Ihr Argument ist ja, dass sozusagen das Gehalt im Handwerk oder generell bei den Ausbildungen zu niedrig ist und dass deshalb viele junge Menschen die Ausbildung abbrechen und etwas anderes machen. Ich habe explizit gefragt: Was ist denn eigentlich die Motivation zu studieren, wenn ich im ersten, zweiten, dritten, bis zum sechsten oder zehnten Semester gar keine Vergütung bekomme? - Das verstehe ich nicht so richtig.
Herr Kollege Philipp, ich habe ja nicht ein Studium, was die materiellen Dinge angeht, mit einer Ausbildung verglichen. Natürlich kann ein Student auch Bafög bekommen. Natürlich hat er auch Kosten. Oft wird er auch von den Eltern unterstützt.
Aber wir haben die Situation, dass immer weniger junge Menschen zum Beispiel einen handwerklich geprägten Beruf nachfragen. Der Abbruch hat oft auch damit etwas zu tun, dass die Ausbildungsbedingungen schlecht sind, dass es schlechte Ausbildungsvergütungen gibt.
Im Übrigen haben das auch die Koalitionspartner auf der Bundesebene erkannt und deshalb in der Koalitionsvereinbarung verankert, dass es eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung geben soll.
Herr Steppuhn, Herr Dr. Tillschneider hat sich noch zu Wort gemeldet. - Herr Dr. Tillschneider, Sie haben das Wort.
Herr Steppuhn, Sie haben André Poggenburg nicht richtig zugehört und ihm unterstellt, er wäre für die Prügelstrafe. Sie haben es auch noch zugegeben und sind stolz darauf.
Jetzt frage ich Sie: Wie ist das in Einklang zu bringen mit der Forderung vor einigen Stunden hier im Plenum nach einer besseren Debattenkultur und danach, dass man einander zuhört?
Wenn Sie genau zugehört haben, Herr Dr. Tillschneider, dann wissen Sie, dass ich davon gesprochen habe, dass die Zeiten, in den man Lehrlinge mit Hieben bearbeitet hat, vorbei sind. Damit habe ich niemanden persönlich angesprochen.
Herr Steppuhn, ich habe Ihren Ausführungen sehr aufmerksam zugehört. Wie Sie wissen, bin ich viele Jahre gemeinsam mit meinem Bruder selbstständig gewesen. Wir haben auch viele Jahre Lehrlinge ausgebildet.
Sie haben über das Ausbilden von Lehrlingen referiert. Wie viele Lehrlinge konkret haben Sie in Ihrem Leben ausgebildet bzw. in Ihrem eigenen Unternehmen und darüber nachgedacht, dass Sie am Monatsende für die Bediensteten das Geld da haben müssen, dass für die Lehrlinge die Bedingungen klar sein müssen und dass Sie letztendlich auch eine Verantwortung haben, damit sie ihre Lehre schaffen?
Darauf will ich gern eingehen. Ich habe ja in meinem Berufsleben schon an vielen Stellen gearbeitet. Überall dort, wo ich gearbeitet habe, ist auch ausgebildet worden.
Ich bin übrigens gelernter Stahlbetonbauer. Ich habe zehn Jahre lang selbst auf der Baustelle gearbeitet. In dieser Zeit ist sehr viel ausgebildet worden.
Ich habe sogar in der Zeit, als ich im Deutschen Bundestag war, einen Auszubildenden gehabt, der dort über drei Jahre die Berufsausbildung in meinem Wahlkreisbüro gemacht hat.
- Das geht, in meinem Wahlkreisbüro. Wenn man dort einen Ausbildungsberechtigten hat, dann kann man auch Berufsausbildung betreiben.
Nur deshalb, dass wir es für das Protokoll richtigstellen. - Ausbildungsberechtigt sind Sie, wenn Sie die entsprechende Qualifikation dafür haben. Im Handwerk ist es es Handwerksmeister. Anderswo ist es der Industriemeister, den wir früher hatten. Das spricht für sich selbst.
Nein, damit liegen Sie falsch. Ich habe seinerzeit keine Handwerker ausgebildet. Aber in meinem Wahlkreisbüro habe ich einen Mitarbeiter gehabt, der die Ausbildung hatte, zum Beispiel einen Bürokaufmann auszubilden. Das hat gereicht, weil er die Ausbildungsbefähigung hatte, einen Auszubildenden zu beschäftigen. Dieser Auszubildende hat die Ausbildung erfolgreich bestanden.
Ja, zu Herrn Poggenburg, weil das angesprochen wurde. - Ich habe Herrn Poggenburg als Redner angesprochen. Meine Aussage war aber allgemein zu verstehen. - Danke.
Bevor wir in der Debatte fortfahren, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, Damen und Herren des Landesseniorenvereins Salzwedel in unserem Hohen Haus begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen!
Vielen Dank, Herr Vizepräsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorliegende Beschlussempfehlung bezieht sich auf den Antrag mit der Überschrift „Ausbildungsabbrüche in SachsenAnhalt reduzieren“, den wir vor zwei Jahren und zwei Monaten gestellt haben. Damit ist er uralt und doch brandaktuell. Das erläutere ich Ihnen an zwei Punkten.
Erstens. Unter Punkt 3 der Beschlussempfehlung geht es um Berufsorientierung an allen Schulen des Landes. Die Fachleute sind sich darin einig, dass im Sekundarschulbereich I schon viel getan wird und mit dem Beschluss zur Weiterentwicklung von Brafo der richtige Weg beschritten wird.
Aber im Sekundarschulbereich II herrscht immer noch Stillstand. Wenn sich die Gymnasien nicht selbst um berufsorientierende Angebote kümmern würden, bliebe es bei einem einzigen zweiwöchigen Praktikum in zwölf Jahren Schulzeit.
Zweitens. Gerade letzten Montag - Herr Steppuhn hat es schon angesprochen - hat der DGB den ersten Ausbildungsreport für Sachsen-Anhalt vorgestellt. Sechs der abgefragten elf Punkte zeigen deutliche Verstöße der Ausbildungsbetriebe gegen das Berufsbildungsgesetz oder die Handwerksordnung.
Die Betriebe, die ihre Auszubildenden so behandeln, haben offensichtlich immer noch nicht begriffen, woher die Fachkräfte von morgen eigentlich kommen.
Die zuständigen Stellen müssen dem entgegenwirken und bei solchen Verstößen gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz, das Berufsbildungsgesetz oder die Handwerksordnung den betreffenden Betrieben die Ausbildungsberechtigung entziehen. Nur so wird es weniger Ausbildungsabbrüche und mehr Fachkräfte geben.
Wir stimmen der Beschlussempfehlung selbstverständlich zu und danken denen, die in den Ausschüssen konstruktiv mitgewirkt haben. - Vielen Dank.