Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

lichst geringe Risiken für die Umwelt bergen, sind zu nutzen und deren Kapazitäten auszuschöpfen, bevor überhaupt weitere Genehmigungen erteilt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Sollte das dann allerdings einen höheren Bedarf an Entsorgungskapazitäten ergeben, dann sollten unseres Erachtens öffentliche Unternehmen wie Stadtwerke, kommunale Entsorgungsunternehmen oder die mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft mbH eine Rolle spielen; denn dadurch kann ein diskriminierungsfreier Zugang zu Entsorgungskapazitäten gewährleistet werden. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt keine Fragen. Dann danke ich Frau Eisenreich für Ihre Ausführungen. - Für die SPD spricht der Abg. Barth. Herr Abg. Barth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben hier heute eine Generaldebatte zum Thema „Mülldeponien in Sachsen-Anhalt“. Das ist sicherlich auch gut und richtig. Die Fragen, die durch die AfD aufgeworfen worden sind, denke ich, sind auch richtig. Ich denke, die Landesregierung hat sie entsprechend im gebotenen Maße beantwortet. Viele Redner sprechen aus der Kenntnis vor Ort direkt. Daher fällt es jemandem, der aus der aus einer anderen Ecke des Landes kommt, natürlich schwer, konkret dort mitzureden.

Ich denke aber, das Problem der Mülldeponien ist ein landesweites. Auch die Deponie in Roitzsch ist sicherlich dazu da, den Müll aus dem gesamten Land mit aufzunehmen. Die Frau Ministerin und meine Vorredner haben darauf hingewiesen, dass es da Verfahren gibt, die eingehalten werden müssen. Ich gehe davon aus, dass es so ist.

Gerade die Bürgerbeteiligungen - das haben wir in den vergangenen Jahren gemerkt, wenn man solche Projekte in Angriff nimmt - sind hier insbesondere zu beachten. Wenn es hierbei Fehler gegeben hat, dann muss man schauen, wie man diese Fehler heilen kann.

Es ist schon darauf hingewiesen worden: Das Thema beschäftigt uns auch im Umweltausschuss. Ich denke, das ist der richtige Ort, um über dieses Thema zu diskutieren. Wie gesagt: Das war eine Generaldebatte zu dem Thema. Zu den Anfragen wurde nur am Rande Stellung bezogen. Ich möchte es Ihnen jetzt auch ersparen, dieses Thema noch mal aufzumachen.

Wie gesagt: Ich schlage vor, das Thema - es ist sowieso noch mal auf der Tagesordnung - noch

einmal im Umweltausschuss eingehend zu behandeln. Wir haben ja geplant, noch mal dort hinzufahren. Das werden wir auch mal tun, um uns direkt zu informieren. Dann müssen wir sehen, wie wir mit diesem Thema umgehen. Das wäre es von meiner Warte. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt auch keine Fragen. Dann danke ich dem Abg. Barth für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Poggenburg. Herr Abg. Poggenburg, Sie haben das Wort.

Verehrter Herr Landtagspräsident! Werte Abgeordnete! Noch einmal beschäftigen wir uns mit dem Thema Deponie DK II in Roitzsch, und zwar im Zuge einer Großen Anfrage einer AfD- und eines CDU-Abgeordneten.

Ich freue mich im Übrigen, dass mein Vorredner schon feststellen konnte, dass auch wirklich die Kritik und die Sensibilität gegenüber dem Thema nicht nur bei der AfD vorherrschen, sondern hier wahrscheinlich auf einen recht breiten Meinungskonsens trifft; das fühlt sich zumindest erstmal ganz konstruktiv an.

Wir beschäftigen uns mit dem Thema ganz einfach deswegen noch mal, weil die Dimension entsprechend groß ist; denn wir können hier von mehreren Tausend betroffenen, teils auch sehr aufgebrachten Bürgern ausgehen. Diese fühlen sich zum Großteil von der Politik allein gelassen und zumindest sehr, sehr schlecht informiert. Die kommunikativen Grenzen bei diesem Thema scheinen doch recht klar vorhanden zu sein. Man würde sich wünschen, das wäre bei anderen Grenzen ebenso.

Pikanterweise, Frau Dalbert, spielte sich ein ähnliches Szenario bereits im Jahr 2013 ab. Nur dass dort der fragende Protagonist - jetzt kommt der Clou - ein Abgeordneter der GRÜNEN war, der mit zwei Anfragen der Tatsache nachging, dass die Firma Papenburg bereits vor dem Planfeststellungsverfahren auf dem Gelände der geplanten Deponie in Roitzsch ebenfalls schon einen Wall errichtet hatte. Dies stellte wohl damals die Bürgerinitiative im Beisein des Landesverwaltungsamtes bei einer Begehung fest.

Nun, meine Damen und Herren, dieser damalige Vorgang gleicht doch sehr dem aktuellen Problem eines angeblich versehentlich errichteten Staubschutzwalls auf der Deponie Roitzsch, der nun - das wissen wir ja - vollständig entfernt werden muss.

Jetzt, Frau Dalbert, kommen wir nach 97 parlamentarischen Dokumenten und der Auswertung

der Großen Anfrage mit Akteneinsicht im Landesverwaltungsamt und nach dem Studium des Abfallplanes der Deponie Roitzsch in Form einer geheimen Akteneinsicht auch endlich dahin, dass wir die Gründe Ihrer kommunikativen Grenzen zumindest erahnen; denn der Abfallplan der DK II für die Jahre 2015 bis 2017 liest sich wie ein spannender Reisebericht. Da kommen mannigfaltige Orte aus Sachsen, Thüringen, Bayern, Hessen, Niedersachsen zusammen, auch aus dem Ausland; aber aus Sachsen-Anhalt lesen wir nur einmal Anhalt-Bitterfeld.

Natürlich fragt man sich da, fragt sich auch der Bürger selbstverständlich, warum es eine Deponie dieses Ausmaßes in der Region braucht, wenn die Region selbst doch nur so wenig zu entsorgen hat; zumindest scheint es so. Die Antwort ist - etwas plakativ und provokant formuliert -: Mülltourismus.

Hier setzt die Notwendigkeit an, das Thema Abfalllagerung, vor allem Fremdabfalllagerung, doch einmal ausführlich zu diskutieren.

Ich darf den Abg. Detlef Radke in der Diskussion zum AfD-Antrag „Müllexporte stoppen“ vom 24. Juni 2017 hier im Plenum zitieren. Er sagte:

„Die technischen Kapazitäten, die wir in Sachsen-Anhalt haben - so wurde mir das mitgeteilt bzw. so konnte ich das recherchieren -, haben andere Bundesländer, auch alte Bundesländer, nicht.

Die technischen Voraussetzungen sind entscheidend dafür, wie der Müll verwertet und aufbereitet wird.“

Unabhängig davon, dass die Formulierung „Müll verwertet und aufbereitet“ für den Laien und für Otto Normalbürger schon irreführend ist - denn der Müll wird in der Deponie Roitzsch ähnlich wie auf einer Müllkippe abgeladen und auf viele Jahrzehnte mehr oder weniger sicher gelagert -, ist Ihre Aussage auch inhaltlich falsch.

Die Deponie DK II Roitzsch erfüllt auf natürlichem Wege die Anforderungen einer solchen Mülllagerstätte nicht. Das ist bekannt und geht auch aus der Antwort auf die Anfrage hervor. Sie benötigt daher eine künstliche Barriere. Die technischen Möglichkeiten dazu haben im Grunde genommen aber andere Bundesländer.

Die angewandten Verfahren zur Einrichtung einer künstlichen Barriere und das dabei zur Begleitung und Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen notwendige Qualitätsmanagement für den Aufbau eines Deponiekörpers können mit Sicherheit nicht nur ausschließlich in Sachsen-Anhalt angewandt werden. Die Müllverwertung und Aufbereitung ist auch kein patentiertes Verfahren aus SachsenAnhalt. Durch Ihre also nicht ganz richtige Aussage, werter Herr Abg. Radke, werden eben ein

weiteres Mal Fehlinformationen und Intransparenz in der Angelegenheit sichtbar.

Offenbar ist es doch wohl eher viel bequemer, die bereits bestehenden Raumkapazitäten in den durch Rohstoffabbau und Abfalllagerung geschädigten Landschaften unseres Landes durch Müll aus ganz Deutschland aufzufüllen und vielleicht daran auch gut zu verdienen.

Über die monetäre Wertschöpfung aus Müll haben Sie, Herr Radke, an dem eben benannten Tag hier geradezu begeistert referiert. Dass es für eine Landesregierung aber bescheiden anmutet, der Wirtschaft des Landes durch Vermarktung von Müllkippen unter die Arme zu greifen, weil man auf sauberem Wege schlecht den Wirtschaftsaufschwung hinbekommt, ist leicht nachvollziehbar und vielleicht auch legitim, aber sicher keine zu bejubelnde Ruhmestat.

Was aber bei diesen Überlegungen vollständig vergessen wurde, bei aller technischen Verzücktheit für die Möglichkeiten der Abfalllagerung in Sachsen Anhalt, das sind nun einmal die Befindlichkeiten, Ansprüche und Sorgen unserer Bürger, lieber Abgeordnete. Die etablierte Politik hat bisher einfach nicht verstanden, worum es diesen eigentlich geht. Hier wird teils beträchtlich schädlicher Müll in immensen Mengen abgekippt und für viele Jahrzehnte verscharrt. Darüber wird dann, sicherlich ganz gelungen, renaturiert, ein grüner Teppich des Schweigens gebreitet. Man könnte auch sagen: Der giftige Dreck wurde dadurch unter den Teppich gekehrt.

Vor dem, was dort gesundheitsschädlich lagert und lauert, werte Abgeordnete, haben viele Bürger auch in Verantwortung und Liebe gegenüber ihren Kindern schlicht und ergreifend und berechtigt Angst. Das ist eine Tatsache.

Dass es dann natürlich auch noch Wasser auf die Mühlen ist und noch mehr verunsichert, wenn man bei solchen Dingen immer wieder Intransparenz oder gar, wie vorhin dargelegt, auch die eine oder andere falsche oder halbwahre Aussage der Politik mitbekommt, kann doch niemanden verwundern.

Bitte kommen Sie jetzt aus der linken Ecke des Plenums nicht wieder mit der Aussage, die AfD schüre die Ängste der Bürger; denn das ist platt, abgedroschen und völlig falsch und hat auch schon bei anderen Themenfeldern nicht gezogen. Denn auch hier ist es so, dass die Ängste längst vorhanden waren, dass sich die Bürgerinitiativen längst gemeldet und gekümmert haben, bevor sich die AfD der Thematik überhaupt annahm. Also immer schön die Reihenfolge beachten.

Frau Umweltministerin Dalbert, die Bürger dieses Landes akzeptieren bei solchen Themen, bei denen es gegebenenfalls um die Gesundheit vie

ler geht, keine kommunikativen Grenzen. Sie wollen mit ihren Bedenken zur Kenntnis und ernst genommen werden. Dies ist ein ganz klarer und nachvollziehbarer Bürgeranspruch.

Frau Ministerin, uns interessiert ganz außerordentlich, was denn im Rahmen der von Ihnen geforderten Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Umwelt tatsächlich geschieht, wenn nach den 100 Jahren, die der Hersteller der künstlichen Barrieren garantiert, in diesem Fall durch die Trennfolie und andere Mittel, ein Defekt eintritt? Was soll mit diesen eingelagerten Stoffen tatsächlich irgendwann einmal passieren? Oder ist das nur eine temporäre Sicherstellung bis zur nächsten Generation und werden dann auch spätere Generationen vor dem Thema stehen? Ich zitiere Sie, Herr Radke: „Der Umgang und die Betrachtungsweise, wie man damit umgehen soll, waren einfach anders.“ Da frage ich mich, wo dort wirklich die Nachhaltigkeit ist.

Ich mache es jetzt kurz; denn ich bin am Ende meiner Rede. Frau Ministerin Dalbert, Ihr grüner Leitspruch zum nachhaltigen Umgang mit Abfällen muss nun endlich einen dicken blauen Rahmen bekommen und lauten: Transparenz, Bürgerdialog und Verantwortung für nachfolgende Generationen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen und danke dem Abg. Poggenburg für seine Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Herr Aldag, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns nicht zum ersten Mal mit diesem Thema. Hier im Plenum und in verschiedenen Ausschüssen wurden dabei immer wieder die einzelnen Sachverhalte vermischt, was der gesamten Diskussion zu diesem Thema nicht guttut und die Bürgerinnen und Bürger noch mehr verunsichert.

Durch die Große Anfrage gab es jetzt keine ganz neuen Erkenntnisse, dass bei dem Genehmigungsverfahren etwas falsch gelaufen ist. Genau das Gegenteil zeigen eigentlich die Antworten. Es gilt an der Stelle - ich frage gar nicht, ob das Ihnen oder mir gefällt oder nicht - zu akzeptieren, dass in dem Genehmigungsverfahren die Umsetzung gesetzlicher Regelungen eingehalten worden ist. Es ist unsere Aufgabe und es liegt in unserer Verantwortung, dies dem Bürger draußen zu erklären.

Die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger ist verständlich. Wir müssen weit im Vorfeld die

Weichen stellen, dass weniger Belastung entsteht; denn einiges an Müll, den wir aktuell produzieren, braucht Deponien. Wenn eine Deponie genehmigt ist und rechtskonform betrieben wird, dann gibt es realistischerweise nur noch kleine Verbesserungen, die für die Bevölkerung erreicht werden können.

Die Herausforderung, der wir uns stellen müssen, besteht darin, der Frage nachzugehen, wie wir es schaffen können, zukünftig mit weniger Deponieflächen auszukommen, sodass wir eben nicht mehr diesen Konflikten, die wir gerade haben, ausgesetzt sind.

Ich habe mich bei meinem Vor-Ort-Termin um die kleinen Verbesserungen gekümmert. Dies haben ganz, ganz viele andere auch getan. Aber ich will in einer Debatte wie dieser auch über die grundlegenden Ansätze und die grundlegenden Lösungen reden.

Es sind die Ministerin und mit ihr die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die hierzu klare Aussagen treffen, nämlich klare Aussagen darüber, dass wir derzeit keine neuen Deponien der Schadstoffklassen I und 0 brauchen, klare Aussagen zum Ausbau der Abfallkreislaufwirtschaft, klare Aussagen zum Baustoffrecycling, klare Aussagen zur Verwendung recycelbarer Baustoffe, klare Aussagen zur Abfallvermeidung und Abfalltrennung.

Seit vielen Jahren verfolgen wir diese Ansätze, weil uns klar ist, dass niemand eine Deponie vor seiner Haustür haben will. Aber Deponieflächen können wir nur verringern, wenn wir eine ökologische Transformation unserer Wirtschaftsweise verfolgen.

Wir brauchen eine Reduzierung der Abfallmengen. Wir brauchen noch ökologischere Baustoffe, wir brauchen langlebigere Produkte, und wir brauchen mehr Innovationen und mehr Akzeptanz in der Verwendung von recycelbaren Baustoffen. Dafür kämpfen wir seit Jahren. Deshalb ist es so wichtig, dass wir nicht nur hier, sondern auch anderswo in der Regierung sitzen. - Vielen Dank.

(Minister Marco Tullner: Oh!)