Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

Die Denkmalschutzbehörden liegen mit ihrer Einschätzung sehr oft falsch; das sieht man an den unzähligen Baudenkmalen, die nur noch als Schatten ihrer selbst, als Ruinen stehen, weil die Denkmalschutzbehörde den Abriss verweigert.

Bei vielen Besichtigungen von Baudenkmalen in meinem Wahlkreis habe ich Objekte gesehen, die zu einer Gefahr geworden sind. Die Giebelwände sind eingestürzt, die Fenster sind in alle Richtung

gekippt, weil die Stabilität aus dem Haus ist. Wer soll solche Häuser, die schon kurz vor dem Zusammenfallen sind, denn noch sanieren?

Dazu kommt noch, dass es Investoren, die in Sachsen-Anhalt ein Baudenkmal sanieren wollen, alles andere als leicht haben. Die Denkmalschutzbehörden sind mit dem Vergeben von Auflagen nicht gerade kleinlich. So wird es in vielen Fällen unmöglich, ein Gebäude wiederherzustellen, weil die enormen Mehrkosten einfach nicht zu schultern sind.

Die Auflagen, die laut Denkmalschutzbehörde zu erfüllen sind, treiben die Sanierungskosten in die Höhe und erschweren eine Sanierung. Fördermittel, die einen Investor bei den so anfallenden Mehrkosten unterstützen, werden meistens nicht bereitgestellt.

So passiert es sehr oft, dass die Immobilien verkommen, ruinieren und vor sich hin rotten. Baudenkmäler, die nicht mehr sind als Ruinen, müssen in der gleichen Geschwindigkeit, wie sie zwischen 1991 und 2002 im Schnellverfahren in das Denkmalschutzverzeichnis aufgenommen wurden, wieder vom Denkmalschutz befreit werden, um eine bauliche Entwicklung zu ermöglichen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Es darf nicht so sein wie in meinem Wahlkreis, wo in der Stadt Egeln in der Innenstadt Straßen gesperrt werden müssen, damit Passanten nicht durch herabfallende Teile einer maroden Ruine zu Schaden kommen könnten. Solche Ruinen, die eine Gefahr für die Bürger in unserem Land darstellen, mitten in Innenstädten, müssen so schnell wie möglich abgerissen werden.

Wer aufmerksam die Zeitung gelesen hat, der konnte auch die Schlagzeilen um die Stadtentwicklung und den Denkmalschutz verfolgen. Zum Beispiel der eben beschriebene Fall in Egeln in einem Artikel der „Volksstimme“ vom 15. Februar 2017 mit der Überschrift „Denkmäler verfallen in der Bodestadt“. Die Überschrift eines anderen Artikels in der „Mitteldeutschen Zeitung“ lautet „Schrottimmobilien: Kampf gegen Ruinen im Zentrum von Alsleben“. Im ersten Satz des Artikels wird klar, worum es geht. Ich zitiere:

„Die Verzweiflung über das Denkmalschutzgesetz in Sachsen-Anhalt und die Behörden, die es überwachen, ist nicht nur in Bernburg groß. Alsleben drücken ähnliche Sorgen, wenn nicht gar schlimmere. Die Innenstadt ist gesäumt von Schrottimmobilien, die nicht abgerissen werden dürfen.“

Aus diesem Grund gründete sich dort die Bürgerinitiative „Ich bin Alsleben!“, die für ein besseres Stadtbild eintritt, meine Damen und Herren.

Richtig verrückt wird es dann, wenn man sich die Liste der Baudenkmale des Salzlandkreises anschaut, die in einer Antwort der Landesregierung vom 21. April 2017 - für alle, die es wissen wollen: Drs. 7/1280 - auf eine Kleine Anfrage in diesem Jahr veröffentlicht wurde. Hier ist die Frage, ob die Landesregierung die Abgeordneten gezielt mit Falschinformationen hinters Licht führen will oder ob die Landesregierung sich einfach auf die Denkmalschutzbehörde verlassen hat, die ihr Denkmalverzeichnis nicht zu pflegen scheint.

Das, meine Damen und Herren, ist ein absolutes Armutszeugnis; denn das Denkmalverzeichnis muss doch die Arbeitsgrundlage der Denkmalschutzbehörde sein. Wenn das stimmt, ist das nicht nur ein Armutszeugnis, sondern ein riesiger Skandal. In der Liste sind Denkmale einfach nicht aufgeführt, die sich aber laut Denkmalschutzbehörde unter Denkmalschutz befinden, deren Eigentümer in der Vergangenheit schon mit Auflagen bedroht wurden, und zwar in so einem Umfang, dass geplante Sanierungen und Investitionen einfach abgeblasen wurden. Weiß die eine Hand nicht, was die andere tut?

Fakt ist, dass wir dringend und nicht erst in einigen Jahren, sondern so schnell wie möglich eine Handlungsanweisung, feste Regeln und eine Erneuerung des Denkmalschutzes und der Denkmalschutzbehörden benötigen.

Erstens. Das Land sollte ein Förderprogramm auflegen und Investoren, die in Baudenkmale investieren wollen, unterstützen.

Zweitens. Ruinöse Baudenkmale, die keine Aussicht auf Sanierung und Rekonstruktion haben, müssen aus dem Denkmalverzeichnis gestrichen werden, damit ein Abriss und eine bauliche Entwicklung möglich werden.

Drittens. Es muss dringend und schnellstens ein Katalog fester Regeln für die Gebäudehöhengestaltung und für die Gebäudesanierung von Baudenkmalen im Allgemeinen erstellt werden, damit jeder Bürger nachvollziehen kann, was auf ihn zukommt, wenn er ein Baudenkmal erwirbt oder in Besitz hat und es sanieren will.

Viertens. Das Denkmalverzeichnis muss für jeden Bürger unkompliziert zugänglich gemacht werden, um für mehr Transparenz zu sorgen, meine Damen und Herren. Jetzt ist die Chance, Farbe zu bekennen und den vielen Betroffenen im Land zu signalisieren: Wir haben das Problem erkannt; wir nehmen uns des Problems an und werden Abhilfe schaffen.

Schieben Sie es nicht vor sich her. Der Denkmalschutz braucht Reformen. Heute können wir den ersten Schritt in die richtige Richtung machen. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Büttner. - Für die Landesregierung spricht der Staatsminister Herr Robra. Sie haben das Wort, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass Sie, Herr Abg. Büttner, eine Neigung haben, Dinge auch zu überzeichnen, das habe ich mittlerweile hier gelernt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich rechne es Ihrer Jugend an, dass Sie die Verhältnisse im Jahr 1990 im Vergleich zur jetzigen Situation nicht wirklich gekannt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich gibt es immer noch vereinzelt Negativbeispiele. Die sehe ich auch, wenn ich durch das Land fahre. Dann frage ich mich auch: Tun die Leute, die für die Denkmalpflege zuständig sind, genug? Sind sie sensibel genug? Sind vielleicht auch die Bürgermeister nicht immer und überall gleichermaßen engagiert, wenn es darum geht, die Stadt- und die Ortskerne voranzubringen?

Ich will mir gern, weil Sie Ihre Beispiele ja offenbar aus dem Salzlandkreis geschöpft haben, die Arbeitsweise der unteren Denkmalschutzbehörde im Salzlandkreis noch einmal genauer ansehen.

Ich sehe aber sehr, sehr viele vorzüglich arbeitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unteren Denkmalschutzbehörden.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will es an dieser Stelle gern auch einmal ausdrücklich sagen: Auch die Landeskonservatorin Frau Dr. Wendland und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie machen eine vorzügliche Arbeit.

Ich kenne das Geschäft seit Anfang 1990. Wir waren im Justizministerium damals so eine Art Justiziariat der gesamten Landesregierung. Ich habe mich fast wöchentlich mit denkmalrechtlichen Fragestellungen beschäftigen müssen, weil es unentwegt Eingaben gab.

(Uwe Harms, CDU, meldet sich zu Wort)

Es gab unentwegt Stress. Ich habe mir damals von einer Referendarin aufmalen lassen, wie im Denkmalrecht die Abstimmungsverfahren zwischen allen Beteiligten - Einvernehmen, Benehmen, Zustimmung, Einwilligung - laufen. Das sah hinterher aus wie so ein Schnittmuster aus einer altertümlichen Frauenzeitschrift.

Wenn man die Situation damals mit der heutigen vergleicht, dann sieht man, welche Fortschritte wir tatsächlich, aber auch rechtlich in der Denkmalpflege im Land gemacht haben.

Wenn Sie sagen, es gibt Objekte, die werden in 100 Jahren nicht saniert: Ja, ich kenne solche auch, oder ich glaube, solche zu kennen.

Ich war aber vor ein paar Tagen mit dem Abg. Szarata auf der Burg Schlanstedt. Das war eine Burg, von der alle Fachleute gesagt haben, die wird in 100 Jahren nicht saniert: völlig auseinandergefallen, alles nach außen gedrückt. Dann hat sich in diesem Fall privates Engagement mit staatlicher Denkmalpflege zusammengetan. Man ist noch nicht fertig, aber man hat das Objekt gerettet.

(Zustimmung bei der SPD und von Sebas- tian Striegel, GRÜNE)

Was wäre es für ein Verlust für Schlanstedt und für den Huy insgesamt, wenn diese Burg, die zu einer der herausragenden Burgen im Vorharzgebiet zählt, abgerissen worden wäre. - Also die Kirche im Dorf lassen.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Oder die Burg!)

- Oder die Burg im Dorf lassen. - Wir digitalisieren das Verzeichnis der Denkmalpflege. Die Prognose ist, dass dann ungefähr 10 % ihren Status verlieren werden. Das Denkmalverzeichnis ist ja ohnehin rein deklaratorisch - das wissen Sie -, es ist nicht konstitutiv. Das wird auch der Wirkung nach außen hin, für die Öffentlichkeit, behilflich sein und für Transparenz sorgen. Das ist eine große Arbeit.

Ansonsten ist zu bemerken, dass jedes Denkmal ein höchst individuelles Bauwerk ist. Wir können natürlich durch Verwaltungsvorschriften im Land die Arbeit der unteren Denkmalpflegebehörden harmonisieren; wir können auch manche Anleitungen geben. Aber sozusagen das Ringen um das Denkmal als solches, um seine Nutzbarkeit unter denkmalrechtlichen Fragestellungen, ist jedes Mal ein spezielles.

Ich sage es noch einmal: Ich bin allen dankbar, die sich konstruktiv bei der Umsetzung beteiligen. Ich sehe eine hohe Kooperationsbereitschaft aller derjenigen, die sich mit Denkmalpflege hier im Land beschäftigen. Es wird unglaublich viel Kommunikation in alle Richtungen gewährleistet, um für jedes Objekt die angemessene Lösung zu finden.

Was die Fördermittelszene anbelangt: Das wird so bleiben. Der städtebauliche Denkmalschutz ist ein Bundesprogramm, er ist ein reich gefülltes Bundesprogramm. Wir ergänzen das mit Mitteln für die Denkmalpflege aus dem Landeshaushalt.

Der städtebauliche Denkmalschutz ist nicht irgendein Programm für Städtebau generell, wie Sie es gesagt haben, sondern es ist das Bundesprogramm für den städtebaulichen Denkmalschutz, das bei den Kommunen bewirtschaftet wird, immer im Einvernehmen mit den Denkmalschutzbehörden.

Das führt hier zu ganz wunderbaren Ergebnissen. Wenn Sie durch das Land fahren, sehe Sie es. Wer hätte es vor 25 Jahren für möglich gehalten, dass Städte wie Salzwedel, Aschersleben, Zeitz oder Naumburg heute so aussehen, wie sie jetzt sind. Das ist der Initiative vieler, auch der Investoren, zu verdanken, die sich nicht gescheut haben, in diese Objekte zu investieren.

Ansonsten gilt bei der Weiterentwicklung des Denkmalrechts, dass es nie abgeschlossen sein wird. Man wird immer weiter daran arbeiten und immer neue Erkenntnisse gewinnen.

Aus meiner Sicht sind - entsprechend dem Satz von Baron de Montesquieu: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen“ - gesetzliche Regelungen bei der Harmonierung der Verwaltungsvorschriften nicht erforderlich.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von Minister Marco Tullner)

Daran arbeiten wir in gutem Einvernehmen insbesondere mit den Koalitionsfraktionen.

Ich denke, wir werden den Stellenwert, den die Denkmalpflege für die Entwicklung des Landes Sachsen-Anhalt, gerade auch für seine touristische Attraktivität hat, in den nächsten Jahren angemessen zu würdigen wissen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)