Protokoll der Sitzung vom 20.12.2017

der als „Ministerpräsident im Wartestand“ zwar immer einmal gern die Gelegenheit ergreift,

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

die eine oder andere üble Attacke der AfD mit durchaus klaren Worten zurückzuweisen. Das hindert ihn aber nicht daran, in anderen Auseinandersetzungen, etwa bei den Diskussionen über Linksextremismus, über die Abschiebung von Flüchtlingen oder ganz aktuell um das „Hasi“ in Halle, mit den Argumenten der Rechten zu spielen.

(Beifall bei der LINKEN - Oh! bei der AfD - Zuruf von der AfD: Buh!)

Wer meint, sich in verantwortlicher Position solcher Argumente nach Belieben bedienen zu können, hat seinen Anteil daran, wenn rechtes Ge

dankengut gesellschaftsfähig wird und sich weiter ausbreitet.

(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der AfD - André Poggenburg, AfD: Na Gott sei Dank!)

Von Aktivitäten unseres Ministerpräsidenten, die das Land voranbringen, erfährt man eigentlich gar nichts.

(Frank Scheurell, CDU: Bitte?)

Im Gegenteil, dort wo es darauf ankommt, sich am Verhandlungstisch durchzusetzen und die Interessen des Landes konsequent zu vertreten, etwa beim Länderfinanzausgleich oder bei den Regionalisierungsmitteln, bringt er die rote Laterne mit ins Land. Von einer „lame duck“ kann man wahrscheinlich auch nicht mehr Engagement erwarten.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir konnten in lauschiger Weihnachtsstimmung lesen, es laufe alles nach Plan. - Nach welchem Plan eigentlich, Herr Haseloff?

(Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff: Nach Ihrem nicht! - Cornelia Lüddemann, GRÜ- NE: Tja!)

Wir erkennen nur Planlosigkeit bis hin zur Agonie,

(Ulrich Thomas, CDU: Augen auf!)

und dass Sie faktisch nur noch eine Minderheitsregierung führen. Denn etwa ein Dutzend Ihrer eigenen Leute verweigert Ihnen ja regelmäßig die Gefolgschaft.

(Beifall bei der LINKEN)

Inzwischen muss man hier eher von einer „Bermuda-Koalition“ sprechen;

(Robert Farle, AfD, lacht)

denn das Versenken von Themen steht geradezu als Synonym für die Arbeit von Regierung und Koalition.

(Zustimmung von Robert Farle, AfD)

Aus dieser Dreiecksbeziehung, aus diesem Sumpf von Uneinigkeit, Missgunst und Ignoranz kommt kaum ein Gesetz oder ein Antrag je wieder heraus oder man erkennt anschließend den Inhalt nicht mehr wieder.

(Minister Holger Stahlknecht, CDU: Ascher- mittwoch ist erst später!)

Immerhin konnte die Bordkapelle zum Reformationsjubiläum laut, lange und viel zu teuer aufspielen. Was aber wäre aus Sachsen-Anhalt zu hören gewesen, wenn uns die Geschichte diesen Ball nicht zur besten Zeit zugespielt hätte? - Man wür

de nur noch das überlaute Knirschen im Gebälk der Koalition hören. Die Instabilität ist so groß, an das Pulverfass dieser Koalition sind so viele Lunten gelegt,

(Zurufe von Ulrich Thomas, CDU, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

dass das Gebäude jederzeit und von jeder Seite zum Einsturz gebracht werden kann, wenn es nur einer will.

(Zuruf von Robert Farle, AfD)

Das Kinderförderungsgesetz und wirksame Maßnahmen gegen Kinderarmut, ein Nachtragshaushalt für das Jahr 2018 und ein modernes Personalvertretungsgesetz, die Seilbahn für Schierke und das Jagdrecht für den Wolf, das Schulgesetz, das Förderschulkonzept und nicht zuletzt immer wieder die Personalausstattung in den Schulen - die Agenda der politischen Minenfelder dieser Koalition ließe sich beliebig fortsetzen.

Die Zeit dieser Debatte reicht dafür nicht aus, aber wir arbeiten an einer Liste der unerfüllten Versprechen, der Rückschritte und blockierten Vorhaben dieser Koalition und werden sie veröffentlichen.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

So wie im ersten Drittel darf es nicht weitergehen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn Sie diese Spielchen mit der AfD nicht beenden, wenn die Koalitionspartner nicht aufhören, sich bis aufs Blut zu quälen,

(Oliver Kirchner, AfD: Dann treten Sie zu- rück!)

wenn Sie die Probleme dieses Landes weiterhin ignorieren und aussitzen, dann ist Ihr Regierungsprojekt gründlich gescheitert und muss im Interesse der Menschen beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Da hilft auch keine Schönfärberei in seliger Weihnachtsstimmung. Ihr Wählerauftrag heißt, das Land zu gestalten und nicht nur die eigene Macht zu verwalten. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN - André Poggenburg, AfD: Genau! Der Wählerauf- trag hieß: konservativ! - Siegfried Borg- wardt, CDU: 10 %!)

Es gibt eine Wortmeldung vom Kollegen Gürth. Deswegen hat er jetzt auch das Wort. - Herr Lippmann, je nachdem, ob es eine Frage oder eine Intervention ist, müssen Sie entscheiden, ob Sie darauf reagieren. Herr Gürth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Kollege Lippmann, ich habe eine Frage zu Ihrer Rede. Wenn ich es richtig verstanden habe, lauten die Quintessenz und der Kern Ihrer Rede, dass drei Parteien von Mitte konservativ bis ziemlich weit links, wenn man alle drei betrachtet, die eine Regierungskoalition bilden, es schwer haben, miteinander klarzukommen und sich öfters streiten. Das finden Sie nicht schön. So lautete Ihre Quintessenz.

Meine Frage lautet - man könnte sie auch als weihnachtliche Quizfrage bezeichnen -: In der 27-jährigen Geschichte dieses Parlaments gab es ganz viele Fraktionen; manche haben von Anfang an bis heute durchgehalten. Aber es gab nur eine einzige Fraktion, die, um Zwistigkeiten, Streit und Kabale in den eigenen Reihen schlichten zu können, einen Mediator von außen bestellen musste.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der AfD)

Meine Frage ist: Welche Fraktion war das?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der AfD - Ulrich Thomas, CDU: Das kann Herr Gallert beantworten!)

Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Ich sage es einmal ganz ungeschützt: Es scheint in diesem Haus viele Kolleginnen und Kollegen zu geben, die viel länger dabei sind als ich und die das offensichtlich viel besser wissen als ich. Ich will also nicht so tun, als ob ich die Antwort wüsste. Ich erkundige mich gern bei allen Fraktionen.

(Lachen bei der CDU)

Wir scheinen es nicht gewesen zu sein,

(Guido Heuer, CDU: 100 Punkte!)

weil Sie das so gezielt angesprochen haben, Herr Gürth. In meiner Rede ging es nicht darum, dass Streit an sich schlecht ist. Schlecht ist, wie Sie in der Koalition und - das sage ich ausdrücklich - wie die CDU in dieser Koalition damit umgeht, welches Bild Sie nach außen zeichnen.