Auch ist die Vermischung zwischen notwendiger Fahrtkostenentlastung für Azubis und dem Aufbau eines steuerfinanzierten, fahrscheinlosen öffentlichen Personennahverkehrs derart ideologisch belastet, dass Sie nicht allen Ernstes davon ausgehen können, hier im Hause auf Zustimmung zu stoßen.
tig, dass wir über die Möglichkeiten gern in den Ausschüssen für Wirtschaft und für Finanzen beraten wollen. Das Ziel sollte es sein, über die Parteigrenzen hinweg zu einer Verbesserung der Lage insbesondere der Auszubildenden zu kommen. Insbesondere die Azubis haben ausbildungsbedingt häufig lange Wegstrecken zwischen elterlicher oder auswärtiger Unterkunft und Lehrbetrieb sowie vergleichsweise geringe Lehrlingsgehälter, während Studenten meist in der Universitätsstadt selbst wohnen und vor allen Dingen an Wochenenden die Heimfahrt finanzieren müssen.
Ebenfalls von großer Bedeutung für die AfD ist die Entlastung der Schüler der 11. bis 13. Jahrgangsstufe von den Eigenbeiträgen der Schülerbeförderung. Die Forderung, für Gymnasiasten ab der 11. Jahrgangsstufe 100 € zuzuzahlen, erscheint uns willkürlich und ohne erkennbaren Grund. Deswegen fordern wir die Änderung des § 71 des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt. Bei den Fahrkosten unserer Schüler setzen wir uns ganz im Sinne der Familienentlastung für eine Vollfinanzierung ein.
Unserer Ansicht nach stellt ein landesweit nutzbares Azubi-Ticket eine gute Möglichkeit dar, Auszubildende und Studenten von drückenden Fahrtkosten zu entlasten. Dabei wollen wir sie vor allen Dingen auf den Strecken besonders entlasten, die ausbildungsbedingt zu bewältigen sind. Dieser Gedanke hat für uns oberste Priorität. Wir trennen ihn deshalb von der Möglichkeit, Auszubildenden und Studenten generell günstigere Reisemöglichkeiten bereitzustellen.
Jedoch halten wir nichts von einem zukünftigen steuerfinanzierten ÖPNV auf Kosten des mobilen Individualverkehrs. Die persönliche, unabhängige Mobilität ist für viele ein unverzichtbares Lebensgefühl der Freiheit. Diese Freiheit der Bürger, selbstbestimmt zu entscheiden, wird von der AfD immer verteidigt werden.
Deshalb können wir Ihrem Antrag heute nicht zustimmen. Wir beantragen stattdessen die Überweisung in die Ausschüsse für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung sowie für Finanzen.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Raue für die Ausführungen. - Für die GRÜNEN spricht die Abg. Frau Lüddemann. Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Antrag der LINKEN rückt eine der vielen sinnvollen Verabredungen unseres Koalitionsvertrages in den Fokus, auch wenn er sich dort nur als schwache Prüfvariante wiederfindet; das gebe ich zu. Ich hätte mir vor zwei Jahren schon deutlich mehr vorstellen können. Aber Sie wissen ja, Verhandlungen mit drei Partnern usw.
Die gute Nachricht ist aber - das ist mehrfach vorgetragen worden -, dass dieser Arbeitsauftrag schon Wirkung entfaltet und dass auch schon konkrete Zahlen im Gespräch sind. Daher macht eine Überweisung in die Fachausschüsse Sinn, damit der Arbeitsstand der Landesregierung dort debattiert und, falls nötig, in einen weiteren Landtagsbeschluss gegossen werden kann.
Grundsätzlich muss ich aber sagen: Natürlich kann man immer wieder an einzelnen Stellschrauben im ÖPNV drehen; da gibt es viele. Man kann über ein Azubi-Ticket reden, über Sinn und Unsinn von weiteren Einzugsgebieten des Semestertickets, über das Vorhandensein von Semestertickets - das haben die Kollegen getan -, Sozialtickets kommunal auflegen etc. Man muss aber feststellen, dass solche Einzelmaßnahmen auf jeweils eine spezifische Zielgruppe mit gesondert festzulegenden Anspruchsberechtigungen zurechtgeschnitten sind und unter dem Strich teuer und bürokratisch sind.
- Ja, ja, nicht zu früh freuen. - Ich bin nämlich eher für eine sinnvolle Vereinfachung; so weit wird mir der Kollege Scheurell vermutlich auch noch recht geben. Aber ich neige eher dazu zu überlegen, wie wir in die Richtung eines ticketfreien und kostenlosen Nahverkehrs kommen. Im besten Fall - -
- Das ist eine visionäre Anschauung; das mag sein. Aber ich glaube, wenn man sich ansieht, welche Zeit, welcher finanzielle und bürokratische Aufwand in diese ganzen Semester-, Sozial-, Schüler-, Azubi-, was weiß ich? - Sozialtickets, Kinder- und Jugendtickets
und so etwas geflossen ist, dann sieht man, dass man mit dieser sinnvollen Vereinfachung am Ende sogar kostengünstiger fährt. Zumindest könnte man damit anfangen - das ist Beschlusslage bündnisgrüner Parteitage -, ein Schülerticket für 24 Stunden und sieben Tage die Woche für das ganze Jahr anzubieten. Das wäre aus meiner Sicht ein sinnvoller Einstieg. Aber so weit sind wir an dieser Stelle noch nicht.
Soziale Teilhabe über die Sicherung von Mobilität zu garantieren, muss, finde ich, nicht kleinteilig stattfinden und den jeweiligen Interessenlagen und Problembeschreibungen einzelner Politikfelder folgen. Vielmehr wäre der ticketfreie und kostenfreie ÖPNV als positives Leitbild, auf das man hinarbeitet, eine sinnvolle Variante.
Unabhängig davon, wie sich die Zahl der Auszubildenden im Land entwickelt - seien wir doch ehrlich: wir würden heute nicht einmal über dieses Azubi-Ticket reden, wenn wir hier nicht einen absoluten Mangel hätten, sowohl an Fachkräften als auch an Azubis etc. -, bin ich eher dafür, hierüber vom Grundsatz her zu debattieren. Wir sollten das nicht als Problemlösungsinstrument irgendwo subsumieren, sondern lieber das Große und Ganze in den Blick nehmen.
Nichtsdestotrotz ist ein Azubi-Ticket auf dem Weg hin zu dieser Vision, die ich gerade beschrieben habe, ein sinnvolles Instrument. Aber um tatsächlich für die Umwelt, für junge Menschen, für Menschen überhaupt oder gar für die Mobilitätswende in diesem Land etwas zu tun, ist es sicherlich nicht untauglich, aber eben nur ein kleiner Teil. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Lüddemann, ich habe Ihre Vision vernommen und dass Sie Vorstellungen dazu haben, dass im öffentlichen Personennahverkehr noch viel mehr auch im Rahmen eines Gesamtkonzepts möglich sein sollte. Würden Sie die Einführung eines Azubi-Tickets als Vorstufe akzeptieren und dem zustimmen?
Ich bin dankbar für die Frage; denn genau diesen Satz - ich habe nicht alles vorgelesen, was hier steht, sondern habe mir erlaubt, einige Dinge selbst hinzuzufügen - habe ich hier stehen. Ich habe gesagt: Wir GRÜNE unterstützen natürlich ein Azubi-Ticket als einen Teilschritt in Richtung der Vision, die ich vorher beschrieben habe. Ja.
Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Frau Lüddemann für die Ausführungen. - Für die CDU spricht der Abg. Herr Scheurell. Herr Abg. Scheurell, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorrednerbeiträge bringen wirklich ganz neue Aspekte.
Als Allererstes, sehr geehrter Kollege: Man merkt natürlich, dass Sie aus dem Gewerkschaftsmetier kommen. Das Geld anderer Leute verteilt sich immer besonders schnell und gut.
Bevor Sie dazu übergehen, hier schon lauthals Vorschläge zu machen - ein Drittel sollen die Arbeitgeber bezahlen, also die Ausbildungsbetriebe, ein Drittel der Auszubildende und ein Drittel dann noch das Land; da sind Sie sehr schnell und sehr konkret bei der Sache gewesen -, will ich Ihnen sagen: Dass wir uns heute überhaupt darüber unterhalten, ist den Kammern zu danken. Wie? - Seit vor zehn Jahren der Präsident der Handwerkskammer in unsere Fraktion kam, ist das ein Thema.
Das ist von Anfang an so gewesen. Er war auch derjenige, der dafür gesorgt hat, dass es überhaupt in die Koalitionsverhandlungen hineinkam.
- Aber Sie, Herr Steppuhn, nun gerade nicht. - Wir müssen jetzt doch nicht in die Hermeneutik und Exegese der Entstehung eines Koalitionsvertrages gehen.