Protokoll der Sitzung vom 22.11.2018

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister Robra, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann sagen Sie, es hat sich zu dem Zeitpunkt, als der Stiftungsrat getagt hat, eine andere Perspektive ergeben; die Debatte war weiter fortgeschritten; es ist eine andere Situation eingetreten. Deswegen konnte man auf andere Erfahrungen zurückgreifen und deshalb hat man so entschieden, wie Sie es dargestellt haben. In dem zentralen Satz - ich sage es vorsichtig - wurde nicht gerügt, aber es wurde doch Kritik geäußert, und man hat sich vorgenommen, künftig anders zu agieren.

Jetzt frage ich Sie, Herr Minister, Sie haben in Ihrer Landtagsrede trotzdem die Entscheidung der Stiftungsdirektorin Frau Perren hundertprozentig verteidigt. Sie haben auch eingeräumt, dass es vor der endgültigen Absage beim ZDF eine Verständigung zwischen Ihnen und Frau Perren gab und Sie ihre Entscheidung in dem Moment als Stiftungsratsvorsitzender mitgetragen haben.

Beziehen Sie die Kritik, die der Stiftungsrat geäußert hat, auch auf sich und auf Ihr Agieren oder richtet es sich ausdrücklich an die Stiftungsdirektorin? Anders gefragt: Würden Sie heute gegenüber Frau Perren anders agieren als in dem Telefonat, das Sie mit ihr geführt haben?

Räumen Sie diesbezüglich Fehler ein, auch Fehler als Stiftungsratsvorsitzender gegenüber den Stiftungsratsmitgliedern? Denn die Stiftungsratsmitglieder haben gefordert, dass sie künftig in solche Entscheidungen eingebunden werden wollen, also nicht nur der Stiftungsratsvorsitzende. Sehen Sie an dieser Stelle Fehler, die Sie in Ihrem Agieren gemacht haben, oder konzentriert sich das vollständig auf Frau Perren?

Herr Robra, bitte.

Schönen Dank. - Das Statement lautet ja nicht „richtig“ oder „falsch“ zum Zeitpunkt der Entscheidung, sondern es heißt, aus nachträglicher Sicht hätte man anders damit umgehen sollen. Das trage ich mit, stehe aber weiterhin dazu, dass sich zum Zeitpunkt der Entscheidung die Frage nach dem Richtig oder Falsch nicht gestellt hat. Das Statement heißt, um es auf den Punkt zu bringen: Hinterher ist man immer schlauer als vorher. Insofern halte ich die Diskussion darüber, wie zum

Zeitpunkt der Entscheidung von der Stiftungsdirektorin entschieden worden ist, im Nachhinein für müßig.

Vielen Dank, Herr Minister Robra. - An dieser Stelle muss ich feststellen, dass wir das Zeitfenster von einer Stunde, das für die Befragung der Landesregierung vorgesehen war, um eine Minute überschritten haben. Ich frage Sie jetzt, ob wir darüber hinausgehen wollen.

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Ich schaue dazu einmal ins Plenum. Sie müssen jetzt entscheiden, ob wir diesen Diskurs noch weiterführen wollen. Herr Gebhardt hat signalisiert, dass er noch eine Nachfrage hat.

Ich frage einfach in die Runde: Wollen wir die Befragung noch weiterführen?

(Zurufe: Nein!)

- Nein. Ich sehe: mehrheitlich Nein. Herr Gebhardt, es tut mir leid, damit ist die Befragung beendet.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Sie können darüber abstimmen lassen!)

- Ich könnte darüber abstimmen lassen. Aber ich sehe, dass sich das Haus mehrheitlich dagegen ausspricht. Deswegen lasse ich darüber nicht abstimmen. Wenn Sie darauf bestehen, dann mache ich das natürlich, damit Sie genau wissen, wer wie abstimmt. Aber währenddessen hätten wir uns auch die Antwort geben lassen können. Sie signalisieren, dass nicht mehr abgestimmt werden soll.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Doch, ich hätte es gern abgestimmt!)

- Dann mache ich das. Ich stelle jetzt die Frage: Wer mit dem Vorschlag von Herrn Gebhardt einverstanden ist, die Befragung der Landesregierung zeitlich auszudehnen, aber nur um diese Fragestellung, den bitte ich jetzt um das Handzeichen.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Nicht nur um meine Fragestellung, sondern auch darum, dass die SPD ihre Frage stellen kann! - Zu- rufe von der CDU: Nein!)

- Er hat es noch erweitert. Ich stelle meine Frage anders: Wer damit einverstanden ist, dass die Befragung der Landesregierung über das ursprünglich vorgesehene Zeitfenster hinaus ausgedehnt wird und auch die SPD die Möglichkeit erhält, ihre Frage zu stellen, den bitte ich jetzt um das Kar

tenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind teilweise die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der AfD. Wer enthält sich der Stimme? - Zwei Abgeordnete enthalten sich der Stimme. Damit ist der Antrag abgelehnt worden. Die Befragung der Landesregierung ist damit beendet.

Wir kommen nunmehr zum

Tagesordnungspunkt 1 a

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Herrn Dr. Reiner Haseloff zum Thema: „Zukunft entsteht heute - wie wir die Herausforderungen des Strukturwandels meistern“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erteile hiermit dem Ministerpräsidenten Herrn Dr. Haseloff das Wort. Bitte, Herr Ministerpräsident.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Fünf Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung wurden die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes von einem Meinungsforschungsinstitut danach befragt, wie sehr sie sich mit Sachsen-Anhalt identifizieren. Das Ergebnis war ernüchternd: Nur ein Anteil von 45 % fühlte sich im Jahr 1995 wirklich mit SachsenAnhalt verbunden, die Mehrheit dagegen nur wenig oder gar nicht.

Vor einem halben Jahr wurde zum siebenten Mal der Sachsen-Anhalt-Monitor veröffentlicht. Auch hierin wurde wieder die Frage nach der Verbundenheit mit unserem Land gestellt. Eine starke Verbundenheit mit Sachsen-Anhalt gaben nun 81 % der Befragten an. Nur noch ein Anteil von 4 % konnte sich mit unserem Land gar nicht identifizieren. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, macht sie doch deutlich: Es hat sich bei uns in den vergangenen Jahrzehnten eine positive Veränderung ergeben.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Holger Stahlknecht)

Die Menschen haben ihren Platz in SachsenAnhalt gefunden und auch Sachsen-Anhalt hat seinen Platz im Kreis der anderen Bundesländer, in Deutschland und in Europa gefunden.

Wir Sachsen-Anhalter brauchen uns nicht zu verstecken. Wir haben beim Aufbau unseres Landes etwas geleistet und können darauf stolz sein. Das zeigen wir selbstbewusst unseren Gästen aus

 Auf der Grundlage des § 45 Abs. 4 GO.LT i. V. m. Nr. 7 des

Beschlusses des Ältestenrates in der Drs. 7/2896 werden die Frage 1 und die dazugehörige Antwort zu Protokoll gegeben.

aller Welt, so wie im letzten Jahr beim Reformationsjubiläum, das ein großer Erfolg war. Auch im kommenden Jahr werden wir uns beim Bauhausjubiläum als gute Gastgeber präsentieren, die stolz auf ein wichtiges Kapitel der Kulturgeschichte unseres Landes sind.

Wir haben unsere Kulturlandschaft in den letzten Jahrzehnten wiederhergestellt und in neuem und damit auch altem Glanz erstrahlen lassen. Dass unsere Werbung recht erfolgreich war, zeigen die Tourismuszahlen. Acht Millionen Übernachtungen im letzten Jahr sind dafür ein eindrucksvoller Beleg.

Aber es gibt noch manches zu tun. Wir müssen unseren großen kulturellen Reichtum stärker im In- und Ausland vermitteln. Dem dient unter anderem die Errichtung zweier neuer Welterbeinformationszentren in Wörlitz und in Naumburg. Zudem werden wir den Aufbau einer gemeinsamen Schlösserstiftung mit Thüringen vorantreiben.

Eine positive Entwicklung gibt es aber nicht nur hinsichtlich der Verbundenheit mit Sachsen-Anhalt. Denn diese Verbundenheit konnte nur wachsen, weil auch das Vertrauen in unser Land und in die eigene Leistungsfähigkeit gewachsen ist, weil sich wirtschaftliche Erfolge eingestellt haben und sich mit ihnen auch die Lebensverhältnisse für die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt verbessert haben.

So ist die Arbeitslosenquote, die um die Jahrtausendwende bei mehr als 20 % lag, inzwischen auf 7 % und damit auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken. Auch die Wanderungsbilanz ist inzwischen mit 1 900 Personen pro Jahr positiv.

Natürlich können wir noch nicht mit den wirtschaftlich starken Regionen im Westen und Süden Deutschlands konkurrieren. Es wäre unrealistisch und unredlich, den Eindruck zu erwecken, dies würde sich alsbald ändern lassen. Das liegt am weitgehenden Fehlen von Großunternehmen im Osten. Dieses Ergebnis der DDR-Geschichte und des Einigungsprozesses ist heute nur schwer zu korrigieren.

Das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen in Sachsen-Anhalt liegt inzwischen bei 81 % des gesamtdeutschen Wertes. Das ist noch kein Grund zum Jubel, aber eine solide Basis, auf der wir weiter aufbauen können. Im Jahr 1991 betrug das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen nämlich gerade einmal 39 % des gesamtdeutschen Wertes.

Dabei muss man berücksichtigen, dass die Wirtschaftskraft der alten Länder in demselben Zeitraum von einem viel höheren Niveau preisbereinigt um etwa zwei Fünftel zugenommen hat. Da

her wiegt es umso mehr, dass wir den Abstand deutlich verringern konnten. Auch die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte sind gestiegen: von gut 55 % des deutschen Niveaus im Jahr 1991 auf derzeit 85 %.

Man darf nicht vergessen: Wir haben seit der Wiedervereinigung Deutschlands und der Neugründung Sachsen-Anhalts einen gewaltigen Strukturwandel bewältigt. Wenn heute in SachsenAnhalt wieder so viele Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind wie im Jahr 2001, obwohl die Einwohnerzahl seither um 360 000 zurückgegangen ist, dann zeugt das von einer gewaltigen Aufbauleistung. Es zeigt aber auch, dass der demografische Wandel eine Herausforderung ist, der wir uns stellen müssen.

Dass wir heute Anschluss an andere Bundesländer gefunden haben, dass wir strukturelle Brüche bewältigen konnten und dass Massenarbeitslosigkeit der Vergangenheit angehört, war letztlich nur durch umfangreiche Investitionen möglich.

Mehr als 10 Milliarden € aus der Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Wirtschaft“ wurden für Investitionen von 41 Milliarden € bereitgestellt. Mehr als 11 Milliarden € wurden für den Bau von Bundesfernstraßen, Landesstraßen und kommunalen Straßen aufgewandt. 1,7 Milliarden € haben wir in unsere Hochschulen investiert und 1,2 Milliarden € in den Hochwasserschutz. 1,5 Milliarden € sind in die Altlastensanierung geflossen, wobei wir wissen, die Beseitigung der Altlasten aus DDRZeiten ist noch nicht abgeschlossen und muss weiter vorangetrieben werden.

Wir tun auch in den kommenden Jahren alles, um Sachsen-Anhalt voranzubringen. So werden wir den kommunalen Finanzbedarf überprüfen, damit sichergestellt ist, dass die Kommunen auch ab dem Jahr 2022 mit einer auskömmlichen Finanzausgleichsmasse rechnen können. Wir investieren in die Digitalisierung. Schnelles Internet flächendeckend bis Ende 2020 bleibt unser Ziel. Zudem sorgen wir für eine verlässliche Personalausstattung in Polizei und Bildung. 14 500 Vollzeitstellen für Lehrer, dazu 1 800 pädagogische Mitarbeiter stehen im kommenden Jahr zur Verfügung.

(Zustimmung von Minister Marco Tullner)

Bis zum Ende der Legislaturperiode werden wir 6 400 Polizisten im Landesdienst haben, langfristig werden es 7 000 sein.

Natürlich vergessen wir nicht: Vieles, was wir erreicht haben, war nur möglich dank umfangreicher Hilfen des Bundes, der Länder und der Europäischen Union. Wenn wir heute in SachsenAnhalt moderne Unternehmen, leistungsfähige Hochschulen und Forschungsstätten, eine engmaschige Infrastruktur und eine vielfältige Kultur

landschaft vorfinden, so ist uns dies nicht in den Schoß gefallen.

Es ist das Ergebnis harter Arbeit. Es ist möglich geworden, weil wir die Ärmel hochgekrempelt und in unserem Land viel umgestaltet haben und dieses Land fit gemacht haben für die Zukunft. Es ist das Werk mutiger Unternehmer und Existenzgründer, engagierter und gut ausgebildeter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und vieler Menschen, die mit neuen Ideen und viel Tatkraft dazu beigetragen haben.

Allerdings stehen wir in Sachsen-Anhalt weiterhin vor der Herausforderung des demografischen Wandels, der sich auch im Bereich der Unternehmen zeigt. Eine große Aufgabe ist es, für die kleinen und mittleren Unternehmen Nachfolger zu finden.

In Sachsen-Anhalt haben wir uns dem bereits mit einem vielfältigen Instrumentarium gestellt, zum Beispiel mit der Ego-Existenzgründungsinitiative, mit der Meistergründungsprämie oder dem IBGründungsdarlehen Impuls sowie auch dem Programm des MULE zur Neueinrichtung von landwirtschaftlichen Höfen. Das heißt, also auch in der Landwirtschaft sind wir aktiv.