Herr Schmidt, Herr Striegel hat sich gemeldet und möchte wohl eine Frage stellen. - Herr Striegel, Sie haben das Wort.
Nein, es handelt sich um eine Zwischenintervention, Herr Präsident. - Herr Kollege Schmidt, was Sie hier als moralisches In-Geiselhaft-nehmen benennen, ist das Gegenteil davon. Es ist die selbstbestimmte Initiative von Schülerinnen und Schülern, von Lehrerinnen und Lehrern, von Schulpersonal,
die Partei ergreifen für Demokratie, die Standhaftigkeit beweisen und die in der Lage sind, eine eigene Position zu vertreten. Es ist gut, dass Sie sich entscheiden konnten, dieses Dokument nicht zu unterzeichnen und damit auch eine Botschaft auszusenden. Das ist Ihr gutes Recht. Es geht nicht um Gleichmacherei. Es geht darum, Position zu beziehen, Position gegen Rassismus. Ich bin dankbar für jeden Schüler und jede Schülerin in diesem Land, der und die das tut. - Herzlichen Dank.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ulrich Siegmund, AfD: Und das dritte Geschlecht! - Weitere Zurufe von der AfD)
Gern möchte ich darauf antworten. - Herr Striegel, bei Ihnen ist die Schulzeit etwas länger her. Bei mir war es vor rund zehn Jahren, als die Schule diese Auszeichnung, wie Sie es bezeichnen, bekommen hat. Die Unterschriftenliste wurde damals offen ausgelegt und der Lehrer hat darauf explizit hingewiesen. Wir haben diese Liste dann in der Schule herumgereicht. Einige haben unterschrieben und viele haben auch nicht unterschrieben. Das Interessante bei der ganzen Geschichte ist, dass dann diese Schüler direkt darauf angesprochen worden sind: Warum habt ihr nicht unterschrieben? Seid ihr für Rassismus? Sei ihr gegen dieses Projekt?
Das ist einfach Meinungsbeeinflussung. Das ist nicht wie bei Wahlen, bei denen man seinen Wahlzettel geheim ausfüllen kann. Nein, es wird offen ausgelegt; man wird unter Druck gesetzt und jeder, der nicht unterschreibt, wird darauf angesprochen und steht dann als Rassist da. Das ist Indoktrination und das ist das Problem in diesem Land.
Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Einen Antrag auf Überweisung an einen Ausschuss konnte ich nicht wahrnehmen. Dann stimmen wir direkt über den Antrag der AfD in der Drs. 7/2880 ab. Wer für diesen Antrag stimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit hat der Antrag keine Mehrheit erhalten. Der Tagesordnungspunkt 6 ist somit erledigt.
Landesweites Azubi-Ticket einführen: Gerechtigkeit bei Fahrtkosten für alle Auszubildenden und Studierenden
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden jetzt weiter über Schule und über Schüler, aber in einer sachlichen Art und Weise.
Ich bitte Sie, sich eine 10. Klasse an einer Sekundarschule vorzustellen. Zu dieser Jahreszeit wissen fast alle Jugendlichen, was sie nach dem Schulende tun werden. Drei von den Schülerinnen und Schülern werden zum Gymnasium wechseln, wohnen weiterhin bei ihren Eltern und erhalten vom Land die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten abzüglich des Eigenanteils von 100 € erstattet.
Drei andere Schülerinnen und Schüler beginnen eine schulische Berufsausbildung als Physiotherapeutin, Sozialassistent und als medizinischtechnische Radiologieassistentin. Sie erhalten abhängig vom Einkommen der Eltern so genanntes Schüler-BAföG, das sie nicht zurückzahlen müssen, und darin sind die tatsächlich entstehenden Fahrtkosten zu ihrer Berufsschule enthalten.
Vier Jugendliche verlassen Sachsen-Anhalt in Richtung Hannover, Berlin und Dresden, weil sie die Ausbildung in ihrem Wunschberuf nur dort ergattern konnten. Sie erhalten neben ihrer Ausbildungsvergütung, wenn sie nicht bei mindestens einem Elternteil wohnen, Berufsausbildungsbeihilfe, in der die tatsächlichen Fahrtkosten zum Betrieb und zur Berufsschule enthalten sind.
Sechs weitere Schülerinnen und Schüler der Klasse haben eine Zusage von einem Betrieb in der Nähe erhalten. Sie werden Landwirtin, Bergmechaniker, Schornsteinfegerin oder Augenoptiker. Sie bleiben bei ihren Eltern wohnen, weil eine durchschnittliche Ausbildungsvergütung von 390 € nicht für eine eigene Wohnung ausreicht. Weil die berufsbildende Schule, die sie besuchen müssen, zu weit vom Wohnort entfernt ist, müssen sie sich dort einen Internatsplatz oder ein Zimmer suchen und erhalten dafür und für die Fahrtkosten zu dieser Berufsschule einen Zuschuss vom Land über die in unserem Antrag erwähnte Richtlinie.
Die anderen sechs Jugendlichen beginnen eine Ausbildung als Kfz-Mechatronikerin, Verkäufer, Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik oder Kauffrau für Büromanagement bei einem Betrieb in der Nähe und besuchen die örtliche berufsbildende Schule, die je nach Kreis auch mal locker 80 km vom Zuhause entfernt sein kann. Auch sie erhalten eine Ausbildungsvergütung in Höhe von durchschnittlich 390 €, können sich keine eigene Wohnung leisten und erhalten nichts weiter.
Na, finden sie sich noch durch? - Ich schon, ebenso verschiedene Gerichte in Sachsen-Anhalt, die sich mit Klagen von Eltern hinsichtlich der Ungleichbehandlung bei Fahrtkosten zum Betrieb und zur Berufsschule befasst haben.
Bei den Studierenden im Land wird es, unabhängig davon, ob sie Bafög, Meister-Bafög, Stipendien oder auch nichts zum Lebensunterhalt vom Staat erhalten, noch etwas verrückter.
Wenn ich an der Hochschule Harz studiere, kann ich mir für 18 € ein Semesterticket für das Liniennetz der Harzer Verkehrsbetriebe kaufen. Wenn ich an der Hochschule Anhalt studiere, gibt es derzeit kein Angebot für ein Semesterticket, genauso wenig wie in Magdeburg und in Stendal.
In Halle dagegen kann ich als Studierende für einen solidarisch finanzierten Semesterbeitrag von 115 € den ÖPNV im gesamten Gebiet des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes nutzen. Wenn ich in Merseburg studiere, kann ich das auch, aber für 118,50 €.
Haben Sie jetzt einen kleinen Eindruck gewonnen, warum wir diesen Antrag stellen? - Im Koalitionsvertrag steht, dass in dieser Legislaturperiode ein Azubi-Ticket eingeführt werden soll. Im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr wurde im Januar dieses Jahres dazu beraten mit dem Ergebnis, dass die Einführung kurzfristig an Schwierigkeiten wie dem Fehlen eines einheitlichen Tarifgebietes, der Finanzierung und daran scheitert, dass das geplante Azubi-Ticket zu unkonkret formuliert sei.
Es wurde im Januar dieses Jahres vereinbart, dass das Ministerium prüft, die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Auszubildende zu den Kosten der auswärtigen Unterbringung sowie zu Fahrtkosten aus Anlass des Besuches einer auswärtigen Berufsschule zu ändern und zu prüfen, ob das Ergebnis im März oder April dieses Jahres dem Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr vorgelegt werden kann.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt Ende Mai. Das neue Ausbildungsjahr beginnt in knapp zwei Monaten und es ist noch keine Regelung in Sicht. Es ist für mich unverständlich, dass bei Auszubildenden und Studierenden nicht gelingen soll, was beim Schülerferienticket seit Jahren funktioniert.
Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Zustimmung zu unserem Antrag könnten Sie heute etwas dafür tun, dass Sachsen-Anhalt für Auszubildende und Studierende attraktiver wird, und Sie können damit dem drohenden Fachkräftemangel entgegenwirken. Sie könnten durch die Zustimmung zu unserem Antrag dafür sorgen, dass es sich junge Menschen trotz knapper Ausbildungsvergütung bzw. trotz knappen Bafögs leisten können, den ÖPNV zu nutzen. Damit würden Sie auch einer konkreten Maßnahme zustimmen, das ÖPNV-Angebot zu stärken.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr zieht sich seit Jahren auf die Position, dass landesweit kein Bedarf für Auszubildende und Studierende gesehen wird, zurück. Das zeigte erst kürzlich wieder die Antwort auf die Kleine Anfrage des Abg. Herrn Grube mit dem Titel „Landesweites ÖPNV-Ticket für Studierende“ vom 14. März 2018. Darin wird auch erklärt, dass der Landesregierung keine Beispiele für ein landesweit einheitliches ÖPNV-Ticket für Studierende bekannt sei.
Ein Blick nach Niedersachsen reicht aus, um zu sehen, dass es möglich ist, ein landesweites Azubi-Ticket auch innerhalb verschiedener Tarifgebiete einzuführen.
Brandenburg bietet solidarisch finanzierte Semestertickets an. Also reden Sie doch bitte keinen Quark, wenn es um die Machbarkeit geht.
Niemand bezweifelt, dass es aufwendig sein wird, solche Tickets einzuführen. Es sind Abstimmungsgespräche mit Tarifverbünden, mit Landkreisen, mit Universitäten, mit Studierendenvertretungen, mit Kammern und mit berufsbildenden Schulen zu führen. Es wird sich aber aus unserer
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Hildebrandt für die Ausführungen. - Wir fahren in der Debatte fort. Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vorgesehen. Zunächst spricht für die Landesregierung Minister Herr Webel. Herr Minister Webel, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zur Fachkräftesicherung gehört ganz zentral die Stärkung der beruflichen Ausbildung. Gemeinsam mit Wirtschaft und Handwerk will die Landesregierung dazu beitragen, dass möglichst kein Auszubildender von seinem Ausbildungswunsch Abstand nehmen muss, weil ihm die Rahmenbedingungen unzumutbar erscheinen. Darin sind wir uns, sehr geehrte Frau Hildebrandt, doch einig.
und Möglichkeiten zur Verbesserung der Mobilität bzw. die Einführung eines Azubi-Tickets geprüft. Gemeinsam mit dem Bildungsministerium, dem Sozialministerium und der Nasa hat unser Ministerium intensiv untersucht, wie wir die Situation der Auszubildenden in Sachsen-Anhalt möglichst schnell und effizient dort verbessern können, wo der Schuh die Azubis am meisten drückt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bereiten gerade eine Entscheidung des Kabinetts vor, mit der die Mobilität von Auszubildenden besser als bisher unterstützt werden soll.
Mit der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Auszubildende zu den Kosten der auswärtigen Unterbringung sowie zu den Fahrtkosten aus Anlass des Besuches einer auswärtigen Berufsschule besteht bereits ein Instrument, um die Fahrtkosten zur Berufsschule und die notwendigen Unterbringungskosten mit einem Zuschuss unterstützen zu können, unabhängig davon, ob die Azubis den Bus, die Bahn, das Fahrrad, das Moped oder das Auto nutzen.