Sie sollten das grundsätzlich viel öfter tun. Aber es geht hier um Entlastungen. Und Entlastungen - ich weiß nicht, wie das bei Ihnen, bei den LINKEN gesehen wird - sind ja nicht immer nur, ich gebe einem das Geld und entlaste ihn. Eine Entlastung kann auch darin bestehen, dass ich jemanden von Aufgaben befreie und übernehme die Aufgaben für ihn. Dann habe ich ihn nämlich von den Aufgaben entlastet
Das kann ich ja nicht. Entlastung von Aufgaben - von welcher Aufgabe sind Kommunen jetzt entlastet worden?
Die Eingliederungshilfe war in Sachsen-Anhalt nie eine kommunale Aufgabe. Ich bin übrigens auch kein Freund davon, dass die Eingliederungshilfe eine kommunale Aufgabe ist. Denn in den Bundesländern, in denen es eine kommunale Aufgabe ist, haben die Kommunen kommunale Versorgungsverbände gegründet, in denen sie das dann sozusagen landesübergreifend machen.
Es ist also völlig albern, das zu kommunalisieren, weil die Kommunen zum Teil nicht einmal die Anzahl an Fällen haben, um das effektiv zu organisieren. Es macht also Sinn, das interkommunal oder auf Landesebene zu organisieren. Deswegen bin ich gegen die Kommunalisierung.
Aber, Herr Szarata, Sie sind jung, klar. Kurzer geschichtlicher Abriss von Sachsen-Anhalt: Eingliederungshilfe war nie eine kommunale Aufgabe.
Herr Knöchel, ich danke Ihnen. - Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Ich konnte wahrnehmen, dass der Vorschlag unterbreitet wurde, den Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung in den Innenausschuss zu überweisen. - Es bleibt dabei.
Dann stimmen wir darüber jetzt ab, den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 7/2515 in die genannten Ausschüsse zu überweisen. Wer für die Überweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist das komplette Haus. Wer stimmt dagegen? - Das sehe ich nicht. Enthaltungen? - Sehe ich auch nicht. Damit ist der Überweisung zugestimmt worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 20 erledigt.
Danke, Herr Präsident. - Guten Tag, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union und die Perspektive der Europäischen Union ist etwas, was in den letzten Monaten stärker in das öffentliche Bewusstsein gekommen ist. Ich prognostiziere, dass zumindest bis Mai 2019 - im nächsten Jahr - diese Entwicklung noch weiter voranschreiten wird.
Allerdings - das will ich auch zum Teil ganz selbstkritisch sagen - waren diese Diskussionen zumindest hier im Landesparlament in der letzten Zeit noch etwas unterrepräsentiert. Deswegen haben wir einen Antrag gestellt, der nicht das Heute und das unmittelbare Morgen betrifft, sondern die Frage: Wie entwickelt sich diese Europäische Union ab dem Jahr 2021 weiter und was bedeutet das für Sachsen-Anhalt?
Man kann diese Diskussion von zwei Seiten aufziehen. Man kann zurückblicken und sagen, diese Europäische Union hat in den letzten Jahrzehnten durch ihre Unterstützung für Sachsen-Anhalt im Bereich Infrastruktur, im Bereich Unternehmensförderung, im Bereich Wissenschaftsentwicklung und im Bereich soziale Programme viel für uns getan, hat viel für die Entwicklung dieses Landes getan, hat viel dafür getan, dass wir heute da sind, wo wir sind. Und das ist auch einmal ein Grund, Danke zu sagen. Jawohl!
Es ist leider heute nötig, dies mehr in der öffentlichen Debatte zu tun, als wir es in den letzten Jahren getan haben.
Aber vielleicht hätten wir mehr tun sollen, anstatt über Gurkenkrümmungen und Glühbirnen zu reden. Diese grundsätzliche Sicht ist uns leider in der letzten Zeit etwas verloren gegangen.
Die Frage, die vor uns steht, ist, ob diese Verbindung, dieses Band, zwischen dem Land SachsenAnhalt und der Europäischen Union, das auch ein Band von Finanzströmen ist, weiter bestehen bleibt oder ob es zu einem dünnen Bindfaden reduziert wird und ganz reißt. Diese Frage ist offen und sie ist umkämpft.
Jetzt verwende ich in dieser Rede einen der wenigen Fachbegriffe. Diese Frage hängt davon ab, ob wir die sogenannten Kohäsionsmittel auch in der nächsten Förderperiode ab dem Jahr 2021 bekommen werden oder ob wir sie nicht bekommen werden.
Die Frage wird in diesem Jahr im Wesentlichen - davon können wir ausgehen - in Brüssel und in Berlin entschieden. Wer sich in diesen Prozess hineinbewegen will, der muss es jetzt tun und deswegen ist es heute in der Landtagssitzung Gegenstand der Beratung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Worum geht es? - Es geht bei dem größten Bestandteil des europäischen Haushalts - wir reden bei einer Förderperiode über sieben Jahre - um ein Finanzvolumen von etwa 1 Billion €. Ein Drittel dieses Geldes geht in die sogenannten Kohäsionsfonds.
Was sind Kohäsionsfonds? - Kohäsionsfonds sind Mittel, die Regionen, nicht Nationen, sondern Regionen zur Verfügung gestellt werden, um bestimmte Entwicklungsrückstände aufzuholen, die sie innerhalb der Europäischen Union haben. Diese Mittel werden für die Wirtschaftsentwicklung, für die Infrastrukturentwicklung, aber auch für Bildung und soziale Programme bereitgestellt.
Diese Kohäsionsmittel, diese Idee, wir sind eine gemeinsame Europäische Union, und die Regionen, die schwächer sind, brauchen eine besondere Unterstützung, um stärker zu werden, ist geldgewordene Solidarität und um die kämpfen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir kämpfen dafür nicht nur aus der Perspektive Sachsen-Anhalts, sondern wir kämpfen dafür, weil wir eine solidarische Union wollen. Denn nur eine solidarische Union ist eine Union der Zukunft. Eine Union, die in nationale Egoismen verfällt, die sich nur nach außen abschottet und einen Riesengrenzzaun baut, die wird keine Zukunft haben. Wir wollen eine Zukunft für die Europäische Union. Deswegen kämpfen wir für Solidarität in der Europäischen Union.
(Robert Farle, AfD: Wir wollen für alle ande- ren zahlen mit unserem Geld! - Zuruf von André Poggenburg, AfD)
Darum geht es. Deswegen brauchen wir Mittel in diesem Topf. Jetzt gibt es im Grunde genommen zwei Dinge.
Erstens. Wir brauchen eine Europäische Union, die in der Lage ist, diese Solidaritätsmittel auch in Zukunft zu bezahlen. Das werden wir aber nur hinbekommen, wenn diese Europäische Union in etwa auch solche Finanzvolumina zur Verfügung gestellt bekommt wie in den letzten Jahren.
Jetzt kommt die große Debatte. Die Briten sind ausgetreten, und weil die Briten ausgetreten sind, haben wir kein Geld mehr, und schon gar nicht mehr für den Solidaritätsgedanken. Ich sage noch einmal ganz klar: Wir reden hier in etwa über ein Siebenjahresfinanzvolumen bei den Kohäsionsmitteln von 350 bis 370 Milliarden €. Wenn ich die Briten einmal berücksichtige, haben sie in den letzten Jahren etwa 6 Milliarden € pro Jahr mehr eingezahlt, als sie rausbekommen haben.
Jetzt kann sich jeder ausrechnen: Sechs mal sieben, 42 Milliarden € im Verhältnis zu einem Finanzvolumen von 1 Billion €, über das wir insgesamt reden. Das bedeutet ganz klar, wegen des Brexit ist es überhaupt nicht notwendig, den Gedanken der Kohäsion aufzugeben, weil uns das Geld explizit dazu fehlen würde. Das fehlt an verschiedenen Stellen, aber das ist kein Grund, die Kohäsion aufzugeben.
Zweitens gibt es eine Frage, über die wir reden müssen. Wofür soll das Geld in dieser Europäischen Union ausgegeben werden? - Zurzeit haben wir zwei große Blöcke, die Kohäsionsfonds und die Landwirtschaft mit jeweils etwa einem Drittel, das restliche Drittel zersplittert sich über die vielen europäischen Aufgaben und Programme, über die wir alle im Einzelnen reden können, aber es an diesem Tag heute nicht sollten.
Auch wenn wir die Mittel auf der Ebene der Europäischen Union sichern, heißt das noch lange nicht, dass der Anteil der Kohäsionsfonds, dieser Solidaritätsmittel auf dem Niveau bleibt, weil es Konkurrenten gibt. Ich nenne einmal die drei wesentlichen: erstens der sogenannte JunckerFonds. Was soll dieser Juncker-Fonds? - Der Juncker-Fonds soll sogenannte strategische Investitionen in Europa bewegen, wo die maximale Renditeerwartung abzusehen ist. Die maximale Renditeerwartung dieser Investitionen ist das zentrale Kriterium.
Alle, die sich en détail mit diesem Juncker-Fonds auseinandersetzen, wissen, dass solche Mittel nie und nimmer nach Sachsen-Anhalt fließen werden. Die werden möglicherweise in die großen Konzernzentralen in München, vielleicht hier und da noch mal in Stuttgart, aber dezidiert nicht nach Stendal und auch nicht nach Halberstadt fließen.
Deswegen ist es wichtig, aus dem Interesse des Landes heraus zu sagen, ihr könnt gern solche Spiele machen, aber dann möglichst billig. Eigentlich sind sie strategisch falsch, weil sie sich nämlich explizit an Konzernstrukturen wenden, die ohnehin schon sozusagen unfehlbar sind, weil sie so groß sind, dass sie die Politik längst erpressen können.
Zweitens gibt es einen großen Block von 150 Milliarden €, die zur Grenzsicherung Europas verwendet werden sollen. 25 Milliarden € pro Jahr von 2021 bis 2028. Wenn dieses Programm durchgeht, brauchen wir über Kohäsionsmittel für Sachsen-Anhalt nicht mehr zu reden. Das war es dann, weil - das muss man auch wissen - diese Kohäsionsmittel natürlich für die schwächeren Regionen innerhalb der Europäischen Union gedacht sind. Wir sind nicht mehr die schwächste Region. Die schwächsten Regionen befinden sich in Bulgarien, in Rumänien und in den sogenannten Visegrád-Staaten.
Wir haben aus diesen Kohäsionsfonds überhaupt nur noch dann etwas zu erwarten, wenn die vollen 370 Milliarden und nicht wie in Variante b, die zurzeit von Juncker vorgelegt und diskutiert wird, nur noch 280 Milliarden €, zur Verfügung stehen. In dem Augenblick, wo 150 Milliarden € für Grenzsicherung ausgegeben werden, wird es für Sachsen-Anhalt keinen Euro mehr aus diesen Fonds geben.
Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Es kann auch nicht Sinn und Zweck sein, Europa zu einer Festung auszubauen. Das bedeutet, dass sämtliche angegebenen Beziehungen und Programme, die aufgelegt wurden, damit die Menschen in den afrikanischen Ländern so unterstützt werden, dass sie nicht versuchen, massenhaft nach Europa zu kommen,