Protokoll der Sitzung vom 20.06.2017

Kulturbereich - Auswertung der externen Evaluation der durch das Land SachsenAnhalt institutionell geförderten Vereine und Verbände im Kulturbereich

Große Anfrage Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/500

Antwort Landesregierung - Drs. 7/781

b) Kulturelle Verbandsarbeit in Sachsen

Anhalt stärken

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/1420

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 7/1566

Zu a): Für die Aussprache zur Großen Anfrage wurde die Debattenstruktur „D“, also eine 45-minütige Debatte, vereinbart. Eine gesonderte Einbringung des Antrages unter b) ist nicht vorgesehen.

Die Reihenfolge der Fraktionen und ihre Redezeiten sehen wie folgt aus: SPD vier Minuten, AfD zehn Minuten, GRÜNE zwei Minuten, CDU zwölf Minuten, DIE LINKE sechs Minuten.

Gemäß § 43 Abs. 6 GO.LT erteile ich zunächst der Fraktion DIE LINKE das Wort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Gebhardt. Sie haben das Wort. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht um die Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage meiner Fraktion, die sich mit der kulturellen Verbands- und Vereinsarbeit beschäftigt. Hintergrund hierfür war die externe Evaluation für die institutionell geförderten Einrichtungen im Kulturbereich, welche die Landesregierung selbst seinerzeit in Auftrag gegeben hat. In Reaktion auf die Antwort der Landesregierung bringe ich gleichzeitig den Antrag „Kulturland Sachsen-Anhalt stärken“ ein. Das Thema ist zugegebenermaßen sehr komplex.

Zuerst möchte ich mich der Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den institutionell geförderten Verbänden widmen.

Wie würde denn eine Stellenausschreibung für eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter bei einem Verein im Kunst- und Kulturbereich ungefähr aussehen? - In etwa so: einschlägige Hochschulausbildung, zwei Fremdsprachen sicher in Wort und Schrift, Erfahrungen im Kulturmanagement und in der Rechnungsführung. - Das könnten die Eckpunkte für eine Stellenausschreibung in einem Kultur- oder Kunstverein sein. Am Ende steht dann eine Eingruppierung, die in keiner Behörde Bestand hätte, und es steht ein Gehalt, das nicht selten nicht einmal dieser Eingruppierung nicht entspricht.

Meine Damen und Herren! Diese untertarifliche Bezahlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Vereinen und Verbänden ist ein Schwerpunkt im Evaluationsbericht. Diese untertarifliche Bezahlung entwertet aber das kulturelle Engagement und birgt die Gefahr eines nachhaltigen Qualitätsverlustes. Es gefährdet den Nachwuchs im Kulturmanagement und vertreibt Spezialistinnen und Spezialisten aus Sachsen-Anhalt. Es gefährdet das Kulturland Sachsen-Anhalt. Eine solche Bezahlung ist schlicht und ergreifend einfach unanständig.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit dem aktuellen Doppelhaushalt wird nunmehr ein erster Schritt unternommen, um diesen Missstand zu beseitigen. Wir begrüßen das ausdrücklich, auch wenn es spät kommt. Aber wir wollen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so eingruppiert werden, wie es die Aufgaben gebieten, die ihnen übertragen werden. Eine entsprechende Überprüfung hat die Landesregierung bereits angekündigt. Mit unserem Antrag wollen wir die Landesregierung darin ausdrücklich bestärken und unterstützen.

Meine Damen und Herren! Es dürfte in diesem Haus unstrittig sein, dass die Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts sehr viel zu bieten hat. Deshalb dürfte es auch unstrittig sein, dass diejenigen, die

diese Arbeit koordinieren und leisten und dem kulturellen Schaffen stetig neue Impulse verleihen, nicht länger hingehalten werden sollen.

Der Evaluationsbericht stammt von Oktober 2015. Unsere Große Anfrage hierzu erfolgte mehr als ein Jahr später. Wir hätten deshalb eigentlich erwartet, dass es nach mehr als einem Jahr auf konkrete Fragen auch konkrete Antworten gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber: Viele Antwortsätze der Landesregierung haben über weite Strecken noch Ankündigungscharakter. Viele Antwortsätze beinhalten: prüfen, noch nicht abgeschlossen, es wird noch beraten, es besteht noch Beratungsbedarf.

Aber, meine Damen und Herren, jetzt darf nicht nur der Mund gespitzt werden, jetzt muss auch endlich einmal gepfiffen werden, wenn wir in diesem Bereich etwas bewegen wollen.

Meine Damen und Herren! Das Kultusministerium verstärkt den Dialog mit den Künstlerinnen und Künstlern sowie mit den Vereinen und Verbänden. Das begrüßen wir ausdrücklich. Am Ende sollten dann greifbare Ergebnisse und verlässliche Abmachungen stehen.

Wir schlagen in unserem Antrag konkrete Lösungen vor. Wir regen an, neue Wege zu gehen. Denn wir sind davon überzeugt: Wer das reiche geistige und kulturelle Leben, das künstlerische Schaffen in Sachsen-Anhalt nachhaltig auf hohem Niveau sichern und weiterentwickeln will, der muss auch die kulturelle Verbandsarbeit auf eine verlässliche Grundlage stellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir leben in einer Zeit, in der kulturelle Menschheitsfragen im wahrsten Sinne des Wortes scharf und zugespitzt diskutiert werden. In diesem Diskurs sind ungewöhnlich laute Stimmen zu vernehmen, die Weltoffenheit, Aufgeklärtheit, Toleranz und kulturelle Vielfalt in heimischen Gefilden infrage stellen. Bei vielen entsteht auch das Gefühl, von Globalisierungsprozessen gnadenlos niederwalzt zu werden.

Kunst und Kultur sind hierbei Akteur, Ziel, Mittler und Spiegel. Sie sind unverzichtbar, wenn es darum geht, Demokratie, die Werte der Aufklärung, Freiheit und Gerechtigkeit sowie auch die Menschlichkeit zu verteidigen. Eine Nummer kleiner sollten wir es nicht machen.

(Beifall bei der LINKEN)

In der institutionellen Förderung sehen wir ein wirksames Instrument, das sich gerade im Bereich von Kunst und Kultur bewährt hat. Deshalb rufen wir dieses Thema auch mit einer gewissen Penetranz regelmäßig auf. Lassen Sie uns alle Möglichkeiten ausloten, um wenigstens die in un

serem Antrag genannten Vereine und Verbände in den Kreis der institutionell geförderten mit aufzunehmen.

Das trifft für den Berufsverband der bildenden Künstler genauso zu wie für den Landesverband der Bibliotheken, die Lassa, die sich um die Soziokultur kümmert, und auch das Heinrich-SchützHaus in Weißenfels. Mit Unterstützung des Bundes, des Landes, der Stadt Weißenfels selbst und weiteren Förderern ist hier eine Perle der frühbarocken Musik entstanden, welche eine überregional bedeutende Ausstrahlung hat.

(Beifall bei der LINKEN - Eva Feußner, CDU: Das stimmt!)

Es gehört in eine Reihe institutionell geförderter Einrichtungen wie das Gleim-Haus Halberstadt und die Synagoge Gröbzig. - Das kannst du ruhig noch einmal klatschen, Eva. Das stimmt.

(Beifall bei der LINKEN - Eva Feußner, CDU: Das mach ich gern!)

Senden wir doch den Kulturschaffenden in unserem Land ein klares Signal: Glanzlichter wie das Impuls-Festival, Heinrich-Schütz-Musikfest, das Neuland-Festival der freien Theater usw. usf., die weit über unsere Landesgrenzen hinaus strahlen, müssen wir pflegen und auch konsequent fördern.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die solches immer wieder auf die Beine stellen, brauchen ihre Kraft für künstlerische Kreativität und schöpferische Gestaltung. Das Einwerben des leidigen Geldes durch sie sollte etwas Entlastung erfahren. Das ist möglich, wenn wir es wollen.

Lassen Sie mich zum Schluss an Sie appellieren: Die Kulturlandschaft, das künstlerische Leben in unserem Land brauchen die Aufmerksamkeit der Politik und ihre Anerkennung. Damit zu geizen wäre sträflich. Sichern wir ihnen doch wirksamere und verlässlichere Unterstützung zu und führen wir darüber einen Diskurs.

Ich beantrage deshalb namens meiner Fraktion die Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Bildung und Kultur. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Gebhardt. - Ich wollte nur sagen: Aufgrund eines technischen Defektes haben Sie die Uhrzeit nicht gesehen. Sie hätten noch eine Redezeit von sieben Minuten gehabt. So hatte ich die Information. - Das ist korrekt. Vielen Dank.

Für die Landesregierung spricht der Staats- und Kulturminister Herr Robra. Sie haben das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin zunächst dafür dankbar, dass wir im Rahmen der Aussprache zur Großen Anfrage das Thema Kultur als ersten Tagesordnungspunkt dieser dreitägigen Sitzungsperiode behandeln können.

Ich habe auch überhaupt kein Problem, den Leitsatz, den Sie, Herr Abg. Gebhardt, Ihrem Beitrag vorangestellt haben, zu unterstreichen: Kulturland Sachsen-Anhalt stärken. Das ist genau das, was wir wollen. Das ist genau das, was wir tun, nicht nur mit dem Haushalt, sondern auch in der täglichen Praxis der Kulturarbeit meines Ministeriums und auch all derjenigen im Land, die in den institutionell geförderten und sonstigen Verbänden unterwegs sind, die kulturelle Arbeit hier im Land voranzubringen.

Wir spitzen gewiss nicht nur den Mund, sondern wir pfeifen auch. Ich kann, bezogen auf mein Hobby, geradezu sagen: Ich kann die Flötentöne allen Beteiligten hier geigen. Wir machen schon das Notwendige und mehr als das.

(Zuruf von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)

Wir wollen jetzt wirklich gemeinsam mit vielen hier im Land, die sich in der Kulturlandschaft bewegen, die kulturelle Basis festigen, das kulturelle Leben voranbringen.

Mich hat es durchaus beeindruckt, was uns vorhin Moritz Gärtner aus Dessau-Roßlau als einer der vier Youngster hier am Pult in das Stammbuch geschrieben hat: Wir sollen auch daran denken, dass die Kultur beweglich ist, dass sich die Kultur verändert, dass die Kultur auch den Bedürfnissen der jungen Menschen gerecht wird, die die Dinge heute durchaus in einem anderen Licht sehen, als wir sie gesehen haben, als wir jung waren, oder als wir sie heute sehen. Diese Offenheit der kulturellen Arbeit zu gewährleisten, ist schon eine hohe Kunst.

Das ist, wenn ich das an dieser Stelle einmal generell so sagen darf, vielleicht ein kleiner Dissens zwischen uns. Wir müssen den schmalen Grat zwischen institutioneller Verfestigung der Kulturarbeit und der Dynamik, die sich daraus ergibt, dass wir Projekte fördern, und zwar immer wieder neue Projekte, auch im Wettbewerb, die nicht wir entwickeln, sondern die andere entwickeln und an uns herantragen, die die kulturelle Landschaft im Land für junge Initiativen, für neue Initiativen öffnen, einhalten. Auch dafür müssen wir die Voraussetzungen schaffen. Auch dafür müssen wir offen sein.

(Beifall bei der CDU - Eva Feußner, CDU: Jawohl!)

Wir haben jetzt elf institutionell geförderte Verbände und Institutionen im Kulturbereich. Wir haben das in der Antwort auf die Große Anfrage im einzelnen ausgeführt. Es hat zum Teil historische Gründe, die ich gar nicht mehr nachvollziehen kann oder will, warum der eine oder andere gefördert worden ist oder nicht. Es ist auch nicht systematisch.

Wenn ich beispielsweise den mir sehr lieb gewordenen Verein Werkleitz-Gesellschaft betrachte: der passt nicht in das Schema der Querschnittsverbände hinein. Trotzdem ist es gut, dass wir ihm eine gewisse Basisförderung gewährleisten. Wenn man sich im Haushalt ansieht, was wir bei Werkleitz fördern und was Werkleitz in der Realität tatsächlich ist, dann stellen wir fest, es ist zwar mehr als der Tropfen auf den heißen Stein, aber viel mehr eben nicht.