men. Das wird den Kindern einfach übergestülpt, ohne genau zu prüfen, ob dies das Optimum der Bildung bzw. des Bildungsstandes ist, ob das für die Kinder gut ist oder nicht.
Das meine ich damit. Das heißt, man sollte stets prüfen, nach welchem System die einzelnen Schulen arbeiten, zum Beispiel nach dem Schweizer System. Dann sollte man darüber befinden, ob das wirklich die bestmögliche Bildung für die Kinder ist. Das sollte man nicht vergessen.
Lieber Kollege Lieschke, jetzt habe ich die Gelegenheit, noch das zu sagen, was ich eigentlich sagen wollte. Vielen Dank dafür.
Es gibt ja die Methode “Schreiben durch Hören“, auf die im Moment viele Debatten fokussiert sind. Dabei gibt es in den Ländern für mich überraschende politische Konstellationen. Ich denke zum Beispiel an die Kollegin Ernst in Brandenburg, an den Kollegen Rabe in Hamburg oder an die Kollegin Eisenmann in Baden-Württemberg, die bestimmte Methoden verboten haben, weil sie nicht akzeptiert werden.
Als ich in unserem Land der für Schulen zuständige Minister wurde, habe ich zunächst gedacht, es seien nur ganz wenige Schulen. Aber mittlerweile habe ich die konkreten Zahlen, weil wir diese einmal abgefragt haben. Wir haben im Land 18 Schulen, die die reine Methode anwenden, und 69, die Mischformen anwenden. An der darüber geführten Diskussion werde ich mich auch beteiligen, denn wir haben auch die Studie der Universität Bonn vor Augen gehabt. Ich möchte nicht den Oberlehrer der Nation mimen und mal eben grobkörnig bestimmte Methoden verbieten, ohne geprüft zu haben, was sich dahinter verbirgt. Wir sollten auf jeden Fall die Debatte darüber führen, dass es Lehrmethoden gibt, die sowohl die Akzeptanz der Eltern finden als auch Lernerfolge aufweisen.
Diese Debatte sollten wir fundiert und sorgfältig führen; denn wenn wir anfangen, hier herumzupfuschen und Methoden vorzuschreiben oder abzuschreiben, dann kommen wir, wenn wir dieses Thema erst einmal aufmachen, an bestimmten Stellen schnell an ganz kurzes Gras. Die Debatte darüber will ich auch deshalb ausführlich führen, weil es Belege dafür gibt, dass diese Methode
kritisch zu hinterfragen ist. Darüber wird es dann später auch eine Entscheidung geben. Ich halte aber nichts davon, mal eben handkantenmäßig davon zu träumen, Einheitsmethoden und Einheitsschulen würden uns helfen, die Schule voranzubringen.
Herr Minister, Sie haben schon Besseres abgeliefert. Ihr Bezug auf 1989/1990 wird zum Bumerang, denn die friedliche Revolution hat sich gegen vieles gerichtet, aber ganz sicher nicht gegen das DDR-Schulwesen.
Es war sogar so: Ich habe 2000 in Leipzig studiert und mich mit Dozenten unterhalten. Die Hochschuldozenten meinten damals alle, dass man in den Jahren nach 1990 ganz klar sehen konnte, ob ein junger Student aus dem Westen oder aus dem Osten kam. Die aus dem Osten waren einfach besser. Das muss man auch anerkennen. Das erkenne auch ich als Wahl-Ossi an. Vom DDRSchulsystem können wir alle noch etwas lernen. - Das zum Ersten.
Zum Zweiten: Sie kamen mit der bösen Vokabel „Gleichschaltung“, und ich hatte schon Angst, dass es nun wieder in eine ganz schlimme Richtung geht. Sie haben dies auf die DDR beschränkt - gut, das sei Ihnen angerechnet. Aber ich will Ihnen jetzt einmal Folgendes sagen: Ihre Parteifreundin Annette Schavan hat noch 2010 - so lange ist dies also noch gar nicht her - eine bundesweite Vereinheitlichung aller Schulbücher gefordert. Eine bundesweite Vereinheitlichung! Das geht schon sehr weit und übertrifft das, was wir wollen, sehr stark; denn wir wollen nur innerhalb eines Landes vereinheitlichen.
Damals hat übrigens Ihr Amtsvorgänger, ein gewisser Herr Olbertz, Kultusminister unter Böhmer, Annette Schavan beigepflichtet und gemeint, wir müssten landesweit vereinheitlichen. Nun frage ich Sie: Wie passt es zusammen, dass Sie hier jetzt das Hohelied der Vielfalt und Pluralität singen und meinen, wir könnten nicht einmal innerhalb eines Landes vereinheitlichen, während wenige Jahre zuvor Ihr Vorgänger im Amt - er war zwar parteilos, aber in der CDU-Regierung - meinte, wir müssten bundesweit vereinheitlichen. Darauf
Mein lieber Kollege Tillschneider, Sie reizen einen zu Koreferaten. Ich versuche einmal, mich auf wenige Sätze zu beschränken, weil ich die Präsidentin hinter mir weiß, die anderenfalls mahnend eingreift.
Der erste Punkt ist dieser: Wenn wir über Vereinheitlichung oder über mehr Vergleichbarkeit sprechen, dann nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass sich seit 2010 in dieser Beziehung doch einiges getan hat. Ich glaube, das ist der Punkt, auf den die beiden Kollegen hingewiesen haben. Ich kenne jetzt die Zusammenhänge der Zitate nicht, die Sie verwendet haben.
Die so arg gescholtene Kultusministerkonferenz hat sich, was Abiturstandards und kompetenzorientierte Lehrpläne betrifft, wirklich auf den Weg gemacht. Noch bis vor einigen Jahren war es, wie ich neulich gehört habe, noch nicht einmal möglich, dass zum Beispiel ein Lehrer aus Bayern in Thüringen arbeitet. Solche Debatten haben wir geführt. Insoweit hat sich in den letzten Jahren viel bewegt.
Wenn ich mir ein weißes Blatt Papier vorstelle und mir ein Schulsystem ausdenke, wie ich es gern hätte, dann würde ich nicht auf das heutige kommen. Aber wir wissen auch, dass diese großen, radikalen Reformen regelmäßig steckenbleiben. Wir müssen das System sozusagen aus sich selbst heraus verbessern. Dies tun wir beständig, und wir sind dabei besser, als Sie denken. Dabei kann man hier und da auch immer noch besser werden; das ist keine Frage.
Aber jetzt sozusagen den radikalen Wurf einzufordern, das bringt mich zu der Frage: Wo wollen Sie dies denn hinbekommen? In Bayern sicher nicht, weil Bayern null Verständnis dafür hat, ein Schulsystem zu verändern, das sich aus bayerischer Sicht seit dem Wiener Kongress beständig und standardisiert fortentwickelt hat. Das wollen die nicht.
Baden-Württemberg will dies auch nicht. BadenWürttemberg ist bei der Verfassungsänderung auf dem Weg und wird sich dezidiert nicht daran be
teiligen, weil es am Bildungsföderalismus festhält und den Bund aus seinen Angelegenheiten heraushalten will. Solange wir das nicht hinbekommen, können wir diese Debatte hier 20-, 30-, 40- oder 50-mal führen; wir werden das System Schule nicht verbessern. Ich aber will das System Schule verbessern. Deshalb lassen Sie uns die konkreten Schritte angehen und nicht von solchen Dingen fabulieren, die am Ende Hoffnungen wecken, die niemand erfüllen kann.
Der zweite Punkt, Kollege Tillschneider: Wenn Sie ein Hohelied auf das DDR-Schulsystem singen, dann muss ich eines sagen: Das mag ja bei der Stoffvermittlung und bestimmten anderen Aspekten seine Vorteile gehabt haben. Aber wenn man sich daran erinnert, nach welchen Kriterien entschieden wurde, wer Abitur machen durfte,
wie entschieden wurde, wie es denen ergeht, die sich nicht an diese Uniformität angepasst haben, die Sie ja ein Stück weit propagieren, dann würde ich mit solchen Beispielen sehr, sehr vorsichtig sein.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe aus den Fraktionen keine Fragen mehr. - Wir steigen nunmehr in die Dreiminutendebatte der Fraktionen ein. Für die SPD-Fraktion wird die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen die erste Rednerin sein.
- Sie verzichten auch, okay. - Dann hat für die AfD-Fraktion Herr Dr. Tillschneider noch einmal das Wort. Bitte.
Was soll man dazu sagen? Das ist mal wieder ein Armutszeugnis für die politische Kultur in diesem Haus: Nachdem eben auch Minister Tullner meinte, die Frage sei durchaus kontrovers, man könne darüber diskutieren, verweigern Sie einfach die Diskussion. Das spricht für sich, und die Bürger werden es bei der nächsten Wahl honorieren; dessen bin ich mir ganz sicher.
Das haben wir uns ja nicht ausgedacht. Ich sagte zu Beginn meiner Rede, das ist ein TOP aus den Bürgerdialogen. In wirklich jedem Bürgerdialog - und wir führen in unserer Fraktion viele durch; Sie nicht, aber wir suchen das Gespräch mit den Bürgern - kommt immer wieder die Frage auf: Weshalb ist das so? Weshalb hat die Sekundarschule in Halle in der Jahrgangsstufe 7 ein anderes Mathematiklehrbuch als jene in Magdeburg? Die Bürger wollen das nicht. Wir haben diesen Einwand aufgenommen, haben uns damit auseinandergesetzt und daraus einen Antrag gemacht, und Sie honorieren das mit Ignoranz. Das kommt zurück, das garantiere ich Ihnen. - Das zum Ersten.
Zum Zweiten möchte ich noch kurz etwas zu dem Denkfehler sagen, der hier durch die Debatte schwirrt und dem auch der Herr Minister ganz klar erlegen ist. Dieser Denkfehler betrifft den Unsinn mit der Zieldifferenz, dass ich keinen Maßstab habe, dem sich die Schüler anpassen müssen, den sie erreichen müssen - dem einen macht es halt mehr Mühe, dem anderen weniger -, also die Vorstellung, dass man die Maßstäbe anpassen muss, wenn ich eine sechste Klasse in derselben Schulform und in derselben Jahrgangsstufe in einem schwächeren Kontext habe, dass man glaubt, dann müssten andere Lehrbücher als woanders verwendet werden. Nein, gelten muss ein Maßstab für alle, und alle müssen sich bemühen, diesen zu erreichen. Zielgleichheit - das ist das pädagogische Konzept.