Protokoll der Sitzung vom 02.06.2016

Her Kollege, Sie haben gerade den Begriff Rassismus bzw. Rassist von sich gewiesen. Ich würde gern von Ihnen hören, was aus Ihrer Sicht Rassismus ist, wie man ihn definiert und was für Sie ein Rassist wäre.

Sie nehmen den in der Tagesordnung folgenden Antrag vorweg. Aber ich will es gern schon jetzt sagen: Rassismus ist nach meinem Verständnis die Abwertung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe.

(Zuruf von der SPD: Hautfarbe?)

- Hautfarbe. Die Abwertung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe. Das ist für mich Rassismus.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Und kulturellen Rassismus kennen Sie nicht, nein?)

- Darf ich etwas dazu sagen? - Das ist ein Widerspruch in sich; denn Kultur und Rasse haben nichts miteinander zu tun.

(Beifall bei der AfD)

Kultureller Rassismus, das ist wie - -

(Unruhe)

Wir waren immer noch bei der Beantwortung der Frage von Herrn Steppuhn. - Nun gibt es noch eine Nachfrage von Herrn Borgwardt. Bitte sehr, Herr Borgwardt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, keine Nachfrage, sondern der Versuch einer Erklärung, bevor sich hier Legenden bilden in Bezug auf das, was ich tatsächlich gesagt habe. Ich kann keinen Einfluss darauf nehmen, dass Journalisten nur Teilbereiche veröffentlichen. Sie werden mir sicherlich zugestehen, dass man darauf keinen Einfluss nehmen kann.

Ich habe auf eine Nachfrage hin gesagt, dass in der Begründung die undifferenzierte Verallgemeinerung Platz hat - Sie wissen selbst, dass das so ist - und dass dies teilrassistische Züge in sich trägt. - Das ist meine Originalaussage und diese nehme ich nicht zurück; denn ich sage einmal so: Egal, ob Sie das jetzt mit farbigem oder kulturellem Hintergrund sehen. Aber wenn Sie sagen - ich zitiere nur zwei Aspekte -, damit könne nur wirksam gegen den Asylmissbrauch der Einwanderer aus diesen Ländern vorgegangen werden, dann unterstellen Sie diesen Einwanderern per se einen zentralen Asylmissbrauch. Das ist zum Beispiel das, was ich vorhin damit meinte.

(André Poggenburg, AfD: Das ist aber kein Rassismus! Es geht um eine Reaktion!)

- Ja, was ist denn das? Das ist doch gegen jede geltende Rechtslage; das wissen Sie doch.

(Unruhe)

Entschuldigung, darf ich antworten?

Warten Sie einmal. - Herr Borgwardt, Sie sind fertig? - Okay. Herr Tillschneider, Sie hätten jetzt die Chance, darauf zu reagieren.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann unterstellen Sie uns Rassismus, weil wir den Nordafrikanern unterstellen, Asylmissbrauch zu begehen.

Die Anerkennungsquote, die im verschwindenden Promillebereich liegt, legt ja auch nahe, dass hier systematisch Asylmissbrauch begangen wird. In der Regel hat ein Nordafrikaner, wenn er hierher kommt, keinen Verfolgungsgrund und kommt aus anderen Gründen her. Das ist auch wieder Realität.

(André Poggenburg, AfD: So ist es!)

Jetzt habe ich noch eine Frage von Herrn Dr. Grube gesehen. - Herr Dr. Grube, Sie haben das Wort.

Herr Dr. Tillschneider, ich habe drei Fragen an Sie. Die erste Frage: Sie unterstellen den GRÜNEN bzw. der linken Seite des Hauses Ideologie. Herr Poggenburg hat dies in seiner Rede vorhin auch getan und ausgeführt, dass die AfD nicht ideologisch sei. Würden Sie diese Auffassung teilen?

Ja, selbstverständlich.

Die zweite Frage: Würden Sie den linken Studentenführer Rudi Dutschke als Ideologen bezeichnen?

Zur dritten Frage. Sie sind in der Presse damit zitiert worden, Sie sehen sich selbst als „rechter Rudi Dutschke“. Warum ist der Linke ein Ideologe und Sie nicht?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Tillschneider, Sie haben das Wort.

Weil sich meine Auffassung, sozusagen die rechte Auffassung, dadurch auszeichnet, dass sie die Welt wahrnimmt, wie sie ist, und dass sie das wahrnimmt, was der Fall ist.

(Lachen bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Das ist das genaue Gegenteil von Ideologie. Wir wollen keinen neuen Menschen schaffen. Wir sehen den Menschen, wie er ist. Das ist eine

Konstante konservativen rechten Denkens. Insofern bin ich eine Art Rudi Dutschke von rechts.

(Beifall bei der AfD - Swen Knöchel, DIE LINKE: Ihre Auffassung ist widerlich!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Damit ist die Einbringung abgeschlossen und wir treten in die Debatte ein. Bevor wir dies allerdings tun, habe ich das Vergnügen, Damen und Herren der Euro-Schulen Magdeburg auf unserer Besuchertribüne zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich sehe, einige Damen und Herren sind noch relativ jung. Ich hoffe, Sie fühlen sich trotzdem angesprochen.

Herr Minister Stahlknecht, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der AfD, wenn es um Asyl und dessen Ausgestaltung sowie um die Menschenrechtskonventionen geht, immer und in erster Linie über Menschen.

Deshalb haben schon damals die Väter und Mütter des Grundgesetzes in Artikel 1 Abs. 1 festgelegt:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Gelegentlich lohnt es sich auch, den zweiten Absatz zu lesen; denn in Absatz 2 unserer Verfassung, die uns gemeinsam trägt, haben sie geschrieben:

„Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft...“

Insoweit haben sich Asyl und die Frage, wie weit ich es eingrenze, immer an diesem Artikel 1 unseres Grundgesetzes zu orientieren. Insofern tragen wir Ihren Antrag nicht mit, weil nicht der Beschluss einzig das Entscheidende ist, sondern Ihre Begründung. Aus meiner Sicht ist die Begründung, die Sie wählen, dazu geeignet, die Würde und die Individualität von Menschen in Pauschalität infrage zu stellen.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie können noch so sibyllinisch und fein abgewogen vortragen, dass Sie das in Ihren Worten gar nicht gemeint hätten. Aber Sie sind sich sehr wohl

der Wirkung Ihrer Worte in der Bevölkerung bewusst,

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN - Birke Bull, DIE LINKE: So sieht es aus!)

dass Sie suggerieren, indem Sie einer gesamten Region unterstellen - Sie haben es vorhin gesagt, wir reden nicht über Menschen, über Regionen; liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesen Regionen wohnen Menschen mit Würde, Individuen -, dass von dort nur jene zu uns kämen, die dieses Land destabilisieren, die vergewaltigen und andere Kriminalität begehen.

(Alexander Raue, AfD: Das haben Sie aus der Statistik!)

- Lassen Sie mich bitte ausreden. - Dann müssen Sie sich dessen bewusst sein, dass Sie nicht nur die Würde derer verletzen, sondern dass Sie ein Klima in der Gesellschaft in Deutschland schaffen, das zu einer Polarisierung führt und in dem am Ende von einer Partei, die sich so auf diese Werte beruft, die eigenen Werte unserer Verfassung, nämlich Artikel 1 des Grundgesetzes, infrage gestellt werden.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)