Protokoll der Sitzung vom 05.05.2017

Ich sehe das im Moment im Bereich der Bildung ein Stück weit gefährdet. Ich sehe das im Moment im Sozialbereich, wo noch keine Entscheidungen getroffen worden sind, gefährdet allein schon aufgrund des Zeitablaufes.

Ich habe heute mit Freude gelesen, dass der Herr Finanzminister verkündet hat, dass zumindest im Sozialbereich jetzt die Entscheidung über die Bescheidung für die Träger ansteht. Das wäre, denke ich, eine gute Nachricht für die Träger.

Und ich sehe ein ganz großes Problem im Bereich der Zuschussbetriebe und der Landeseinrichtungen, wo auch erst einmal die 90 % festgeschrieben worden sind. Wie gesagt, wir haben in fast allen Landeseinrichtungen einen sehr hohen Personalkostenanteil, Herr Meister, sodass das auf deren Tätigkeit dann natürlich unmittelbare Auswirkungen hat.

Wie gesagt, es ist noch nicht allzu viel entschieden, aber es ist Zeit, Klarheit zu schaffen. Diese Klarheit wollen wir gern heute mit der Aktuellen Debatte von der Landesregierung haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Knöchel. Ich sehe keine weiteren Anfragen. - Für die Landesregierung spricht Minister Herr Schröder. Sie haben das Wort, Herr Minister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ihn erlebt, den ersten Akt des Schauspiels „Beschlossener Haushalt bereits jetzt Makulatur“, aufgeführt von der Opposition, Hauptakteur Herr Knöchel.

(Tobias Rausch, AfD: Von der Opposition? Wir sind keine Opposition?)

Nun, im zweiten Akt, stehe ich hier - und damit entwickelt sich das Schauspiel zu einem Drama.

(Hendrik Lange, DIE LINKE, lacht)

Denn nun stehe ich hier als Finanzminister quasi als Kontrapart von Herrn Knöchel. Ich habe mich angesichts dieses kontroversen Titels der Aktuellen Debatte auf eine Schlacht der Argumente gefreut - und erlebe Sie gänzlich unbewaffnet.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU - Heiterkeit und Beifall bei der AfD - Zuruf von Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE)

Fangen wir doch gleich mit dem starken Wort „Makulatur“ an. Wörtlich heißt „Makulatur“ Fleck. Ich weiß nicht, wie Ihr Haushalt aussieht; mein Haushalt hat keinen Fleck.

(André Poggenburg, AfD: Unbefleckt!)

Im übertragenen Sinne steht „Makulatur“ für ein schlecht bedrucktes, in jedem Falle aber für ein wertloses Stück Papier.

(Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE: Das ist eine scharfe Waffe!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein wertloses Stück Papier! Also, ehrlich gesagt, ein 11-Milliarden-€-Rekordhaushalt, der im laufenden Jahr 2017 gegenüber dem Istabfluss im Jahr 2016 Mehrausgaben in Höhe von 500 Millionen € vorsieht - ich wiederhole: der eine halbe Milliarde Euro Mehrausgaben vorsieht im Vergleich zum Ist des Vorjahres -, wäre mir in diesem Zusammenhang nie eingefallen.

„Makulatur“ und dieser Haushalt, das liegt ungefähr so weit voneinander entfernt wie DIE LINKE von solider Finanzpolitik.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der AfD - Zuruf von Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE)

Und jetzt überraschen Sie uns mit der Aussage, der Haushalt sei natürlich keine Makulatur, er sei ja Realität. Herr Knöchel, kommen Sie in dieser Realität, in dieser haushaltspolitischen Realität des Jahres 2017 an.

(Monika Hohmann, DIE LINKE, auf die Tri- büne weisend: Die Realität sitzt da! Die Realität sitzt dort oben!)

Das würde allerdings bedeuten, dass es doch eine Makulatur gäbe, nämlich die Drucksache für Ihre heutige Aktuelle Debatte.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Makulatur steht übrigens - das wird Ihnen natürlich entgangen sein, sonst hätten Sie die Formulierung nicht verwendet - noch für etwas anderes. Diejenigen von uns, die auch sanieren oder tapezieren, wissen: Es gibt auch eine Substanz, die sich Makulatur nennt, die beim Gestalten und Sanieren die Aufnahmefähigkeit des Untergrundes stillt und Unebenheiten, also Ungleichheiten beseitigt. Dies - das sei zu Ihrer Ehrenrettung gesagt - wäre ein noch auszuhaltendes Gleichnis.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Eigentlich hätte ich es ja wissen müssen.

(Birke Bull-Bischoff, DIE LINKE: Kommen wir jetzt mal zum Kern? - Hendrik Lange, DIE LINKE: So, und nun zu den Fakten! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Eigentlich hätte ich es ja wissen müssen; Herr Knöchel hat mich schon zitiert.

Bereits in den Haushaltsberatungen und in meiner Rede vor der Beschlussfassung habe ich tatsächlich gemahnt, das Parlament möge nicht verges

sen, dass der beschlossene Haushalt auch Minderausgaben in Gesetzescharakter kleidet und mich verpflichtet, freiwillige Leistungen des Landes zu bewirtschaften. Ja, das stimmt. Ich kann mich in diesem Zusammenhang übrigens auch gut an die Vorschläge der LINKEN erinnern, Herr Knöchel, die Sie im Finanzausschuss zum Thema GMA vorgetragen haben, die Sie übrigens nur der Höhe nach kritisieren, nicht dem Grunde nach.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Das habe ich gerade ausgeführt!)

Sie wollten aber weitere Ausgaben beschließen.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Die haben wir finanziert!)

Als Finanzierungsvorschlag geben Sie die Abschmelzung unserer Pflichtzuführung in den Pensionsfonds an.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seriöse Finanzpolitik sieht anders aus.

(Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit wir uns richtig verstehen: Dass ich als Finanzminister bei Risiken im Vollzug Maßnahmen ergreife, ist nicht nur mein Recht, es ist sogar meine Pflicht. Das bedeutet für mich vor allem, dass wir im Vollzug nicht die Konsolidierungsvereinbarung, die wir mit der Bundesregierung beschlossen haben, verletzen.

Kommen wir zu den konkreten Zahlen. Herr Knöchel, welche Ausgaben fallen eigentlich unter die Bewirtschaftungsbeschränkung? - Ich sage es Ihnen: Es ist noch nicht einmal 1 % unserer Gesamtausgaben, weniger als 1 %. Eine Haushaltssperre nach der Rasenmähermethode gibt es nicht. Wichtige investive Ausgaben, Rechtsverpflichtungen, unsere Zielvereinbarungen mit den Hochschulen, unser kommunaler Finanzausgleich - all das unterliegt keinerlei Beschränkung. Kein prioritäres Projekt dieser Landesregierung liegt auf Eis. Im Gegenteil, ich bleibe dabei: Dieser Doppelhaushalt ist ein Gestaltungshaushalt.

Gegenüber dem Haushaltsplan des Vorjahres können wir in diesem Jahr 300 Millionen € zusätzlich ausgeben. Gegenüber dem bereits bekannten Haushaltsabschluss 2016 sind es sogar 500 Millionen €. Ich sagte es bereits. Das heißt, die globale Minderausgabe ist bereits erwirtschaftet, und wir geben trotzdem eine halbe Milliarde Euro mehr aus als im Istabfluss 2016.

Ich widerspreche also Ihrer Begründung ausdrücklich. Wer bei diesen Zahlen von Makulatur spricht, der lebt nicht in der haushaltspolitischen Realität Sachsen-Anhalts im Jahr 2017.

(Beifall bei der CDU)

Die Opposition verfehlt auch ihr eigentliches Ziel und das eigentliche Thema; denn das eigentliche Thema - ich verrate Ihnen persönlich kein Geheimnis, vielleicht aber Ihrer Fraktion -, das diese Landesregierung bewegt, ist: Wie bekommen wir es hin, dass investiert, gefördert, unterstützt und entwickelt wird? Wie bekommen wir es hin, dass dieser Haushaltsplan, die beschlossenen Ansätze auf die Straße, an den Mann und an die Frau kommen? Das trifft insbesondere - jetzt lege ich den Finger in die eigene Wunde - das Thema Investitionen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres konnten nur 6,6 % der investiven Mittel abfließen.

Sie haben die vorläufige Haushaltsführung als eine Art Geschenk für den Finanzminister bezeichnet. So ein Unsinn! Der klassische Abfluss liegt in den ersten drei Monaten dieses Jahres zwischen 25 und 30 %, wie in den Vorjahren auch. Unser Problem sind die geringen investiven Mittel, die abgeflossen sind.

(Beifall bei der CDU)

Wir bewegen uns bei der vorläufigen Haushaltsführung im Nothaushaltsrecht. Ich darf gar nicht am Parlament vorbei Ausgaben tätigen. Stellen Sie das bitte richtig.

Natürlich gilt es jetzt, wo wir einen beschlossenen Haushalt haben, dass wir diese Mittelabflüsse hinbekommen und deutlich steigern. Das ist eine Aufgabe nicht nur für den Finanzminister, sondern für alle Ressorts. Mein Ziel bleibt, dass wir eine gute Investitionsquote haben. Im Haushaltsplan beträgt sie 13 %.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einer vom Gesetzgeber beauftragten Haushaltsbewirtschaftung gibt es naturgemäß immer Einzelfälle, wo es zu Schwierigkeiten kommt.

(Zuruf von Monika Hohmann, DIE LINKE)

Darauf schien der erste Akt des Schauspiels abzuzielen. Dafür haben wir - das haben Sie natürlich nicht erwähnt - als Landesregierung ein bewährtes Verfahren. Die Ressorts können für diese Einzelfälle Ausnahmen beim Finanzministerium beantragen. Gerade in dieser Woche habe ich bei verschiedenen Titeln Ausnahmeanträgen des Sozialministeriums stattgegeben und Beschränkungen im Einzelplan 05 aufgehoben. Das betrifft zum Beispiel zehn institutionell geförderte Vereine und Verbände. Natürlich - das sage ich auch zu - wird mein Haus, wird das Finanzministerium flexibel reagieren, insbesondere wenn die Einsparungen relativ gering sind und das Ressort Kompensationen an anderer Stelle anbietet.

(Eva Feußner, CDU: Das erwarten wir auch!)