Protokoll der Sitzung vom 29.09.2017

Sehr geehrte Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 35. Sitzung des Landtages von SachsenAnhalt der siebenten Wahlperiode. Dazu begrüße ich Sie, verehrte Anwesende, auf das Herzlichste.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir setzen nunmehr die 16. Sitzungsperiode fort. Wir beginnen mit dem Tagesordnungspunkt 18 - Regierungserklärung des Ministers für Inneres und Sport Herrn Holger Stahlknecht zum Thema „Sportland Sachsen-Anhalt - Bilanz und Ausblick“.

Ich erinnere daran, dass sich für die heutige Sitzung ganztägig Herr Staats- und Kulturminister Robra sowie Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert entschuldigt haben.

Doch bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, meinen Amtskollegen aus Sachsen, den Landtagspräsidenten Herrn Dr. Rößler, recht herzlich bei uns auf der Tribüne zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrter Herr Kollege, ich freue mich, dass Sie heute bei uns in Sachsen-Anhalt im Landtag sind. Er möchte sich auch einmal unsere Landtagssitzung anschauen.

(Heiterkeit)

Ich komme bestimmt auch einmal nach Sachsen und gucke mal, wie das bei Ihnen funktioniert.

Wir steigen somit in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 18 a

Regierungserklärung des Ministers für Inneres und Sport Herrn Holger Stahlknecht zum Thema: „Sportland Sachsen-Anhalt - Bilanz und Ausblick“

Danach gibt es die Aussprache zur Regierungserklärung. - Sehr geehrter Herr Minister Stahlknecht, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kaum ein anderer Bereich unseres gesellschaftlichen Lebens schafft es wie der

Sport, regelmäßig Menschen unterschiedlichster Herkunft und verschiedenen Alters zusammenzubringen, sie gemeinsam Emotionen erleben und Erfolge sowie Niederlagen miteinander teilen zu lassen.

Der organisierte Sport mit seinen knapp 3 150 Vereinen und mehr als 341 000 Vereinsmitgliedern leistet in unserem Land wichtige Beiträge zur Integration und Inklusion. Er ist präventiv gegen Extremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit tätig. Nicht zuletzt ist der Sport mit seinem Lizenzierungssystem auch ein wichtiger Bildungsträger. Darüber hinaus trägt die regelmäßige Sportausübung zu einem gesunden Lebensstil bei. Und es sind die Erfolge unserer Spitzensportlerinnen und Spitzensportler, die stolz machen, die zur Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger aus Sachsen-Anhalt mit ihrem Land, mit ihrem Sportland beitragen.

Der Sport ist zugleich maßgeblicher Träger für ehrenamtliches Engagement. Er stellt jenen gesellschaftlichen Bereich dar, in dem der höchste Anteil ehrenamtlicher Arbeit geleistet wird. Jeden Tag engagieren sich in unseren Sportvereinen unzählige ehrenamtliche Übungsleiterinnen, Übungsleiter und Vorstandsmitglieder. Sie sind es, die das regelmäßige Training und ein vielfältiges Vereinsleben gestalten.

An den Wochenenden sind neben ihnen Hunderte Kampfrichterinnen und Schiedsrichter in den Sporthallen oder auf den Sportplätzen im Einsatz, um den Wettkampfbetrieb abzusichern. Ihnen allen, die mit ihrem Einsatz entscheidend dazu beitragen, dass Sachsen-Anhalt ein Sportland ist, spreche ich meinen herzlichen Dank und meine Anerkennung aus.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Schaffung und Sicherung bestmöglicher Rahmenbedingungen für den organisierten Sport in unserem Land sind ein wichtiges Anliegen. Seit dem Jahr 2011 liegt die Sportförderung in den Händen des von mir vertretenen Ministeriums. Seitdem sind jährlich mehr als 20 Millionen € an Landesmitteln in die Förderung des organisierten Sports in Sachsen-Anhalt geflossen. Mit diesen Geldern wurden zahlreiche Sportstätten neu gebaut und saniert. Und es wurden die Sportstrukturen gefördert, damit sie die Sportarbeit in unserem Land umsetzen, begleiten und unterstützen können.

Das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Sportfördergesetz war hierfür ein wesentlicher Meilenstein. Es gibt dem organisierten Sport Rechtssicherheit in Bezug auf die Nutzung kommunaler Sportanlagen und es gewährleistet eine verlässliche Förderung der Sportstrukturen.

Mit der im Sportfördergesetz festgeschriebenen Pauschalförderung für die mehr als 3 000 Sportvereine, die 14 Kreis- und Stadtsportbünde und 48 Landesverbände wurde eine unbürokratische und transparente Förderpraxis geschaffen. Sämtliche Daten, die für die Berechnung der finanziellen Unterstützung einer Sportorganisation nötig sind, werden beim Landessportbund erfasst und nach feststehenden Kriterien direkt in einen Förderbetrag umgesetzt. Je nach Leistung der Sportorganisationen fällt also die Höhe der Förderung aus. Das ist transparent und effektiv.

Die durchwachsenen Ergebnisse der Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro und 2012 in London, aber auch die seit 2015 begonnene Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung des Bundes haben mich im Herbst des letzten Jahres bewogen, eine Arbeitsgruppe „Spitzensport“ ins Leben zu rufen. In dieser AG sollen notwendige Veränderungen in den Strukturen und in der Förderung des Spitzensports im Land Sachsen-Anhalt diskutiert und Festlegungen zu den erforderlichen Änderungen der Landesförderung getroffen werden.

Ich bin sehr froh, dass wir für die Mitarbeit in dieser Arbeitsgruppe neben dem Landessportbund und dem Olympiastützpunkt auch zwei Sportpraktiker, nämlich den ehemaligen Schwimmweltmeister Paul Biedermann und den erfolgreichen Schwimmtrainer Bernd Berkhahn, gewinnen konnten.

Außerdem wirken die beiden leistungssporttragenden Vereine, der SV Halle und der SC Magdeburg, mit. Da auch die Eliteschulen des Sports der Städte Halle und Magdeburg in den Blick genommen wurden, verstärkten seitens des Bildungsministeriums Herr Minister Tullner und auch Frau Staatssekretärin Koch-Kupfer die Arbeitsgruppe.

Im Zeitraum vom 2. November 2016 bis zum 8. Juni 2017 fanden insgesamt sechs Sitzungen der Arbeitsgruppe statt. Die Ergebnisse werde ich im zweiten Teil meiner Regierungserklärung vorstellen.

Im Mittelpunkt des ersten Teils stehen der Breitensport, der Behinderten- und Rehabilitationssport sowie die Sportstättenentwicklung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Weiterentwicklung des Breiten- und Gesundheitssports hat für mich einen hohen Stellenwert. Im Breitensport sind die meisten Sporttreibenden in SachsenAnhalt aktiv. Anders als beim Leistungssport wird im Breitensport nicht nach internationalen oder nationalen sportlichen Höchstleistungen und Rekorden gestrebt. Die Freude an der Bewegung, Fitness- und Gesundheitsförderung sowie sozialintegrative Wirkungen des gemeinsamen Sporttreibens stehen im Vordergrund.

Maßstab für die Bereitstellung ausreichender Angebote im Breiten- und Gesundheitssport ist der Organisationsgrad, die Organisiertheit, das heißt, die Anzahl der Vereinsmitglieder im Verhältnis zu der Anzahl der Einwohner im Land. Hier konnte der Landessportbund in den letzten Jahren trotz eines Bevölkerungsrückganges in unserem Bundesland einen stetigen Aufwärtstrend verzeichnen. Seit dem Jahr 2011 ist der Organisationsgrad um 1,54 % gestiegen. Damit sind mehr als 19 000 neue Mitglieder in unserem Bundesland beim Landessportbund zu verzeichnen. 19 000 neue Mitglieder bei weniger werdender Bevölkerung ist ein riesengroßer Erfolg.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, die optimalen Förderinstrumente zur Reduzierung des bürokratischen Aufwandes bei der Förderung der Sportvereine beizubehalten und die Finanzierung der Kreis- und Stadtsportbünde als wichtige Partner des Breiten- und Gesundheitssports in der Region zu sichern.

Anliegen der Förderung des Breitensports durch das Land Sachsen-Anhalt ist es, die Rahmenbedingungen für die Arbeit in den Sportvereinen so zu optimieren, dass möglichst viele Menschen hier ihre sportbezogenen Bedürfnisse befriedigen und eine sportliche Heimat finden können. Dafür ist die Vereinspauschale das geeignete Instrument. So erhalten seit dem Jahr 2011 jährlich mindestens 2 500 Sportvereine einen Zuschuss für ihre Sportarbeit. Unterstützt von ihren Kreis- und Stadtsportbünden können sie so gute Sportangebote für die Menschen in Sachsen-Anhalt unterbreiten. An dieser Erfolgsgeschichte halten wir fest.

Wir werden zugleich gute Rahmenbedingungen für den Behinderten- und Rehabilitationssport sichern; denn es gibt nur einen Sport, unabhängig davon, ob man behindert oder gesund ist. Es ist eine Sportfamilie.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der LINKEN)

Menschen mit Behinderungen benötigen vielfältige Hilfen, um ihren Alltag selbstbestimmt gestalten und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Der Behinderten- und Rehasport schafft hierfür zahlreiche Möglichkeiten. Neben körperlicher Ertüchtigung bietet Sport auch umfassende Lebenshilfe, da er nicht nur Ausgleich zum Beruf ist, sondern auch soziale Betätigung schafft.

Das Land fördert den Behinderten- und Rehabilitationssport, um mit den Möglichkeiten des Sports die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung, von chronisch Kranken und von Reha

bilitanden zu verbessern. Auf diesem Gebiet sind besonders der Behinderten- und Rehabilitationssportverband Sachsen-Anhalt und der Gehörlosensportverband Sachsen-Anhalt mit ihren Mitgliedsvereinen tätig.

Seit September 2013 ist zudem der Landesverband Special Olympics Sachsen-Anhalt aktiv, der sich dafür einsetzt, Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung ein sportliches Leben zu ermöglichen. Ihnen allen gilt mein herzlicher Dank für ihre erfolgreiche Arbeit.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir werden auch die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den Sport weiterhin fördern. So startete der Landessportbund im September 2015 mit finanzieller Unterstützung des Landes das Projekt „Sport & Bewegung inklusiv“. Mit diesem Vorhaben sollen der inklusive Prozess im organisierten Sport befördert und Vorurteile und Hindernisse gegenüber behinderten Menschen abgebaut werden.

Wir werden auch künftig den Behindertenleistungssport umfassend unterstützen. Die gleichberechtigte Nutzung der Förderinstrumente des Leistungssports durch behinderte und nichtbehinderte Sportlerinnen und Sportler ist mir und uns ein zentrales Anliegen. So wird seit dem Jahr 2015 die Individualförderung aus Landesmitteln an behinderte Leistungssportlerinnen und -sportler in derselben Höhe wie an nichtbehinderte Leistungssportler ausgereicht.

Außerdem erfolgt eine stärkere Einbindung des Behindertensports in Betreuungsleistungen des Olympiastützpunktes, zum Beispiel bei der Sportmedizin, Physiotherapie oder Laufbahnberatung. Die behinderten Leistungssportler werden auch in die Planungen des Olympiastützpunkts zur dualen Karriere mit einbezogen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein besonders wichtiges Anliegen ist mir die weitere Unterstützung des Sports bei der Wahrnehmung seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung. Neben der Sportarbeit findet in den Sportvereinen vielerorts auch Bildungs- und Erziehungsarbeit statt.

Für neu in unser Land kommende Menschen sind Sportvereine oft erste Orte der Begegnung. Der Landessportbund bekennt sich in seiner Satzung klar gegen Fremdenfeindlichkeit, politischen Extremismus, Gewalt, Gewaltverherrlichung und Homophobie.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Zugleich sind die vielfältigen Sportangebote in Sachsen-Anhalt ohne ehrenamtliches Engagement undenkbar.

Wir werden deshalb die weitere Stärkung des ehrenamtlichen Engagements im Sport unterstützen.

Es wird zunehmend schwieriger, insbesondere junge Menschen für die Übernahme eines Ehrenamtes im Sport zu motivieren. Ehrenamtliche Übungsleiterinnen und -leiter, Kampfrichterinnen und -richter oder Vereinsvorstände sind jedoch das Rückgrat des organisierten Sports.

Deshalb ist es mir wichtig, dass gute Rahmenbedingungen für ehrenamtliche Arbeit im Sport des Landes Sachsen-Anhalt bestehen. Darüber hinaus werde ich auch künftig jährlich eine Ehrungsveranstaltung für ehrenamtlich Engagierte in den Kreis- und Stadtsportbünden durchführen, um deren Leistungen, stellvertretend für unzählige täglich im Sport ehrenamtlich engagierte Menschen, zu würdigen.

Einen großen Schwerpunkt lege ich darauf, die Integrationsarbeit der Sportvereine weiter zu stärken. Das Programm des Landessportbundes mit seinen Strukturen „Willkommen im Sport des Landes Sachsen-Anhalt“, das mit Landesmitteln gefördert wird, hat seit dem Jahr 2015 einen wichtigen Beitrag zur Integration in den Sport geleistet.

Unzählige interkulturelle Spiel- und Sportfeste, Willkommensturniere, Fortbildungen zur interkulturellen Kompetenz fanden statt und haben dazu beigetragen, die Teilhabe von Asylbewerbern und Flüchtlingen am Sport zu sichern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.