Bisher haben es die Koalitionsfraktionen nur bei einer Ankündigung belassen. Man könnte versucht sein, sich darauf zu verlassen, dass sie in dieser Legislaturperiode zur Hortüberführung
ohnehin nichts mehr zustande bringen. Dann würde einfach alles so bleiben, wie es jetzt ist, und dann wäre zumindest das mit den Nebenwirkungen erledigt.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das wollen wir nicht; denn das Thema der Schulhorte hat eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung. Wir wollen, dass dieses Thema bearbeitet wird und dass uns durch die Landesregierung ein seriöses Konzept vorgelegt wird.
Die bereits angesprochenen Risiken können aus unserer Sicht bei entsprechendem Willen und nötiger Fachkompetenz gemeistert werden. Was uns bewegt, das sind die Perspektiven, die eine Rücküberführung der Horte an die Schulen und damit die Entwicklung aller Schulen zu Ganztagsschulen mit einem Rechtsanspruch bis zum 14. Lebensjahr bieten. Hier können Bildung und Erziehung für alle Kinder in einem eng verbundenen System von unterrichtlichen und sozialpädagogisch geprägten außerunterrichtlichen Angeboten gemeinsam und von unterschiedlichen Professionen organisiert werden. Das wäre ein wirklich bedeutender Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit für alle Kinder und Jugendlichen. Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, lohnt es sich zu kämpfen und zu streiten.
Mit unserem Antrag wollen wir die Koalition nachdrücklich ermuntern, sich dieser Aufgabe zu stellen und dabei nicht vom Weg abzukommen. Deshalb haben wir ein paar Leitplanken aufgestellt und ein paar Lichter angezündet. Wir benötigen für die Diskussion über die Rückführung der Horte an die Schule eine grundlegende Verständigung darüber, wie wir neben der Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem eine qualitative Weiterentwicklung dieses Ganztagsangebotes für Schulkinder erreichen können. Das muss das Ziel bei diesem Transformationsprozess sein.
Aus diesem Grund legen wir jetzt unsere Forderungen und Erwartungen an die Erarbeitung eines Hortüberleitungskonzeptes durch die Landesregierung auf den Tisch. Wir gehen davon aus, dass bis zum Sommer klar sein muss, ob es ein umsetzbares Konzept geben kann und geben wird. Dann hatte die Landesregierung nach dem Beschluss im Koalitionsausschuss auch mehr als ein Jahr Zeit, um zu prüfen und abzuwägen, wie es gehen könnte, was dabei zu bedenken ist und was alles geregelt werden muss.
Wenn die Landesregierung allerdings bis zum Sommer keine Klarheit dazu herstellen kann, wie eine Hortüberleitung angegangen werden soll, dann hat sich aus unserer Sicht das ganze Projekt zumindest für diese Legislaturperiode erledigt.
Das sollte man dann aber auch erklären und die Diskussion dazu offiziell beenden und nicht schwelen lassen.
Wir hoffen aber auf ein besseres Ende, als dass die Koalition vor den Herausforderungen einknickt. Wir sollten auf jeden Fall die jetzt vorhandene Zeit nutzen, um uns darauf vorzubereiten, für alle Grundschulkinder einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz an Grundschulen sicherstellen zu können, ohne damit in Konkurrenz zur jetzigen Hortbetreuung nach dem KiFöG zu treten. Das ist die Aufgabe. Darin liegen die Chancen. Dafür haben wir wichtige Vorarbeiten geleistet. Und dafür stehen wir auch weiterhin mit unserer Fachexpertise zur Verfügung.
Was wir allerdings nicht mittragen werden, sind ein Sparprogramm Hort, ein Verzicht auf die Festlegung von verbindlichen Personalschlüsseln, eine Reduzierung der Angebote an die Hortkinder, eine Verschlechterung der Beschäftigungsbedingungen für die Erzieherinnen und Erzieher und eine Abkehr von familienfreundlichen Regelungen für die Eltern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deshalb bitte ich darum, diesen hier formulierten Auftrag an die Landesregierung zu erteilen. - Vielen Dank
Herr Kollege Lippmann, ist Ihnen aufgefallen, dass Sie in Ihrer ganzen Rede die Begriffe Kinder, Schulkinder und Jugendliche nur dreimal benutzt haben, und dass Sie eine Rede gehalten haben, die sich ausschließlich mit Strukturen und Sprachbildern beschäftigt hat?
Zweitens, Herr Daldrup, will ich daran erinnern, dass unser Antrag, der eine Auftragsbeschreibung ist, andockt an eine Ansage der Koalition, die in den Raum geworfen wurde und die ein Fass aufgemacht hat, in dem bis jetzt nicht einmal ein Krümel liegt.
Sie wollen ein bisschen provozieren; vielleicht darf ich darauf antworten. - Ich habe ja gesagt, wir haben bestehende Strukturen, in denen die Horte im Bereich der Kindertagesstätten über 20 Jahre hinweg eine erfolgreiche Entwicklung genommen haben. Wir befinden uns also nicht in einer Notsituation, in denen wir keine vernünftigen Angebote für unsere Kinder haben, für die Null bis Einjährigen bis hin zu den 14-Jährigen.
Die Koalition hat vielmehr eine Strukturdebatte eröffnet, zu der wir erklären, dass wir mehr Chancen als Risiken sehen, aber auch Risiken sehen. Natürlich habe ich jetzt etwas zu den Strukturen gesagt. Wenn wir über die Betreuungsqualität in den Einrichtungen reden wollen, dann stellen wir einen anderen Antrag und dann halte ich auch eine andere Rede.
Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Lippmann für die Einbringung. - In der Debatte ist eine Redezeit von drei Minuten je Fraktion vorgesehen. Für die Landesregierung spricht der Minister Herr Tullner. Herr Tullner, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Herr Kurze hat mir nahegelegt, ich möge mich bitte an eine Redezeit von drei Minuten halten, damit die Tagesordnung nicht durcheinanderkommt. Ich gebe mir Mühe, Herr Kurze, Sie werden es hoffentlich kontrollieren.
Deswegen verzichte ich auch auf tiefgründige Reaktionen, weil wir das im Ausschuss sehr viel besser machen können. Ich will nur drei Punkte nennen.
Erstens. Diese Debatten, die der Bund führt, sind vor allen Dingen für die Länder zielgerichtet, in denen es solche Ganztagsangebote nicht gibt. Wir haben - Sie haben das intensiv beschrieben, lieber Herr Lippmann - ein sehr breit gefächertes Angebot.
Zweites. Der Koalitionsvertrag hat uns einen Prüfauftrag gegeben; das ist richtig. Das Prüfverfahren ist noch nicht abgeschlossen, wird aber noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, sodass wir uns dann ein bisschen mit der Frage beschäftigen, was denn sinnvoll ist und in welchen Schritten man es angehen könnte.
Was Sie in Ihren sehr detaillierten, aber durchaus hilfreichen Ausführungen vergessen haben, ist natürlich, nach Thüringen zu blicken. Dort hat man die Erfahrungen gemacht; dort gab es auch ein paar Schwierigkeiten, von denen man lernen kann. Deswegen wäre es mein Ziel, die Dinge konzeptionell vorzubereiten, aber keine Schnellschüsse an der Stelle zu machen. Vielmehr sollten wir sehr wohl abwägen, was auf uns zukommt, sowohl was die Frage des Personals als auch was die Frage der sinnvollen Verzahnung betrifft. Denn am Ende machen wir das für die Kinder.
Deswegen nehmen wir das in den Blick. Ich bin auch durchaus offen. Natürlich ist die Vorstellung, die wir zu Beginn der 90er-Jahre hatten, dass Horte in den Bereich des KiFöG gehören, mit der heutigen Vorstellung von Schule nicht mehr ganz zeitgemäß. An der Stelle haben wir ein paar Baustellen zu bearbeiten. Aber ich bin an der Stelle eher für Ruhe und Bedachtsamkeit in dem Sinne, wie Sie das auch gesagt haben, dass wir keine Verunsicherung im Land erzeugen. Wir haben viele freie Träger, die eine gute Arbeit leisten, bei denen es auch um Existenzfragen geht und bei denen es um die Frage geht, wie sich Organisationsformen zukünftig erhalten können.
Darüber sollten wir in aller Ruhe und mit Bedachtsamkeit im Ausschuss und auch im Koalitionsausschuss debattieren. Und dann erst sollten wir zu der Antwort kommen, was wirklich sinnvoll ist. Das Ziel ist es, gute Bildung für die Kinder in diesem Land zu organisieren und das muss die Zielgröße sein. - Vielen Dank.
regierung. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen. Frau Prof. Dr. KolbJanssen, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ehrlich gesagt, habe ich nicht verstanden, warum der Antrag der LINKEN gerade jetzt kommt. Wir haben vor der Sommerpause das neue Schulgesetz verabschiedet. Da hätte man diese Diskussion mit einbringen können. Wir diskutieren morgen über das KiFöG; auch da wäre Anlass gewesen, das Thema vorzubringen.
Ich glaube, man muss zunächst mit dem Mythos aufräumen, dass die Landesregierung bzw. die Koalitionsfraktionen bereits in konkrete Diskussionen eingestiegen sind. Sie haben es vorhin zitiert: Es soll geprüft werden, ob der Hort perspektivisch von der Zuständigkeit des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration in die Zuständigkeit des Bildungsministeriums übergehen soll. Damit ist noch nicht gesagt, dass das tatsächlich so geschieht. Und es ist auch noch keine Diskussion über die konkreten Bedingungen eröffnet worden. Vielmehr geht es zunächst um die Frage, ob das sinnvoll ist.
Uns geht es insbesondere um die Frage, dass eine Weiterentwicklung der Grundschulen im Sinne von Ganztagsschulen möglich ist; denn allein eine Zusammenlegung von Schule und Hort macht noch keine Ganztagsschule. Ob in offener oder gebundener Form zeichnen sich Ganztagsschulen eben durch ein pädagogisches Konzept aus. Das pädagogische Konzept kann auch nicht verordnet werden; das müssen die Schulen vor Ort selbst entwickeln. Ich glaube, das ist das Entscheidende an diesem Prozess, was die Steuerung so schwierig macht, unabhängig von den Dingen, die Sie hier vorgetragen haben, was die Zuordnung von Personal und Stunden betrifft.
Wir wollen einen Ganztagsanspruch. Wir haben auch auf die Unterstützung des Bundes gehofft. Aber auch Sie wissen, wie sich die Situation auf der Bundesebene darstellt. Das erfordert eine Lockerung des Kooperationsverbotes, mithin eine Änderung des Grundgesetzes. Dafür braucht man eine qualifizierte Mehrheit.
Der Bundesfinanzminister hat die ursprünglich geplanten Mittel für 2019 wieder eingespart. Diese hat er nicht eingespart, weil er sie nicht ausgeben will, sondern weil im Moment nicht absehbar ist, dass auf der Bundesebene die Mehrheiten für die Lockerung des Kooperationsverbots vorhanden sind.
Ich glaube, darauf sollten wir zunächst unsere Energie verwenden. Wir sollten versuchen, im Sinne der positiven Entwicklung von Schulen, der
Durchsetzung des Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung und der finanziellen Unterstützung durch eine Lockerung des Kooperationsverbotes überhaupt erst einmal die Grundlage dafür zu schaffen, dass wir über diese Dinge nachdenken und diskutieren können.
In dem Sinne freue ich mich auf die vertieften Diskussionen im Bildungsausschuss und bin gespannt auf die konkreten Vorschläge. - Vielen Dank.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Frau Prof. Dr. Kolb-Janssen für die Ausführungen. - Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Dr. Tillschneider. Herr Dr. Tillschneider, Sie haben das Wort.