Meine Damen und Herren! Herr Willingmann, Ihr Kerngebiet ist die Wirtschafts- und nicht die Außenpolitik. In der Wirtschaftspolitik haben Sie bisher leider keine positiven Akzente setzen können. Vielmehr fallen Sie einheimischen exportorientierten Unternehmen und deren Arbeitnehmern in den Rücken.
Sehr geehrte Damen und Herren! Frankreich hat bereits vor einigen Jahren ein Ministeramt eigens für Reindustrialisierung unseres Nachbarlandes geschaffen. Frankreich hat einen Reindustrialisierungsminister. Das Land Sachsen-Anhalt hat mit Herrn Willingmann einen Deindustrialisierungsminister,
der vorzeitige Ausstieg aus der Braunkohle verwirklicht wird und der sinnlose Einstieg in eine Debatte über 100 % Windkrafträder und ähnliche Dinge vollzogen wird. Das kann nicht sein; denn das zerstört auch unsere Automobilindustrie.
Gegen diese Entwicklung zum Schaden der arbeitenden Menschen in unserem Land werden wir uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dieses Parlaments stemmen. Wir vertreten nämlich die Interessen der einheimischen Bevölkerung, insbesondere auch die der Arbeiter und ihrer Familien. Damit Sie genau wissen, was das bedeutet: Wir sind die neue Alternative Arbeiterpartei in Sachsen-Anhalt.
Um das zu begreifen, brauchen Sie nämlich nur in die Wahlanalyse zur Landtagswahl aus dem letzten Jahr hineinzuschauen. Wir haben die meisten Stimmen generiert in den Arbeitermilieus und bei den Arbeiterfamilien, wo die SPD nur noch auf einen ganz geringen Prozentsatz gekommen ist. Wir hatten da die meisten Stimmen.
An dieser Stelle möchte ich einige Worte an den Ministerpräsidenten Herrn Haseloff richten, auch wenn er heute, jetzt im Moment, entschuldigt fehlt. Herr Haseloff laut „Epoch Times“ erklärt: Die Russlandsanktionen haben nichts bewirkt, aber insbesondere den ostdeutschen Unternehmen geschadet. Ich unterstreiche diese Aussage des Ministerpräsidenten. Er hat völlig recht. Aber dann stelle ich die Frage, wie er zulassen kann, dass sein eigener Wirtschaftsminister diesen klaren Kurs für Arbeitsplätze konterkariert und öffentlich erklärt, die Russland-Sanktionen sind berechtigt, er steht voll dahinter. Das kann nicht sein.
Meine Damen und Herren! Herr Haseloff sollte sich an seine Richtlinienkompetenz erinnern und seinen ganzen Einfluss dafür einsetzen, dass unser Bundesland Druck im Bundesrat auf die Aufhebung der Russlandsanktionen macht und dass unser Land in der Wirtschaftspolitik aktiver wird, aktiver im Herstellen von konkreten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Unternehmen unseres Landes und Unternehmen in Russland. Dafür muss man nämlich was tun und nicht einfach nur in der Öffentlichkeit erklären, ich halte mich möglichst aus dem Markt raus. Das ist nämlich die liberale Position und die taugt überhaupt nichts.
Meine Damen und Herren! Bereits im Juli 2016 äußerte sich der Chef des sächsischen Unternehmens Höft, das Förderbänder und Sortier
„Der Russlandmarkt ist ganz wichtig. Wenn wir nicht auf Tempo achten, sind da nicht nur die Chinesen auf der anderen Seite, die hereinstürmen. Ich hab es auch wieder auf der Messe in Jekaterinburg gemerkt. Unsere Politik muss sich ganz schnell ändern und Russland zuwenden, damit unsere Betriebe auch in Zukunft Absatzchancen haben.“
Genau darum geht es. Wer jetzt die Türen in Richtung Russland zuschlägt, muss sich nicht wundern, wenn wir über viele Jahre hinweg diese Kontakte verlieren und die die Tür zumachen; denn die haben Alternativen in Russland, die brauchen nicht unsere Technologien.
Wenn wir dumm sind, dann gehen wir auf diesen Weg, die Tür zuzumachen, werden nicht mit dem dortigen Gas die Energiesicherheit dieses Landes auf Perspektive sichern und werden dann auch nicht an dem großen Geschäft teilnehmen können, wenn die russische Wirtschaft modernisiert wird. Die wird modernisiert. Da können die großen Zeitungen schreiben, was sie wollen. Die sind da mächtig dabei.
Ich weise auf einen zweiten Gedanken hin: das chinesische Investitionsprogramm von 900 Milliarden € zur Errichtung einer neuen Seidenstraße. Auch da haben wir allen Anlass, als Sachsen-Anhalt Kontakte nach Russland zu haben und über Russland in diesen Markt mit einzusteigen; denn mit diesem Infrastrukturprojekt über 900 Milliarden € - die Zahlen muss man sich genau merken - werden in den kommenden Jahren Flughäfen, Straßen, Eisenbahnstrecken usw. modernisiert; das sind Aufträge, die wir in diesem Lande brauchen können, einen Teil davon.
Die Aufgabe einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik seitens der Landesregierung ist es, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass möglichst viele Unternehmen aus Sachsen-Anhalt in diesem Sinn konkret weitere Aufträge bekommen und nicht aus dem Markt rausfliegen; denn in Deutschland hängen insgesamt 300 000 deutsche Arbeitsplätze an den Wirtschaftskontakten mit Russland.
Meine Damen und Herren! Es gibt noch einen anderen prominenten Sozialdemokraten, der erkannt hat, wo die Glocken wirklich hängen.
den Russlandsanktionen. Die vom US-Senat beschlossenen neuen Sanktionen gegen Russland haben Empörung bei europäischen Sozialdemokraten ausgelöst. Außenminister Sigmar Gabriel und Österreichs Bundeskanzler Kern werfen den USA vor, wirtschaftliche Interessen zu verfolgen; denn die haben ihre Sanktionen verstärkt und erneuert. Zitat:
„der US-Gesetzentwurf, worum es eigentlich geht: um den Verkauf amerikanischen Flüssiggases und die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt.“
Das kritisieren beide Sozialdemokraten in einer gemeinsamen Erklärung. Hintergrund ist der Streit um den Bau der Nordstream-II-Pipeline, die mehr russisches Gas nach Deutschland und in die EU liefern soll.
Da sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Ich halte sonst nicht viel davon. Aber Herr Gabriel war bei Herrn Putin. Die haben gemeinsam zu Abend gegessen und haben sich stundenlang darüber unterhalten. Dem Herrn Gabriel ist sicher bewusst - er war bis vor Kurzem Wirtschaftsminister -, wie wichtig für die Energiesicherheit unseres Landes die Verbindungen zu Russland und die Gaslieferungen sind. Russland hat bis heute nie gegenüber Deutschland in irgendeiner Form Gas als Druckmittel eingesetzt.
Meine Damen und Herren! Wer diese grundsätzlichen Fragen nicht versteht und einfach das nachspricht, was die Transatlantiker in ihren Kochrezepten haben, wenn sie sich irgendwo treffen, der ist als Wirtschaftsminister in meinen Augen nicht geeignet. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Es gibt keine Fragen. - Herr Gallert, einen Moment, bitte. Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, Studentinnen und Studenten der Journalistik an der Fachhochschule Magdeburg-Stendal in unserem Hohen Hause begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!
Zu b), dem Antrag der Fraktion DIE LINKE, spricht jetzt der Abg. Herr Gallert. Herr Gallert, Sie haben das Wort.
war zu erwarten, und sie ist ein Stück weit Teil des Problems. Ja, bei dem Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Deutschland insbesondere und Russland haben wir es ökonomisch, politisch, kulturell, militärisch mit einem sehr, sehr komplexen Problem zu tun, einem so komplexen Problem, dass genau solche Debatten in einer solchen Tonalität diesem Problem nicht gerecht werden. Es gibt eben nicht so einfach den Guten und den Bösen in dieser Auseinandersetzung.
Das eigentliche Problem der politischen Debatte ist, dass sie ganz selten in der Lage ist, eben diese Komplexität zu erfassen. Häufig werden die Positionen derjenigen, die sie verkünden, aus einer ganz konkreten Motivlage heraus zu erklären sein. Das Problem ist nur, diese Motivlage wird häufig nicht offengelegt; übrigens soeben auch nicht.
Erschwert wird die Beurteilung dieses Konflikts noch dadurch, dass alle Regierungen, die an diesem Konflikt beteiligt sind, für sich eben leider nicht glaubwürdig in Anspruch nehmen können, dass sie die objektiven und sauberen Vertreter eines Völkerrechts sind. Denn - das ist das Problem - natürlich war die Krim-Annektion ein Bruch des Völkerrechts.
Die Schwierigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, besteht nur darin, dass die Regierungschefs und die politischen Vertreter, die Russland das vorwerfen, genau dasselbe auf dem Kerbholz haben. Denn nichts anderes war auch der JugoslawienKrieg. Nichts anderes waren US-amerikanische Interventionen eben auch in Afghanistan. Das ist das Problem, vor dem wir hier stehen.
Schon Gregor Gysi hatte damals im JugoslawienKrieg gesagt: Eine der Folgen von dem, was hier passiert, wird sein, dass es niemanden mehr gibt, der glaubwürdig für die reale Umsetzung des Völkerrechts sein könnte. Andere werden in die Lücke stoßen und sich das gleiche Recht herausnehmen.