Protokoll der Sitzung vom 02.06.2016

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wissen Sie, ich habe bewusst gesagt, dass ich zu denen gehöre, die mit allen, die hier vertreten sind, fair umgehe. Dies gilt für alle Kolleginnen und Kollegen. Aber Fairness ist keine Einbahnstraße.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Das, was Sie heute Morgen getan haben, auch in Ihrem Beitrag zu der Region, könnte - ich sage: könnte - bei dem einen oder anderen aus unserer eigenen Geschichte ganz andere Erinnerungen an Parlamente zu anderen Zeiten hervorrufen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Gabriele Brakebusch, CDU: Genau!)

In diesem Zusammenhang möchte ich auf eines hinweisen. Das habe ich an anderer Stelle in einer größeren Rede gesagt, als Sie noch nicht hier vertreten waren. Ich nehme wieder Ihre Rede zum Anlass, in der Sie von demokratiefreien Regierungen - oder so ähnlich - gesprochen haben.

Wissen Sie, bei demokratiefreien Regierungen und Diktaturen - das ist der bessere Begriff - war es immer so, dass man zunächst schleichend den Menschen die Würde nahm und dann am Ende denjenigen, die man planlos und würdelos gestellt hatte, auch das Leben.

Ich denke, aufgrund der historischen Verantwortung, die wir in Deutschland haben, sollten wir uns

mit manchen Begründungstexten und manchen Äußerungen auch im Umgang untereinander - nicht nur der Fairness der Sache wegen, sondern auch wegen der Gesamtverantwortung für Sachsen-Anhalt und für Deutschland - zurückhalten und uns dessen bewusst sein, was wir tun - im Sinne unserer Verfassung und im Sinne des Artikels 1:

„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich habe jetzt mehrere Wortmeldungen von Mitgliedern der AfD-Fraktion vorliegen. Ich vermute, es geht um Fragen, und ich vermute, Sie würden sie beantworten.

Ja, Herr Gallert.

Oder ich vermute, dass Sie sie dann beantworten, wenn die Frage gestellt wird.

Herr Gallert, ich zitiere einmal einen Satz. Ich habe mir sagen lassen, dass meine Antwort, wenn ich als Minister eine Frage gestellt bekommen, alternativlos ist. Ich muss antworten.

(Rüdiger Erben, SPD: Richtig!)

Okay. Dass Sie antworten müssen, ist alternativlos, nicht Ihre Antwort. Alles klar.

Ja, das stimmt auch.

Dann beginnen wir einmal. Bei mir kam zumindest die Wortmeldung des Herrn Roi an. Bitte sehr.

Ich habe mal wieder eine Anfrage zum Antrag und möchte zum Antragsinhalt sowie zu der Begründung, auf die Sie sich hier bezogen haben, zurückkommen.

Zunächst möchte ich aber feststellen, dass es hierbei nicht darum geht, pauschal über Men

schen aus Nordafrika zu reden, sondern es geht hierbei um das Asylpaket II, das im Bundesrat zur Debatte steht. Damit geht es also um Asylbewerber aus diesen Ländern, die hier einen Antrag auf Asyl stellen.

Ihre Kollegen im Bundestag wollen eine Gesetzesänderung herbeiführen und die drei genannten Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären. Das hat auch Gründe; denn oftmals liegen keine Asylgründe vor. Herr Tillschneider hat dargelegt, welche Vorteile das in Verwaltungen usw. hat.

Nun frage ich: Ihr Kollege Innenminister Jäger von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hat Anfang des Jahres folgenden Satz gesagt und eine Mitteilung an den Innenausschuss gegeben: Von 100 Marokkanern sind 33,6 % und von 100 Algeriern 38,6 % straffällig. Das heißt also - später kam auch der Polizeibericht dazu -, rund 40 % der Asylbewerber aus diesen Ländern sind straffällig geworden. Das unterscheidet sie zum Beispiel von den Asylbewerbern aus Syrien, von denen nur ein ganz geringer Teil kriminell ist.

Jetzt frage ich Sie: Wie bewerten Sie die Aussage Ihres Innenminister-Kollegen? Ist das Rassismus oder ist das einfach nur die Darlegung von Tatsachen?

Er hat auch gesagt bzw. hat er nachgeschoben - lassen Sie mich das noch kurz anfügen -, nachdem auch in Nordrhein-Westfalen eine große Empörung losging, dass er diejenigen meint, die in den Erstaufnahmestellen Nordrhein-Westfalens als Asylbewerber registriert worden sind und eben nicht alle Menschen, die aus diesen Ländern kommen. Genau darum geht es in unserem Antrag. - Danke.

(Beifall bei der AfD - Nadine Hampel, SPD: So haben Sie ihn aber nicht geschrieben!)

Die Begründung für sichere Herkunftsstaaten ist nicht die Frage, ob ein Teil deren Bevölkerung kriminell sein könnte. Vielmehr ist die Frage, ob es dort Menschenrechtsverletzungen gibt, die dazu geeignet wären zu sagen, es ist ein sicheres Herkunftsland oder nicht. Das ist die entscheidungstragende Begründung.

(Beifall bei der CDU - André Poggenburg, AfD: Das sehen wir genauso!)

Jetzt können wir uns darüber streiten und unterhalten, ob es dort Menschenrechtsverletzungen gibt oder nicht. Es gibt unter den Innenministern die einhellige Meinung, dass dies sichere Herkunftsstaaten sind. Ich verschließe mich dem auch nicht. Aber Sie wissen ganz genau - deshalb haben Sie auch diesen Antrag gestellt -, dass es,

wenn drei gemeinsam regieren, auch drei unterschiedliche Meinungen gibt und man sich innerhalb dieses Meinungskanons vernünftig zu einigen hat. Das ist der sachliche Befund.

Zu der angehängten Frage: Es fängt es schon wieder an. Es mag doch sein, dass von denen, die in Köln auffällig gewesen sind, 40 % oder 38 % - -

Ich habe nicht von Köln, sondern von NordrheinWestfalen gesprochen.

Oder von denen, die in Nordrhein-Westfalen auffällig geworden sind, 38 % oder 40 % möglicherweise strafrechtlich in Erscheinung getreten sein könnten. Damit können Sie erstens nicht den Rückschluss auf Gesamtdeutschland und diejenigen, die hier leben, ziehen, und Sie können schon gar nicht den Rückschluss ziehen, dass 38 % bis 40 % derjenigen, die in Marokko leben, kriminell sind.

(André Poggenburg, AfD: Das haben wir nie gesagt! Nein, nein, nein!)

Das ist genau das, was Sie versuchen zu organisieren.

Sie haben nicht zugehört.

(Unruhe bei der AfD)

Deshalb sage ich Ihnen, dass eine solche Argumentation mit uns nicht zu machen ist. Deshalb tragen die Gründe Ihres Antrages nicht die Entscheidung und deshalb stimmen wir ihm nicht zu.

Gut, jetzt gehen wir weiter, und zwar hat der Abg. Herr Rausch eine Frage oder eine Zwischenbemerkung.

(Ulrich Siegmund, AfD: Mein Name ist Sieg- mund!)

- Wenn Sie nicht Herr Rausch sind, sondern Herr Siegmund, dann sitzen Sie falsch, aber das sei einmal dahingestellt.

(Heiterkeit bei der AfD)

Herr Siegmund, bevor ich Ihnen das Wort gebe, will ich auf den § 60 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung hinweisen, den alle alten Hasen auswendig kennen. Dieser beschränkt die Zeit für

solche Zwischenbemerkungen oder Endinterventionen auf 120 Sekunden. - Bitte, Sie haben das Wort.

Gilt das auch für mich?

Nein, Sie dürfen so lange reden, wie Sie wollen.

Das finde ich schön.

Zumindest in Ihrer Funktion als Minister. Wenn Sie als Abgeordneter fragen würden, dann hätten Sie auch 120 Sekunden Zeit. - Sie haben das Wort.

Schönen guten Tag! Eine Frage, die gerade mich als ehemaliges Mitglied der CDU und auch viele, viele ehemalige CDU-Wähler aus meinem Wahlkreis besonders interessiert, ist: Warum stimmen Ihre Partei und auch die SPD entgegen einem Gesetzesvorschlag Ihrer Parteiführung auf Landesebene komplett anders, obwohl Sie in der Endphase Ihres Wahlkampfes wirklich genau diese Inhalte propagiert haben, nämlich schnellere und auch konsequentere Abschiebungen, obwohl Sie jetzt aktiv die Chance dazu haben?