Protokoll der Sitzung vom 01.02.2019

digkeiten der Ministerialverwaltung geklärt werden.

Und, sehr geehrte Damen und Herren, es müssen Projekte hinzukommen. Was mir zum Beispiel in der Liste Sachsen-Anhalts zu kurz kommt, sind Projekte zur künstlichen Intelligenz. Das Projekt CAM-Brain gefällt mir zum Beispiel gut, insbesondere dass es für Neben- und Abfallprozesse von chemischen Prozessen neue Verwertungspfade eröffnet. Ich würde es begrüßen, wenn das Projekt weiterentwickelt und auch eine KI entwickelt wird, welche neue Werkstoffe für die weltweit stattfindende ökologische Transformation der Wirtschaft ermöglicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben einen der modernsten Chemiestandorte in Europa. Was ich erreichen will: Wenn irgendwo in der Welt über automatisierte Anlagen komplexer chemischer Prozesse gesprochen wird, müssen immer der Saalekreis und der Chemiepark Bitterfeld genannt werden.

Dass wir keine Zeit verlieren dürfen, zeigen zum Beispiel die Geschäftsmodelle mit 3D-Druck, die am Rande Erwähnung finden.

(Unruhe)

Das ist unbestreitbar eine Zukunftstechnologie. In unserer Projektskizze steht aber noch kein klarer Plan, in welchem konkreten Bereich wir das etablieren wollen. Die Uni Leipzig ist da deutlich weiter. Da geht es in Richtung personalisierte Medizin.

Das ist eine plastische Untermalung dessen, was ich schon oft in diesem Hohen Hause gesagt habe. Wer den Strukturwandel konsequent und frühzeitig angeht, gewinnt. Und es geht nicht um Geld, Prestige oder so etwas, es geht nicht um die Verwirklichung einzelner kleiner parteipolitischer Konzepte, sondern es geht darum, für die Menschen, insbesondere im Süden SachsenAnhalts, klare und zukunftsträchtige Perspektiven dauerhaft zu schaffen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie forderten Anfang Dezember hier im Landtag, die CO2-Einsparung nicht allein auf die Braunkohle zu begrenzen. Ich darf sagen: Da bin ich und da sind wir GRÜNEN ganz klar bei Ihnen; denn - auch das sagt der Bericht der Kohlekommission sehr klar - dies ist der wesentliche Beitrag der Bundesrepublik Deutschland, um das Ziel von Paris zu erreichen, das von der Bundesregierung selbst unterschrieben wurde. Die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels und die Begrenzung der Klimakatastrophe sind erklärtes Ziel.

Aber der Ausstieg aus der Braunkohle reicht nicht aus. Die Bundesregierung muss sich ebenso der Modernisierung der Wärmeversorgung widmen,

Gesetze im Wohnungsbereich und im Bereich der Landwirtschaft anpassen und den erneuerbaren Energien wieder mehr Raum geben.

So empfiehlt die Kommission unter anderem, schnell Gesetzespakete des Bundes auf den Weg zu bringen. Das ist aus meiner Sicht der klare Auftrag, das im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbarte und hoffentlich in Arbeit befindliche Klimaschutzgesetz schnellstmöglich zu beschließen.

Wir in Sachsen-Anhalt sind mit dem Klimaschutz- und Energiekonzept - bekannt als KEK - bekanntlich sehr gut aufgestellt. Einen genaueren Plan für Klimaschutz in Sachsen-Anhalt gab es noch nie. Wir müssen jetzt an die Umsetzung gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nicht vergessen dürfen wir aber auch den Bereich Verkehr. Hier muss deutlich umgesteuert werden. Auch dieser Bereich muss einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten.

Die Statistik - Stichwort: CO2-Ausstoß - zeigt sehr klar: Es ist höchste Zeit, die Mobilitätswende einzuleiten. Investitionen müssen von der Straße auf die Schiene. Und wir müssen so, wie ich es in der Debatte soeben gesagt habe, die Gelder, die wir bekommen, dafür nutzen, dass wir in SachsenAnhalt auch Vorreiter für diese neuen Technologien sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Einstieg in den Ausstieg ist der Anfang gemacht, nicht mehr und nicht weniger. Dass dies nicht reichen wird, habe ich soeben hinsichtlich der Pariser Ziele ausgeführt.

Speziell zu den Jahren 2023 bis 2030 gibt der Bericht der Kohlekommission nicht viel her. Das kritisieren zu Recht Organisationen wie „Ende Gelände“, Greenpeace oder die Schülerinnen und Schüler von „Fridays for Future“. Ich meine, insbesondere die jungen Menschen haben jedes Recht, dagegen aufzubegehren;

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

denn wir gestalten oder verschwenden eine Zukunft, die nicht unsere ist.

(Zurufe von der CDU)

Schauen wir doch mal in dieses Hohe Haus. Es sind jetzt nicht mehr so viele Abgeordnete da, aber ich prognostiziere mal,

(Zuruf von der CDU)

in 30 bis 40 Jahren werden die meisten von uns - einschließlich meiner Person - nicht mehr da sein.

(Zurufe von der CDU)

Die jungen Leute, die heute auf dem Domplatz standen, werden aber noch da sein. Es ist ihre Zukunft, die wir gegebenenfalls aufs Spiel setzen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Die Babys - ich komme zum Schluss -,

(Zurufe von der CDU)

die die jungen Mitarbeiter meiner Fraktion manchmal mit in den Landtag bringen, werden dann erst 30 Jahre alt sein. Ich will, dass sie und auch die Schüler auf dem Domplatz dann noch eine reale Chance haben, auf unserem Planeten zu leben. Das ist Ziel meiner Politik. Deswegen werden wir die vereinbarten Revisionsklauseln in den Jahren 2023, 2026 und 2029 sehr ernst nehmen. Da geht es nicht nur darum, die Mittelverwendung zu prüfen,

Frau Lüddemann, nun ist aber wirklich Schluss.

sondern es geht auch um den Abgleich mit den energiepolitischen wie umweltpolitischen Zielen.

Der Gründungssatz der Umweltbewegung lautete:

Frau Lüddemann, jetzt muss es aber zu Ende sein.

Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sehe keine Fragen an die Rednerin. Deswegen können wir jetzt in der Debatte fortfahren. Für die Landesregierung spricht der Ministerpräsident Herr Haseloff. Herr Haseloff, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung hat am 8. Juni 2018 die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ eingesetzt, um Empfehlungen für ein Aktionsprogramm im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele und die Strukturentwicklung in den von einer Beendigung der Kohleverstromung betroffenen Regionen zu entwickeln.

Die betroffenen Länder Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt konnten an den Sitzungen ledig

lich mit Rederecht teilnehmen. Die aus 28 stimmberechtigten Mitgliedern bestehende Kommission hat sich in vielen Sitzungen mit Experten und auch vor Ort in den Revieren, zuerst im Mitteldeutschen Revier am 24. September 2018 in Halle, ein Bild gemacht.

In ihrer Sitzung am letzten Freitag hat die Kommission über ihren Abschlussbericht beraten und nach intensivem und langem Ringen um einen gemeinsamen Konsens diesen Bericht noch vor der ursprünglich heute geplanten letzten Sitzung beschlossen.

Der Abschlussbericht wurde bei nur einer Gegenstimme verabschiedet und wurde gestern Abend dem Bundeskanzleramt der Bundesregierung übergeben. Ein gedrucktes Exemplar liegt in der Fassung wie gestern übergeben vor. Ansonsten ist der Bericht im Netz und kann einschließlich der Anlagen auch gelesen werden.

Bedenkt man die unterschiedlichsten Interessen, die in dieser Kommission vertreten waren, unterstreicht dieses Ergebnis die enorme Leistung dieser Kommission. Es wurde also ein breiter gesamtgesellschaftlicher Konsens erzielt. Diesen sollten wir nicht infrage stellen, wenn die Energiewende erfolgreich sein soll.

Der Bericht der Kommission und der entsprechenden nachgeschalteten Gremien enthält viele Empfehlungen für Maßnahmen im Energiesektor und für eine zukünftige Strukturentwicklung in den betroffenen Revieren. Es werden zum Beispiel Maßnahmen für den Klimaschutz für den Zeitraum 2018 bis 2022 empfohlen.

Danach sollen über einvernehmliche Vereinbarungen Braunkohlekraftwerke und Steinkohlekraftwerke schrittweise in dem Umfang stillgelegt oder über das KWK-Gesetz umgerüstet werden, sodass die Leistung der Kraftwerke am Markt im Jahr 2022 auf rund 15 GW aus Braunkohle und rund 15 GW aus Steinkohle reduziert wird.

In dem Zeitraum von 2023 bis 2030 sollen dann vorzugsweise durch einvernehmliche Vereinbarungen Braunkohlekraftwerke und Steinkohlekraftwerke den Markt verlassen, sodass sich die Leistung der Kohlekraftwerke am Markt ohne Reserven im Jahr 2030 auf maximal 9 GW aus Braunkohle und 8 GW aus Steinkohle verringert.

Im Jahr 2025 soll nach den Empfehlungen der Kommission dabei ein substanzieller Zwischenschritt bei der Emissionsminderung von 10 Millionen t CO2 möglichst durch ein Innovationsprojekt erfolgen.

Als Abschlussdatum für die Kohleverstromung empfiehlt die Kommission das Ende des Jahres 2038. Sofern die energiewirtschaftlichen, beschäftigungspolitischen und betriebswirtschaft

lichen Voraussetzungen vorliegen, kann das Datum in Verhandlungen mit den Betreibern auf frühestens das Jahr 2035 vorgezogen werden. Die Überprüfung, ob dies möglich ist, erfolgt im Jahr 2032 im Sinne einer Öffnungsklausel.

Drei Überprüfungen umfassen auch die Frage, ob die Annahmen für die Beendigung der Kohleverstromung insgesamt realistisch sind. Das erfolgt an den drei Checkpoints - so nennen sie sich - 2023, 2026 und 2029.