Protokoll der Sitzung vom 27.10.2017

Man ist wirklich überrascht, wie Sie es wieder hinbekommen haben, von den großen, hehren Zielen der EU, von der Zukunft, über die wir reden, wo wir wirklich schwierige Probleme zu bewältigen haben, am Ende wieder beim Strompreis zu landen. Das ist sagenhaft.

(Heiterkeit bei der CDU)

Dazu möchte ich für uns als Union aber auch klarstellen, dass wir mit unserer Argumentation gestern auf dem richtigen Schiff waren.

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Denn heute macht eine große Zeitung im Lande mit Vergleichen von Strompreisen auf.

(Zuruf von der AfD)

Ich will es Ihnen noch einmal sagen: Wir sind auf Platz 2, was die Höhe der Stromkosten in Europa angeht. Das wurde gestern schon gesagt. Nur Portugal zahlt noch mehr als Deutschland. Wir liegen bei fast 29 Cent, unser großer Partner Frankreich liegt bei lediglich 16 Cent, bei der Hälfte. Wenn wir dann einmal Europa und die Welt betrachten, dann sehen wir, dass man in Amerika 9 Cent bezahlt. Das nur zu Europa und Amerika. Das muss schon noch einmal gesagt werden, Frau Frederking.

Ich glaube, wir alle müssen dieses Thema auch weiterhin im Blick haben; denn einen fortwährenden Anstieg halten wir nicht mehr aus. Es gibt genug Menschen in Deutschland, die schon darunter leiden.

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Wir haben es gestern schon gehört; ich will die Debatte nicht wieder aufmachen und alles noch

einmal vortragen. Wir haben gestern schon gehört, wie viele Menschen bereits zwangsabgeschaltet wurden und wie viele kurz davor stehen. Es sind sechs Millionen, die kurz davor stehen, und 300 000, die schon zwangsabgeschaltet wurden.

Es sind hohe Strompreise. Strom darf nicht zum Luxusgut werden. Wir müssen uns alle an einen Tisch setzen - Sie sitzen in Berlin ja schon zusammen; ich hoffe, es kommen auch mal sinnvolle Lösungen dabei heraus -, damit der Strom auch weiterhin bezahlbar bleibt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD)

Nun aber zur Zukunft der Europäischen Union. Ich glaube, es ist wirklich besser, wenn wir alle miteinander reden und nicht übereinander. Dass die Europäische Union mittlerweile natürlich auch ein großes Konstrukt ist, mit verschiedenen, unterschiedlichen Interessen und auch Ansprüchen, die jedes einzelne Land für sich definiert, das wissen wir alle. Das macht es sehr schwierig für die Zukunft, diese große Gruppe immer wieder beieinander zu halten.

Aber die EU ist aus unserer Sicht auch weiterhin ein Erfolgsmodell; denn wenn die EU nicht stark wäre, dann wäre auch Deutschland nicht stark. Nur durch die Stärke unserer Gemeinschaft sind wir weiterhin die Lokomotive in Europa und am Ende auch in der Welt. Dabei soll es auch bleiben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wenn wir dabei bleiben wollen, dann heißt das natürlich, dass wir enger zusammenrücken müssen. Wir müssen auch darüber sprechen, dass wir in der EU Regeln haben. Wenn wir Regeln haben, dann müssen diese natürlich auch für alle gelten.

Allerdings - das muss man an dieser Stelle auch festhalten - ist die EU nicht das, was einige hier vorzutragen versucht haben. Die EU ist nicht die Vereinigten Staaten von Europa. Die EU ist für die Union ganz klar definiert, auch wenn Frau von der Leyen das vielleicht anders gesagt hat - Sie wissen ja, die Volkspartei Union hat mehrere Flügel, und wir haben natürlich auch unterschiedliche Ansichten -: Wir stehen natürlich zu der Aussage von Helmut Kohl: Die Europäische Union ist eine Europäische Union der Nationalstaaten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der AfD - André Poggenburg, AfD: Das ist schon mal gut!)

Wenn wir eine Europäische Union der Nationalstaaten sind, dann müssen wir auch die Meinungen, die Interessen und die Ziele der National

staaten ernst nehmen. Dass das nicht so einfach ist, das wissen wir.

Dazu hat Juncker eine bedeutende Rede gehalten. Natürlich sucht sich bei Juncker jetzt wieder jeder das heraus, was er am Ende für sich als bedeutend ansieht. Für uns war natürlich bedeutend, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Juncker gesagt hat, dass seit dem Bestehen der Kommission fast acht Millionen Arbeitsplätze entstanden sind, dass die Arbeitslosigkeit so niedrig ist wie seit neun Jahren nicht mehr.

Hinzu kommt, dass die europäischen Investitionsoffensive, die bis jetzt Investitionen im Wert von 225 Milliarden € freigesetzt hat, Darlehen für mehr als 445 000 kleine und mittelständische Unternehmen ermöglichte. Das ist natürlich eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Die infrastrukturelle und ökonomische Entwicklung in unserem Land wäre also ohne Europa unvorstellbar gewesen.

Wir in Sachsen-Anhalt wissen - aber vielleicht wissen es auch nicht alle; deswegen sage ich es noch einmal -, dass seit Anfang der 90er-Jahre aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds Mittel in Höhe von mehr als 9 Milliarden € in Sachsen-Anhalt investiert wurden. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat unser Land weiterentwickelt zu den blühenden Landschaften, die schon unser Helmut Kohl damals zur Wiedervereinigung prognostiziert hat.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von An- dreas Mrosek, AfD)

Alles in allem wurde heute wirklich viel zur Zukunft der Union vorgetragen. Eines ist am Ende vielleicht relativ kurz gekommen: Es ist wichtig, dass wir in Europa von Anbeginn an eine Wertegemeinschaft waren und dass diese Wertegemeinschaft dem Schutz von Demokratie und Religionsfreiheit verpflichtet ist.

Mit der gerade erfolgten Bundestagswahl unter dem Mantel der CDU-Regierung sollten Deutschland und die EU die sich jetzt bietende Gelegenheit nutzen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen, eine Zukunft, die durch gemeinsame Werte wie die Würde des Menschen, Freiheit, Demokratie, Recht und Frieden geprägt ist.

Das sind für uns maßgebliche Inhalte, an denen wir auch zukünftig festhalten werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und nur der, der auch zu diesen Werten passt, gehört in die EU.

Wenn wir uns anschauen, wie sich die Türkei in den letzten Monaten, in den letzten Jahren entwickelt hat, dann wird das hier natürlich sehr, sehr schwierig. Ich glaube, dass die Gespräche, die es noch mit der Türkei gibt, sicherlich nicht einfacher werden. Aber ich glaube, die Türkei hat sich die Tür nach Europa selbst ein großes Stück zuge

schlagen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss man hier am Ende auch noch mal sagen.

(Beifall bei der AfD)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Abg. Kurze, Herr Farle hat eine Frage. Würden Sie diese gestatten?

Da wir in der Redezeit schon sehr weit fortgeschritten sind, gehe ich davon aus, dass es eine Zwischenintervention ist und setze mich schon mal hin.

(Lachen bei der AfD)

Herr Farle, Ihre Intervention ist also zugelassen.

Es ist eine Kurzintervention, die zwar mit drei Fragen verbunden ist, die Herr Kurze aber nicht unbedingt beantworten muss.

(Zurufe von der CDU)

- Das geht alles von der Zeit ab. - Erstens. Stimmen Sie mir zu, dass die EU dahin gehend reformiert werden muss, dass zentrale Kompetenzen dort abgebaut werden, wo bessere Lösungen im nationalstaatlichen Rahmen zu finden sind, und dass die EU dort reformiert werden muss, wo zentrale Aufgaben unzureichend gelöst werden, die aber einer zentralen Lösung bedürfen?

Das ist nämlich unser Konzept bei der AfD. Wenn es nicht möglich ist, die EU so zu reformieren, dann muss man sie auflösen. Das wollen wir aber nicht. Wir wollen sie reformieren.

Zweitens. Zum Thema Macron fällt mir eigentlich nur eines ein: Ein zentraler Finanzminister, ein Zugriff auf Steuern, die in allen EU-Staaten erhoben werden für die EU und anschließend die Umverteilung unseres steuerlichen Aufkommens in die Südländer, die mit ihren Haushalten nicht klarkommen und uns in der Haftungsgemeinschaft auch im Sozialbereich übernehmen wollen. Da sagen wir klar: Nein. Wir lassen unsere Bevölkerung nicht für eine solche zentralbürokratische Idee ausplündern.

Dritter Punkt. Zum Namen Soros fällt mir nur eines ein: Dass er Jude ist, hat damit überhaupt nichts zu tun. Der Mann ist Multimilliardär und mischt sich in allen möglichen Ländern mit sehr

hohen Finanzspritzen in Nichtregierungsorganisationen ein, die in den jeweiligen Ländern versuchen, die öffentliche Meinung gegen die Regierung aufzuhetzen. Da sage ich mal, es gilt das Nichteinmischungsprinzip

(Zurufe von der SPD)

auch im privaten Bereich in diesen Ländern. Wir wollen nicht, dass in anderen Staaten Einmischungen stattfinden, genauso wie wir es in Deutschland nicht wollen, dass sich andere Länder in unsere Belange einmischen.

(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ja- wohl!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich danke dem Abg. Herrn Farle. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Antragsteller, Herr Gallert, nimmt nach § 62 in Anlehnung an § 68 das Recht wahr, als Schlussbetrachtung noch ca. drei Minuten Redezeit eingeräumt zu bekommen. Herr Gallert, Sie haben das Wort.

Herzlichen Dank. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Robra, das ist ja genau das Problem. Natürlich kann man lange über Juncker reden, auch über Macron. Übrigens waren die Reaktionen in Deutschland mehr als unterkühlt, zumindest zu Juncker. Das wissen wir beide. Die Freude, die darüber ausbrach, hat man aber gut im Keller versteckt. Spätestens als Juncker anfing, die Eurozone auf die ganze EU auszuweiten, da entgleisten förmlich die Gesichter im Finanzministerium.

Insofern war das eine sehr, sehr zurückhaltende Debatte. Natürlich finde ich das gut. Man kann über die Macron-Vorschläge wirklich reden, aber ich sage ausdrücklich, wir brauchen eine Debatte davor.