An dieser Stelle sage ich zur Lage der Theater: Wenn es so weitergeht wie bisher, wenn sich an der Programmgestaltung nichts ändert, dann ist das, was wir ausgeben, zu viel. Wenn die Theater allerdings beherzigen, was wir schon in unserem Landtagswahlprogramm gefordert haben - nämlich, dass sie stets auch klassische deutsche Stücke spielen und sie so inszenieren, dass sie zur Identifikation mit unserem Land anregen -, dann wären sie durchaus ihr Geld wert und sicher auch etwas mehr. - Vielen Dank.
Es gibt keine Fragen. Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Aldag. Sie haben das Wort, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Zwei Minuten, zwei Aspekte. Meine Damen und Herren! Heute ist es wichtiger denn je, sich für Offenheit und ein gelingendes Miteinander einzusetzen.
Wir müssen Bedingungen und Möglichkeiten schaffen, unter denen Empathie, Mitgefühl und Anderssein gezielt erprobt und geübt werden können. Wir brauchen mehr denn je Formate, die Berührungsangst und Vorurteile abbauen. Theaterpädagogik leistet das. Theaterpädagogik heißt Mitmachen, Nachdenken und Wachsen für Kinder, Jugendliche und Familien. Sie hilft uns, unser Miteinander zu verbessern. Für mich ist das unverzichtbar.
Im Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2019 ist es nicht mehr berücksichtigt. Das halte ich für einen Fehler. Für uns GRÜNE gehört Theaterpädagogik zu einer vielfältigen Bildungs- und Kulturlandschaft dazu.
Zur Situation der Theater und Orchester möchte ich unmissverständlich klarstellen, dass es für uns als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wichtig ist, dass wir eine lebendige und vielfältige Musik- und Theaterszene im Land haben. Das geht nur mit einer soliden und ausreichenden Finanzierung. Dafür sind wir im Jahr 2014 mit auf die Straßen gegangen. Die Kürzungen haben wir damals für falsch gehalten und wir halten sie auch heute für falsch.
Sie vollständig rückgängig zu machen, wäre die logische Konsequenz. Schauen wir uns die Situation an den verschiedenen Häusern an.
Meine Damen und Herren! Fehler einzugestehen und zu korrigieren, ist gerade hip auf allen Ebenen. Hier bietet sich eine weitere Gelegenheit an. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Aldag. Es ist schon bemerkenswert: Sie hatten eine Redezeit von lediglich zwei Minuten zur Verfügung und haben Ihre Rede tatsächlich vorzeitig beendet.
Es gibt keine Fragen. - Bevor wir zum nächsten Debattenredner, zu Herrn Abg. Schumann von der CDU-Fraktion, kommen, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Sülzetal recht herzlich bei uns im Hohen Hause zu begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!
Vielen Dank. - Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe zwölf Minuten Zeit, um Ihnen eine Stichprobe von dem zu geben, was schon gesagt wurde, und das zu wiederholen. - Nein, das werde ich nicht tun. Ich werde die Gelegenheit nutzen, ein Stück in die Tiefe zu gehen und deutlich zu machen: Woher kommt Theater eigentlich?
Theater und Orchester sind nicht nur in SachsenAnhalt, sondern in ganz Deutschland entscheidende Träger der deutschen Hochkultur. Nirgendwo auf der ganzen Welt ist die Dichte der Theater
und Orchester so hoch wie in Deutschland. Die Theater- und Orchesterlandschaft in Deutschland soll immaterielles Weltkulturerbe werden. Das Auswärtige Amt hat nun einen entsprechenden Antrag bei der Weltkulturerbeorganisation Unesco gestellt.
Die erfreuliche Anzahl von Theatern in Deutschland ist kein Phänomen, sondern eine über mehr als 500 Jahre in der Geschichte unseres Heimatlandes gewachsene Struktur.
Gestatten Sie mir einen kleinen Einblick in die Musik- und Theatergeschichte. Das war übrigens eines meiner Lieblingsfächer in meinem Musikstudium. Die Orchester entstanden aus der damaligen Tradition der Handwerkerzünfte. Später waren die sogenannten Stadtpfeifer Ausbildungsbetriebe des Musikerhandwerks. Als ältestes Orchester der Welt gilt die Staatskapelle Dresden. Am 22. September dieses Jahres wurde dieses Orchester sage und schreibe 460 Jahre alt. Es blieb trotz der Wirren des Dreißigjährigen Krieges erhalten und hat sich bis zum heutigen Tage zu einem weltweit anerkannten europäischen Spitzenorchester entwickelt.
Das Gran Teatro di Venezia gilt als ältestes Opernhaus der Welt. Bereits Anfang des 16. Jahrhunderts wurden hier Opern und Singspiele aufgeführt.
Als ältestes Ballett der Welt gilt das Ballet comique de la reine. Katharina von Medici brachte das Ballett durch die Heirat mit Heinrich II. im Jahr 1533 an den französischen Hof. Dort entstand damals auch die erste Ballettschule. Die ersten Ballettaufführungen überhaupt sind in Italien im Jahr 1499 erstmalig urkundlich erwähnt.
Die Geschichte des Schauspiels ist so lang wie die kulturelle Entwicklung der Menschheit. Fahrende Schauspieler, Puppenspieler gab es schon seit dem frühesten Mittelalter.
Sehr geehrte Damen und Herren! Warum dieser kurze Schwenk in die Geschichte? - Ich glaube - wenn ich Herrn Tillschneiders Rede richtig verfolgt habe -, er war wichtig; denn man kann hierbei erkennen: Die Entwicklung der Theater und Orchester ist im europäischen Kontext zu sehen.
Dies spiegelt sich auch in den Spielplänen der Theater wider, welche nie national begrenzt, sondern immer europäisch waren und sind.
Unsere Theater und Orchester haben nach dem Jahr 1990 zweifellos harte Zeiten durchgemacht. Strukturelle und personelle Umstrukturierungen,
auch gekennzeichnet durch hohe Arbeitslosigkeit und Brüche in vielen Lebens- und Arbeitsbiografien, haben das Land und die Kommunen nach der Wende mit Blick auf die finanziellen Herausforderungen vor große und schmerzhafte Aufgaben gestellt. So wurden die Orchester in Bernburg, Stendal und Eisleben komplett aufgelöst; sie werden seitdem durch Gäste musikalisch und schauspielerisch bespielt. Dies war für die genannten Städte ein schwerwiegender kultureller Eingriff. Kürzungen gab es also schon vor den letzten Theaterverträgen.
In den Orchestern Dessau, Halberstadt, Magdeburg und nach der aus meiner Sicht viel zu späten Fusion der beiden Orchester in Halle wurden überall Stellen abgebaut. In Halle wurde einfach über Jahre hinweg fälschlicherweise suggeriert, man könne sich zwei große Orchester auf Dauer leisten.
Bei den Stellenzahlen in den Orchestern ist nach wie vor ein großer Unterschied zu verzeichnen: In Dessau gibt es 81 Musiker, in Magdeburg 82, in Halle zurzeit 130 und zukünftig wohl 112.
Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage gibt uns einen sehr detailreichen Einblick in die Umfänge, in die Auslastung, in die Arbeitsweisen der einzelnen Theater in unserem Land. Die Landesregierung beurteilt die öffentlichen Theater in der Kulturlandschaft als wesentlichen Ort der demokratischen Meinungs- und Willensbildung sowie der kulturellen Vermittlungsarbeit. Theater sind ein Ort der Bildung, des Kunstgenusses und auch des gesellschaftlichen Spiegels und somit auch ein Ort des Nachdenkens.
Die Theaterverträge, welche den Theatern in unserem Land Planungssicherheit und Bestandssicherheit gewährleisten, haben sich bewährt. Derzeit stehen wir vor dem Abschluss der neuen Theaterverträge. Ich denke, die Landesregierung kann allen Theatern und Orchestern in unserem Land ansprechende und erfüllbare Verträge anbieten.
Mir ist bekannt, dass in Eisleben und Schönebeck noch die Säge geklemmt. Diese Probleme sind lösbar und werden angegangen. Entsprechende Lösungsansätze und Vorschläge müssen hier erarbeitet und erörtert werden. Die notwendigen Strukturanpassungen sind in den Theatern mit Ablauf der Vertragslaufzeit im Wesentlichen abgeschlossen. Die Bezahlung der Mitarbeiter nach Tarif, also die Ablösung der noch existierenden Haustarifverträge in allen Häusern, wird mit den neuen Verträgen angestrebt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich die Auslastungszahlen unserer Theater anschaut, kann man erst einmal erfreut feststellen: Die Theater werden angenommen und sind durch
gängig überdurchschnittlich ausgelastet. So liegt zum Beispiel die Auslastung der Puppentheater in Halle und Magdeburg bei annähernd 100 %; sie ist letztlich nicht mehr nach oben ausbaubar.
Aus meiner persönlichen Sicht wäre ein Ausbau dieser Angebote nur mit einer Personal- und Spielstättenaufstockung möglich. Die Auslastung der Opernhäuser in Halle, Magdeburg und Dessau ist mit durchschnittlich 80 % durchaus vorzeigbar und für deutsche Flächenländer überdurchschnittlich hoch. Vergleiche mit Berlin, Hamburg oder München verbieten sich hier. Dies betrifft Oper, Ballett und Operette. Im Musical-Genre liegt die Auslastung bei weit über 90 %.
Hinsichtlich der ökonomischen Bilanz des Theaters ist die Publikumsgewinnung ein wesentlicher Faktor. So nehmen Werbung und Marketing eine Schlüsselstellung ein. Die Uni Halle hat hierfür eine hervorragende Strategie entwickelt. Sie hat zum Beispiel mit Stillkonzerten für Familien mit Babys, mit Konzerten für Kleinkinder und Kinder bis zwölf Jahre sowie für Jugendliche bis 18 Jahre eigene Formate entwickelt.
Die Theaterpädagogik nimmt in unseren Theatern immer größeren Raum ein, wird sie doch unabhängig von ihrem Bildungsauftrag auch als Faktor für die Publikumsgewinnung in der Zukunft verstanden. Die Theaterpädagogen gewinnen durch persönliches Engagement sowie durch die Arbeit in Kindergärten, Schulen, Bibliotheken und an vielen anderen Spielstätten an Dynamik und begeistern ein junges Publikum von der so eigenen Welt des Theaters.
Ensembles aus der Bürgerschaft, Kirchenchöre, Kinderchöre und viele andere Ehrenamtliche werden immer öfter Partner der professionellen Klangkörper. Die Institution Schule spielt als Kooperationspartner eine wesentliche Rolle, um Kinder und Jugendliche unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft zu erreichen. In diesem Zusammenhang seien genannt mit Blick auf Halle die Klassenzimmerstücke oder mit Blick auf Magdeburg die Kammermusik von Instrumentengruppen in den Schulen.
Die Musikschulen des Landes werden oft von Lehrkräften aus den Theatern und Orchestern unterstützt. Herauszuheben ist hierbei zum Beispiel die Kooperation von Jugendsinfonieorchester und Philharmonie Magdeburg.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Theater und Orchester sind angehalten, ihre Einnahmen zu erhöhen und ihre Preisstruktur eventuell neu zu organisieren. Der Minister hat in seiner Rede deutlich auf die Aufgaben hingewiesen, vor denen unsere Kulturbetriebe in den nächsten Jahren stehen. Die finanzielle Ausstattung der Theater ist gesichert, die Dynamisierung von 2 % seitens des Landes eingeschlossen. Die Theater und Orches
ter unseres Landes sind für die zukünftigen Aufgaben gewappnet. Der Ausblick ist grundlegend positiv.