Woran mag es liegen, dass Innenminister Stahlknecht so zynisch mit den Menschen in diesem Land umgeht, dass er Verbitterung und mangelndes Vertrauen in unseren Rechtsstaat als Folge seines Handelns so billigend in Kauf nimmt?
Einer der Gründe mag in der Antwort auf die Kleine Anfrage meiner Kolleginnen von Angern und Heiß liegen. Nur ein Viertel der Führungskräfte im Innenministerium kommt hier aus der Region. Da kann kein Verständnis, kein Verstehen für ostdeutsche Probleme und Befindlichkeiten aufkommen.
Wir fordern in unserem Antrag, dass die Landesregierung unverzüglich handelt, Rechtsfrieden herstellt und das Personal endlich aufstockt.
Da diese Zusicherung vom Innenministerium bereits vor einem Jahr gegeben wurde, sehen wir die notwendige Kontrolle durch Berichterstattung des Innenministeriums und des für Finanzen zuständigen Ministeriums im zuständigen Ausschuss für dringend erforderlich an.
Es liegen Alternativanträge von der AfD und den Koalitionsfraktionen vor. Dass die AfD nur einmal gucken will, was für eine schnellere Bearbeitung nötig sei, zeigt, dass sie das Problem einfach nicht verstanden hat.
In dem Antrag der Koalitionsfraktionen sehe ich dann wieder weniger Unterschiede zu unserem Antrag. Dass Sie die Landesregierung lieber bitten als auffordern, sei Ihnen geschenkt. Aber was mich interessieren würde, ist, was Sie als Unterschied zwischen unserem „unverzüglich“ und Ihrem „zügig“ sehen.
Unverzüglich heißt: ohne schuldhaftes Zögern. „Zügig“ heißt: schnell und ohne stoppen. Als Freunde der deutschen Sprache nehme ich an, wir meinen das Gleiche.
Ich bitte Sie daher, das in Ihren Debattenbeiträgen zu erläutern. Im Zweifel werde ich Sie im Anschluss danach fragen.
Es ist Zeit, Zeit für Klarheit für die alternden Antragstellerinnen und Antragsteller, dass ein gesetzlicher Anspruch, der durch die Rechtsprechung mehrfach bestätigt wurde, in einem Rechtsstaat auch in einer möglicherweise noch verbleibenden kurzen Lebensspanne durchsetzbar ist.
Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Knöchel für die Einbringung des Antrages. - In der Debatte sind drei Minuten Redezeit je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht der Minister Herr Stahlknecht. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sachsen-Anhalt ist neben Brandenburg übrigens das einzige Land, das die Zahlungen an ehemalige Angehörige der Deutschen Volkspolizei, der Feuerwehr und des Strafvollzugs der DDR anerkennt und ausführt.
Das Land Berlin erkennt lediglich das Verpflegungsgeld an, die anderen Sonderversorgungsträger, der Bund, Mecklenburg-Vorpommern,
Ehemalige Angehörige der Deutschen Volkspolizei, der Feuerwehr und des Strafvollzugs der ehemaligen DDR gehörten dem Sonderversorgungssystem des MdI an. Die Betreffenden erhielten Entgeltbescheide, die ihnen für die Zeit der Zugehörigkeit zu diesem Sonderversorgungssystem den jährlichen Bruttoverdienst bescheinigten. Ursprünglich hat kein Sonderversorgungsträger Verpflegungs- und Bekleidungsgeld als Arbeitsentgelt anerkannt.
Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 23. August 2007 erging zwar auf dem Gebiet der Zusatzversorgung und hatte Jahresendprämien als Klagegegenstand. Dennoch haben seither viele der ehemaligen Angehörigen des Sonderversor
In den folgenden Jahren entwickelte sich zur Anerkennung von Verpflegungs- und Bekleidungsgeld eine widersprüchliche Rechtsprechung. Erst mit dem Urteil des Landessozialgerichts vom 27. April 2017 wurde erstmals in einem Verfahren
zugunsten des Klägers entschieden, in dem der zuständige Sonderversorgungsträger des ehemaligen Volkspolizeiangehörigen das Land SachsenAnhalt ist.
Dieses Urteil wurde dann nach Zustellung und nach Prüfung umgehend umgesetzt und der Kläger hat unverzüglich seinen Änderungsbescheid erhalten. Zudem führte dieses Urteil zu einer Änderung der Rechtsauffassung.
Da die Anerkennung des Verpflegungs- und Bekleidungsgeldes zu einer Ausgabenerhöhung führte, war eine Abstimmung zunächst mit dem Finanzministerium erforderlich. Überdies war aus dem Gebot des partnerschaftlichen Miteinanders auch eine angemessene Information der anderen Sonderversorgungsträger nötig, denn das Land Sachsen-Anhalt trägt diese Ausgabenerhöhung, Herr Knöchel, eben nicht alleine.
Der Gesamterstattungsbetrag für die Sonderversorgung wird den neuen Bundesländern und Berlin nach dem Anteil der Bevölkerung - für Sachsen-Anhalt sind das derzeit 16,05 % - in Rechnung gestellt.
Insofern ist Ihre Behauptung, dass wir das nicht umgesetzt haben und zögerlich gemacht haben, gelinde gesagt, eine Frechheit.
Am 30. Oktober 2017 habe ich nach alledem die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord als zuständige Behörde unverzüglich angewiesen, das Verpflegungs- und Bekleidungsentgelt als Arbeitsentgelt anzuerkennen. Seither wurde und wird laufend um geeignete Bedienstete unter dem vorhandenen Personal geworben, um die gestellten Überprüfungsanträge abarbeiten zu können. Bedingt durch die derzeitige Personalsituation ist dies jedoch schwierig.
Gleichwohl stehen der Polizeidirektion neben den bisherigen drei Bediensteten inzwischen fünf weitere Bedienstete zur Abarbeitung der Überprüfungsanträge zur Verfügung, sodass wir insgesamt acht Mitarbeiter ausschließlich für diese Arbeit eingesetzt haben. Von den bisher gestellten 5 187 Anträgen sind immerhin 1 102 zum Stand September dieses Jahres abgearbeitet worden. Da wir das Personal bereits erhöht haben, wird das auch weiterhin zügig abgearbeitet werden.
Daran sehen Sie, dass wir zunächst das Urteil abgewartet haben, dass wir dann die entsprechenden Gespräche geführt haben. Das geht eben nicht über Nacht, das geht nicht wie Deus ex Machina, aber wir haben unverzüglich das Erforderliche umgesetzt.
Herr Knöchel, wenn ich das vorhin richtig gehört haben, haben Sie den Mitarbeitern meines Ministeriums unterstellt, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sie hier nicht geboren seien, diejenigen, die hier geboren seien, schlechter stellten. Ich möchte Sie bitten, wenn ich das richtig gehört habe, das nachher richtigzustellen, weil ich das als eine Globalbeleidigung gegenüber ehrlich mitarbeitenden Kolleginnen und Kollegen meines Hauses empfinde. - Vielen Dank.
Herr Minister, Herr Knöchel hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Knöchel, dann haben Sie jetzt das Wort.
Eigentlich habe ich eine Frage, aber um auf Ihre Nachfrage gleich einzugehen: Ich habe von mangelnder Sensibilität für dieses Thema gesprochen. Das lässt sich wahrscheinlich nur darauf zurückführen.
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie acht Mitarbeiterinnen einsetzen? Ich habe vorhin vorgerechnet: Fünf Anträge werden seit Ihrem Erlass pro Tag bearbeitet. Das heißt, pro Tag wird nicht einmal ein Antrag pro Mitarbeiter bearbeitet. Ich war von den dreien ausgegangen, die öffentlich waren. Sie sagen, es seien acht. Das heißt, es wird pro Tag nicht einmal ein Antrag pro Mitarbeiter bearbeitet. Das heißt ferner, die voraussichtliche Bearbeitungszeit wird wirklich bis 2027 dauern. - Das ist Frage 1.
Frage 2: Was meinten Sie mit Abstimmung mit anderen Bundesländern? Wie hat sich das Land Sachsen-Anhalt damals verhalten, als das Land Brandenburg aus dieser Rechtsverweigerung ausgeschieden ist? Das würde mich auch interessieren.
Vorgänger im Amt richtigerweise damals nicht blind der Entscheidung Brandenburgs gefolgt, weil es dort unterschiedliche Rechtsauffassungen gab. Das habe ich Ihnen gesagt; insofern war das streitbefangen. Es gab eine Befassung des Bundesgerichts. Dies und die Entscheidung vom Mai letzten Jahres, die zugrunde lag, haben dazu geführt, dass es eine gefestigte Rechtsauffassung und Rechtsprechung gab, die dann unverzüglich umgesetzt worden ist. Insofern ist das Erforderliche getan worden.
Zu Ihren Rechenbeispielen, wer wie viele Anträge pro Minute bearbeitet: Wenn Sie meinen, solche Spielereien noch am Donnerstagabend machen zu müssen, dann tun Sie das. Wir werden die Anträge mit den acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wir haben, unverzüglich abarbeiten. Wenn es noch weitere Möglichkeiten gibt, wenn uns der Landesgesetzgeber in seiner unendlichen Güte noch weitere Möglichkeiten zur Verfügung stellt, um weitere Mitarbeiter zumindest befristet einzustellen, dann werden wir die Anträge auch noch zügiger abarbeiten.
Herr Minister, es gibt noch eine weitere Frage von Frau Bahlmann. - Frau Bahlmann, Sie haben das Wort.
Herr Minister, ich möchte Sie gerne fragen, wie lange Sie gedenken, mit diesen acht Mitarbeitern die gesamte Anzahl der Anträge bearbeitet zu haben. Wenn Sie sagen, dass das Spielereien von Herrn Knöchel sind, dann meine ich, es ist schon eine berechtigte Frage, bis wann 5 000 Anträge beantwortet werden sollen. Denn irgendwann ist die Zeit zu Ende, die die Leute haben.
Ich habe das doch eben ausgeführt. Wir haben die Zahl der Mitarbeiter in der Zeit von drei auf mittlerweile acht erhöht. Dadurch wird sich dieses weitere Verfahren beschleunigen und die Mitarbeiter werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten so schnell als möglich diese Dinge abarbeiten.
Wenn wir dort weiteres Personal einsetzen sollen, um das zu beschleunigen, dann habe ich die herzliche Bitte, dass wir befristet weitere einstellen können, dass der entsprechende Beschluss im Haushaltsgesetzgebungsverfahren getroffen wird, weil die Regelung im Augenblick so ist, dass das auf die Vollzeitäquivalente angerechnet wird, wenn wir befristet einstellen. Das würde sozusagen im Rahmen dessen, was uns vorgegeben wird, nicht gehen.