Protokoll der Sitzung vom 26.10.2017

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Cornelia Lüddemann, GRÜNE - Rüdiger Erben, SPD: Den gibt es doch gar nicht!)

Dass jetzt auch aus Ihrer Fraktion endlich der Wunsch kommt, diesen zu bekämpfen, das hören wir gern.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wahrscheinlich wird uns beim nächsten Tagesordnungspunkt der Redner Ihrer Fraktion aber das Gegenteil erzählen.

Meine Damen und Herren! Ich war vor zwei Wochen in Berlin und habe mir dort die LutherAusstellung im Gropius-Bau angeschaut. Ich bin auf dem Rückweg im RE gewesen. Dieser ist in der Berufsreisezeit immer ziemlich voll. In meinem Waggon war eine redselige ältere Dame, die den Waggon unterhielt; man konnte also auch nicht weghören. Sie erzählte: Na, vor zwei Wochen was das alles noch viel schlimmer. Da war dieser Sturm und da standen wir hier zwölf Stunden auf offener Strecke. Keine Toilette ging, und es wusste auch kein Mensch, was war.

Nun kann man der Deutschen Bahn relativ schlecht in die Schuhe schieben, dass es Extremwetterlagen gibt. Aber was daran falsch ist, ist, dass niemand im Zug wusste oder auch nur erzählt hat, was denn gehauen und gestochen ist.

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben schon ganz viel Richtiges gesagt. Ich will bloß noch ein paar Gedanken zu dem äußern, was dabei zu diskutieren ist.

Was ist denn in einer Extremwetterlage das erste Gebot der Stunde? - Das erste Gebot der Stunde ist der Schutz von Leib und Leben. Ich finde, bei all dem, was an Ressourcen da ist, muss die Information Priorität haben, aber eben die zweite und nicht die letzte.

Die zweite Frage; das habe ich mich bei der Rede des Ministers ein bisschen gefragt. Digitalisierung ist schön und gut. Und ja, im Normalbetrieb läuft es nicht ganz schlecht. Aber es muss auf alle Fälle verbessert werden. Aber wie ist es denn bei Extremwetterlagen? Wie ist es denn, wenn tatsächlich - nehmen wir einmal die Strecke zwischen Magdeburg und Berlin - ein Zug stehen bleibt? Wie ist es denn dann mit der Kommunikation?

Wie ist es denn, wenn ich in den Weiten der brandenburgischen Pampa stehe und keinen Handyempfang habe? - Dann nützen mir alle digitalen Informationssysteme nichts. Deswegen ist das, was man nicht nur von der Deutschen Bahn, sondern von allen Bahnunternehmen erwarten muss, dass es eine Kommunikationsmöglichkeit und einen Kommunikationsweg gibt, der krisenfest und krisensicher ist. Das kann gern per Funk sein. Das muss dann auch beinhalten, dass die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter entsprechend geschult sind, mit den Bahnkundinnen und Bahnkunden umzugehen, das entsprechend im Zweifelsfall mündlich zu koordinieren und zu kommunizieren.

(Zuruf von der AfD)

Eine weitere Sache, die man erwarten muss, ist, dass die Servicecenter der Deutschen Bahn im Katastrophenfall in kürzester Zeit personell aufgestockt werden. Es kann nicht sein, dass man,

wenn man keine andere Möglichkeit hat, an Informationen zu kommen, und irgendwo anruft, im Krisenfall genauso lange in der Warteschleife ist, wie man im Zug festsitzt. Das funktioniert nicht. Dafür braucht es tatsächlich einen Notfallplan, der anläuft, sobald so ein Katastrophenszenario eintritt.

Wie das mit den Wetterfesten der Verkehrsinfrastruktur ist, darüber diskutieren wir im Ausschuss noch einmal. Das würde mich auch brennend interessieren.

Letzte Anmerkung. Die Frage von Krisenkommunikation ist etwas, was man aufstellen und planen kann und wofür es auch im Land ein gewisses Know-how gibt. Wir haben in der Fachhochschule Magdeburg-Stendal den Studiengang Katastrophenschutz.

(Rüdiger Erben, SPD: Gefahrenabwehr!)

Teil dieses Studienganges ist, soweit ich weiß, auch der große Bereich Krisenkommunikation. Ich finde, wenn wir uns aufmachen, den Maßnahmenplan zu erarbeiten, oder auch wenn die Unternehmen diesen Maßnahmenplan aufstellen, dann sollte man das Know-how nutzen, das es in Sachsen-Anhalt gibt, und die Menschen fragen, die das hier lernen und lehren. Vielleicht ist bei den Lernenden in Bezug auf Informationssysteme, die das 21. Jahrhundert betreffen, die eine oder andere Idee dabei, die krisenfest ist und die funktioniert.

Wir werden diesen Antrag gern beschließen - wir haben ihn gestellt -, auch den Änderungsantrag. Es macht Sinn, die Fahrgastbeiräte, also die Kundinnen und Kunden, mit einzubinden. Je breiter die Perspektive ist, desto breiter kann am Ende die Lösung sein. Aber die Lösung brauchen wir.

Deswegen bitte ich um Zustimmung zu dem Antrag und dem Änderungsantrag. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, von Siegfried Borgwardt, CDU, und von Markus Kurze, CDU)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Daher danke ich dem Abg. Dr. Grube für die Ausführungen. - Für DIE LINKE spricht die Abg. Frau Hildebrandt.

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LIN- KE)

Frau Hildebrandt, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Bahnreform von 1994 wurden die damalige Bundesbahn und die Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG fusioniert. Seitdem orientiert

sich das Staatsunternehmen vor allem am Gewinn in der Bilanz. Und seitdem heißt es von der Politik auf fast alle kritischen Nachfragen zur Strategie der Bahn hin, es handele sich um Entscheidungen eines eigenwirtschaftlichen Unternehmens, auf die die Politik keinen Einfluss habe.

Zuletzt konnten wir das von Herrn Webel beim Rückzug der Deutschen Bahn bei den Güterbahnhöfen und auch bei der Diskussion um die Planung der Baumaßnahmen am Bahnhof Köthen hören. Umso mehr erstaunt mich der heutige Optimismus der Koalition und des Verkehrsministers, jetzt doch mal Einfluss nehmen zu wollen.

Die gewinnorientierte Ausrichtung der Deutschen Bahn hat doch dazu geführt, dass sie sich aus vielen zentralen Bereichen des Bahnverkehrs zurückgezogen hat - sei es aus dem regionalen Güterverkehr oder aus dem Fernverkehr auf mittleren Strecken -, dass die Fahrpreise überproportional angestiegen sind, dass gerade im Servicebereich massiv Personal abgebaut wurde und dass die Qualität des Bahnverkehrs unter Kostenvorbehalt steht.

Natürlich rücken diese Zustände besonders bei Extremwetterereignissen, wie zum Beispiel bei dem Sturmtief, in den Fokus der Öffentlichkeit. Es ist ja auch dramatisch, wenn Menschen, die einfach nur beispielsweise von Halle, Hafenstraßen 7, nach Osterburg zum Gymnasium reisen wollen, in Zügen oder an Bahnhöfen festsitzen und keinerlei Informationen bekommen, wie und wann es weitergeht oder weitergehen könnte,

(Zuruf von der AfD)

und das im Zeitalter von Apps und digitaler Information. Frau Lüddemann hat es ausreichend dargestellt. Eine Nacht im sogenannten Hotelzug kann man wirklich niemandem wünschen.

(Zustimmung von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)

Genauso unbefriedigend war die Situation aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Bahn, die selbst nicht ausreichend informiert wurden. Ich bewundere und danke all den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die trotz dieser Umstände freundlich blieben und halfen, so gut sie konnten.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Wir unterstützen das Anliegen der Koalition, einen Maßnahmenplan zur Krisenbewältigung und Kommunikation von der Landesregierung zu fordern, obwohl das in unseren Augen zuallererst Aufgabe der Deutschen Bahn wäre.

Frau Lüddemann und der Verkehrsminister haben bereits die Übernahme unseres Änderungs

antrags angekündigt. Ich will bloß dazu sagen, warum. - Die Reisenden müssen aus unserer Sicht über ihre Interessenvertretungen, die Fahrgastbeiräte und Fahrgastverbände, beteiligt werden. Reisende sind Leute, die tagtäglich die Dienstleistungen der Deutschen Bahn in Anspruch nehmen und sehr genau wissen, was sie sich in solchen Ausnahmesituationen wünschen und was man auch erwarten kann.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir werden dem Antrag zustimmen. Wir freuen uns über die Übernahme unseres Änderungsantrags. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe auch hierzu keine Fragen. Daher danke ich der Abg. Frau Hildebrandt für die Ausführungen. - Für CDU spricht der Abg. Herr Scheurell. Herr Scheurell, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An Informationstafeln, Handys, Smartphones, geschweige denn an mobiles Internet war noch nicht zu denken, als Friedrich List im Jahr 1833 ein erstes deutsches Eisenbahnnetz entwirft. Die erste deutsche Eisenbahnstrecke zwischen Nürnberg und Fürth wird am 7. Dezember 1835 mit der berühmten Lokomotive „Adler“ in Betrieb genommen und von vielen Einwohnern des Landes als Errungenschaft der modernen Technik gefeiert.

Insgesamt gab es in den Jahren 1835 bis 1915 große Fortschritte im Aufbau eines deutschen Eisenbahnnetzes und auch im Reisekomfort. Statt enger Pferdewagen sind geheizte, geräumige und mit Licht ausgestattet Eisenbahnwaggons im Einsatz.

Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, gipfelt im Jahr 1883 in der Entwicklung des ersten international fahrenden Luxuszuges, dem Orientexpress. - Das hat heute manchmal eine ganz neue Bedeutung; ich weiß.

(Heiterkeit)

Internationale Eisenbahnfernverbindungen entstehen zu dieser Zeit und fördern damals wie heute die Völkerverständigung.

(Heiterkeit)

Die technische Entwicklung der Züge war beeindruckend und ist es auch heute noch. Überall und vor allem dort, wo über große Strecken komplizierte Technik eingesetzt wird, kommt es immer mal wieder zu Störungen. Das gab es damals schon, gibt es heute und wird sich sicherlich auch

in Zukunft zumindest nicht gänzlich vermeiden lassen.

Es kommt hinzu, dass mit der Bahnreform im Jahr 1994 Bereitschaftsdienste zentral gebildet wurden. Vieles wurde aufgelöst. Die Bereitschaftsdienste, die sonst an jedem normalen Bahnhof zu finden waren, wie Wagenmeister usw., wurden abgeschafft. Wenn heute etwas passiert, müssen also die Einsatztruppen über weite Strecken erst einmal anrücken, ganz besonders dann, wenn das Wetter in Deutschland eine Ausnahmesituation auslöst, etwa durch orkanartige Windböen. - Sie sprachen vorhin davon; da wollte ich schon einstimmen mit „Winterstürme wichen dem Wonnemond“.

Diese orkanartigen Windböen mit heftigem Niederschlag, herabfallenden Ästen und entwurzelten Bäumen machen das Leben des Bahnverkehrs auf den Gleisen Deutschlands schwer. Das hat das Sturmtief „Xavier“ uns deutlich vor Augen geführt. Sieben Menschen sind am 5. Oktober 2017 ums Leben gekommen.

Die Bahn stellte infolge der extremen Wetterlage unter anderem den Zugverkehr in SchleswigHolstein, Niedersachsen, Bremen und Teilen Mecklenburg-Vorpommerns ein. Auch die Fernverkehrsstrecken Berlin - Hannover und Berlin - Hamburg wurden unterbrochen. In SachsenAnhalt, Sachsen und Thüringen gab es Einschränkungen, unter anderem auch im Großraum Magdeburg, Stendal und Dessau.