Des Weiteren begrüße ich Damen und Herren des Instituts Braune aus Bernburg auf der Nordtribüne. Seien auch Sie herzlich willkommen!
Für die Debatte ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht jetzt Ministerin Frau Keding. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Mensch wurde in Gewahrsam genommen und kam in der Obhut der Polizei ums Leben. Es versteht sich von selbst, dass die rückhaltlose Aufklärung aller Umstände, die zu diesem furchtbaren Geschehen führten, von Anfang an Ziel aller Anstrengungen der Strafverfolgungsbehörde sein musste.
Stirbt ein Mensch im Zusammenhang mit Feuer, noch dazu in einem öffentlichen Gebäude, so ist die Aufklärung der Ursachen besonders wichtig. Denn es gilt dann nicht nur etwa bestehende persönliche Verantwortlichkeiten aufzuklären, sondern auch mögliche technische Ursachen zu ermitteln, um weitere Personen in gleicher Lage zukünftig vor einem ähnlich grausamen Schicksal zu bewahren.
Die Regeln, nach denen diese Aufklärung zu erfolgen hat, sind in einem Rechtsstaat vorgegeben. Maßstab für jegliches Handeln der Strafverfolgungsbehörde ist die Strafprozessordnung. Das gilt gerade und auch dann, wenn es sich um vermeintliches staatliches Unrecht handelt. Strafrecht und Strafprozessrecht sind kein Symbolrecht, sondern betrachten den Tathergang, die Rechtswidrigkeit und den Schuldbeitrag des Einzelnen unabhängig von seiner Person oder gar seinem Status.
Die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft DessauRoßlau hat demnach alle ihr nach den Regelungen der Strafprozessordnung zur Verfügung stehenden Instrumentarien wiederholt eingesetzt, um die tatsächlichen Abläufe, die am 7. Januar 2005 mit dem tragischen Tod Oury Jallohs endeten, bis ins Detail zu rekonstruieren. Dies ist bedauerlicherweise bisher nicht gelungen.
Trotz Auswertung diverser Gutachten zu allen in Betracht zu ziehenden Brandursachen und wiederholter Vernehmung aller Personen, deren Wahrnehmungen zur Aufhellung des Geschehens taugen könnten, ergibt sich nach wie vor kein
klares Bild dessen, was vor mehr als zwölf Jahren mit dem Tod Oury Jallohs endete, obwohl die Straf- und Ermittlungsakten inzwischen sechs Umzugskartons füllen.
Zum derzeitigen Verfahrensstand des noch anhängigen Ermittlungsverfahrens wurde seitens der Landesregierung in der am 21. September 2017 als Landtagsdrucksache 7/1901 ausgegebenen Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage der Abg. Quade und von Angern umfangreich berichtet. Ich beziehe mich ausdrücklich auf den Inhalt dieser Antwortdrucksache.
Auch mit diesen Ermittlungsergebnissen ist wiederum, wie von den bundeseinheitlichen Vorgaben, insbesondere der Strafprozessordnung vorgeschrieben, zu verfahren. Bei aller Tragik des Geschehens besteht weder Anlass noch Möglichkeit, mit den Ermittlungsergebnissen anders umzugehen als in jedem anderen Verfahren. Dies gebietet die strikte Wahrung rechtsstaatlicher Prinzipien.
Dementsprechend wird die mit den Ermittlungen beauftragte Staatsanwaltschaft Halle nach Abschluss der Ermittlungen zu entscheiden haben, ob und in welcher Weise die Öffentlichkeit über die maßgeblichen Gründe ihrer Entscheidung unterrichtet wird. Wird dabei die Verantwortlichkeit einer bestimmten Person für den Tod Oury Jallohs ermittelt, gehört zu den dann zu treffenden Entscheidungen auch die über eine Entschädigung der Hinterbliebenen für das von ihm erlittene Leid.
Inwieweit allerdings einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission der Vereinten Nationen umfangreichere Aufklärungsmittel zur Verfügung stehen sollten als den Strafverfolgungsbehörden des Landes Sachsen-Anhalt, vermag ich an dieser Stelle nicht zu sehen. Auch einem solchen - ebenso der Wahrung der Menschenrechte verpflichteten - Gremium stünden etwa bei der Befragung von Zeugen oder Beschuldigten keine anderen Instrumentarien zur Verfügung als den zuständigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten oder Richterinnen und Richtern. - Meine Damen und Herren, vielen Dank.
Es gibt keine Fragen. Ich danke der Ministerin für ihre Ausführungen. - Wir fahren fort. Für die SPDFraktion spricht die Abg. Frau Schindler. Frau Schindler, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Am 7. Januar 2005 verstarb Oury Jalloh im Polizeigewahrsam in Dessau.
Nicht nur meine Fraktion, sondern auch der gesamte Landtag hat seit dem Jahr 2005 mehrfach sein tiefes Bedauern über diesen tragischen Tod ausgesprochen.
Ich wiederhole mich da auch: Der Tod eines Menschen in staatlicher Obhut, in Gewahrsam - ich benutze auch die Worte, die Frau Quade benutzt hat -, beschämt weiter. Der Landtag hat sich bereits vielfach mit diesem schwierigen Fall und dessen Aufklärung befasst. Und wir werden es auch weiterhin tun, nicht nur heute.
Ich gebe der Antragstellerin Recht: Die Aufklärung im Verfahren Oury Jallohs muss weiter vorangetrieben werden. Denn es bestehen immer noch offene Fragen. Auch gerichtliche Entscheidungen wie das BGH-Urteil vom 4. September 2014 haben nicht zur abschließenden Befriedung beigetragen.
Ich sage es an dieser Stelle aber deutlich: Wir hier im Parlament können keine Vorverurteilung vornehmen. Die juristische Aufarbeitung muss durch die Gerichte erfolgen.
Aus diesem Grund wird sich auch der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung in seiner nächsten Sitzung mit diesem Thema beschäftigen. Sie haben es bereits erwähnt, Frau Quade. Es gibt den Selbstbefassungsantrag vom 16. August 2017 von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich schlage deshalb vor, diesen Antrag in die Beratung einfließen zu lassen und den Antrag an den Ausschuss zu überweisen und somit die Gelegenheit zu nutzen, über einzelne Punkte, die in diesem Antrag aufgeworfen werden, mit zu beraten.
Aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage vom 21. September 2017, die auch schon die Ministerin erwähnte, geht hervor, dass die Ergebnisse der Sachverständigen des jüngsten Bandversuches seit April dieses Jahres vorliegen. Die Begründung und eine Antwort auf die Frage, warum die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht wurden, liegen noch nicht vor. Das bleibt einer endgültigen Bewertung durch die Staatsanwaltschaft vorbehalten.
Die Landesregierung hat bereits deutlich gemacht, dass die seit April vorliegenden abschließenden Ergebnisse nicht ohne Weiteres veröffentlicht werden können. Es obliegt eben den Strafverfolgungsbehörden, diese Informationen im laufenden Verfahren bekannt zu machen oder nicht. Ich halte es daher für den richtigen Weg, im zuständigen Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung im Beisein von Vertretern der ermittelnden Staatsanwaltschaft über die aufgeworfenen Fragen zu beraten.
ge bitte ich in der Beratung mit zu diskutieren. Gerade die Forderung nach einer angemessenen Entschädigung für die Hinterbliebenen unter Punkt 5 ist keine neue Forderung. Diese ist auch bereits rechtlich geprüft worden. Ob in Anbetracht der Umstände und nach neueren Entscheidungen eine Entschädigung geboten ist oder einfach moralisch geboten wäre, darüber ist zu diskutieren.
Ich bitte deshalb abschließend nochmals, diesen Antrag in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung zu überweisen. - Vielen Dank.
Es gibt keine Fragen. Dann danke ich der Abg. Frau Schindler für die Ausführungen. - Für die AfD-Fraktion spricht Abg. Herr Lehmann. Herr Lehmann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank. - Werte Kollegen! Oury Jalloh, war das nicht der Afrikaner, der im Jahr 2005 am helllichten Tag in Dessau unter Alkohol- und Drogeneinwirkung Frauen bedroht und belästigt hatte und deshalb von der Polizei unter heftigem Widerstand in Gewahrsam genommen worden ist, oder ist er einfach nur zufällig in die Zelle gekommen?
Oury Jalloh, war das nicht der Afrikaner, der im Jahr 1968 in Sierra Leone geboren worden ist und der sich bei seinem Asylantrag in Deutschland locker 15 Jahre jünger gemacht hat, nämlich zum Geburtsjahrgang 1983, um sich so bessere Bleibechancen in Deutschland zu ergaunern, wie es mittlerweile seit dem Jahr 2015 massenhaft üblich geworden ist?
Oury Jalloh, war das nicht der Afrikaner, der sich mit seiner Duldung nach bereits abgelehntem Asylverfahren immer noch vier Jahre überflüssigerweise in Dessau aufgehalten hat? - Ich glaube, genau das war dieser Afrikaner.
Der einzige Vorwurf, den man der Landesregierung machen kann, ist der, dass sie schon damals bei der Abschiebung wegen Laschheit versagt hat.
Wäre Oury Jalloh damals konsequent abgeschoben worden, dann wäre er schon seit dem Jahr 2001 nicht mehr in Deutschland gewesen. Demzufolge hätte er auch nach diversen Vorstraftaten - er war nämlich Stammgast in Dessau bei der Polizei - nicht im Jahr 2004 in einer deutschen Gewahrsamszelle umkommen müssen. Die be
(Starker Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl! - Cornelia Lüddemann, GRÜ- NE: Das ist widerlich! - Zuruf von Eva von Angern, DIE LINKE)
Nun für diese antragstellende linkspopulistische Fraktion, die gestern noch die Polizei liebende Fraktion war und sich Sorgen um den Zustand der Polizei gemacht hat, ein kleiner Diskurs über die Zuständigkeiten bei der Verfolgung und Aufklärung von Straftaten im Gültigkeitsbereich des deutschen Rechtsstaats: In Deutschland, liebe LINKE, sind die Strafverfolgung und die Aufklärung von Straftaten rechtsstaatlich klar geregelt. Die Herrin des Ermittlungsverfahrens ist immer noch die Staatsanwaltschaft gemäß § 160 StPO. Sie hat auch die Pflicht, die Sachverhaltsaufklärung als ein Organ der deutschen Rechtspflege zu betreiben.
In unseren Behörden sitzen Richter, Staatsanwälte und Polizisten. Zu diesen hat die AfD im Gegensatz zu den LINKEN vollstes Vertrauen.
Die ermittelnde Staatsanwaltschaft, das Landgericht Dessau und das Landgericht Magdeburg, die Sie alle mit Ihrem Antrag als unfähig und vertuschend hinstellen, hatten bisher Gutachterkosten - das hat mein Kollege Hannes Loth von meiner Fraktion bereits mit einer Kleinen Anfrage herausgefunden - in Höhe von 320 541,28 €. Das ergab, wie gesagt, die Anfrage von Herrn Loth.
In diesem Gutachtenpamphlet ging es insgesamt um acht Gutachten, welche die Staatsanwaltschaft und die Gerichte in Auftrag gegeben haben: Gutachten zur Todesursache - Obduktion -, Gutachten zur Verrauchung der Zelle, Rauchfreisetzung und Temperaturentwicklung in der Zelle, Brandentwicklung, Rekonstruktion Brandverlauf in der Zelle, Rechtsmedizin-Gutachten usw. usf. Dann kommen wir also locker auf diese 320 000 €. Man kann dann schlicht und einfach hier behaupten, dass es nicht danach aussieht, dass die Ermittlungsbehörden irgendetwas vertuschen oder verbergen wollen. Richtig?
Die AfD kann also abschließend festhalten: Das Ermittlungsverfahren ist kein politischer Unterhaltungszirkus, liebe LINKEN, für Ihre parlamentarischen populistischen Anträge. Das Ermittlungsverfahren ist nicht dafür da, um für linke Zwecke polizeifeindliches Kapital herauszuschlagen.
Sie stellen unsere Landespolizei als eine Verbrecherbande hin, die Gefangene in ihrer Zelle anzündet, und lassen selbst nach zwölf Jahren keine Ruhe einkehren. Sie sollten sich schämen im Parlament!
Ihre perfide Taktik des antipolizeilichen Dauerhetzens zielt schon seit mehr als zwölf Jahren darauf ab, unter Einbeziehung Ihrer linken Netzwerke das Thema immer wieder am Kochen zu halten. Ihnen ist es doch wirklich - ich sage es Ihnen - scheißegal, dass die Stadt Dessau, die dortigen Polizeibeamten und deren Familien durch Ihre ständige Rassismus unterstellende Hetzerei überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommen. Seit zwölf Jahren halten Sie diese Stadt Dessau auf Trab.
Wir als Politiker werden nicht in unabhängige und rechtsstaatliche Prozesse eingreifen, wie Sie es gern hätten. Demzufolge kann es nur eine Antwort auf Ihren Antrag geben. Der Antrag ist abzulehnen und auch in keinem Ausschuss zu behandeln.
Es gibt auch hierzu keine Fragen. Dann danke ich dem Abg. Herrn Lehmann für die Ausführungen. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel.