Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

(Beifall bei der AfD)

Herr Minister.

Gehen Sie davon aus, dass ich nichts verwechsele, nichts durcheinanderbringe, dass ich sehr genau weiß, was rechtsextrem ist, dass ich das politische Feld von einer Partei der LINKEN bis zu Ihnen kenne, dass ich das kenne, was außerhalb der Partei der LINKEN steht, nämlich Linksextremismus, und dass ich das kenne, was an dem Rand rechts von Ihnen noch zu verzeichnen ist, nämlich beim Rechtsextremismus; all das kenne ich.

Insofern muss ich Ihnen das nicht weiter vortragen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Wenn Sie mich hier fragen, wie das bei Ihnen so läuft, dann sage ich Ihnen: Da haben Sie einen Abgeordneten, der sich dahin gehend äußert,

(Eva von Angern, DIE LINKE: Es ist eine Frechheit!)

liebe Frau Kollegin, dass eine Rechtsmedizin auf Anordnung einer Regierung möglicherweise ein falsches Gutachten über die Todesursache des betroffenen Deutschen erstellt haben könnte.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Beschämend! - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Damit legen Sie das Saatkorn dafür,

(Eva von Angern, DIE LINKE: Genau!)

dass bei der Bevölkerung der Eindruck entsteht, dass es hier Ministerinnen und Minister gibt, die ihr Amt missbrauchen, um eine Todesursachenermittlung zu behindern.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulrich Thomas, CDU: Un- erhört!)

Und, Herr Farle, Herr Poggenburg, Herr Roi und wie Sie alle heißen: Ich schätze Sie als intelligent genug ein, dass Sie genau wissen, was mit einer solchen Aussage am Ende passiert und bezweckt

wird, dass nämlich dann wieder Menschen aufstehen, die das Vertrauen in den Staat unabhängig davon verlieren, ob sie extrem sind oder nicht, und dann wieder die Rechtsextremisten kommen, um genau mit der Argumentation eine politische Bühne zu finden; so ist Ihr politisches Handeln. Dann kommen Sie hier ins Schafsfell eingehüllt und sagen: „Eigentlich können wir gar nichts dafür.“

Es wäre schön, wenn Sie das nicht nur in Worten, sondern auch in Taten zum Ausdruck bringen würden, weil Sie zumindest den Anschein erwecken, billigend in Kauf zu nehmen, dass dieses Land durch Ihr politisches Agieren nach rechts geweitet wird und die Rechtsextremisten salonfähig werden; zumindest diesen Anschein erwecken Sie in Ihrem politischen Agieren.

(Lebhafter Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Poggenburg hat eine kurze Nachfrage.

Ja, das ist richtig. Zuvor aber habe ich noch eine kurze Bemerkung zu dem von Ihnen Gesagten. Natürlich erwecken wir nicht nur den Eindruck, wir wollen den Rechtsruck in Deutschland. Nach jahrzehntelangem Linksruck ist der dringend notwendig, um die Mitte wiederzufinden. - Erst einmal das.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Sie treiben den Rechtsextremismus voran! - Zurufe von der LINKEN: Ach! - Was? - Unruhe)

Herr Minister, ich halte Sie ebenfalls für sehr intelligent und glaube, dass Sie sehr wohl einschätzen können, wie es bei den Bürgern draußen ankommt, wenn dort ein junger Mann durch Gewalteinwirkung, in dem Fall durch Ausländer, zu Tode kommt und man dann urplötzlich versucht, diese Tat im Nachhinein abzumildern, abzuschwächen und den Leuten zu erklären: Na ja, der Mann starb dann eben an Herzversagen. Dass das genau das Problem ist, das die Leute auf die Straße bringt, müssten doch auch Sie verstehen.

Doch, das würden Sie auch verstehen, das verstehen Sie auch. Sie sehen nur weg, Sie wollen es nicht zur Kenntnis nehmen und schieben den

schwarzen Peter denen zu, die den Leuten dort draußen Mut machen wollen; das ist die AfD.

(Detlef Gürth, CDU: Unrecht und Lügen! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Mut zur Lüge, oder was? - Unruhe)

Herr Minister.

(Zurufe von der CDU)

Herr Poggenburg, das, was Sie machen und schon wieder gemacht haben, ist in höchstem Maße unanständig.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN- Oh! bei der AfD)

Wir leben - Gott sei Dank! - auch, was Gerichts- und Strafverfahren angeht, in einem Rechtsstaat.

(Unruhe bei der AfD)

Wenn es um ein Todesursachenermittlungsverfahren geht, dann ist genau festzustellen, was kausal Ursache für den Tod eines Menschen war. In der Kausalität gibt es zwei denkbare Varianten. Die eine Variante ist: Das Opfer ist unmittelbar durch Gewalteinwirkung gestorben; diese Gewalteinwirkung war kausal für den Herzstillstand. Wir alle sterben am Ende unseres Lebens an einem Herzstillstand; andernfalls würden wir weiterleben.

(Unruhe)

Die zweite Variante ist, dass die körperliche Gewalteinwirkung zwar zu einer Körperverletzung, aber nicht per se zu dem Herzstillstand führte. Das haben die Rechtsmediziner festgestellt.

In der weitergehenden Kausalitätsfrage kann es natürlich durchaus sein - ich spreche im Konjunktiv -, dass dieses aufgrund der Aufregung bei einem sowieso schon strapazierten Herz zum Herzstillstand führte.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Dass aber, lieber Herr Poggenburg, festzustellen ist in einem Rechtsstaat die Aufgabe eines Gerichtes,

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

weil nämlich auch der Beschuldigte und spätere Angeklagte nach unserem Rechtssystem noch Subjekt in einem Verfahren ist mit allen im Grund

gesetz verankerten Rechten, anders als im angloamerikanischen Recht, wo er Objekt ist,

(Zuruf von Eva von Angern, DIE LINKE)

nach dem er seine Unschuld beweisen muss. Bei uns muss der Staat die Schuld nachweisen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das ist auch gut so!)

- Das ist auch gut so, Frau Kollegin.

Deshalb wehre ich mich dagegen, dass wir in irgendeiner Weise dieses hohe Gut politisch infrage stellen und die Bevölkerung auf den Trip bringen, dass wir neuerdings per TED-Umfrage entscheiden, ob sich jemand strafbar gemacht hat oder nicht. Das wird es mit mir nicht geben.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

- Ich bin noch nicht fertig. - Das, Herr Poggenburg, ist nicht nur eine Frage der Intelligenz, das ist eine Frage des Anstands

(Zustimmung bei der CDU)

und das ist eine Antwort auf die Erfahrungen aus zwei Diktaturen in diesem Teil Deutschlands von 1933 bis 1989, wo es diese Rechte eben nicht gab. Und weil wir nicht nur Anstand haben, sondern weil wir auch in der historischen Verantwortung für unsere eigene Geschichte stehen, reagiere ich bei diesem Teil äußerst sensibel. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.

(Starker Beifall bei der CDU, bei der LIN- KEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen werden heute wieder Menschen auf der Straße abgestochen.