Protokoll der Sitzung vom 24.08.2017

außenpolitischen Drohungen der USA, die per Gesetz allen Freunden und Verbündeten die energiepolitische Zusammenarbeit mit Russland verbieten. Damit öffnen die USA ihren eigenen Energiekonzernen einseitig den Zugang zum deutschen und europäischen Gasmarkt. Wie energieimperialistisch dieses Vorgehen ist, zeigen die gemeinsamen Anstrengungen mit SaudiArabien, nun auch das Emirat Katar zu isolieren und als zuverlässigen Gaslieferanten für den Rest der Welt auszuschalten.

Allein die Tatsache, dass Russland in der Lage ist, Erdgas zu einem Preis von 3,50 €/m³ nach Europa zu liefern, während das US-Fracking-Gas erst ab 4 bis 5 €/m³ wirtschaftlich förderbar ist, beschreibt die Chancen der weiteren Zusammenarbeit mit den Russen. Innerhalb der nächsten 20 Jahre entsteht in der EU eine Gasversorgungslücke von 120 Milliarden m³.

Was häufig bei der Beurteilung der Umweltverträglichkeit ausgeblendet wird, ist die starke Methanemission bei der Förderung und beim Transport, besonders beim Fracking. Bei der Fracking-Methode entschwinden nach neuesten Untersuchungen der Universität Ithaca im Bundesstaat New York 4 bis 8 % Methangas. Eine Feldstudie in Utah kam auf Werte um 9 %. Damit wird beim Fracking die vierfache Menge des Klimakillergases Methan frei wie bei der konventionellen Gasförderung.

Herr Raue, beenden Sie bitte jetzt den letzten Satz.

Okay. - Vor diesem Hintergrund sollte die amerikanische Einmischung in die europäische Energiepolitik scharf zurückgewiesen werden. Sollte sich die Bundesregierung dem US-Diktat

Herr Raue, das war schon ein Satz. Bitte beenden Sie jetzt.

jedoch devot unterwerfen - wovon auszugehen ist -, dann ist dies ein Beweis für die Unglaubwürdigkeit ihrer Energiepolitik.

(Beifall bei der AfD)

Auch Sie, Herr Raue, haben die Möglichkeit, etwas zu verlängern. Es gibt eine Nachfrage von Frau Frederking. - Bitte, Frau Abgeordnete.

Sie schimpfen auf den Strompreis. Ist Ihnen klar, dass dieser in den letzten Jahren stabil geblieben ist? - Das ist meine erste Frage.

(Lachen bei der AfD)

Die zweite Frage ist: Ich habe in meiner Rede angeführt, dass es aufgrund des Klimawandels und der Klimafolgen, die wir hier in SachsenAnhalt zu beklagen haben - Starkregen, Hagel, Stürme -, allein in der Landwirtschaft zu Schäden in dreistelliger Millionenhöhe gekommen ist. Wie stehen Sie zu diesen Verlusten, und wer ist dafür verantwortlich? Wer soll das ausgleichen? Was sagen Sie den landwirtschaftlichen Betrieben, die Ernteverluste zu beklagen haben, und was werden Sie in Zukunft den Menschen sagen, wenn wir nichts mehr zu essen haben?

Herr Raue, Sie haben das Wort.

Ich unterstelle jetzt gern einmal, dass wir die Energiewende vor 50 Jahren in Deutschland durchgeführt hätten. Wollen Sie dann jetzt sagen, dass es das eine oder andere Unwetter in Deutschland nicht gegeben hätte? - Ich glaube, das Wetter wäre in den zurückliegenden 50 Jahren ganz genau so eingetreten, ob wir Windräder in den Wind gestellt hätten oder nicht. Ich glaube auch, dass der Anteil Deutschlands am weltweiten Ausstoß von CO2 nach wie vor gering ist und mit jedem Jahr geringer wird.

(Robert Farle, AfD: 5 %!)

Ich glaube auch nicht, dass Deutschland das Land ist, welches jetzt weiter vorpreschen muss,

(Zustimmung bei der AfD)

denn für uns bedeutet es tatsächlich eine Deindustrialisierung. Wir sehen das auch in anderen europäischen Ländern. Nehmen wir Italien, die machen den Spaß auch mit. Bei denen ist das kein Erfolgsmodell. Die italienische Wirtschaft ist in Bezug auf ihre weltweite Konkurrenzfähigkeit noch viel weiter abgehängt, als es die deutsche ist. Die deutsche ist nicht abgehängt, aber die Italiener sind es bereits. Das kann nicht unser weiterer Weg sein.

Wenn das Ausland um uns herum günstigere Energiepreise zur Verfügung stellt, dann haben wir unter dem wirtschaftlichen Aspekt nur eine Möglichkeit: Wir müssen uns diesem Konkurrenzdruck aussetzen und müssen sehen, dass wir ähnlich günstige Energie für unsere Wirtschaft bereitstellen. Anders werden wir dem Wettbewerb nicht standhalten. Das führt am Ende auch dazu,

dass der Wohlstand in Deutschland zusammenbricht.

(Zustimmung bei der AfD - Daniel Rausch, AfD: Jawohl!)

Dann sprechen wir nicht darüber, ob wir etwas zu essen haben oder nicht. Zu Essen werden wir immer haben, das sage ich ganz klar. Deutschland ist ein Land, das genügend Nahrungsmittel anbauen und sich selbst versorgen kann.

Es gab 80 % Ernteeinbrüche.

Quatsch! 80 % Ernteeinbrüche - wo denn, bitte, Frau Frederking?

Im Jerichower Land zum Beispiel.

Im Jerichower Land? - Das ist ein Fleck in Deutschland. Der Rest von Deutschland hatte aber keine Ernteeinbrüche, sondern Zuwächse.

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

- Nein. Sie können sich natürlich jetzt etwas herausgreifen, aber Sie müssen natürlich das gesamte Land mit - ich weiß nicht - 350 000 km² betrachten. Dort haben wir keine 80 % Ernteeinbrüche. Machen Sie den Menschen keine Angst; das kann ich Ihnen nur empfehlen.

(André Poggenburg, AfD: Lobbyismus! Mit der Angst der Leute!)

Vielen Dank, Herr Raue. Es gibt keine weiteren Anfragen. - Deshalb würde ich gern in das Abstimmungsverfahren eintreten.

Ich habe keinen Antrag auf Überweisung vernommen, somit stimmen wir direkt über den Antrag in Drs. 7/1742 ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion der AfD. Wer stimmt dagegen? - Das sind die übrigen Fraktionen, die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Somit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich möchte an dieser Stelle noch eine Information geben: Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich geeinigt, dass wir heute am Ende den Tagesordnungspunkt 25, darin geht es um die erleichterte Herausgabe der Geburtsdaten, noch an die Tagesordnung anhängen wollen.

Ich bitte noch um einen kurzen Augenblick Geduld. Wir werden hier noch einen Wechsel vornehmen.

Verehrte Abgeordnete! Wir kommen nach einem kurzen Wechsel zu

Tagesordnungspunkt 16

Beratung

Verjährung kommunaler Abgabenforderungen

Antrag Fraktion AfD - Drs. 7/1743

Einbringer ist der Abg. Herr Farle. In der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Herr Farle, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns jetzt mit dem Antrag „Verjährung kommunaler Abgabenforderungen“. Wir haben beantragt - deshalb lese ich es vor -, dass eine neue Verjährungsregelung in das KAG aufgenommen wird:

„Beitrags- und Gebührenforderungen für Herstellung, Anschaffung, Erweiterung,

Verbesserung und Erneuerung für leitungsgebundene Einrichtungen sowie den Straßenbau oder Ausbau verjähren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung, Inbetriebnahme oder der erstmaligen Erschließung eines Grundstücks mit Ablauf des dritten vollen Kalenderjahres.“

Meine Damen und Herren! Wir sehen nicht ein, warum man Kanäle, warum man Anschlüsse im Abwasserbereich noch nach 20, 25 oder 30 Jahren abrechnen kann, teilweise mit exorbitanten Summen, bloß weil man der öffentlichen Hand oder den entsprechenden Abwasserzweckverbänden nicht eine klare Regelung vorgibt, und zwar drei Jahre wie im BGB und Schluss. Das ist eine eindeutige, eine klare Regelung, die jeder versteht. Im Wirtschaftsleben ist das gang und gäbe. So sollte es unserer Meinung auch hier sein.

In Sachsen-Anhalt gab es viele Jahre keine zeitliche Obergrenze für nachträgliche Bescheide. Die verschiedenen Landesregierungen hätten das leicht im Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes oder im Kommunalabgabengesetz ändern können, aber sie taten es nicht.

Dieser Willkürzustand änderte sich erst im Jahr 2013 durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu einem Fall aus Bayern. Die obersten

Richter legten fest, dass Beiträge nicht beliebig lange nach Anschluss erhoben werden können.

Seitdem gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren, die das Land Sachsen-Anhalt im Jahr 2014 in § 13b KAG verankert hat. Diese wurde jedoch durch eine Übergangsregelung in § 18 Abs. 2 KAG bis zum Stichtag Ende 2015 ausgehebelt. Das war ein Freifahrtschein für die ganzen defizitären Abwasserzweckverbände und sonstigen öffentlich-rechtlichen - ich sage es ganz bewusst; mir liegen mittlerweile die Zahlen aus einer Antwort auf eine Große Anfrage vor - Bankrotteure, die Bürger mit Bescheiden zu überziehen.

Mit der Übergangsvorschrift wurde einem unbeschränkten Abkassieren auf der Grundlage kurzfristig erlassener Satzungen und ohne Rücksicht auf eine Verjährung der Weg geebnet. Dies betrifft in Sachsen-Anhalt nach Angaben des Verbands Deutscher Grundbesitzer etwa 85 000 Haushalte. Allein im Jahr 2015 wurden mehr als 78 000 Bescheide mit einem Volumen - das sind Schätzungen - zwischen 80 und 130 Millionen € verschickt. So genau weiß das niemand. Die Presse hat die Zahl 125 Millionen € genannt. Also, genau kann man es nicht sagen.

Für den Einzelnen geht es dabei um Forderungen von Tausenden Euro, in einigen Einzelfällen um sechsstellige Beträge. Gegen diese Bescheide - das muss man sich einprägen - hat etwa die Hälfte der betroffenen Bürger natürlich erfolglos - das „natürlich“ folgt daraus, dass in der Regel solchen Bescheiden nicht abgeholfen wird - Widerspruch eingelegt.

Im Februar 2016 hat das OVG Magdeburg die kalkulierte Übergangsregelung zur Rettung der ruinösen Abwasserzweckverbände für rechtens erklärt, obwohl bereits im Dezember 2015 das Bundesverfassungsgericht zwei Urteile an die Vorinstanzen in Brandenburg zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen hatte. Das war im Februar 2016. Das Thema erregte dauerhaft und zu Recht die Gemüter. Im März 2016 war die Landtagswahl mit dem für Sie desaströsten Ergebnis.