Protokoll der Sitzung vom 25.10.2018

Insofern muss ich schon sagen, Herr Lippmann: Zeigen Sie es doch einmal, wenn Sie es können. Sie können sich hier hinstellen und das Klageweib hoch fünf mimen. Niemand bestreitet, dass wir einen Lehrermangel haben. Das war der erste Vorwurf, den Sie mir immer gemacht haben: Ich würde die Welt schönreden. - Das mache ich nicht. Es gibt einen Lehrermangel, darin sind wir uns einig.

Jetzt erzählen Sie mir einmal - wir können Berechnungen anstellen ohne Ende -, was Ihnen die Zahl bringt, die aussagt, ob die Unterrichtsversorgung bei 99 %, 98 % oder 97 % liegt. Hilft das irgendwem? Hilft die 28. Debatte, die wir heute hier führen, irgendwem?

(Siegfried Borgwardt, CDU: Immer dassel- be!)

Diese Landesregierung - da können Sie erzählen, was Sie wollen; ich nehme mit Demut zur Kenntnis, dass es mir nicht gelingt, Sie davon zu überzeugen - ist dabei, diese Probleme tatkräftig zu lösen. Nur sie lassen sich nicht von heute auf morgen lösen. Das wissen wir doch alle.

Junge Leute müssen ausgebildet werden. Wir haben die Kapazitäten in der Lehrerausbildung auf

mehr als 1 000 Plätze erhöht. Wir haben die zweite Phase hochgefahren. Noch vor ein paar Jahren mussten wir angehende Referendare wegschicken. Heute sind die Plätze leer, weil wir mehr Plätze vorhalten, als im Moment Bedarf besteht. Wir machen das bewusst, weil wir die Lehrerausbildung in den Blick nehmen.

Nächster Punkt: Ihre wie üblich geschilderte Gemengelage bei den Ausschreibungen. Das kann man alles machen, lieber Herr Lippmann. Aber - entschuldigen Sie einmal - schauen Sie doch einmal irgendwo in dieser Welt hin - die Ressource „Lehrer“ ist begrenzt. Wir haben nicht genügend Lehrer. Die, die wir einstellen können, stellen wir ein. Wir machen Ausschreibungen. Ich bin bei Einzelfällen dabei. Die Einzelfälle, von denen Sie berichten, habe ich genauso. Darum kümmern wir uns. All das, was Sie hier anmahnen, ist bei uns auf einem guten Weg.

Sie zeichnen ein Zerrbild von den Dingen, die wir machen. Das ist Ihre Aufgabe, Sie müssen das nicht schön finden. Aber der Schule helfen Sie damit nun wirklich nicht.

(Zustimmung von Chris Schulenburg, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dank der Expertengruppe, der Arbeitsgruppe „Lehrkräftebedarf“, liegt seit Januar 2018 erstmals ein Bericht über den fachbezogenen und regionalen Bedarf vor. Das gehört auch zur Wirklichkeit. Die Planungsgrundlagen, gemäß denen wir in den letzten Jahren Bildungspolitik betrieben haben, waren nicht mehr aktuell. Das fängt bei Schülerzahlprognosen an, das fängt bei Bedarfen der Lehrerausbildung an, bei Fachlichkeit, bei Regionaltäten - all das haben wir in den Blick genommen.

Sie haben jetzt so süffisant gesagt, na ja, ihr macht jetzt ein paar komische Dinge, gebt viel Geld aus für - wie haben Sie es genannt? - die regionalen Anreize, die ich gesetzt habe. Sie haben das etwas

(Siegfried Borgwardt, CDU: Despektierlich!)

despektierlich formuliert. Sei‘s drum.

Kollege Knöchel hat mich in den letzten Haushaltsverhandlungen noch stark kritisiert, weil er der Meinung war, das sei eine Mogelpackung, weil wir das nur für Angestellte machen. Wenn Sie sich das Besoldungsgesetz anschauen, das gerade in der Mangel ist, dann sehen Sie, wir weiten es jetzt auf Beamte aus. Der Vorwurf, der damals künstlich konstruiert wurde, läuft auch hierbei wieder fehl.

Die Ergebnisse zeitigen doch Wirkung. Die Hälfte der Stellen an Schulen, die wir nicht haben besetzen können - wenn wir zweimal nicht besetzen können, dann bieten wir diese Prämien an -,

konnte besetzt werden. Das sind doch alles Zeichen. Lieber probiere ich etwas aus, anstatt nichts zu tun. Sie erklären mir immer, ich unternehme nichts, und wenn ich etwas unternehme, dann mache ich es falsch. Im Übrigen habe ich nicht den Eindruck, dass Sie wirklich andere Vorschläge haben.

Dann gehen wir einmal die anderen Punkte durch, die Sie genannt haben. Wir haben beim Einstellungsverfahren auf Onlinebewerbungen umgestellt. Ja, dieses Onlineverfahren hat ein paar Kinderkrankheiten. Das haben wir auch nie bestritten. Aber wir müssen diesen Weg gehen. Wir werden jetzt zum Beispiel dieses Portal so öffnen, dass man sich auch unabhängig von Bewerbungsrunden registrieren und Informationen bekommen kann. Wir werden auch regionalisierte Ausschreibungen zwischen den großen Ausschreibungsrunden machen.

Die ist nächste Fama. Warum machen wir keine Dauerausschreibung, liebe Kolleginnen und Kollegen? - Wir machen faktisch andauernd Ausschreibungen. Aber natürlich ist eine Ausschreibung erforderlich. Wenn wir verbeamten wollen - Thüringen und Sachsen gehen unseren Weg jetzt auch -, müssen wir am Ende eine Auswahl treffen. Ich muss am Ende ein Verfahren abschließen und nach Eignung, Leistung und Befähigung den besten Bewerber aussuchen. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Machen Sie mir einen Vorschlag, wie man das Beamtenrecht verändern kann, dann bin ich gern bereit, darüber nachzudenken. Dazu höre ich nichts von Ihnen, weil es nämlich nicht so einfach ist.

Schauen wir uns einmal die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst an. Dazu heißt es immer: Schließt Vorverträge ab. - Jeder, der sich mit dem Beamtenrecht ein bisschen auskennt, der weiß, dass es nicht so einfach ist, Vorverträge abzuschließen. Was machen wir also? - Wir nehmen die jungen Bewerber an die Hand. Wir fragen sie ab. Sie werden engmaschig - so nenne ich es einmal - begleitet. Nicht ich frage sie ab, sondern wir fragen sie ab, wohin sie wollen. Dann bekommen sie ein maßgeschneidertes Angebot.

Wir wollen für die Referendare gezielte, separate Ausschreibungen machen, in denen zielführend genau diese Dinge passieren. All das machen wir doch. Sie können das noch 20 Mal in Anträge schreiben; es ist einfach falsch, was Sie hier behaupten. Wir machen diese Dinge und Sie könnten sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

Der Punkt Mehrarbeit ist eine Baustelle, bei der ich freiwillig zugebe, dass wir Schwierigkeiten hatten, das zu administrieren.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Dreiminuten- debatte! - Zurufe von der AfD)

Auf der einen Seite hatten wir hochgelobte Flexi- und andere Erlasse - -

Herr Minister, Sie sind vier Minuten über der Zeit.

Okay. Dann muss ich mich jetzt ein bisschen strecken. Den Punkt bringe ich noch zu Ende. - Jetzt haben wir die Mehrarbeit auf den Weg gebracht. Was ist heute die Meldung von Ihrer Gewerkschaft? - Sie machen jetzt Mehrarbeit, aber viel zu spät.

(Zuruf von der LINKEN)

Natürlich kann man alles immer negativ sehen. Wir haben es auf den Weg gebracht. Wir werden es auch in den nächsten Jahren machen und dann haben wir das auch erledigt.

Die Teilzeitquote wollen wir anpassen. Im Hinblick auf die Qualität des Unterrichts, liebe Leute, gibt es eine Grenze. Nicht jeder, der mit Kindern arbeiten will, ist für den Unterricht geeignet. Dabei müssen wir auch ein paar Kriterien berücksichtigen. Die habe ich Ihnen genannt.

Als Letztes möchte ich Ihnen noch sagen: Ihre ganzen Ausführungen sind aus meiner Sicht von einem großen Manko geprägt. Weil Sie wie ein Trockenschwimmer vom Schwimmen reden, lade ich den Ausschuss oder auch Herrn Lippmann persönlich herzlich ein. Sehen Sie sich einmal im Landesschulamt an, wie das wirklich läuft. Ich glaube, wenn Sie sich das einmal vor Ort angeschaut hätten, dann würden Sie solche Anträge und solche Wortbeiträge wie heute ein Stück weit kritisch hinterfragen. Denn das, was Sie heute dartun, zeugt von vielen Dingen, aber nicht von einer Ahnung, wie Verwaltung funktioniert. Das muss man nicht schön finden. Aber wer nie in der Regierungsverantwortung war, kann nicht wissen, wie Verwaltung funktioniert. Deswegen lade ich Sie ein, sich das einmal anzusehen. Dann können wir in aller Ruhe darüber reden.

Das Zerrbild, das Sie hier zeichnen - ein Minister, der zu doof ist, der nicht handelt und der nichts auf die Reihe kriegt -, weise ich mit Abscheu, Empörung und allem, was ich habe, zurück. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Genau!)

Ich sehe keine Fragen. Ich danke Herrn Minister Tullner für die Ausführungen. Sie haben Ihre Redezeit um fast sechs Minuten überzogen. Aber was soll’s.

(Chris Schulenburg, CDU: Ist ja auch der Minister! - Zuruf von André Poggenburg, AfD)

Für die SPD spricht die Abg. Frau Prof. Dr. KolbJanssen. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gestehe zu: Als ich die Überschrift gelesen habe, habe ich auch gedacht: Okay, wieder ein Antrag zum Thema Unterrichtsversorgung. Aber nach dem Redebeitrag des Ministers würde ich sagen, dass wir es einfach einmal positiv sehen sollten. Wir haben im Rahmen der Debatte auch die Möglichkeit festzustellen, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren geschafft haben und was schon gut läuft.

Es gibt aber auch bestimmte Dinge, die im Landtag beschlossen wurden und nicht umgesetzt werden, worüber sich die Abgeordneten ärgern. Mir tut es wirklich um jeden Referendar leid, den wir hier im Land ausgebildet haben, der hier arbeiten will und den wir trotzdem nicht in den Schuldienst bekommen. Demgegenüber haben wir jede Menge freie Stellen. Das ist für mich ein Punkt, bei dem ich sage, dass wir einfach schauen müssen, woran das liegt, was die Stellschrauben sind und worin wir noch besser werden können.

(Robert Farle, AfD: An der Masseneinwan- derung liegt das!)

Wir sind manchmal schlicht viel zu langsam. Die Ausschreibung im April ist gekommen, als alle Bundesländer ringsherum schon ausgeschrieben hatten. Die jungen Menschen bewerben sich auch in den Bundesländern ringsherum, sodass wir oftmals das Nachsehen haben, und das gerade bei den Guten, die wir hierbehalten würden.

Ich möchte aber auch anerkennen, dass wir tatsächlich in den letzten zweieinhalb Jahren einiges geschafft haben. Es sind viele Lehrkräfte eingestellt worden. Ich finde - das sehe ich ganz anders als der Abg. Lippmann -, es ist ein Erfolg, dass wir als Koalitionsfraktionen in diesem Alternativantrag feststellen, dass bis Anfang 2019 14 500 Vollzeitäquivalente erreicht werden. Das ist wirklich ein Erfolg. Wir erkennen damit auch an - das steht nicht ausdrücklich in diesem Alternativantrag -, dass wir eigentlich noch mehr brauchen, weil wir wissen, dass diese Vollzeitäquivalente nicht ausreichen werden, um eine Unterrichtsversorgung von 103 % zu erreichen.

Wenn der Herr Minister die Oberstufenverordnung ändern will und die Leistungskurse in den Gymnasien einführt, dann wissen wir, dass wir dafür auch noch mehr Personal brauchen. Wir sind da

bei ihm und müssen überlegen, wo die Baustellen sind und wo wir tatsächlich noch etwas machen können.

Ich freue mich, dass sich beim Thema Mehrarbeit etwas tut. Ich würde mich freuen, wenn es auch im Hinblick auf die Lebensarbeitszeitkonten noch einmal ein Überdenken der bisherigen, etwas harten Haltung gibt. Ich denke, wir müssen uns insbesondere auch mit dem Thema Seiten- und Quereinsteiger beschäftigen.

Ja, wir wollen auch in Zukunft eine hohe Qualität. Aber wir wissen, dass wir allein mit den Absolventen die Stellen, die im nächsten Jahr zu besetzen sind, nicht werden besetzen können. Deswegen brauchen wir eine Willkommenskultur. Außerdem brauchen wir Angebote für die Kolleginnen und Kollegen, damit sie mit einer guten Perspektive die Möglichkeit haben, sich zu qualifizieren, was die didaktischen und pädagogischen Kenntnisse betrifft, aber auch, was das Studium eines zweiten Faches betrifft.

Ich bedanke mich bei den Koalitionsfraktionen für die gute Zusammenarbeit bei diesem Alternativantrag. Wie gesagt, möchte ich positiv denken und die Dinge angehen. Auch im Rahmen der Haushaltsberatungen werden wir uns noch einmal mit den Stellen beschäftigen. Positiv ist, dass beispielsweise im Landesschulamt jetzt die notwendigen Kolleginnen und Kollegen eingestellt werden können, damit das Mehr an Bewerbungsverfahren auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Deshalb werden wir dranbleiben und den Bildungsminister auch in Zukunft bei seiner nicht immer ganz leichten Aufgabe unterstützen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU, und von Wolfgang Aldag, GRÜNE)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. - Für die AfD spricht der Abg. Herr Schmidt. Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zehn Jahren waren die Schüler erfreut, wenn sie einmal wegen hoherTemperaturen Hitzefrei bekamen. Heute sind zumindest die Eltern erfreut, wenn in einer Woche einmal kein Unterrichtsausfall vorkommt. Die Verschlechterung der Unterrichtsversorgung haben wir jedoch nicht der aktuellen Regierung zu verdanken. Es sind die Versäumnisse der vorherigen Regierungen, die nun das Ministerium für Bildung und Kultur unter Druck setzen.

Nun soll die Regierung sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen. Dieser Forderung schließen wir uns mit Begeisterung an. Denn folglich müsste man, um Kräfte freizusetzen, auch Abstand von linken Projekten wie der Doppelbesetzung und der Inklusion im Allgemeinen nehmen.

(Zuruf von Angela Gorr, CDU)

Bisherige Maßnahmen wie die Änderung des Schulgesetzes, mit der es nun Seiteneinsteigern ermöglicht wird, einfacher und schneller in den Beruf des Lehrers zu kommen, zeigen erste Erfolge. Auch die Erhöhung der Zahl an Lehramtsstudenten von 880 auf 1 000 ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein weiter Schritt für eine bessere Lehrergewinnung ist aus unserer Sicht durch eine Verbesserung des Onlinebewerbungsportals möglich. Hierzu ist die Option einer Dauerausschreibung mit Dauerbewerbungen eine Chance, dieses attraktiver für potenzielle Bewerber zu gestalten.