Protokoll der Sitzung vom 19.04.2018

Natürlich bringen Baumaßnahmen Behinderungen im Straßenverkehr mit sich. Aber die größten Behinderungen entstehen doch, wenn Baumaßnahmen über Jahre gestreckt werden, weil die terminlichen Planungen und das Papier, auf dem sie stehen, nichts wert sind.

Aus meiner Sicht ist auch gar nicht nachvollziehbar, dass sich die Landesregierung bis zum vierten Quartal des Jahres 2018 Zeit lassen möchte - was der 31. Dezember 2018 sein kann -, um eine Berichterstattung abzugeben.

Wenn es die Koalition mit diesen Antragstellungen ernst meint, dann sollte man zeitnah einen Plan vorlegen. Die Landesregierung müsste im Parlament noch vor der Sommerpause Bericht erstatten. Das wäre glaubhaft.

Wie ich bereits erwähnt habe, stimmen wir diesem Antrag grundsätzlich zu; denn wir gehen grundsätzlich davon aus, dass es nur zur Verbesserung der Infrastrukturmaßnahmen kommen kann. Wir schlagen außerdem vor, rechtzeitig die zuständigen Fachausschüsse, den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr und den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft, einzubeziehen. - Ich danke.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine Nachfragen. Ich werde nachher noch einmal abfragen, welche Ausschüsse für eine eventuelle Überweisung vorgesehen sind. - Damit kommen wir zum Debattenbeitrag der SPD. Es spricht der Abg. Herr Dr. Grube.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer kennt das nicht: Man sitzt im Auto, will irgendwo hin, dann steht man im Stau, weil schon die nächste Baustelle aufgebaut wird, dabei gibt es doch schon so viele davon. Das nervt gelegentlich nicht wenig. Bei allem Verständnis dafür, dass man von solchen Staus genervt ist - ich bin das gelegentlich auch -,

(Zurufe: Ach? - Was?)

sind Staus auf der anderen Seite eine gute Nachricht.

(Zuruf von der SPD)

Es klingt paradox, stimmt aber trotzdem.

Warum ist das so? - Weil es besser ist, einen Stau über ein paar Wochen oder ein paar Monate hinzunehmen, weil Straßen eben repariert wer

den, als dauerhafte Staus deshalb in Kauf zunehmen, weil Straßen ganz kaputtgehen und nicht mehr befahrbar sind. Anders formuliert: Staus wegen Baustellen sind ein Symptom dafür, dass der Staat in seine Infrastruktur investiert,

(Zuruf von der LINKEN)

dass er sie in Ordnung hält, dass er sie erneuert, dass er sie modernisiert.

Staus wegen Baustellen sind ein Beleg dafür, dass der Staat den aufgelaufenen Investitionsstau, der allenthalben völlig zu Recht beklagt wird, auflöst. Ich finde, man kann vom Staat erwarten, dass er das tut. Diese Koalition, meine Damen und Herren, leistet im Übrigen - der Minister hat es gesagt - ihren Beitrag dazu.

Ich will diesen Investitionsbedarf, vor dem wir stehen, in Zahlen gießen. Für den kommunalen Straßenbau in Deutschland wurde der Investitionsbedarf - die Zahlen sind etwas älter - in den Jahren von 2006 bis 2020 auf 161 Milliarden € geschätzt. Für die Kreisstraßen in Sachsen-Anhalt geht die Landesregierung ausweislich einer Kleinen Anfrage von einem Bedarf von 820 Millionen € aus. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 ist ein Mittelvolumen von 265 Milliarden € veranschlagt. Für die Fertigstellung der A 143 wird ein Investitionsbedarf von 350 Millionen € angegeben.

Ich will an der Stelle sagen, meine Fraktion ist froh, dass wir den Planfeststellungsbeschluss vorliegen haben. Wir hoffen, dass der Bestand hat, sodass wir Ende des Jahres tatsächlich mit dem Bau beginnen können.

Die Nordverlängerung der A 14 bedeutet einen Investitionsbedarf von 1,3 Milliarden €. Auf den Landesstraßenbau entfallen in diesem Jahr 89 Millionen €. Jeder Euro davon, meine Damen und Herren, ist notwendig.

Die Infrastruktur, das sind die Lebensadern, deren Erhaltung für unsere Gesellschaft von herausragender Bedeutung ist. Dabei geht es um die Sicherung der Daseinsvorsorge, um die Erfüllung der persönlichen Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in unserem Land und um die Voraussetzungen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Jeder Euro dafür ist gut angelegt. Aber jeder Euro, der davon umgesetzt wird, wird mit zum Teil erheblichen Einschränkungen verbunden sein. Das ist die andere Seite der Medaille und gehört zur Wahrheit dazu. Wer den Leuten etwas anderes erzählt und suggeriert, wird Erwartungen wecken, die niemand in diesem Hohen Hause erfüllen kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Genauso, wie man vom Staat erwarten kann, dass er in die Infrastruktur investiert, und genauso, wie man akzeptieren muss, dass damit Einschränkungen

verbunden sind, genauso kann man erwarten, dass diese Einschränkungen - das ist der Kern dieses Antrags - so gering wie möglich gehalten werden.

Wir wollen, dass die Baumaßnahmen in öffentlichen Bereichen sowie an öffentlicher Infrastruktur künftig besser koordiniert und abgestimmt werden. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger besser informiert werden. Wir wollen ein öffentliches digitales Kataster öffentlicher Baumaßnahmen. Wir wollen - der Kollege Thomas hat es ausgeführt -, dass es in Zukunft nicht mehr passiert, dass man Bundesstraßen saniert und gleichzeitig die Ausweichstrecken ebenfalls sperrt. Wir wollen, dass die Koordination von Sanierungsmaßnahmen zwischen Schiene und Bundesautobahn dabei Beachtung findet. Es geht also nicht nur um die Straßen.

In dem Sinne wäre darauf zu achten, möglichst keine größeren Sanierungsarbeiten im nächsten Jahr an der A 14 zu starten, da wir wissen, dass die Bahnstrecke zwischen Halle und Magdeburg saniert wird. Man sollte zwischen den beiden Städten auf die eine oder andere Weise tatsächlich fahren können. Das liegt auch im Interesse einiger Mitglieder dieses Hohen Hauses.

Ein nicht ganz unwesentliches Detail für die Praxis ist die Frage der Fördermittel. Wenn wir koordinieren und sagen, wir verschieben Baumaßnahmen zugunsten einer Stauvermeidung und zugunsten einer anderen Infrastrukturmaßnahme, darf damit nicht verbunden sein, dass Fördermittel verfallen. Am Ende darf es nicht dazu kommen, dass nicht mehr gebaut wird, weil man später baut. Das kann nicht Sinn und Zweck der Sache sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden als Koalition auch in Zukunft daran arbeiten, den Investitionsstau aufzulösen; das ist die Pflicht. Wir werden hoffentlich in Zukunft eine bessere Koordination der Baumaßnahmen haben; das ist die Kür. Die Landesregierung wird diese Kür im vierten Quartal 2018 in den zuständigen Fachausschüssen aufführen. Wir sind gespannt darauf. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe keine Fragen. Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abg. Herr Henke. Bitte sehr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Damen und Herren von der Koalition! Sie wollen den Sanierungsstau durch bessere Koordinierung von Baumaßnahmen beseitigen. Wäre

es nicht besser gewesen, Sie hätten sich erst einmal untereinander koordiniert? Ich denke, das wäre besser gewesen.

(Beifall bei der LINKEN)

An die Kollegen der CDU: Sie möchten die Infrastruktur ausschließlich als Wirtschaftsfaktor betrachten. Das ist sehr viel weniger als unsere eigentliche Aufgabe, nämlich für ein funktionierendes Gemeinwesen zu sorgen.

Ihre Zuspitzung in der Begründung zu dem Antrag auf Verkehrsbehinderungen durch Baustellenstaus ist so ehrlich wie vordergründig. Was ist denn mit Investitionsbedarfen an Schulen, an Krankenhäusern, im ÖPNV, an allen sozialen, sportlichen und kulturellen Angeboten?

(Beifall bei der LINKEN)

Unser Land braucht sehr viel mehr als die berühmten Verwertungsbedingungen des Kapitals.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihr Antrag lässt das Fehlen von kommunalen Finanzen, von Personal und von Planungskapazitäten vollkommen aus dem Blick. Ist das nicht das Ergebnis von 15 Jahren Politikverantwortung?

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Frage an die Kollegen der GRÜNEN. Sie hätten doch in diesen Antrag, den Sie mit unterzeichnet haben, wenigstens noch so was wie Nachhaltigkeit, Verkehrsvermeidung, Verkehrswende einbringen können; dann hätte es wenigstens noch gut ausgesehen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wo sind die Probleme und die Anträge zur Vermeidung und zur Verringerung des ständig steigenden Güterverkehrsaufkommens auf den Straßen?

(Zuruf von den GRÜNEN)

Seit Beendigung der Krise, seit etwa Anfang des Jahres 2011, gibt es nach unterschiedlichen Erhebungen jährlich Steigerungsraten der Straßenverkehrsgütermengen von 4 bis 7 %. Das bedeutet steigende Straßenbelastungen, steigender Verschleiß, zunehmender Investitionsbedarf. Wir als Fachpolitiker müssten wissen, dass man die Durchleitungsfähigkeit unserer Straßen mit noch so vielen Baumaßnahmen nicht mehr sonderlich erhöhen kann. Wann begreifen wir endlich einmal die Unvermeidbarkeit einer Verkehrswende?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erinnere an die Debatte im vergangenen Monat. Meine Fraktion war die Einzige, die hier in den Raum gerufen hat: Verkehrsvermeidung, Verkehrswende, Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene! Das alles verhallte hier ungehört.

Nichts ist passiert. Dann kommt das hier. Gut, Sie sind irgendwo konsequent.

Wenn wir uns das hier ansehen, stellen wir fest: Wir akzeptieren, dass öffentlicher Verkehrsraum als Ersatz für private Lagerhaltung verwendet wird - „just in time“ ist da das Zauberwort -, das finden wir toll, wir wollen dafür weitere Voraussetzungen schaffen. - Das kann es doch nicht sein.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Noch etwas. Man muss Minister André Schröder zustimmen. Es ist doch tatsächlich so: Wir tun hier so, als ob unsere Mitarbeiter in den Fachämtern, auf den verschiedenen Ebenen, im LSBB, in den öffentlichen und in den kommunalen Bauverwaltungen, in den Eigenbetrieben Straßenbau und -unterhaltung, keine Ahnung hätten. Die wissen doch, was sie machen müssen. Die machen das doch nicht nur, weil wir die Sperrinfo-Homepage schon seit Jahrzehnten haben. Wenn die könnten, wie die wollten und sollten, wäre es gut. Aber - das ist das Ergebnis von 15 Jahren Politik - wegen Personalabbau, Einsparungen und Kapazitätsentzug können die das nicht leisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun drückt man ihnen noch so ein schönes altes Melde- und Berichtswesen auf. Jetzt sollen sie ein Kataster erstellen, Zusatzaufgaben wahrnehmen. Das soll angeblich nichts kosten. Das können Sie den Leuten eigentlich nicht zumuten. Das ist in meinen Augen eine Missachtung der in den Fachämtern geleisteten Arbeit. Das sollte man den Kollegen nicht antun.

(Beifall bei der LINKEN)