Protokoll der Sitzung vom 03.06.2016

Mit beiden Punkten wollen wir die Einhaltung von Sozialstandards für die Tarifentlohnung oder die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen im Fördersystem weiterhin verankert wissen.

Um Fachkräfte im Land zu halten, bedarf es neben tariflicher Bezahlung auch moderner Arbeitszeitmodelle, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sicherzustellen. Besonders jungen Frauen soll ein Berufseinstieg erleichtert werden. Ein Ansatz dafür ist die Einführung eines Landesqualitätssiegels „Familienfreundlicher Betrieb“. Wichtig ist aber auch die bezahlbare Kinderbetreuung, die

wir hier bereits debattiert haben, um eine finanzielle Entlastung zu sichern.

Damit Landkreise und kreisfreie Städte in eigener Verantwortung im Rahmen ihrer Entwicklungskonzeptionen Maßnahmen wie Projekte umsetzen können, soll das Instrument der Regionalbudgets zur Stärkung der Regionalentwicklung zukünftig verstärkt genutzt werden.

Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsfraktionen darauf verständigt, einen der Schwerpunkte der Wirtschaftsförderung auf die Stärkung des Gründergeistes zu legen. Dies ist nach meiner Meinung auch dringend notwendig. Wir haben hier vom Gründerklima geredet. Im KFW-Gründungsmonitor 2015 belegt Sachsen-Anhalt einen enttäuschenden letzten Platz. Dies zeigt klar auf, wo die Landesregierung den Hebel ansetzen muss.

Für mich ist dieser Ansatz auch eine Lehre aus dem IBG-Skandal, bei dem mit Risikokapital für Innovationen Firmen gefördert wurden, die wenig innovativ waren und nicht dem eigentlichen Förderziel entsprachen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Menschen, die mutig den Schritt in die Selbstständigkeit gehen, verdienen unsere Unterstützung. Dazu gehört neben der Bereitstellung von zum Beispiel Risikokapital auch die Begleitung und Stärkung von Gründungen gerade im Umfeld unserer Hochschulen.

Gründungsklima bedeutet Mut aufseiten der Gründer, den Schritt zu wagen, und aufseiten der Politik, etwas zu unterstützen, was eben auch scheitern kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Davor sollten wir dann keine Angst haben.

Ebenso nötig ist ein Technologietransfer von den Hochschulen zur Wirtschaft. Die Wirtschaftsförderung kann als Mittler fungieren und auch finanzielle Brücken schlagen.

Wir streben eine mittel- und langfristige Strategie für Risikokapitalausgaben an, die der parlamentarischen Kontrolle unterliegen muss. Auch das ist eine Lehre aus dem IBG-Untersuchungsausschuss.

Des Weiteren sollen die zukunftsträchtigen Energie-, Umwelt- und Effizienztechniken bei Forschung, Entwicklung und Markteinführung besonders bedacht werden.

Sachsen-Anhalt liegt beim Wirtschaftswachstum bundesweit leider an vorletzter Stelle. Zuletzt betrug das Plus lediglich 0,1 %, während der Bundesdurchschnitt bei 1,7 % lag. Damit wird deutlich, dass wir beim Wirtschaftswachstum ein zartes Pflänzchen umsorgen.

Dazu gehört es auch, für die elementaren Grundlagen zu sorgen und dafür vor allen Dingen auch Geld in die Hand zu nehmen. Für eine florierende Wirtschaft bedarf es auch guter Bildung, guter Hochschulen und guter Wissenschaft. Der künftige Erfolg unseres Landes hängt mithin ganz wesentlich am Erfolg der Bildung in unserem Land.

Auch Ausbildungsplätze sind ein Problem, und zwar anders, als es in der Vergangenheit war. Nach Angaben der Arbeitsagentur konnte bisher von zuletzt etwa 10 000 gemeldeten Ausbildungsplätzen mehr als die Hälfte nicht besetzt werden. Bei der Handwerkskammer Halle beispielsweise sind mehr als 500 freie Ausbildungsplätze gerade in deren Ausbildungsplatzbörse zu besetzen.

Bis zum im Herbst startenden Ausbildungsbeginn wird sich noch einiges bewegen. In einigen Branchen werden aber Lücken bleiben. Auch dies behindert die wirtschaftliche Entfaltung der Unternehmen im Land. Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe, Menschen, die zu uns kommen, schnell in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Je eher wir Migrantinnen und Migranten diesen Zugang eröffnen, umso eher werden sie am wirtschaftlichen Erfolg in Sachsen-Anhalt mitarbeiten können.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Die gestrigen Ausführungen zur Bedeutung der Migration für unser Bundesland, die eben auch Chancen eröffnet, möchte ich auch im Rahmen der Debatte über die künftige Wirtschaftspolitik unterstreichen. Die Reform der Wirtschaftsförderung wird - der Minister hat es ausgeführt - gerade erarbeitet. Wir sollten, ja wir müssen uns als Wirtschaftsausschuss an dieser Erarbeitung beteiligen.

Sich jetzt konstruktiv am Diskurs über den besten Weg zu beteiligen, ist das, was wir brauchen. Deswegen plädieren auch wir für eine Überweisung an den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. - Für die SPDFraktion spricht Herr Abg. Hövelmann. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Für die Gemeinde, für den Altmarkkreis Salzwedel und für das Land ist die unternehmerische Entscheidung eine schlechte Entscheidung. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die unternehmerische Entscheidung eine schlechte Entscheidung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen des Betriebsrats, ich darf Ihnen versichern, dass wir, dass dieses Parlament auch die Interessen der Beschäftigten in Ihrem Unternehmen, in dem Sie für die Arbeitnehmerrinnen und Arbeitnehmer Verantwortung tragen, im Blick haben und dass wir solidarisch mit ihnen sind.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Ich darf Ihnen im Interesse der Beschäftigten viel Erfolg wünschen bei allen Anstrengungen, die Sie im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unternehmen in Anwendung des Gesetzes, das die Regelung der Tätigkeit von Betriebsräten in Deutschland anbelangt, des Betriebsverfassungsgesetzes

Ich darf den Kolleginnen und Kollegen auch sagen: Nutzen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen das deutsche Arbeitsrecht bietet, um Ihre Interessen zu vertreten!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immekath ist ein wichtiger Industriestandort im Altmarkkreis Salzwedel. Der Verlust von 500 Arbeitsplätzen ist für 500 Familien der Weg in eine ungewisse, sorgenvolle Zukunft.

Es ist in der Region wie leider in vielen anderen Regionen auch - die Altmark ist dabei keine Besonderheit - schwierig, schnell alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden. Deshalb fordern wir die Bildung einer Transfergesellschaft, um die Kolleginnen und Kollegen auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region vorzubereiten und um ihnen den Weg in andere Beschäftigungen zu ermöglichen.

Für die Stadt Klötze bedeutet die unternehmerische Entscheidung einen Steuerausfall in Höhe von 400 000 €. Wer kommunalpolitisch aktiv ist, der weiß, was das für einen gemeindlichen Haushalt bedeutet. Es bedeutet für die Menschen in der Region neben dem Verlust von Arbeitsplätzen durch eigene Betroffenheit oder in der Familie, in der Bekanntschaft und Verwandtschaft oder unter Freunden die Sorge vor steigenden Gebühren aufgrund des Wegfalls des größten Wasserverbrauchers in der Region.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Unternehmen sind zu allererst den Interessen ihres jeweiligen Eigentümers verpflichtet. Aber Unternehmen haben auch, zumal in einer sozialen Marktwirtschaft, eine soziale und eine regionale Verantwortung. Insbesondere dann, wenn ein Unternehmen über Jahre die Wertschöpfung in der Region und aus der Region gezogen hat, hat es eine besondere Pflicht, der Region etwas zurückzugeben.

Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind den Eigentümern der eingesetzten Steuergelder verpflichtet, das heißt den Bürgerinnen und Bürgern des Landes Sachsen-Anhalt.

Durch die öffentlich geförderte Investition in Eisleben wurde die Schließung in Immekath erst möglich gemacht oder zumindest gefördert. Eine Kommune freut sich, eine andere bezahlt dafür. Das müssen wir ändern.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Wenn es darum geht, das zu ändern, dann stellt sich auch die Frage, wie. Es ist richtig, dass man zum Zeitpunkt von zugesagten Fördermitteln nicht - jedenfalls in der Regel nicht - erkennen kann, dass ein Unternehmen nach fünf Jahren, nach zehn Jahren oder wann auch immer eine unternehmerische Entscheidung trifft mit solchen Auswirkungen. Wir können mit den Möglichkeiten, die wir in der Förderpolitik unseres Landes haben, aber dennoch dafür Sorge tragen, dass falsche Anreize beseitigt werden.

Ist schon der Wettbewerb unter den Ländern bei der Ansiedlung von Unternehmen durch die Höhe von Fördermitteln zu hinterfragen - jedem fällt dazu sofort ein Beispiel ein -, so ist es doch innerhalb des Landes noch viel schlimmer. Mag es im Einzelfall vertretbar sein, dass ein Standort an anderer Stelle die Produktion übernimmt und dies auch mit öffentlicher Förderung realisieren kann, so ist es dennoch, jedenfalls dann, wenn es den Verlust von Arbeitsplätzen für das Land insgesamt bedeutet, einfach falsch.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Für uns als SPD steht bei der Wirtschaftsförderung, insbesondere der GRW-Förderung, als gesetzt fest: Das Vorhandensein von Tarifverträgen muss ein gewichtiger Faktor bei der Bestimmung der Fördersumme sein. Soziale und ökologische Kriterien sind wesentliche Bestandteile, um unsere Wirtschaftsförderung nachhaltig auszurichten.

Wer betriebliche Mitbestimmung verhindert, der darf nicht mehr mit öffentlichen Zuschüssen bedacht werden.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die Erfahrungen der letzten Jahre und Monate haben gezeigt, Geschäftsmodelle, die durch eine hohe Leiharbeitsquote oder eine große Anzahl von Minijobs nicht zur nachhaltigen Steigerung der Wertschöpfung im Land beitragen, müssen von der Vergabe von Wirtschaftsfördermitteln ausgeschlossen werden.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Genauso, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss verhindert werden, dass Wirtschaftsfördermittel zur Verlagerung von Produktionsstätten im Land missbraucht werden.

(Zustimmung von Andreas Höppner, DIE LINKE)

Es gilt, bei weniger werdenden öffentlichen Mitteln - auch das ist etwas, dessen wir uns bewusst sein müssen, wenn wir einen Blick auf die Haushaltslage des Landes Sachsen-Anhalt werfen - dennoch die Wirtschaftsstruktur und die Infrastruktur in unserem Land zu stärken. Deshalb brauchen wir klare Vorgaben der Landesregierung, aber wir brauchen auch klare Ziele der politisch Verantwortlichen - also, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von uns -, wo die Reise hingehen soll.

Ich möchte nicht verhehlen, dass wir auch in der jetzt neu gestarteten Koalition bei diesem Thema durchaus noch intensiven Gesprächsbedarf haben. Sowohl in der Abstimmung zu diesem Antrag als auch in den Verhandlungen zur Bildung der Koalition - diejenigen, die dabei waren, wissen: das war ein gewichtiges Thema. Das zeigt, dass wir uns noch miteinander verständigen müssen.

Nach den Informationen, die Minister Felgner vorhin gegeben hat, plant die Landesregierung für den Herbst dieses Jahres auch aufgrund der Geschehnisse um Fricopan, die GRW-Richtlinie zu überarbeiten. Aus meiner Sicht - dabei will ich Herrn Minister Felgner ausdrücklich Unterstützung anbieten - geht hierbei Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Daher wollen auch wir über den Antrag im Wirtschaftsausschuss diskutieren und werden wir für die Überweisung stimmen.

Ich darf persönlich noch eine Bitte oder eine Erwartungshaltung an die Landesregierung richten, auch in Kenntnis der Überarbeitung der GRWRichtlinie in der letzten Legislaturperiode: Herr Minister, bitte beziehen Sie den Landtag und den zuständigen Fachausschuss bei der Überarbeitung der GRW-Richtlinie frühzeitig ein. Wir sagen Ihnen unsere fachliche - soweit das gewünscht ist - und natürlich auch unsere politische Unterstützung zu. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Abg. Hövelmann. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Begrüßen wir gemeinsam und recht herzlich Schülerinnen und Schü

ler des Dr.-Förster-Gymnasiums aus Haldensleben.