Protokoll der Sitzung vom 01.06.2016

Darauf freuen wir uns. - Sie hatten eingangs zu den Verhandlungsständen, die angeblich Greenpeace geleakt hat, geredet. Meine Fragen:

Erstens. Haben Sie die geposteten Seiten, die zugänglich sind, gelesen?

Zweitens. Wenn ja, stimmen Sie dann an der Stelle darin zu, dass die Veröffentlichungen, die durch Greenpeace geleakt wurden, überhaupt keine Neuigkeiten und auch keine Verhandlungsstände, sondern nur die längst und seit Jahren bekannten Verhandlungspositionen der amerikanischen Staaten gegenüber TTIP beinhalten? Das war auch bei Nafta der Fall; das ist nichts Neues.

Insofern stimmt auch Ihre erste Aussage nicht, weil es keine Verhandlungsergebnisse sind.

Drittens habe ich zum Thema Transparenz von Greenpeace eine Frage. Greenpeace hat als Begründung der illegalen Veröffentlichung dieser Papiere gesagt, dies sei im Dienst der Transparenz erfolgt.

Können Sie sich erklären, wenn es der Transparenz und der Information der Bürger dienen soll, warum Greenpeace diese Informationen zuerst ausgewählten greenpeacefreundlichen Medien zur Verfügung gestellt hat mit der Erlaubnis, diese am Samstag zu veröffentlichen, und alle anderen, Bürger und andere Medien, erst ab Montag 11 Uhr Zugang zu diesen Informationen hatten?

(Henriette Quade, DIE LINKE, lacht)

Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit derer, die Sie per Parlamentsbeschluss belobigen wollen.

Viertens ein großes Thema, das ich auch ernst nehme, das sogenannte Rekommunalisierungsverbot. Das würde ich sehr kritisch sehen, genauso wie Sie. Sie haben so gesprochen, als ob das schon Realität oder Bestandteil der jetzigen Verhandlungen sei.

Ich habe wirklich mit großem Aufwand in den letzten 48 Stunden versucht, alles zu lesen, was zu diesem Thema zugänglich ist. Aber ich habe keinen Link und keine Position gefunden, bei der ich diesen Verhandlungsstand lesen konnte, der die Sorge berechtigt, dass das Rekommunalisierungsverbot verhandelt wurde.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Man lernt gern dazu; deshalb frage ich.

Reden Sie noch, Herr Gürth?

(Siegfried Borgwardt, CDU: Gleich danach!)

Eine interessante Variante, die Redezeit zu verlängern. Aber okay, das machen wir gern.

Zu Ihren ersten beiden Punkten. Sie sagen, im Grunde genommen hätten sie gar nichts Neues gesagt; das sei doch alles schon bekannt gewesen. - Also Herr Gürth, wenn das wirklich schon alles bekannt gewesen ist und wenn überhaupt nicht Neues dabei war,

(Zuruf von Birke Bull, DIE LINKE)

dann könnte Ihnen doch völlig egal sein, dass Greenpeace die anderen erst Medien zwei Tage später unterrichtet hat als die greenpeacefreundlichen Medien.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der AfD)

Wenn überhaupt nichts Neues darin stand, dann ist das doch völlig egal. Wir haben jahrelang nichts davon gehört und Greenpeace hat - - Ich kenne übrigens sogar Landesregierungen, die Pressekonferenzen zu Antworten auf Fragen von Abgeordneten veranstalten, bevor die Abgeordne

ten die Antworten haben. So etwas gibt es. So etwas nennt man Pressearbeit.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Außerhalb Sachsen-Anhalts natürlich, in Brandenburg wahrscheinlich!)

- Dazu sage ich ausdrücklich: Ich kenne die von hier, Herr Borgwardt. Ihnen fehlt die Erfahrung der Opposition, das ist schon klar.

(Zuruf von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Wir haben im Grunde genommen eine Situation, dass die hehren Beteuerungen, es gehe um die Standardsicherung und es gehe ausschließlich darum, dass die Blinker die gleiche Farbe hätten, und es gehe überhaupt nicht um ökologische oder soziale Standards, natürlich mit dem Abrufen der entsprechenden Verhandlungspositionen, die

übrigens auch nicht immer transparent gewesen sind, durchaus eine völlig neue Dimension der Öffentlichkeit gehabt haben.

Wissen Sie, Herr Gürth, es ist doch interessant: Ich und einige andere auch hatten am letzten Wochenende Parteitag. Ich hoffe, Sie nicht alle; denn das ist nicht immer vergnügungssteuerpflichtig.

(Minister André Schröder: Da fliegen keine Torten!)

Es war eine Vertreterin der kanadischen Botschaft bei mir, mit der ich mich unterhalten habe. Sie wollte sich mit mir über meine Partei unterhalten. Dann habe ich gekontert, ich wolle mit ihr über CETA reden.

Ich habe gesagt: Es ist doch interessant, was dabei herausgekommen ist, unter anderem die Geschichte mit den Schiedsgerichten. Darauf sagte sie: Aber Herr Gallert, die privaten Schiedsgerichte sind doch eine Forderung der Europäischen Union; damit haben wir doch gar nichts zu tun. Darauf sagte ich: Sehen Sie, werte Kollegin, hätten sie die geleakten Papiere gelesen, wüssten Sie, dass auch die kanadische Seite und die USamerikanische Seite ausdrücklich auf diese private Schiedsgerichtsbarkeit bestanden haben.

Es waren also offensichtlich durchaus Neuigkeiten enthalten; die Kollegin wusste das noch gar nicht. Insofern waren die Dinge außerordentlich interessant.

Die Rekommunalisierungsverbote - na ja, ich sage es einmal so, Herr Gürth: Ich kann Ihnen garantiert nicht die konkrete Stelle innerhalb der 240 Seiten nennen; das stimmt allerdings. Aber so ganz fremd könnte Ihnen das eigentlich nicht vorkommen. Sie haben das sogar selbst einmal gemacht. Können Sie sich an das Investitionsvorfahrtsgesetz oder so ähnlich erinnern? Daran waren Sie damals schuld. Ich will das noch einmal

betonen. Sie können sich das auch auf die Fahnen schreiben. Damit haben Sie für die Kommunen selbst solche Regelungen geschaffen.

Das führt heutzutage übrigens dazu, dass wir im Bereich des Breitbandausbaus riesige Millionensummen an Fördermitteln ausgeben, die wir fast ausschließlich leider immer noch an private Firmen geben, anstatt unseren kommunalen Unternehmen dadurch eine zusätzliche wirtschaftliche Chance zu eröffnen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das ist aben- teuerlich!)

Dazu sage ich: Diese Entwicklung ist falsch und diese Entwicklung steckt sehr wohl auch in diesen Bereichen. Ansonsten würde nämlich niemand auf die Idee kommen, sogenannte Listen von nicht von diesen Verträgen erfassten Dingen zu erstellen. Sie kennen sicherlich den Streit um das Abwasser, die Europäische Wasserrahmenrichtlinie. Wenn das nicht das Problem wäre, müsste man sich nicht über solche Listen streiten.

Wir wissen aber nicht, was wir in der Perspektive als Daseinsvorsorge definieren. Wir wissen nicht, welche Dinge für die Öffentlichkeit in der Perspektive wichtig sind. Deswegen ist dieser Vertrag falsch und deswegen bleiben wir bei unserer Position. - Danke, Herr Gürth.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der AfD)

Herr Scheurell hat noch eine Frage an Herrn Gallert.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Jetzt bin ich aber gespannt!)

Sehr geehrter Herr Kollege Gallert, in der Beantwortung der Frage klang heraus, dass der Fall, in dem private Unternehmen wirtschaftliche Aufträge bekämen, lange nicht so gut sei, als wenn kommunale Betriebe diese Aufträge bekämen.

(Dagmar Zoschke, DIE LINKE: Ach, Herr Scheurell!)

- Das müssen Sie sich jetzt einfach anhören. Ich höre Ihnen doch auch zu.

(Zuruf von der LINKEN: Haben Sie nicht!)

- Ich höre doch die Widersprüche.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Der Wider- spruch gehört zur Demokratie! - Unruhe)

Die Frage, bitte.

Jetzt kommt die Frage.

Ich höre.

Sehr geehrter Herr Gallert! Ein Großteil der Bevölkerung, für den auch Sie jeden Tag kämpfen, um Arbeitsplätze zu schaffen, um tariflich entlohnt zu werden, ist in der privaten Wirtschaft beschäftigt. Die große Masse der Bevölkerung ist sicherlich nicht in kommunalen Betrieben beschäftigt.

Was ist jetzt schlecht daran, wenn durch diese Digitalisierungsanstrengungen Aufträge an die private Wirtschaft gehen? Erzählen Sie das vielleicht auch den Bürgern. Das interessiert sie auch.