Protokoll der Sitzung vom 28.09.2018

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Striegel.

(Zuruf von Hannes Loth, AfD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der AfD ist handwerklich schlampig und politisch sinnfrei. Es sei nur am Rande erwähnt, dass die Amtshilfe nicht mehr in § 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt geregelt ist. Vielmehr verweist das Landesgesetz bereits seit Jahren an dieser Stelle auf die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes.

Gravierender ist es jedoch, dass Sie einen Regelungswiderspruch zwischen den Regelungen der Amtshilfe und dem gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung behaupten, der nicht besteht. Ich glaube, das ist auch hier schon deutlich geworden.

§ 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes trägt die Überschrift „Amtshilfepflicht“. Daraus abzuleiten,

dass die Polizei im Fall eines Amtshilfegesuches im Rahmen der Justizhilfe kein Ermessen habe, ist schlicht falsch; denn in § 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes finden sich die Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe.

Danach braucht die ersuchte Behörde keine Hilfe zu leisten, wenn unter Berücksichtigung der Aufgaben der ersuchenden Behörde durch die Hilfeleistung die Erfüllung der eigenen Aufgaben der Polizeibehörden oder Dienststellen ernstlich gefährdet würde. Hierbei kann die Polizeibehörde nach ihrem an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten orientierten Ermessen entscheiden, ob sie einem Amtshilfeersuchen nachkommt oder nicht. Der Runderlass konkretisiert demnach nur, was ohnehin geltende Rechtslage ist. Ein Widerspruch würde sich erst infolge der von der AfD beantragten Streichung ergeben.

Dieser Antrag entlarvt sich also als das, was er ist, ein populistischer Schnellschuss ohne politische Substanz.

(Mario Lehmann, AfD, lacht)

Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Sachsen-Anhalt haben ein Recht auf Schutz und Unterstützung bei ihrer leider teils auch gefährlichen Arbeit, gefährlich im Übrigen auch, weil sich da draußen auch jede Menge Reichsbürger herumtreiben, die zum Teil über Verbindungen zur AfD verfügen.

(Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Doch diese Unterstützung ist nicht nur durch eine völlig unpraktikable Pflicht zur Amtshilfe sicherzustellen; vielmehr muss die Polizei Sachsen-Anhalts personell in die Lage versetzt werden, auf die Ersuchen von Gerichtsvollzieherinnen angemessen zu reagieren.

Diese Landesregierung hat daher - maßgeblich unter grüner Beteiligung - eine Abkehr vom verfehlten Kurs des Personalabbaues der vergangenen Legislaturperioden vollzogen. Bis Ende 2020 wird der Personalbestand von 5 700 auf 6 400 Beamtinnen und Beamte erhöht werden. Mittelfristig streben wir sogar 7 000 Polizistinnen und Polizisten an.

Meine Damen und Herren! Zukunftsfestigkeit bei der inneren Sicherheit wird nicht mit populistischen Forderungen ohne Substanz erreicht, sondern mit solider Politik mit Hand und Fuß.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte darum, den Antrag der AfD abzulehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion der SPD spricht der Abg. Herr Erben.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Volker Olenicak, AfD: Rechtsexperten!)

Ich will mich auf das beschränken, was in dem Antrag wirklich aufgeschrieben worden ist, und hier nicht herumdeuten. Wenn der Herr Präsident die Redner vorhin nicht ermahnt hätte, dann hätte ich jetzt fast gefragt: Wer hat Ihnen denn diesen Quatsch aufgeschrieben?

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Es gibt überhaupt keinen Widerspruch zwischen den Regelungen im SOG und diesem Erlass. Erstens. Ich schließe an das an, was der Kollege Schulenburg eben sagte:

(Zustimmung von Frank Scheurell, CDU)

Das, was Sie fordern, bedeutet: Egal was passiert, das Vollzugshilfeersuchen des Gerichtsvollziehers steht vornan. Das hat nie ein Gesetzgeber gewollt und das ist auch nie von einem Ministerium so gewollt gewesen; denn das ist nicht zuvörderst Aufgabe der Polizei. Deswegen heißt es ja auch Hilfe und nicht eigene Aufgabe.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Das können Sie jetzt vielleicht nicht wissen, aber ausgerechnet denjenigen, der nach meiner Erinnerung den Erlass geschrieben hat, hier anschließend, weil er auch Kommentator ist, als Kronzeugen ins Feld zu führen, ist wirklich das stärkste Stück.

Das Folgende vielleicht für Sie als Erläuterung: Der Kommentator war nämlich zu diesem Zeitpunkt im Innenministerium für die Polizei zuständig. Sie können also fest davon ausgehen, dass er beide Regelungen getroffen hat. Da er keine gespaltene Persönlichkeit ist, wird er in seinem eigenen Kommentar nichts anderes aufgeschrieben haben als das, was er in den Erlass geschrieben hat. Denn das ist bekanntlich ein gemeinsamer Runderlass des Innenministeriums und des Justizministeriums.

Ich glaube, allein das dürfte zeigen, was das für ein Quatsch ist, den Sie hier zu Papier gebracht haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Abschließend hat in der Debatte Herr Kohl von der AfD-Fraktion noch einmal das Wort.

Ich bin irgendwie enttäuscht - ich will nicht sagen, wahnsinnig enttäuscht; denn das darf ich hier ja

nicht sagen - über das fehlende Problembewusstsein

(Heiterkeit bei der AfD)

und darüber, dass das Anliegen der Gerichtsvollzieher hier ein Stück weit ins Lächerliche gezogen wird. Ich habe auch nie gesagt, dass das Anliegen der Gerichtsvollzieher über allem stehen soll. Das habe ich nicht gesagt. Im Einzelfall, also wenn ein Notfall vorliegt, eine ungeplante polizeiliche Maßnahme erforderlich ist, geht das natürlich vor. Das habe ich doch gesagt. Darüber muss man miteinander sprechen. Zu den Problemfällen, die es scheinbar nicht gibt, sage ich gleich noch etwas.

Dann noch etwas zu Frau von Angern. Es ist richtig, ich kenne Ihre Anfrage. Ich habe mir das durchgelesen. Da waren insgesamt drei Angriffe zu verzeichnen. Man muss allerdings auch bedenken, dass die eine oder andere Handlung zum einen unter der Deliktgrenze liegt und dass manche Sachen auch einfach nicht angezeigt werden, weil es eben auch taffe Gerichtsvollzieher gibt, die sich wehren und vielleicht auch gar nicht die Zeit haben, um jede Sache, jede verbale Beleidigung zur Anzeige zu bringen. Mitunter muss man auch berücksichtigen, dass Polizei vor Ort ist, die einschreitet, bevor der Gerichtsvollzieher körperlich attackiert wird. - Ich meine, dass die Zahlen die Realität wahrscheinlich nicht widerspiegeln.

Ich glaube auch, dass sich die Gerichtsvollzieher nicht ohne Grund an uns gewandt haben. Sie fühlen sich ein Stück weit alleingelassen. Ich will Ihnen einmal zwei Fälle aus der Praxis nennen. - Es ist schade, dass Herr Meister nicht da ist; er hört mir immer gern zu, wenn ich aus der Praxis berichte.

(Schriftführer Olaf Meister: Hier, hinter Ihnen!)

- Ach, im Präsidium. Ich habe hinten keine Augen. Aber hören Sie gut zu.

In einem Fall hat ein Gerichtsvollzieher ein Fax an eine Polizeidienststelle geschickt und mitgeteilt, er brauche in zwei Wochen Unterstützung. Daraufhin hat sich die Polizeidienststelle nicht einmal gemeldet. Sie hat nicht gesagt: Das geht nicht, wir können nicht kommen. Jedenfalls stand er schlussendlich allein vor der Tür.

Jetzt kommen wir zu der einen Kollegin, die Herr Schulenburg wahrscheinlich meinte. Da ging es um eine Kindeswegnahme. Sie kam vor Ort an und die zur Herausgabe verpflichtete Person wollte das Kind nicht herausgeben. Daraufhin hat sie den Notruf gerufen. Bis die Polizei erschien, hat sich die Person umentschieden und das Kind herausgegeben. Schlussendlich hatte die Gerichtsvollzieherin eine Anzeige wegen Notrufmissbrauchs am Hals. Da stellt sich natürlich die Frage, ob das so richtig sein kann. Wenn das eine

Kollegin war, die bei jedem Einsatz oder bei jeder Vollstreckung die Polizei ruft, dann muss man mit ihr sprechen. Man kann ihr aber nicht einfach eine Anzeige anhängen.

Jedenfalls sehe ich es so, dass unser Antrag zu dem Selbstbefassungsantrag der LINKEN im Rechtsausschuss passt. Deshalb beantrage ich im Namen der AfD-Fraktion eine Überweisung in diesen Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Kohl, nur noch ein kurzer Kommentar. Sie können natürlich wahnsinnig enttäuscht sein; das können Sie zweifellos sein. Ich habe nur darauf hingewiesen: Wenn Abgeordnete andere Abgeordnete mit solchen Begriffen wie „Irrsinn“ oder „Wahnsinn“ belegen, dann muss man sich nicht wundern, wenn die Dinge irgendwann zurückkommen und wir dann eine Diskussionskultur haben, die dem Hohen Haus nicht angemessen ist. Das ist ein netter Hinweis, mit solchen Begriffen vorsichtig umzugehen. Das betrifft nicht nur Ihre Fraktion, aber in diesem einen Fall war es gehäuft. Wahnsinnig enttäuscht dürfen Sie trotzdem sein.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über diesen Antrag. Es ist eine Überweisung beantragt worden. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Es wäre logisch, wenn es jetzt die AfD-Fraktion wäre. Das ist die AfD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE und ein fraktionsloser Abgeordneter. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.

Dann kommen wir zur Direktabstimmung. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Dann doch die AfDFraktion. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen, die Fraktion DIE LINKE und ein fraktionsloser Abgeordneter. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Bevor wir zum letzten Tagesordnungspunkt kommen, noch eine Vermisstenanzeige, und zwar für diesen Stift. Den hat irgendein Redner hier oben liegengelassen. „Made in Japan“ ist vielleicht ein dezenter Hinweis. Den kann der Betreffende sich hier vorn abholen.

Wir kommen nun zum letzten Tagesordnung, dem

Tagesordnungspunkt 18

Beratung

Sportschützen fördern - für ein bürgernahes Waffenrecht