Deshalb fordern wir erstens die Ausstattung sämtlicher Meldeämter Sachsen-Anhalts mit Dokumentenprüfgeräten und zweitens die flächendeckende Aufstellung von Ermittlerteams nach dem Vorbild des Jerichower Landes. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Damit können wir in die Debatte der Fraktionen und der Landesregierung eintreten. Es spricht in Vertretung der Ministerin Frau Grimm-Benne der Minister Herr Stahlknecht. Bitte sehr.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Laut dem Antrag der AfD-Fraktion soll sich der Landtag dafür aussprechen, zur Bekämpfung von organisiertem Sozialleistungsbetrug und Urkundenfälschung Prüfteams landesweit zu koordinieren und sämtliche Meldeämter mit Dokumentenprüfgeräten auszustatten.
Seit Anfang 2014 dürfen auch Menschen aus Bulgarien und Rumänien ihre Arbeitsstelle innerhalb der EU frei wählen. Dies ist dem Grunde nach eine gute Sache. Allerdings gibt es hier selbstverständlich auch Missbrauchsmöglichkeiten, etwa wenn eine Beschäftigung nur vorgetäuscht ist, um in den Genuss von Sozialleistungen zu kommen.
Unbestritten gibt es Strukturen in einigen Städten des Ruhrgebietes und in Bremen, die Muster aufweisen. Kriminelle Drahtzieher werben in Bulgarien und in Rumänien Menschen mit falschen Versprechungen an, bringen diese meist in Schrottimmobilien unter, statten die Menschen mit Scheinarbeitsverträgen aus und kassieren die aufstockenden Leistungen vom Jobcenter. Die Menschen selbst werden mit einem Taschengeld abgespeist. Das alles hat mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit nichts zu tun. Das ist Missbrauch.
In Sachsen-Anhalt gibt es aktuell 636 bulgarische und 1 777 rumänische Leistungsberechtigte nach dem SGB II. Das sind weniger als 1 % aller Leistungsberechtigten im Land.
Bei dieser Größenordnung ist davon auszugehen, dass es sich weit überwiegend um legale Migration handelt. Es gibt jedoch einzelne Kommunen wie Halle und Magdeburg, in denen sich vor allem rumänische Migranten auf den SGB-II-Bezug konzentrieren. Da muss natürlich genauer hingeschaut werden.
Ich gehe aber davon aus - ich spreche hier für Frau Grimm-Benne -, dass sich die Problematik in den Regelstrukturen der Verwaltung lösen lässt und bereits gelöst wird.
Das Sozialministerium hatte beispielsweise im Februar 2018 gemeinsam mit der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen zu einer ressortübergreifenden Abstimmungsrunde eingeladen.
Zum zweiten Punkt Ihres Antrages. Beim Meldewesen handelt es sich um eine Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises, deren Erfüllung den Kommunen - Meldebehörden - im Rahmen ihrer Organisationshoheit obliegt. Diese Kommunen entscheiden eigenverantwortlich über die technische Ausstattung. Insofern kann mein Ministerium sie auch nicht anweisen, ein bestimmtes Dokumentenprüfsystem zu nutzen.
Mit dem Thema Einführung eines flächendeckenden Dokumentenprüfsystems ist allerdings bereits der Arbeitskreis 1 - Staatsrecht und Verwaltung - der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder befasst. Er will bis zum März des nächsten Jahres einen Bericht vorlegen. Dieser sollte abgewartet werden. - Herzlichen Dank.
Herr Innenminister, wenn aber die Vermutung vom Landrat Burchhardt stimmt, dass die Personen nach Magdeburg weitergezogen sind, dann hat doch eigentlich seine Behörde in der Gemeinde Elbe-Parey nicht nur den Verdacht erhoben, dass es sich um Sozialleistungsbetrug handelt, sondern die haben schon Ermittlungsergebnisse vorliegen. Meine Frage: Werden denn die Ermittlungsergebnisse, die dort vorliegen, mit der Stadt
Magdeburg ausgetauscht? Denn ohne Druck haben sich die Personen nicht dort wegbegeben und sind nach Magdeburg gezogen.
Ich verstehe nicht, wie es sein kann, dass sie sich seit Monaten hier in Magdeburg zum Ärger von allen niederlassen konnten und hier verbleiben. Da müssen sie ja jetzt einen rechtmäßigen Anspruch haben. Wie wird denn das überprüft, wenn es sich um die gleichen Personen handelt?
Ja, das stimmt schon, lieber Herr Stahlknecht. Sie werden aber versorgt über das SGB II. Damit bekommen sie unsere Sozialleistungen und darauf müssen sie einen Anspruch haben. Der Anspruch muss auch überprüft werden können. Wie wird er denn überprüft? Die Überprüfung und der Druck haben ja dazu geführt, dass sie aus Elbe-Parey weggezogen sind und sich jetzt in Magdeburg niedergelassen haben. Arbeiten die Behörden mit unterschiedlichen Maßstäben und mit unterschiedlichem Toleranzbereich?
Ich gehe nicht davon aus, dass sie mit unterschiedlichen Maßstäben arbeiten. Ich kann nur davon ausgehen - Sie wissen, ich rede hier in Vertretung von Frau Grimm-Benne -, dass die Behörden die Informationen untereinander weitergeben und dass, soweit strafrechtliche Ermittlungsverfahren anhängig sein sollten, auch durch Mitteilungen in Strafsachen die entsprechenden Behörden informiert werden.
Gut, dann hätten wir das so weit erledigt. Wir können jetzt in die Debatte der Fraktionen eintreten. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Krull. Herr Krull, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht wird mit dem vorliegenden Antrag der AfDFraktion ein wichtiges Thema angesprochen. Aber statt hier konkrete und umsetzbare Lösungsvorschläge zu präsentieren, ist in der Begründung des Antrages und auch in der Rede des Einbringers einmal mehr nur die populistische Keule geschwungen worden.
einigen Stadtteilen Konzentrationen von Bürgern mit bulgarischer und rumänischer Staatsbürgerschaft. Dies führt vor Ort zu Problemen und Herausforderungen - das wird niemand ernsthaft bestreiten -, und diese werden vor Ort auch angegangen. Ich verweise auf die heutige Einladung zum 30. Oktober durch den Oberbürgermeister Dr. Trümper, der heute schon erwähnt worden ist.
Den Eindruck, den der vorliegende Antrag erwecken will, ist, dass es sich um ein flächendeckendes Problem Sachsen-Anhalts handelt. Daran glaubt offensichtlich selbst der Antragseinbringer nicht, sonst hätte er nicht zehn Minuten über Bremen gesprochen.
Aber versuchen wir erst einmal, dem undifferenzierten Bauchgefühl, welches im Antrag vermittelt wird, ein paar reelle Zahlen entgegenzusetzen. Der Minister hat in seiner Rede bereits einige Ausführungen dazu gemacht. Zurzeit bekommen in Sachsen-Anhalt rund 2 400 Personen mit bulgarischer und rumänischer Staatsbürgerschaft Leistungen des SGB II. Das ist sicher keine geringe Anzahl, aber auch keine Flut von vermeintlichem Sozialbetrug.
Natürlich ist es notwendig, dass sich die entsprechenden Behörden mit jedem Leistungsempfänger genau verständigen und prüfen, ob dieser tatsächlich auch leistungsberechtigt ist. Vom Vorschlag von landesweiten Prüfteams halten wir nicht viel. Es gehört zu unserem Selbstverständnis von kommunaler Selbstverwaltung, dass die Kommunen vor Ort durchaus in der Lage sind, solche Maßnahmen in eigener Verantwortung und in eigener Regie durchzuführen.
Dort, wo uns die Kommunen konkret Unterstützungsbedarfe anmelden, handeln wir als Land auch. Erst gestern haben wir im Landtag das Wohnungsaufsichtsgesetz des Landes SachsenAnhalt beschlossen. Damit werden den Kommunen die Handlungsmöglichkeiten gegeben, gegen die Fehl- und Überbelegung von Wohnungen vorzugehen.
Das, meine Damen und Herren, ist die konkrete Hilfe, die vor Ort gefordert wird. Sicher ist es auch mehr als nur einen Gedanken wert, dass die Bundesregierung bzw. der Bundestag die gesetzlichen Regelungen anpassen, um die Regelungen für antragsberechtigte EU-Bürger zur Aufstockung des SGB II so zu gestalten, dass mögliche Regelungslücken nicht ausgenutzt werden können.
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gehört zu den großen Errungenschaften der Europäischen Union und sollte nicht, weil sie leider auch missbraucht werden kann, grundsätzlich infrage gestellt werden. Wir brauchen sie.
Bezüglich der Zahlung des Kindergeldes für nicht in Deutschland lebende Kinder von EU-Bürgern, die selbst in Deutschland leben, kann ich mich sehr für die Idee unseres Europaabgeordneten Sven Schulze erwärmen, wonach das Kindergeld in der Höhe ausgezahlt wird, das in dem Land üblich ist, in dem die Kinder ihren tatsächlichen Aufenthalt haben.
Hierzu bedarf es aber unter anderem entsprechender europarechtlicher Regelungen. - Ich habe gesagt, es handelt sich um einen Vorschlag unseres Europaabgeordneten; zu diesem stehe ich auch.
Kommen wir nun zu der Forderung, dass das Land sämtliche Meldeämter mit Dokumentenprüfgeräten ausstatten soll. Auch diesbezüglich obliegt die Ausstattung natürlich vorrangig den Kommunen. Über einen entsprechenden Kostendeckungsvorschlag - beim Kauf über insgesamt rund 1 Million € und bei Miete rund 170 000 € jährlich - sagen Sie in Ihrem Antrag leider nichts aus. Aber das war auch nicht unbedingt anders zu erwarten.
Der Bericht der IMK, das Gutachten 2019, ist abzuwarten. Herr Stahlknecht wird dem als Vorsitzender der IMK sicherlich noch nachkommen.
Meine Redezeit ist bereits abgelaufen, deswegen mein letzter Satz: Meine sehr verehrten Damen und Herren der AfD, Ihr Antrag spricht zwar Probleme an, aber nicht konstruktiv, sondern dramatisierend, ohne eine belastbare Lösung zu bieten.
Das ist jetzt auch schon deutlich über der Redezeit gewesen, Herr Krull. Damit sind wir mit Ihrem Redebeitrag fertig. - Es haben sich Herr Kohl und Herr Raue gemeldet. Sie beide müssen sich auf einen einigen. - Dann Herr Raue, bitte.
Herr Krull, Sie fordern von uns immer diese konkreten Maßnahmen, diese konkreten Gesetzentwürfe. Nun sind wir nicht die Regierung. Aber wenn ich jetzt die Verteidigung Ihres konkreten Gesetzentwurfs zum Wohnungsaufsichtsgesetz als Beispiel nehme, dann erklären Sie doch bitte dem Parlament, welche Wirkung das Wohnungsaufsichtsgesetz in dem von uns beschriebenen
Fall hat, nämlich Sozialleistungsbetrug aufzudecken und zu verhindern, wenn diese EU-Bürger oder im Zweifel auch Nicht-EU-Bürger, die sich illegal hier befinden, stattdessen nicht in irgendwelchen Schrottimmobilien untergebracht werden, sondern in Immobilien, die dieses Amt - mit den in Ihrem Gesetz formulierten Aspekten - gar nicht erst auf den Plan rufen.
Wie soll Ihr Gesetz gegen Sozialleistungsbetrug wirken, wenn es denen überhaupt nicht auffällt? Und das nennen Sie eine „konkrete Maßnahme“? Sie sollten sich schämen!
Herr Abgeordneter, ich entscheide immer noch selbst, für was ich mich schäme. Sie sollten sich vielleicht auch einmal überlegen, für was Sie sich schämen sollten. Aber ich überlasse es Ihnen selbst, dazu eine Feststellung zu treffen.
Das Gesetz, das wir gestern beschlossen haben, ist ein Aspekt, der bei Überbelegungen von Wohnungen hilft, wo wir über Scheinadressen reden,