Der zitierte Antrag des Saarlandes geht in die gleiche Richtung. Danach sollen Personalanhaltzahlen für den Pflegedienst verbindlich vorgegeben und in dem Entgeltsystem, den DRG, angemessen abgebildet werden, personelle Mindest
standards Eingang in die Strukturvorgaben des gemeinsamen Bundesausschusses finden, das zeitlich bis 2018 befristete Pflegeförderprogramm unbefristet weiter laufen.
Meiner Ansicht nach zielt der Gesetzentwurf der Bundesregierung in die richtige Richtung, weil er das Problem dort angeht, wo es entsteht. Durch die kürzeren Liegezeiten im Krankenhaus gibt es tatsächlich einige Bereiche, in denen sich die Pflege konzentriert. Um das Problem verursachungsgerecht anzugehen, muss also dort angesetzt und die finanzielle Unterstützung des Pflegedienstes dahin gelenkt werden, wo der Bedarf am größten ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme nun zum nächsten Teil des Antrages, der Entwicklung eines bundeseinheitlichen Verfahrens zur Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen. Das ist ein schwieriges Thema. Eine qualitativ und quantitativ belastbare Personalausstattung ist unbestritten ein wesentlicher Baustein für eine gute Qualität in der Pflege. Zudem werden mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und dem neuen Begutachtungsassessment auch neue Herausforderungen an die Pflege gestellt.
Ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren, um den Personalbedarf in den Pflegeeinrichtungen nach einheitlichen Grundsätzen qualitativ und quantitativ zu bestimmen, liegt unter Berücksichtigung der neuen Ausrichtung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs bisher nicht vor. Daher begrüße ich ausdrücklich den im § 113c SGB XI niedergelegten Auftrag, ein solches Verfahren zu entwickeln.
Allerdings bedarf es keines besonderen Hinweises an die Verantwortlichen auf Bundesebene, dass die Interessen der Pflegekräfte und der Pflegebedürftigen bei der Erarbeitung des Personalbemessungsverfahrens mit einbezogen werden und zu berücksichtigen sind. Diesen Anspruch hat der Bundesgesetzgeber bereits selbst gesetzt. So ist die Beteiligung der Verbände der Pflegeberufe bereits gesetzlich festgeschrieben.
Die Einbeziehung der auf der Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe pflegebedürftiger und behinderter Menschen ist ebenfalls explizit geregelt.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Mit dem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung weiterhin aufgefordert, auf der Landesebene eine Pflegeausbildungskampagne zur deutlichen Steigerung der Ausbildungszahlen zu initiieren. Mit dem Thema Fachkräftesicherung, speziell im Bereich der Altenpflege, hat sich das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration bereits seit Längerem befasst. Es wird mit diesem Antrag also kein Neuland betreten.
Die Ausbildungszahlen in der Gesundheits- und Krankenpflege sind seit einigen Jahren recht konstant. Betrachtet man jedoch die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege, muss leider festgestellt werden, dass diese nach dem Auslaufen von Förderungen auf der Bundesebene rückläufig sind.
Erfreulicherweise ist davon auszugehen, dass das Pflegeberufereformgesetz nun doch kommen wird. Mit dieser Reform werden viele gute Erwartungen verknüpft. Zum einen ist die Generalisierung der Ausbildung im Bereich der Pflegeberufe der richtige Schritt, um den künftigen pflegefachlichen Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft zu begegnen, zum anderen glaube ich, dass diese Generalisierung durch die Möglichkeiten der Flexibilisierung die Ausbildung und damit verbunden auch die spätere Tätigkeit in der Pflege selbst wieder attraktiver gestalten wird.
Aber der wichtigste positive Aspekt ist die mit diesem Gesetz verbundene Abschaffung des Schulgeldes und die Einführung eines Umlageverfahrens. Denn es war schon immer ungerecht, dass nur die Ausbildungsträger bzw. die Pflegebedürftigen in den Ausbildungseinrichtungen zur Finanzierung der Ausbildung zur Kasse gebeten wurden. Allerdings war es bislang wegen der gesetzlichen Rahmenvorgaben nicht möglich, eine Ausbildungsumlage einzuführen. Mit dem Pflegeberufereformgesetz wird diese rechtliche Grundlage nunmehr geschaffen.
Die personellen Kapazitäten sollten sich daher nicht auf landesrechtlichen Sonderwegen verlaufen, sondern auf die Umsetzung des neuen Pflegberufsgesetzes ausgerichtet sein, damit bis 2020 alle erforderlichen Landesverordnungen und auch sonstigen Voraussetzungen vorliegen und der Start für die neue Ausbildung gelingen kann.
Die Umsetzung des Pflegeberufereformgesetzes wird das Land vor große Herausforderungen stellen, nicht zuletzt, weil zusätzliche finanzielle Mittel gebraucht werden; denn die Schulgeldfreiheit, die akademische Ausbildung usw. kosten Geld. Wir wollen diesen Prozess mit allen Beteiligten gemeinsam gestalten; denn wir wissen, dass er nur mit möglichst großer Akzeptanz erfolgreich gelingen wird. Inwieweit es möglich ist, Bundes- und EU-Mittel für den Ausbau der Pflegeausbildung nutzbar zu machen, wird geprüft.
Zu begrüßen ist, dass die Sonderregelungen zur Förderung von Umschulungsmaßnahmen in der Altenpflege bis zum Beginn der neuen Ausbildung wahrscheinlich verlängert werden. Mit dem Inkrafttreten des Pflegeberufereformgesetzes gilt die Umschulungsförderung ohnehin dauerhaft. - Vielen Dank.
Es gibt keine Fragen. Ich danke dem Minister für die Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die CDU spricht der Abg. Herr Bönisch. Herr Bönisch, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Frau Zoschke, der Antrag klingt gut, das Ziel ist edel. Das wissen wir, darin sind wir uns einig. Es ist nur leider so, dass die Probleme so komplex sind und Ihr Lösungsvorschlag im Prinzip so schlicht ist, dass er zu schön ist, um wahr zu sein. Die Welt wäre sicherlich ein bisschen schöner, wenn man es so machen könnte, wie Sie sagen, und dann wären alle Probleme gelöst. So simpel ist es aber nicht.
Wir hatten dazu deshalb einen Alternativantrag vorbereitet, dem allerdings leider die Luft ausgegangen ist, kurz vor dem Ziel, aus formellen Gründen. So haben wir also keinen Alternativantrag. Deshalb beantrage ich jetzt hier namens der Koalitionsfraktionen die Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration.
Sie selbst haben eine ganze Menge zur Darstellung der Probleme und der aktuellen Situation gesagt. Danach - das muss man leider sagen - müssten wir sozusagen in ganz schlimmen Verhältnissen leben. Ganz so krass ist es nicht, Gott sei Dank. Gleichwohl ist das Problem, das mit Pflege verbunden ist, auf allen Ebenen durchaus schon länger im Bewusstsein aller Politiker. Und es ist doch eine ganze Menge auf den Weg gebracht worden, auf der Bundesebene und auch auf der Landesebene, wie wir gerade gehört haben.
Dazu jetzt inhaltlich weiter viel zu sagen, will ich mir verkneifen. Wir haben jetzt - das ist ja der Charme einer Überweisung in den Ausschuss - etwas mehr Zeit, inhaltlich darüber zu reden. Ich habe lange überlegt, was ich denn eigentlich hier in einer Fünfminutendebatte sagen oder worauf ich mich konzentrieren will; denn das ganze Thema - ich weiß nicht, wie lange Sie jetzt in der Einbringung gesprochen haben,
kann man in einer Fünfminutendebatte schlecht besprechen. Deswegen will ich jetzt auch gar nicht weiter versuchen, hier und da einzusteigen oder etwas zu sagen. Wir haben im Ausschuss genügend Gelegenheit dazu. Ich werde mich dann inhaltlich dazu äußern, wenn das Problem wieder hier im Plenum angekommen ist. - Für heute danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.
Es gibt auch hierzu keine Fragen. Dann spricht für die AfD der Abg. Herr Schmidt. Herr Schmidt, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen! Hohes Haus! Wir alle kennen die demografische Entwicklung und sind uns dessen bewusst, dass unsere Gesellschaft altert. Das bedeutet sowohl eine relative als auch eine absolute Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen.
Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der pflegebedürftigen Menschen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes von Dezember 2013 auf Dezember 2015 um 234 000 auf 2,86 Millionen gestiegen. In dem zugrunde liegenden Zeitraum bedeutet das eine Zunahme um 8,9 %. Dabei waren 83 % der Pflegebedürftigen älter als 64 Jahre.
Obwohl diese Entwicklung anhält, kommt es nur vereinzelt zu Verbesserungen und Anpassungen in der Pflege. Die Qualität der Pflege ist oftmals miserabel und menschenunwürdig. Diesen Vorwurf kann man den Pflegekräften selbst nicht machen. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis
kenne ich viele, die in Pflegeberufen arbeiten. Ich kenne damit Menschen, die hart arbeiten und dies auch aufgrund des Personalmangels müssen. Sie machen ihren Job trotzdem gern und mit voller Hingabe, werden aber teilweise auch selbst gesundheitlich stark belastet.
Der teilweise real existierende Mangel in der stationären Pflege führt zu einem grundlegenden Problem. Das Verhältnis von zu pflegenden Menschen zu der Zahl der pflegenden Menschen nimmt immer weiter zu. Die Folge der höheren Taktzahl ist eine Abnahme der Qualität für jeden Beteiligten. Diejenigen, die auf Pflege angewiesen sind, kriegen nicht diejenige, die sie möglicherweise benötigen - weil die Zeit fehlt. Diejenigen, die die Pflege ausüben, können sich nicht um alles kümmern, auch wenn sie das oftmals gern tun würden - weil die Zeit fehlt.
Von meinen Bekannten weiß ich, dass die Zeit pro Pflegebedürftigen oftmals nur ausreicht, um die grundlegenden Pflegehandlungen auszuführen. Ein persönliches Zwiegespräch oder die Beschäftigung mit den Menschen hinter dem Patienten ist da nicht mehr drin.
Die Pflege ist durchgetaktet, durchgeplant und vor allem durchkalkuliert. Sie ist ein gewinnbringender Industriezweig geworden. Der zu Pflegende ist nur noch Massenprodukt, an dem ein vorher definierter Prozess vollzogen wird, die Pflegekraft ist nur ausführende Arbeitskraft ohne Handlungsspielraum. Den Betreibern geht es oft nur um Kosten und Gewinn.
Aber individuelle Bedürfnisse und die Menschlichkeit bleiben dabei naturgemäß auf der Strecke. Das Problem kann also nur durch zusätzliches Personal gelöst werden. Das verursacht natürlich auch Mehrkosten und wird sicherlich auf Empfehlung umgesetzt werden. Die Verankerung einer höheren Personalquote im Gesetz ist eine Zementierung der Menschlichkeit.
Wir müssen uns die Frage stellen, wie viel uns eine menschenwürdige Pflege wert ist. Es kann immerhin auch jeden von uns treffen - wenn ich so in die Runde sehe: den einen vielleicht eher als den anderen.
Ich habe nun ein teils sehr düsteres Bild von der Pflege gezeichnet und möchte daher noch einmal etwas geraderücken. Die Pflegekräfte in unserem Land sind motiviert bei ihrem Dienst und leisten diesen vorbildlich. Es ist nicht zuletzt auch ein Dienst an der Gesellschaft. Die Missstände, die teilweise existieren, sind nicht durch sie verschuldet.
Wir hingegen haben die Möglichkeit, den Pflegekräften einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, ihre Aufgaben gewissenhaft zu erledigen. Ich bitte Sie daher darum, dem Antrag der LINKEN zuzustimmen.
Es gibt keine Fragen. Dann spricht als Nächste für die GRÜNEN Frau Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Am 15. Juni findet jährlich der Welttag gegen Diskriminierung und Misshandlung älterer Menschen statt. Zu dieser Gelegenheit hat das Zentrum für Qualität in der Pflege in der letzten Woche eine Studie vorgelegt. Hauptergebnis: Fast 50 % der befragten Pflegekräfte haben Konflikte, Aggressionen und Gewalt in Heimen erlebt und halten das für ein großes Problem.
Weitere beunruhigende Ergebnisse: 20 % der Einrichtungen halten es nicht für nötig, das Thema im Qualitätsmanagement zu benennen, in 28 % der Einrichtungen sind Gewaltvorkommnisse entsprechend auch nicht im Fehlerberichtssystem zu fin
den. Sie sind ja gar nicht eintragbar, insofern sind sie auch nicht zu finden. Und nur in der Hälfte der Einrichtungen gibt es für den Umgang mit Aggression und Gewalt extra geschultes Personal.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz geht aufgrund dieser Umfrageergebnisse von Hunderttausenden von Pflegebedürftigen aus, die Übergriffen ausgesetzt sind.
Warum spreche ich hier so explizit über Gewalt in der Pflege? - Schlicht und ergreifend deshalb, weil ich die oftmals schlechte Personalsituation gerade in der stationären Altenpflege als eine Hauptursache für grenzverletzendes und aggressives Verhalten seitens der Pflegenden ansehe. Ich halte es für überaus plausibel, dass Überforderungen und zunehmende Stresssituationen durch knappe Personalplanung Gewalt in den Einrichtungen fördern. Ich denke, das ist menschlich, das ist nachvollziehbar, wenn auch nicht entschuldbar.
Viele werden es gegebenenfalls auch in abgeschwächter Form aus dem eigenen Familienleben kennen, Situationen, in denen einem alles zu viel wird, zu viele Anforderungen auf einen einströmen, Zeitdruck herrscht, man leicht aus der Fassung gerät. Jeder wird sich sicherlich erinnern, dass er schon einmal laut geworden ist an einer Stelle, und er das im Nachhinein bereut hat. Und in der Pflege geht es oft um weitaus schwerwiegendere Fälle.
Natürlich können die Einrichtungen mittels Qualitätsmanagement, Gewaltprävention und einer entsprechend offenen Fehlerkultur aktiv und wirkungsvoll gegensteuern. Ähnlich positive Wirkungen lassen sich bei einem konsequenten Handeln der Träger in Bezug auf freiheitsbeschränkende Maßnahmen wie Fixierungen oder Bettgitter beobachten.
Einrichtungen, die sich diesem Thema explizit widmen und Leitlinien erarbeiten, können den Einsatz solcher Maßnahmen deutlich senken. Zum Nachlesen verweise ich auf meine Kleine Anfrage zu eben diesem Thema.
Aber neben diesen möglichen Maßnahmen aufseiten der Träger können auch wir - und ich meine, wir sollen auch - als Politik tätig werden, wenn wir nämlich der einzelnen Pflegefachkraft mehr Zeit verschaffen. Wenn wir die Anzahl zu pflegender Personen reduzieren, dann legen wir einen großen Schalter um, damit wir gewaltpräventiv wirken.
Gerade wir als Politikerinnen und Politiker sollten diesen Begründungszusammenhang zur Sprache bringen; denn für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen aus der Sicht der Pflegekräfte können Sie - das tun Sie ja auch - sich selbst einsetzen. Entsprechend wurde etwa im Umfeld der Gesundheitspflegekonferenz unter dem Motto „Ra