizistinnen und Polizisten zur Demokratie stehen. Sie haben kein Haltungsproblem. Wir können darauf vertrauen, dass uns unsere Polizei und auch die Justiz im Rahmen der Gesetze so gut schützen, wie sie irgend können.
Unsere Polizistinnen und Polizisten setzen sich tagtäglich, oft unter Inkaufnahme von Gefahren und Bedrohung, für die Sicherheit von uns allen ein. Dafür gilt ihnen unser herzlicher Dank.