Protokoll der Sitzung vom 27.10.2017

Wenn man die Bücher vom ehemaligen Bürgermeister von Neukölln gelesen hat, wenn man auch die neuesten Aussagen teilweise von Sozialdemokraten dazu liest, wenn man das alte Buch von Sarrazin dazu nimmt, dann stellt man natürlich fest, wir haben Millionen Muslime hier im Land. Sie verhalten sich anständig, rechtstreu, und es sind auch Leute, mit denen man gut klarkommt.

Die Fakten sind aber auch ganz eindeutig. Der Ruf des Muezzins zum Beispiel bedeutet: Allah ist der einzige Gott.

Mir ist nicht bekannt, dass im Christentum an einem Kirchturm

(Widerspruch bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

der Pfarrer überall herumschreit, dass nur das Christentum - -

(Unruhe)

Sehen Sie, Sie sind so kultiviert, dass Sie noch nicht einmal in der Lage sind, sich in Ruhe drei Sätze anzuhören.

(Beifall bei der AfD)

Das ist der Gipfel der mangelnden Parlamentskultur bei Leuten, die sogar teilweise jetzt in den Bundestag eingezogen sind. Mein Gott Walter!

(Heiterkeit bei der AfD)

Das ist der Ruf des Muezzins. In Österreich hat man darüber diskutiert, dass man das nicht will, dass eine Religion einen Alleinherrschaftsanspruch von einem über allen anderen Dächern stehenden Turm aus ausruft.

Der zweite Punkt, den ich kurz ansprechen möchte, ist dieser: In fast allen Moscheen gibt es am Rand Zirkel und Arbeitsgemeinschaften und Diskussionsgruppen, in denen sich Extremisten zusammenfinden, die zum Teil auch vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Wir wollen keine terroristischen Zellen. Wir wollen nicht, dass aus dem Ausland Imame ausgebildet werden, die hier freitags ausrufen, was man denken soll.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Dann müssen wir sie hier ausbilden!)

Deswegen stellen wir so lange solche Anträge, bis das endgültig unterbunden ist. Denn wir wollen die Freiheit dieses Landes schützen.

(Beifall bei der AfD)

Wir fahren in der Debatte fort. Für die CDU spricht der Abg. Herr Schumann. Herr Schumann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist es eine aufgeheizte Atmosphäre und es ist gar nicht so einfach, nun zu sprechen. Vor allem müsste ich jetzt vieles wiederholen, was der Minister schon gesagt hat. Aber mein erster Gedanke bei der Vorbereitung meines Redebeitrages war dieser: Die Wahlen sind doch eigentlich durch. Könnte man sich nun nicht mit etwas anderem beschäftigen? - Aber vielleicht macht es die AfD so, wie es Sepp Herberger gesagt hat: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Wir müssen uns wieder vorbereiten.

Aber leider ist Politik kein Spiel, meine Damen und Herren, auch wenn ich gestern bei der Abstimmung zur KiFöG-Novelle und zur Novelle des Bildungsgesetzes ein bisschen den Eindruck hatte, dass es Kindergarten ist. Aber das ist eine andere Frage. Das steht auf unserem Blatt; das sage ich ganz ehrlich.

Ihre Forderung nach einem Moscheenregister - das hat der Minister schon gesagt - ist abzulehnen, sowohl hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit als auch des Nutzens. Stattdessen sollen nachrichtendienstliche Aktivitäten des Verfassungsschutzes, die einzig und allein der Beobachtung islamistischer bzw. islamistisch-terroristischer Bestrebungen und Aktivitäten dienen, intensiv weitergeführt werden.

Bereits jetzt existiert eine Datenbank im Verfassungsschutzverbund, in der verfassungsschutzrelevante Informationen und Erkenntnisse zu Moscheen zentral gespeichert werden.

Eine grundsätzliche Beobachtung religiöser Stätten einer bestimmten Religionsgemeinschaft lehne ich dagegen auch in dem Bewusstsein eines christlichen Abgeordneten ab.

Was Ihre Vorschläge zur Verschleierung angeht, so ist eine Vollverschleierung von Beamtinnen im Dienst vom Bund bereits heute untersagt. Dies ist landesseitig künftig auch für tarifbeschäftigte Lehrkräfte bindend. Darüber hinaus gehenden Handlungsbedarf sehe ich insoweit aktuell nicht.

Wäre es jetzt nicht an der Zeit, alles zu tun, und zwar über alle politischen Grenzen hinweg, um diejenigen, denen ein Schutzstatus zuerkannt wurde, rasch der deutschen Sprache mächtig zu machen und sie zumindest zeitweise in den Arbeitsmarkt zu integrieren und die unglaublichen Vorteile unseres demokratischen Staates inhalieren zu lassen, damit sie nicht anfällig für religiöse Eiferer werden?

Wenn sie dann in friedlichen Zeiten ihr Heimatland wiederaufbauen, werden ihnen ihre Ausbildung und die von ihnen gewonnenen Erfahrungen für ihr Volk von großem Nutzen sein. Die krisenhafte Zuspitzung durch Zustrom von Flüchtlingen ist in Deutschland dank des entschlossenen Handelns auf allen Ebenen Vergangenheit.

All Ihre Forderungen, welche Sie in Ihrem Antrag bereits aufmachen, werden entweder bereits umgesetzt oder sind verfassungsrechtlich zumindest bedenklich.

Fremdsprachen, für die im Moment keine Bedarfe bestehen, werden in Sachsen-Anhalt sowieso nicht angeboten. Jedoch von vornherein Ausbildung in Sprachen zu verbieten, welche in einem anderen Kulturraum beheimatet sind, halte ich für grundsätzlich falsch.

In der Frage des muslimischen Religionsunterrichts sind wir - wie unser Bildungsminister angeführt hat - in der Prüfung. Meine Damen und Herren, gebildete Menschen sind nachweislich weniger anfällig für Populismus, Fanatismus und terroristische Verführungen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn sich im Ergebnis der Prüfung eine Notwendigkeit von islamischem Religionsunterricht ergeben sollte, so sollte der, ähnlich wie beim katholischen und evangelischen Religionsunterricht, von geprüften Lehrkräften an den Schulen durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren! Wir leben in Europa in kulturell christlich-jüdischer Tradition. Das wird

auch in Zukunft so bleiben. Dafür wird die CDU in Deutschland ein Garant sein. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine Anfragen. Dann danke ich Ihnen, Herr Schumann, für die Ausführungen. - Für die Fraktion die GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel. Herr Striegel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Herren von der AfD! Ihr Antrag will religiöse Menschen, hier muslimische Bürgerinnen und Bürger, an den Rand der Gesellschaft drängen. Ihr Antrag verfolgt verfassungsfeindliche Ziele, die zunehmend aggressiv und kämpferisch vorgetragen werden. Sie instrumentalisieren Ängste in der Bevölkerung.

Ich kann nicht schweigen, wenn Sie Hand an die im Grundgesetz verbriefte Religionsfreiheit legen. Ich kann nicht schweigen, auch aus wohlverstandenem Eigeninteresse, denn heute wollen Sie Moscheen, morgen vielleicht Synagogen und übermorgen Kirchbauten verbieten. Ich kann nicht schweigen, weil Sie das Zerrbild eines gefährlichen Islam aufbauen. Schon aus Solidarität mit unseren muslimischen Brüdern und Schwestern gilt es deshalb, die Stimme zu erheben. Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist eben auch ein Gott Ismaels. Sie werden uns mit Ihrem Hass auf alle Muslime und den Islam nicht trennen.

Die Maßnahmen, die Sie ins Werk setzen wollen, sind mit unserem Grundgesetz und mit unserer Landesverfassung unvereinbar. Beides sind im Übrigen Verfassungstexte, die in Verantwortung vor Gott und den Menschen entstanden sind.

Religionsfreiheit ist keine private Angelegenheit. Die Freiheit, eine Religion zu haben, sich rückzubinden, meint auch, sich öffentlich bekennen zu dürfen. Registrierungspflichten für Moscheen, Erlaubnisvorbehalte, Verbote sind mit dem für alle Menschen geltenden Grundrecht auf Religionsfreiheit nicht in Einklang zu bringen.

Sie wollen eine andere Verfassung. Sie wollen in einem anderen Land leben. Anträge, die Sie hier schreiben, sind offenbar als Verfassungstexte für Dunkeldeutschland gedacht.

Als Mensch, als katholischer Christ, Angehöriger einer Minderheit, als GRÜNER und als Demokrat kämpfe ich für eine Gesellschaft, in der jeder ohne Angst verschieden sein und, ja, auch glauben kann. Das heißt, auch alle diejenigen zu bekämpfen, die im Gewand der Religion Hass und Gewalt verbreiten. Das aber ist keine Spezialität des Islam. Als regierungstragende Fraktion werden wir

deshalb mit den Muslimen im Land gegen Terroristen kämpfen. Dafür braucht es einen langen Atem und die Bereitschaft, Muslime frei ihren Glauben leben zu lassen.

Deshalb kämpfe ich für einen staatlich anerkannten Islamunterricht, für islamische Lehrstühle an unseren Hochschulen und für Veränderungen am Staatskirchenrecht.

Zu den Vorhaben, die die Koalition sich vorgenommen hat, ist hier schon einiges ausgeführt worden. Wer nicht will, dass Imame im Ausland ausgebildet werden, der muss dafür sorgen, dass sie hier im Lande ausgebildet werden und dass wir im Blick haben, wer dort lehrt. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, auch was den katholischen und evangelischen Religionsunterricht in unseren Schulen anbelangt. Ich meine, dass wir diesen Weg weiter konsequent gehen sollten, und zwar diskriminierungsfrei.

Dieses Land ist ein freies Land, auch für Muslime. Wir werden nicht zulassen, dass Sie, dass die AfD religiöse Menschen diskriminieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Striegel, Herr Poggenburg hat eine Frage. Wenn Sie die beantworten möchten? - Herr Poggenburg, Sie haben das Wort.

Eine Kurzintervention bitte. - Von einem Dunkeldeutschland, wie Sie gerade sagten, Herr Striegel, also von einem Deutschland mit betonversiegelten Volksfesten rücken wir ab, gerade wegen Ihrer Politik, wegen Ihrer Politik und nicht wegen des Reformwillens der AfD. Das war Punkt eins.

Punkt zwei richtet sich an Sie und auch an den Abg. Gallert. Es wird immer gesagt, die AfD solle sich doch einmal mit den Leuten unterhalten. Das tun wir oft genug. Ich erinnere mich an eine Faktist-Sendung, an der auch der Imam der Moschee in Magdeburg teilgenommen hat. Mit dem habe ich gesprochen. Und auf die ganz klare Frage, wie er sich denn zur Scharia bekennt, ob er diese ablehnt, habe ich bis heute keine Antwort erhalten. Ich denke mir also die Antwort: Er steht zur Scharia, er steht also zu einem grundgesetzwidrigen Islam. Und das ist allgemein das Problem mit dieser sogenannten Religion. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. - Danke.

(Beifall bei der AfD)

Herr Striegel, wenn Sie noch einmal antworten möchten, haben Sie das Wort.

Herr Poggenburg, ersparen Sie mir doch bitte Ihre Mutmaßungen. Zum Thema Scharia will ich Ihnen nur eines sagen: Wenn Sie einen Katholiken fragen würden, ob er zum kanonischen Recht steht, würde er Ihnen vielleicht auch die eine oder die andere Antwort geben und das hätte nichts mit Verfassungsbruch zu tun, sondern die entscheidende Frage ist: In welchem Verhältnis kann Schariarecht zu unserem Grundgesetz stehen? - Selbstverständlich sind Aspekte von Schariarecht auch grundgesetzkonform anwendbar. Das ist überhaupt keine Frage. Das bekommt man hin.

Wenn Sie die biblischen Strafandrohungen und Strafmaße - ich erinnere nur an das Strafmaß für Ehebruch - zum Maßstab nehmen, werden Sie auch feststellen, dass die Steinigung ganz sicher nicht grundgesetzkonform ist. Die Todesstrafe ist abgeschafft. So findet sich in unserem Verfassungstext - -