Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

Mit Blick auf das, was wir jetzt auf den Tisch gelegt haben, verstehe ich die Koalition und auch das Bildungsministerium nicht. Wir gehen jetzt mit einer Schulgesetznovelle hinaus, auf die auch andere gucken, und bleiben in Bezug auf die UNBehindertenrechtskonvention bei den Regelungen, die darin schon seit zehn, 15 Jahren enthalten sind und die damit nicht mehr kompatibel sind.

Ich verstehe auch Herrn Keindorf nicht. In der Zeitung ist zu lesen, dass er eine Werk-Sekundarschule in freier Trägerschaft einrichten will. Wir legen Vorschläge auf den Tisch, die den Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen insgesamt ein Signal dahin geben, dass wir die Berufsorientierung durch Fachpraxistage auf eine andere Grundlage stellen wollen. Ich weiß nicht, warum solche Dinge nicht aufgegriffen werden.

Ich verstehe nicht, warum wir in Bezug auf die Suchtprävention kein Signal an die Schulen geben, dass dies zu den Aufgaben der Schulen gehört. Diese einfachen Dinge sind weder ideologisch belastet noch kosten sie an dieser Stelle Geld. Nichtsdestotrotz sind wir nicht in der Lage, irgendetwas aufzugreifen.

Wir haben diese Dinge im Übrigen nicht einmal fachlich diskutiert. Vieles ist im Bildungsausschuss gar nicht aufgerufen worden, und über das, was wir aufgerufen haben, ist meistens sehr unwillig diskutiert worden.

Last, but not least. Im Schulgesetz steht schon seit ewiger Zeit, dass der Landesschulbeirat ein gesetzliches Beratungsgremium des Bildungs- bzw. Kultusministeriums ist. Es gibt immer und immer wieder Ärger - ich war selbst lange genug Mitglied -, weil dieses gesetzlich normierte Gremium durch unglaublich kurze Anhörungszeiten unter Druck gesetzt wird und im Prinzip auch entwertet wird.

Ich finde, es wäre längst an der Zeit gewesen, dass wir dieses Gremium, das der Landtag selbst eingerichtet hat, auch mit einer Schutzvorschrift versehen, sodass das Bildungsministerium gezwungen ist, Mindestzeiten einzuräumen. Dies ist auch gefordert worden.

Ich beantrage, dass wir über die Punkte in unserem Änderungsantrag einzeln abstimmen, um deutlich zu machen, dass das alles nicht gewollt ist und dass nicht gewollt ist, dass sich an irgendeiner Stelle irgendetwas verbessert.

Es wären kleine Dinge gewesen bis hin zu den Förderschulen, die wir einfach als Ganztagsschulen brauchen. Dies ist eine Debatte, die im Landtag seit sechs, sieben Jahren höchst ärgerlich und

emotional geführt wird. Die Dinge sind entscheidungsreif.

Wenn der Minister am Rande des Bildungsausschusses gesagt hat, dass es aus seiner Sicht eine zweite Novelle in dieser Legislaturperiode nicht geben wird, dann kann ich dazu nur sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es traurig ist, wenn das, was jetzt auf dem Tisch liegt, das Einzige ist, was dieses Parlament und dieses Ministerium in fünf Jahren zustande bringt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Herr Aldag hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schulgesetz ist eines der wichtigsten Landesgesetze zumindest aus der Sicht der bildungspolitischen Sprecher. Von ihm sind Lehrkräfte, pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Schülerinnen und Schüler sowie ihre Familien, also eine ganze Menge Menschen, und natürlich die Schulen selbst unmittelbar betroffen.

Wir alle wissen zudem, dass die schulische Bildung und Erziehung ein wichtiges Regulativ darstellt. Es ist das Bildungsniveau, das über die Chancen im Leben entscheidet. Es ist die gewachsene und gemeinsam reflektierte Haltung zueinander, die sich unmittelbar auf die gesamte Gesellschaft auswirkt. Schule spielt deshalb eine wesentliche Rolle. Hier werden neben dem Elternhaus wegweisende Erfahrungen gemacht und Weichen gestellt.

Führen wir uns das vor Augen, so sind die Anforderungen an ein zeitgemäßes Schulgesetz hoch, auch deswegen, weil wir in einer heterogener werdenden Gesellschaft leben und Antworten für ein gutes Miteinander finden müssen, weil wir seit der Pisa-Studie aus dem letzten Jahr wissen, dass beinahe jeder sechste 15-Jährige in Deutschland berichtet, ein Opfer von Mobbing zu sein, weil die VBE-Studie zeigt, dass wir ein Problem mit Gewalt nicht nur zwischen Schülern, sondern auch gegenüber Lehrkräften haben, weil wir von unserem Landesschülerrat aufgefordert wurden, für mehr Prävention und Hilfe bei Suchtfragen an unseren Schulen zu sorgen.

Für unser Schulgesetz habe ich mir deswegen gewünscht, dass wir auf diese Entwicklungen reagieren, dass wir gemeinsam Antworten finden und sich diese im Gesetz widerspiegeln. Das ist leider nicht passiert. Die Initiativen waren vorhanden, aber man hat sich für Dienst nach Vorschrift entschieden. Ich gebe offen zu, das stimmt mich

nachdenklich. Und ich sehe uns alle in der Pflicht, in den hier verbleibenden drei Jahren mehr zu tun.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Thomas Lippmann, DIE LIN- KE)

Auch bezüglich der Organisation von Schule hätte ich mir neue Impulse gewünscht. Lassen Sie mich auf die Wirtschaft als Vorbild blicken; denn hier erleben wir längst den Umbau von Unternehmen hin zu dezentralisierten Einheiten mit individueller Selbstverwaltung und hoher Eigenverantwortung. Warum geht das nicht an unseren Schulen?

Ich sage: Es ist an der Zeit, der geballten Fachexpertise vor Ort zu vertrauen und diese zu stärken, einhergehend mit der Erweiterung der Mitbestimmungsrechte von Schülerinnen und Schülern, von Eltern, von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und von Schulsozialarbeit.

Im Rahmen des Bürgerdialogs in Halberstadt habe ich Tendenzen wahrgenommen, diesbezüglich etwas tun zu wollen. Wir werden eine Initiative dazu starten.

Aber schauen wir auf das, was uns mit dieser Gesetzesnovelle gelungen ist. Wir alle wissen, ganz Deutschland leidet unter dem Lehrermangel. Heute schaffen wir den rechtlichen Rahmen für die Einstellung von Seiten- und Quereinsteigern in den Schuldienst. Ich denke, das ist für uns alle ein wichtiger Schritt.

Ebenso wird auf die veränderte Bevölkerungszahl im ländlichen Raum reagiert. Zukünftig können Grundschulverbünde errichtet und kleine Schulen damit vor der Schließung bewahrt werden. Damit wird ein Etappenziel auf dem Weg „kurze Beine kurze Wege“ vorgelegt.

Gleiches gilt für Schulen ohne festgelegte Schulbezirke im Land. An dieser Stelle können nun neben dem bekannten Losverfahren ergänzende Kriterien festgelegt werden und das ist gut.

Erfreulich ist auch, dass wir die finanzielle Lage unserer freien Schulen verbessern. Bis das externe Expertengutachten im nächsten Jahr vorliegen wird, wird es eine Übergangsfinanzierung geben. Dies und eine Entbürokratisierung vieler Genehmigungsvorlagen an den freien Schulen sind ein längst überfälliges Zeichen der Wertschätzung für unsere vielfältige Bildungslandschaft in SachsenAnhalt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Auch das ist für mich ein Grund zur Freude, ebenso wie die Verankerung der Schulsozialarbeit im Schulgesetz. In Anbetracht der noch ungewissen Finanzierungslage unserer Schulsozialarbeit

bin ich sehr froh, dass wir gemeinsam ihren Stellenwert und ihre Aufgaben im Schulgesetz verankern. Ich sehe dies als einen Meilenstein dafür, die Schulsozialarbeit in unserem Land zu verstetigen.

Unter dem Strich überwiegen für uns die positiven Signale, die wir mit der Novellierung setzen. Wir werden deshalb der Beschlussempfehlung zum Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Anfragen. Für die Fraktion der CDU spricht die Abg. Frau Gorr.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Der Gesetzentwurf zur Schulgesetznovelle der Fraktion DIE LINKE liegt schon etwas länger vor. Der Gesetzentwurf der Landesregierung wurde am 26. Oktober 2017 eingebracht. Heute schreiben wir den 20. Juni 2018.

Mein persönlicher Ehrgeiz war es immer, den langen, schwierigen und intensiven Diskussionsprozess so zu führen, dass es zu einer Beschlussfassung im Juni dieses Jahres kommt. Denn damit, sehr geehrte Damen und Herren, kann das so vorgelegte Schulgesetz tatsächlich zum 1. August 2018 in Kraft treten. Ich kann Ihnen sagen, dass ich darüber sehr froh bin.

Die wesentlichen Schwerpunkte, die einer Änderung im Schulgesetz bedurften, um flexibler zu werden und handlungsfähig zu bleiben, möchte ich kurz benennen, auch wenn das meiste schon gesagt wurde.

Zunächst findet sich die klare Forderung der CDU nach der Einführung von Grundschulverbünden im Gesetz wieder. Wir verbinden damit die Hoffnung, das Schulnetz in unserem Land zu stabilisieren: Kurze Wege für kleine Füße. Herr Aldag hat es ein bisschen anders formuliert.

(André Poggenburg, AfD: Kurze Beine, kur- ze Wege!)

- Das ist jetzt meine Formulierung. - Wir öffnen das Referendariat für Seiteneinsteiger und wollen damit sowohl Abhilfe schaffen gegen den Unterrichtsausfall an vielen Schulen als auch - das ist der CDU-Fraktion sehr wichtig - unserem Anspruch nach Qualität des Unterrichts Rechnung tragen. Damit kann das erarbeitete Konzept für Seiten- und Quereinsteiger auf gesetzlicher Grundlage umgesetzt werden.

Wir hatten als Kenia-Koalition versprochen, die Schulen in freier Trägerschaft durch die Anpas

sung von Regelungen, zum Beispiel bei der Beantragung von Unterrichtsgenehmigungen, zu entlasten. Eine gewisse Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bringt dieses Gesetz nun auf den Weg, aber ich denke, ganz am Ende sind wir noch nicht.

Neu zum Gesetzentwurf hinzugekommen ist eine vorzeitige Finanzhilfe, die vor Ablauf der Dreijahresfrist sogenannten bewährten Trägern gewährt werden kann, wenn das Einvernehmen mit dem öffentlichen Schulträger besteht und wenn die Anerkennungsvoraussetzungen an einer anderen Schule im Land Sachsen-Anhalt bereits erbracht sind. Ich hoffe, Herr Meister, Sie als Finanzpolitiker freut das besonders.

Ganz besonders froh bin ich darüber, dass es tatsächlich gelungen ist, für die Schulen in freier Trägerschaft eine Erhöhung der Finanzhilfe zu erwirken, um damit eine finanzielle Zwischenlösung bis zum Vorliegen des unabhängigen Gutachtens zu erreichen. Zwischendurch habe ich es nicht mehr für möglich gehalten, dass wir das schaffen.

Die Finanzhilfe wird für das kommende Schuljahr auf 95 % der Personalkosten und auf 20 % der Sachkosten erhöht, für Förderschulen wegen der besonderen Bedarfe auf 30 % der Sachkosten. Ich hoffe, dass dies nicht für unzählige weitere Schuljahre so gilt, sondern dass wir dann zu dem unabhängigen Gutachten kommen.

Durch zähes Ringen und intensive, zum Teil schwierige Gespräche - ich sagte es schon - ist es gelungen, damit zum Ausdruck zu bringen, dass wir die Schulen in freier Trägerschaft als bedeutsamen Teil unserer Bildungslandschaft ansehen und sie nicht im Stich lassen wollen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die sich hierfür eingesetzt haben - nicht zuletzt ein Dankeschön an unsere Finanzpolitiker und -politikerinnen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht alle Wünsche können mit dieser Schulgesetznovelle umgesetzt werden, aber einige deutliche Akzente haben wir gesetzt, insbesondere - Herr Aldag wies darauf hin - bei der Verankerung der Schulsozialarbeit als wesentliches Element von Schule im Schulgesetz.

Ich hoffe sehr, dass damit zum Ausdruck kommt, wie wichtig uns bei allen vorhandenen Problemen das Gelingen von Schule in unserem Bundesland Sachsen-Anhalt ist.

Bitte haben Sie Verständnis, dass der Bereich der Förderschulen bei diesem Gesetzentwurf noch keine Berücksichtigung gefunden hat. Das vom Parlament geforderte Konzept muss zunächst

noch in den Gremien diskutiert werden, bevor es gesetzliche Veränderungen geben kann.

Hohes Haus! Ich bitte im Namen der CDU-Fraktion um Zustimmung zu den beiden Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Bildung und Kultur und für den von Kollegin Kolb-Janssen eingebrachten Änderungsantrag der Regierungskoalition in der Drs. 7/3011.

Den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit Datum vom 19. Juni 2018 lehnen wir aus den von mir eben erwähnten Gründen ab.