Protokoll der Sitzung vom 25.08.2017

Über Asylzentren in den Ländern, wo die Menschen herkommen, hat sicherlich jeder schon einmal nachgedacht, wir auch. Die Idee ist an sich auch nicht dumm, wenn dahinter die Idee steht, dass man Menschen vor dem Ertrinken retten will.

(Zuruf von der AfD: Richtig!)

Bei Ihnen unterstelle ich andere Gründe. Sie wollen, dass die Menschen überhaupt keinen Zugang zu anderen Ländern bekommen, sondern dass sie

dort auf Dauer festgehalten werden und keine Rechte haben.

(Unruhe bei der AfD)

Herr Gauland sagt dann: Na ja, wenn das eben nicht geht - es geht nach deutschem Asylrecht nicht, dass man dort den Asylantrag stellen kann -, dann ändern wir eben das Recht.

(Zurufe von der AfD)

- Ja, ja, klasse.

(Alexander Raue, AfD: Sie missbrauchen doch das Recht! - Weitere Zurufe von der AfD)

Wissen Sie, welches Recht die Menschen dann hätten, die dort den Antrag stellen? - Wenn wir das so machen würden, dann hätten Millionen von Afrikanerinnen und Afrikanern zukünftig ungleich leichteren Zugang zum Asylverfahren mit allen Rechten, was Klage angeht und all das, was zum deutschen Recht dazugehört.

(André Poggenburg, AfD: Die Menschen wollen Krieg!)

Dann sagen Sie weiterhin: Na ja, die Überforderung der Verwaltungsgerichte ist ja schon schrecklich; das müssen wir abschaffen. - Meinen Sie tatsächlich, dass Sie es mit dieser Art von Öffnung des Asylrechtes hinbekommen, dass die Verwaltungsgerichte weniger zu tun haben? - Ihre ganzen Vorschläge sind so etwas von unausgegoren und dienen nur einem Zweck, menschenverachtende Maßnahmen zu ergreifen.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - André Poggenburg, AfD: Herrlich! Menschenverachtende Maß- nahmen!)

Da nun dem Herrn Gauland offensichtlich klar geworden ist, dass das nicht funktioniert, hat er dann auch gleich beschlossen, das deutsche Asylrecht ganz abschaffen zu wollen. Und er sagt, es muss doch nach deutschen Interessen gehen. Es muss ja nicht immer ein „America first“ sein, es kann ja auch einmal „Deutschland zuerst“ heißen.

(Robert Farle, AfD: Haben Sie gut gesagt!)

Das, meine Damen und Herren von der AfD, ist der Stoff, aus dem Kriege gemacht werden.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN - Alexander Raue, AfD: Das se- hen wir im Nahen Osten! Das unterstützen Sie!)

Nationales Interesse zuerst hat es Jahrhunderte lang in Europa gegeben. Das waren die Zeiten, in denen es unzählige Kriege in Europa gegeben

hat, unzählige Kriege mit unzähligen Opfern und keiner wirtschaftlichen Entwicklung.

(Beifall bei SPD)

Der Letzte, Herr Poggenburg, der „Deutschland zuerst“ zu seiner Maxime gemacht hat, war Adolf Hitler.

(André Poggenburg, AfD: Nein, Deutsch- land über alles!)

Das schreckliche Ergebnis kennen Sie. Also, in welcher Tradition stehen Sie? - Fragezeichen!

(Robert Farle, AfD: Können Sie auch mehr als „Adolf Hitler“ sagen? - Weitere Zurufe von der AfD)

Und wie so oft im Leben und in der Geschichte, ist es eben nicht ganz so einfach, und einfache Lösungen funktionieren nie. Kriege, Umweltverwüstung, Wassernot, Hunger, fehlende Bildung, fehlende Perspektiven, Diktaturen - das sind die Ursachen, die Menschen zur Flucht aus ihren Geburtsländern veranlassen.

(Volker Olenicak, AfD: Klimawandel haben Sie vergessen!)

Das sind nicht die Auswanderer, die wir bei SAT 1 oder RTL in den Doku-Soaps sehen.

(Volker Olenicak, AfD: So etwas gucken Sie wahrscheinlich!)

Das sind Menschen mit existenziellen Nöten,

(Oliver Kirchner, AfD: Die möchte ich mal sehen!)

mit Angst vor Tod, vor Hunger, vor Perspektivlosigkeit.

(Zuruf von der AfD)

Die Jahrtausende der Menschheitsgeschichte und die Völkerwanderungen haben gezeigt, dass weder Meere noch Gewehre es schaffen, Menschen mit existenziellen Nöten aufzuhalten.

(Zuruf von der AfD)

Die einzige Möglichkeit ist, ihre Geburtsländer lebenswert zu halten oder lebenswert zu machen.

(Zuruf von der AfD)

Also fangen wir doch an mit der Entwicklungshilfe, die sie ja abschaffen oder einschränken wollen.

(André Poggenburg, AfD: Wir wollen es richtig machen!)

Afrika ist ein reicher Kontinent, nur dass der Reichtum nicht bei den Menschen dort ankommt. Solange deutsche Entwicklungshilfe noch Kühltürme für Fertigpizza an den Küsten fördert und die Pizza, die über das Meer gebracht wird, statt dass bäuerliche Integration, bäuerliche Initiativen

und eigene Verarbeitung in Afrika stattfinden, so lange werden die Menschen sich auf den Weg nach Europa machen.

(Volker Olenicak, AfD: Wer sitzt denn in dieser Regierung, die das eingerührt hat?)

Aber das ist ein eigenes Thema.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN)

Zum Aspekt Europa.

(Zuruf von der AfD)

Ja, leider war auch in Europa zu lange der Gedanke - -

Frau Budde, darf ich mal kurz unterbrechen. - Ich bitte die Abgeordneten der AfD-Fraktion, sich etwas mehr zurückzuhalten, damit die Redner ordnungsgemäß ihren Redebeitrag vortragen können. Danke. - Frau Budde, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Leider war auch in Europa zu lange der Gedanke, Hauptsache die Probleme bleiben aus meinem Land draußen, mit dabei bei den Überlegungen zu Lösungen, die wir geschaffen haben.

Auch Dublin ist so eine Lösung, die funktioniert hat, als wenige Menschen kamen. Natürlich reisen die allermeisten Flüchtlinge nicht über eine Fluglinie in das Herz Europas ein, sondern sie landen irgendwo an den Grenzen Europas, an den europäischen Außengrenzen. Italien, Griechenland, Osteuropa haben große Schwierigkeiten gehabt und sie haben sie bis heute auch noch, das zu bewältigen.

Dublin ist in einer Situation von Massenfluchten aus vielen Teilen der Welt schwierig. Das Abkommen kann nicht angewendet werden; es ist gescheitert in dieser Art von Anwendung.

Dazu kommt in vielen Ländern der Europäischen Union die Angst aus den Jahren 2015 und 2016, überfordert zu werden. Das gilt auch für die Menschen, die dort leben. Das muss man schlichtweg auch sagen. Umso schwerer ist es jetzt, in Europa Verteillösungen zu finden, die akzeptiert werden. Trotzdem müssen wir es schaffen. Ich spreche nicht gern von Alternativlosigkeit, aber das Ob ist für mich alternativlos; das Wie ist es nicht.