Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Gestatten Sie mir abschließend noch eine Bemerkung. In Deutschland gilt das Prinzip der Unschuldsvermutung. Das bedeutet, dass ein einer

Straftat Verdächtigter oder ein Beschuldigter nicht seine Unschuld beweisen muss, sondern dass ihm seine Schuld bewiesen werden muss. Die Vermutung der Unschuld endet mit der Rechtskraft der Verurteilung. Ich verbitte mir daher jegliche Äußerungen, die dieser Unschuldsvermutung entgegenstehen und eine Vorverurteilung der in dieser Nacht diensthabenden Polizeibeamten darstellen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der AfD)

Ich bitte darum, den Antrag in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung zu überweisen. - Vielen Dank.

Herr Kolze, einen Moment bitte. Der Abg. Herr Gallert hat sich noch zu Wort gemeldet. - Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Herr Kolze, ich habe Sie so verstanden: Sie stimmen dem Antrag nicht zu, weil Sie sich jedwede Kritik an irgendwelchen Strafverfolgungsbehörden aus dem politischen Raum verbitten. Ist das so richtig?

Ich spreche nicht von Kritik, sondern von einer gezielt versuchten Einflussnahme auf genau solche Ermittlungen. Nichts anderes stellt diese Debatte dar, in der Sie diesen Fall wie eine Monstranz vor sich hertragen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Herr Kolze, dann will ich zumindest noch eine Intervention machen. - Es ist erst einige Tage her, dass der Innenminister dieses Landes an der Staatsanwaltschaft insgesamt und an allen Strafverfolgungsbehörden die massive Kritik geäußert hat, sie würden bestimmte Straftaten nicht ausreichend verfolgen. Ich sehe: Dann wird hier mit zweierlei Maß gemessen, lieber Herr Kollege Kolze.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht noch einmal die Abg. Frau Quade.

(Oh! bei der AfD)

Frau Quade, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss. Im Übrigen wäre es nach unserem Willen durchaus so gelaufen, Herr Kolze, dass wir zunächst die Befassung im Ausschuss gehabt und dann hier unseren Antrag verhandelt hätten. Sie haben dieses Thema doch verschoben, nicht wir.

(Eva Feußner, CDU: Ja, verschoben!)

Sie haben es doch auf November verschoben, haben damit wieder eine Lücke verursacht und haben den Fall wieder nicht beleuchten wollen.

(Eva Feußner, CDU: Verschoben, nicht auf- gehoben!)

- Nein, Frau Feußner, verschoben ist nicht aufgehoben; aber ich habe es eingangs gesagt: Im Fall Oury Jalloh ist alles immer beides: konkret und symbolisch. Auch das muss dieses Haus bei seinen Entscheidungen bedenken.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Se- bastian Striegel, GRÜNE)

Zum Redebeitrag von Herrn Lehmann. Wenn Oury Jalloh abgeschoben worden wäre, dann hätte er nicht in einer deutschen Zelle sterben können.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Menschen- verachtend!)

Das ist unter dem Strich der Inhalt des Beitrags von Herrn Lehmann gewesen. Das knüpft an das an, was in Ihren Chatgruppen besprochen wird.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Ja!)

Dort war die Kommentierung des Falls Oury Jalloh, des Todes eines Menschen in staatlicher Obhut: Gott sei Dank, einer weniger. - Das ist die Sichtweise der AfD.

(Beifall bei der LINKEN - Robert Farle, AfD: He, he, he! - Weitere Zurufe von der AfD)

Die AfD hat sich damit und auch mit dem Redebeitrag, den Sie hier heute wieder gehalten hat,

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Robert Farle, AfD: Lüge! - Weitere Zurufe von der AfD und von Sebastian Striegel, GRÜNE - Unruhe)

für alles, aber auch wirklich für alles disqualifiziert, lieber Herr Lehmann.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)

In der Tat schließe ich mich dem Kollegen Striegel an: Bei Ihnen kann man immer nicht wis

sen, was eigentlich schlimmer ist: Sie als Teil der Exekutive oder Sie als Teil der Legislative? - Hier gehen Sie u n s auf die Nerven,

(Mario Lehmann, AfD: Richtig!)

hier haben Sie auch schlimme Auswirkungen. Schlimmer wäre es jedoch in der Tat, Sie wären als Polizist auf der Straße.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Egal, was jemand getan hat, egal, ob es sich um einen Mörder, um einen Vergewaltiger oder um sonst jemanden handelt, niemand hat in staatlicher Obhut zu sterben.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Und tut er es doch, erfordert das eine Untersuchung und eine Aufklärung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

In der Debatte ist jetzt viel dazu gesagt worden, wie problematisch das ist, was wir hier wollen, Rechtsstaat und Aufklärungswille, der Staat hat doch schon alles gemacht … - Hat er nicht!

Ich will abschließend noch einmal den Vorsitzenden Richter nach dem ersten Prozess, nach 20 Verhandlungsmonaten, zitieren: Trotz intensiver Bemühungen, sagte der Richter, habe das Gericht nicht die Chance gehabt, das, was man ein rechtsstaatliches Verfahren nennt, durchzuführen. Das Urteil beruhe nicht auf Erkenntnissen; es sei einfach ein Ende, das aus formalen Gründen sein müsse.

Er schloss seine Urteilsbegründung mit dem Satz: Ich habe keinen Bock, zu diesem Scheiß noch irgendetwas zu sagen. - Und mit „diesem Scheiß“ meint er nicht den Fall Oury Jalloh, sondern das Agieren von Polizei und Sicherheitsbehörden.

(Zurufe von der CDU)

Wenn das die Einschätzung eines Richters ist, dann zeigt das: Hier ist mehr als Misstrauen angebracht, Herr Kolze, hier ist der Rechtsstaat tatsächlich angegriffen worden, und hier muss gehandelt werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Darauf zielt unser Antrag ab. Ich freue mich auf die Überweisung in den Ausschuss.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Es gibt keine Fragen. Dann danke ich der Abg. Frau Quade für die Ausführungen.

Bevor wir zum Abstimmungsverfahren kommen, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren der Schule des Zweiten Bildungsweges Magdeburg in unserem Hohen Hause begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Des Weiteren möchte ich eine kleine Änderung im Ablauf bekannt geben. Die Präsidentin führt die Vereidigung der Mitglieder des Landesverfassungsgerichts durch. Es könnte durchaus sein, dass sich das durch den Empfang etwas verzögert. Es wurde deswegen der Vorschlag unterbreitet, den Tagesordnungspunkt 14 - Schutz des schriftlichen Kulturgutes in Sachsen-Anhalt - vorzuziehen, damit wir etwas Luft haben und die Präsidentin nicht unter Druck gerät.

(Zurufe von der CDU und von der SPD)