Herr Striegel, können Sie mir bestätigen, dass bei einer der von Herrn Roi aufgeführten Demonstrationen in Köthen die inzwischen landesweit bekannte Jenny S. - bekannt dafür, dass sie Gegendemonstranten zurief: Sie werden die sein, die als Erste brennen -, die darüber hinaus auch noch dadurch bekannt geworden ist, dass sie gern Bekleidung mit Hakenkreuzen trägt, dass also diese offenkundige Rechtsextremistin als Ordnerin bei einer der von Herrn Roi aufgeführten Veranstaltungen eingesetzt worden ist?
(Lydia Funke, AfD: Das ist falsch! Nein! Das ist falsch! - Matthias Büttner, AfD: Dann müssen Sie aber Herrn Roi fragen und nicht Herrn Striegel! - Lydia Funke, AfD: Das ist falsch!)
Das ist nach meinem Informationsstand zutreffend. Sie war nicht die einzige Rechtsextremistin an diesem Tag, sondern es waren deren viele.
Diese standen an der Seite von AfD-Abgeordneten. Es gibt Fotos davon. Herr Loth ist jetzt nicht im Raum; vielleicht ist es auch besser so nach dem, was man gestern Abend sehen konnte.
Ich muss deutlich sagen, ich halte es für eine Unverschämtheit, zu behaupten, dass es solche Begegnungen nicht gegeben hätte.
Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abg. Frau Quade. Sie haben das Wort, Frau Quade.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Debatte hat drei Schlagworte als Titel, über welche die AfD-Fraktion vorgibt, hier reden zu wollen: Meinungsfreiheit, eine Verrohung politischer Auseinandersetzung und eine gewalttätige Debattenkultur.
Nun, die extreme Rechte hier im Landtag will gern, dass man über sie als Opfer spricht, nicht über sie als Täterin. Ich bin mir sicher, wäre es zulässig, den Drucksachen Bilder hinzuzufügen, hätten wir alle das Foto von Herrn Magnitz zu sehen bekommen, das er von sich aufgenommen und verbreitet hat, um Betroffenheit zu erzeugen. Ja, das hat funktioniert.
National und international haben Medien über den Angriff auf einen Abgeordneten berichtet. Der Bundespräsident hat als oberster Repräsentant der Bundesrepublik Herrn Magnitz einen Brief geschrieben. Mit Bestürzung, schrieb er, habe er von dem - Zitat - „brutalen Angriff auf Sie gehört“. Weiter: „Ich verurteile diesen Angriff in aller Deutlichkeit.“
Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker aller Parteien im Deutschen Bundestag, übrigens auch Landespolitikerinnen und Landespolitiker, haben sich eindeutig geäußert, haben den Angriff verurteilt und, ja,haben sogar immer wieder ihre Anteilnahme ausgedrückt, auch aus Parteien wie beispielsweise den GRÜNEN, denen man nicht unterstellen kann, Verbündete der AfD zu sein.
Sie alle haben sich dabei auf die von Medien verbreitete Darstellung der AfD bezogen. Herrn Magnitz soll demnach mit einem Kantholz auf den Kopf geschlagen worden sein. Inzwischen wissen wir, das war eine Lüge.
Die Täter sollen auf den am Boden liegenden Herrn Magnitz eingetreten haben. Inzwischen wissen wir, das war eine Lüge.
Bauarbeiter sollen eingegriffen und dadurch erst den Angriff beendet haben. Inzwischen wissen wir, das war eine Lüge.
Die Spitzen von Staat und Politik in Deutschland haben den Angriff auf Herrn Magnitz umgehend verurteilt, und das, obwohl er ein Politiker einer rechtsextremen Partei ist, die sich selbst nicht in der Form gegen Gewalt positioniert und die fortwährend die Demokratie und ihre Repräsentantinnen und Repräsentanten angreift.
Die Behörden haben schnell und umfassend Schritte zur Ermittlung des Sachverhalts und der Täter ergriffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch dieser Landtag und seine demokratischen Fraktionen haben Gewalt in Form von Angriffen auf Wahlkreisbüros der AfD immer wieder einhellig und eindeutig verurteilt.
Die einzige Fraktion, die sich nicht von Gewalt distanziert hat, ist die AfD-Fraktion, die sich bis heute nicht von den Angriffen auf ein Mitglied des Landtags durch Herrn Lehmann distanziert hat;
die AfD-Fraktion, deren Mitglied Herr Tillschneider mit der rechtsextremen Schlägergruppe der Identitären zusammenarbeitet
und der dafür von seiner Partei auch noch mit einem Listenplatz für die Europawahl belohnt wurde; die AfD, deren Demo in Querfurt zu Morddrohungen gegen Journalisten führte, während Herr Tillschneider weiter Stimmung machte. Eigentlich kann das ja auch niemanden ernsthaft verwundern bei einer Partei, die Menschen vernichten, entsorgen, jagen und erlegen will und deren Amts- und Mandatsträger sich immer wieder bewusst in die Traditionslinie der Nationalsozialisten stellten, die nicht nur davon sprachen, Menschen zu vernichten, sondern es millionenfach taten.
Die Meinungsfreiheit, die haben Sie im Rahmen der geltenden Gesetze und manchmal sogar darüber hinaus, sei es aus Überlastung der Justiz
oder weil das Strafmaß nicht ausgeschöpft wird. Der Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ von Anfang Januar hat das noch einmal eindrücklich beleuchtet.
Was Sie eigentlich meinen, wenn Sie von Meinungsfreiheit sprechen, ist die Freiheit vom Widerspruch. Dass Ihre Lügen als Meinungen unangetastet bleiben, dass man Ihnen nicht entgegentritt, wenn Sie faschistische Reden halten. Die Meinungsfreiheit der extremen Rechten ist wirklich nicht bedroht, und wer sich darum doch Sorgen gemacht haben sollte, der schaue in eine beliebige Talkshow der öffentlich-rechtlichen Sender. Sie sehen beispielsweise den Geschichtsrevisionisten Herrn Gauland dort sitzen.
Wenn das nicht reicht, dann legt Herr Farle eben eine neue Nummer des Schwarzen Kanals bei YouTube auf.
Und damit komme ich zur Verrohung der politischen Auseinandersetzung. Dazu hat meine Fraktion zuletzt eine Aktuelle Debatte zur politischen Kultur in Sachsen-Anhalt beantragt, in der wir gezeigt haben, wie eben jene AfD, deren Fraktion sich hier als Opfer gibt, als Täterin auftritt, wie ihre Politik auf ein Ende der Unterschiede in der Gesellschaft und auf ein Ende der Demokratie zielt und wie das zu realer Gewalt führt. Insofern wird die AfD auch nicht verunglimpft, wie Sie es in Ihrem Antrag zu dieser Aktuellen Debatte darstellen und wie es auch Herr Kirchner ausgeführt hat.
Wer die AfD als extrem rechts, als völkisch und in Teilen neonazistisch und faschistisch analysiert, beschreibt Tatsachen, die jede und jeder - übrigens ganz ohne den Verfassungsschutz - unschwer erkennen können.
Dennoch bleibt es richtig, dass auch die Gewalt gegen Abgeordnete der AfD und ihre Büros zu verurteilen ist. Denn der Schutz vor Gewalt muss für jede und jeden gegeben sein. Muss, ist er aber nicht.
Mehr als 180 Todesopfer rechter und rassistischer Gewalt in Deutschland seit den 90er-Jahren zeigen, dass dieser Staat, dessen Spitzen sich gerade erst so vehement hinter Herrn Magnitz gestellt haben, andere allein lässt.
Die Frankfurter Anwältin Seda Basay Yildiz hat keinen Brief des Bundespräsidenten erhalten, in dem er sich schockiert und entsetzt gezeigt hat, dass nach allen bisher vorliegenden Informatio
nen hessische Polizeibeamte mit den brutalen Morddrohungen, die mit NSU 2.0 und dem Namen eines Polizeiausbilders unterzeichnet wurden, zu tun haben. Stattdessen hat man ihr etwas dazu gesagt, wie sich selbst bewaffnen könne.
Die Angehörigen der Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds haben über Jahre hinweg erleben müssen, dass staatliche Stellen sie nicht ernstgenommen haben, und bis heute vertritt die Justiz die vollkommen unhaltbare Theorie des Kerntrios. Geschweige denn, dass die Finanzierung des rechten Terrors durch die Inlandsgeheimdienste und deren sonstige Verwicklungen aufgeklärt worden wäre, während die Untersuchungsausschüsse immer noch nicht alle notwendigen Akten für ihre Arbeit haben und diese Tatsache in keiner Landesregierung Priorität genießen würde.
Im Fall der mutmaßlichen Rechtsterroristen, die derzeit in Halle vor dem Landgericht stehen, war es die Nebenklage, die dafür sorgen musste, dass die Verhandlung vor einem Gericht stattfindet, das den vollen Strafrahmen überhaupt ausschöpfen kann. Die Staatsanwaltschaft hatte daran kein Interesse.
Würde, meine Damen und Herren, dieser Staat auch nur annähernd den gleichen Aufwand - und ich sage ausdrücklich „den gleichen Aufwand“ - um die Opfer rechter und rassistischer Gewalt betreiben wie um Herrn Magnitz, dann hätten wir vielleicht nicht mehr als 180 Todesopfer rechter Gewalt, sondern dann würde aufgeklärt werden, was mit dem Netzwerk Hannibal in der Bundeswehr, der Polizei und anderen staatlichen Stellen ist; dann würde rechte Gewalt vielleicht wirksam eingedämmt werden.
Dieser Rechtsterrorismus und diese rechte Gewalt entstehen in einer Gesellschaft und in einem Staat, der nichts dagegen tut, und sie werden befördert durch die AfD und ihre rechten Netzwerke. Wenn die AfD-Fraktion also etwas gegen die Verrohung der politischen Auseinandersetzungen in Sachsen-Anhalt tun will, wie sie hier vorgibt, dann ist der erste Schritt ganz naheliegend:
Hören Sie auf, rechtsextreme Politik zu machen. Da Sie das offenbar nicht können, wenden Sie sich doch an eine Aussteigerberatung für Rechtsextreme.