Protokoll der Sitzung vom 04.04.2019

Frau Lüddemann, es gibt eine Frage von Frau Zoschke. - Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Kollegin Lüddemann, können wir davon ausgehen, dass die Koalition sich dann in den nächsten Haushaltberatungen dafür einsetzt, dass der Gebärdensprachdolmetscher-Topf stärker gefüllt wird, damit die Anforderungen, die in der Praxis tatsächlich existieren, im Laufe eines gesamten Kalenderjahres allesamt erfüllt werden können?

Sie können davon ausgehen. Ich kann natürlich erst einmal nur für mich sprechen. Die Koalition besteht ja aus drei Partnern. Sie können davon ausgehen, dass wir uns dafür einsetzen werden.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Frau Lüddemann für den Redebeitrag. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Steppuhn. Herr Steppuhn, Sie haben das Wort.

Danke. - Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst mit einer persönlichen Bemerkung beginnen. Es finden jetzt zwei Debatten zu Gesetzentwürfen statt, zu denen hier eigentlich meine Kollegin Verena Späthe sprechen wollte. Leider kann sie das krankheitsbedingt nicht tun. Sie befindet sich derzeit auf dem Wege der Besserung, ist in der Reha. Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, sie von hier aus zu grüßen und ihr alles Gute zu wünschen. Ich denke, ich tue dies auch in Ihrem Namen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen, am 26. März, jährte sich das Inkrafttreten der UNBehindertenrechtskonvention in Deutschland zum zehnten Mal. Seitdem wurde viel für Menschen mit Behinderungen erreicht, aber es gibt zugegebenermaßen auch noch viel zu tun. Es geht langsam, manchmal zu langsam, bei der Integra

tion auf dem Arbeitsmarkt Schritt für Schritt voran, aber es geht voran. Teilhabe ist kein Almosen, sondern ein Menschenrecht.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, und bei der LINKEN)

Einen ersten Schritt haben wir bereits mit der Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes und dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zu mehr Barrierefreiheit bei Wahlen vollzogen. Das Behindertengleichstellungsgesetz,

über das wir heute abstimmen, stellt einen weiteren Schritt zu mehr Gleichstellung und Barrierefreiheit dar.

Zum einen wird die EU-Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu Webseiten umgesetzt. Es besteht dann die Pflicht zur barrierefreien Gestaltung von Internetseiten und mobilen Anwendungen sowie zur Abgabe einer Erklärung zur Barrierefreiheit. Zum anderen haben sich die Koalitionsfraktionen auf einige Änderungsanträge verständigt. Die lang ersehnte Landesfachstelle für Barrierefreiheit - es ist bereits erwähnt worden - wird gesetzlich verankert. Die Vorbereitungen dazu laufen. Die Unfallkasse kann nun ihre Arbeit aufnehmen. Die Landesfachstelle wird zur zentralen Anlaufstelle für Fragen der Barrierefreiheit und berät Wirtschaft, Verbände und Organisationen.

Meine Damen und Herren! Eine weitere Änderung betrifft die Gestaltung von Dokumenten insbesondere in der öffentlichen Verwaltung. Schon für uns sind manche Schriftstücke aus der Verwaltung unverständlich, für Menschen mit Beeinträchtigungen umso mehr. Ich bin daher froh, dass diese Regelungen aufgenommen wurden.

Besonders freue ich mich über die Regelung, die für hör- und sprachbeeinträchtigte Eltern und ihre Kinder gefunden wurde. Sie haben nun Anspruch auf Kommunikationshilfen, das heißt in der Regel einen Gebärdensprachdolmetscher, beispielsweise bei Elternabenden oder Lehrergesprächen.

Trotz dieser kleinen Schritte muss sich in den nächsten Jahren noch mehr tun, um mehr Teilhabe insbesondere im Arbeitsleben, aber auch im Bildungsbereich zu ermöglichen, und um Barrieren abzubauen.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Dagmar Zoschke, DIE LINKE)

Eine inklusivere Gesellschaft, meine Damen und Herren, darf keine Utopie und auch keine Vision sein; sie muss Realität werden.

Mein Dank geht an die Koalitionsfraktionen für die konstruktive Beratung. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu diesem wichtigen Gesetz. Natürlich ist klar, dass wir hier über die Frage der Behindertengleichstellung auch in der Zukunft miteinander in der Diskussion bleiben werden und es

sicherlich auch noch zu weiteren Novellierungen kommen wird. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung von Jürgen Barth, SPD, von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Frank Bom- mersbach, CDU)

Herr Steppuhn, einen Moment bitte. Frau Zoschke hat sich zu Wort gemeldet. - Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Kollege Steppuhn, auch an Sie die gleiche Frage: Kann ich davon ausgehen, dass Sie sich als Teil der Koalition dafür einsetzen, dass der Gebärdensprachdolmetscher-Topf in der nächsten Haushaltberatung einen Aufwuchs erfährt?

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Und wie er- folgreich wird Ihr Einsatz?)

Sie kennen natürlich die Standardantwort der Koalition, dass wir Haushaltsberatungen nicht vorgreifen können; aber Sie können davon ausgehen, dass das auch für uns ein sehr wichtiges Thema ist.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Herrn Steppuhn für die Berichterstattung. - Für die CDU hat noch einmal Frau Gorr das Wort. Frau Gorr, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Weg zur vorliegenden Beschlussempfehlung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes in der Drs. 7/4118 ist holprig gewesen. Aber nun können wir heute doch zur Beschlussfassung im Hohen Hause kommen.

Um einen wichtigen Punkt gleich voranzustellen: Es handelt sich in erster Linie um eine Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes im Sinne der erforderlichen Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention, nicht um eine gänzliche Novellierung des Gesetzes, die der Landesbehindertenbeirat intensiv diskutiert und gefordert hatte, also in erster Linie EU-Anforderungen.

Mit der jetzt anstehenden Gesetzesvorlage gehen wir erst einmal einen weiteren kleinen Schritt auf den Weg zu mehr Teilhabe und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in SachsenAnhalt.

Wie wichtig uns Barrierefreiheit als Querschnittsaufgabe ist, zeigte sich schon am Dienstag bei der Diskussion über bessere Bedingungen bei Wahlen. Obwohl vom Ministerium zunächst nur die Umsetzung der EU-Erfordernisse geplant war, sind wir doch etwas darüber hinausgegangen. Wir hörten es schon.

Die deutlich formulierten Anhörungsergebnisse sind zum Teil in den Gesetzentwurf eingeflossen. Darunter sind insbesondere auch Änderungen, die, wie bereits erwähnt, vom Landesbehindertenbeirat eingefordert wurden.

Als Bildungspolitikerin freue ich mich besonders über den neu eingefügten Anspruch in § 14 Abs. 4 Satz 2 für die mündliche Kommunikation von Eltern zur Kostenübernahme von Gebärdendolmetschern etwa im Rahmen von Elternabenden und Sprechtagen in Schule und Kita.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

In der Sondersitzung im letzten August wurde gerade über dieses Thema vehement diskutiert. Das Ministerium, Frau Zoschke, will zusätzliche Gelder zur Verfügung stellen, damit diese Neuerung nicht zulasten des allgemeinen DolmetscherTopfes geht. Diese Antwort habe ich im Ausschuss von Frau Ministerin Grimm-Benne erhalten.

Ich sehe, dass es hier schon wieder blinkt. - Deswegen möchte ich mich jetzt etwas kürzer fassen. Ein wichtiger Punkt ist die Einrichtung der Landesfachstelle für Barrierefreiheit. Ich denke, das ist eine Forderung, die wir jetzt auch richtig gut umgesetzt haben. Wir erwarten, dass in der Beratung bei der Errichtung der Landesfachstelle die bisherigen ehrenamtlich Tätigen einbezogen werden, damit ihre umfangreichen Erfahrungen nicht verloren gehen.

Wenn wir heute das geänderte Behindertengleichstellungsgesetz beschließen, wird vor allem auch die Notwendigkeit bestehen, in den Kommunen um Umsetzung und Akzeptanz zu werben. Auch wenn sich die Hoffnungen und Wünsche des Landesbehindertenbeirates und anderer Akteurinnen und Akteure nicht alle im neuen Gesetz wiederfinden, so ist dies doch eine wichtige Weiterentwicklung.

Die behindertenpolitischen Sprecherinnen der Koalition - liebe Verena, aus dem Plenum gute Besserung - haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass in dieser Legislaturperiode keine umfassende Novellierung erfolgen wird. Dennoch stehen wir natürlich an ihrer Seite.

Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung.

Frau Gorr, es gibt eine Fragestellung von Frau Zoschke. - Frau Zoschke, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Ich halte es für fair, Frau Gorr, auch Ihnen diese Frage, die ich gerade eben Ihren beiden Vorrednern gestellt habe, zu stellen. Ich habe vernommen, dass Sie versucht haben, mir in Ihrem Redebeitrag eine Antwort zu geben.

Allerdings muss ich Ihnen sagen, dass eine Ministerin auch nur das Geld verteilen kann, das ihr der Haushaltsgesetzgeber, also wir, zur Verfügung stellt. Deswegen noch einmal meine Frage an Sie, ob Sie sich genauso wie Ihre beiden Vorrednerinnen dafür einsetzen, dass dieser Topf in der nächsten Haushaltsberatung einen gewissen höheren Ansatz erfährt.

Bei den nächsten Haushaltsberatungen sowieso. Das muss ich ja sicherlich in meiner Rede nicht erwähnen. Aber ich habe in der letzten Ausschusssitzung Frau Ministerin Grimm-Benne gefragt. Es müsste im Protokoll stehen, dass sie über den Dolmetscher-Topf hinaus Gelder zur Verfügung stellt. Sie wird sich sicherlich auch darum kümmern, dass das passiert, zumal ich der Meinung bin, dass wir ohnehin nicht ausreichend oder vielleicht gerade so ausreichend Geld in dem Dolmetscher-Topf haben. Aber die Begleitung von Eltern, die sorge- und erziehungsberechtigt sind, hat eine solche große Bedeutung, dass ich hoffe, dass das in jedem Fall finanziell abgedeckt werden kann.

Im Übrigen versteht sich das von selbst, weil das auch unsere gemeinsame politische Verantwortung ist. - Danke für Ihre Frage.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Dann danke ich Frau Gorr für die Ausführungen.

Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren und stimmen über die Drs. 7/4118 ab. Das ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Wenn es keine Einwände gibt, schlage ich vor, über das Gesetz in Gänze abzustimmen. Wer für dieses Gesetz stimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalition

und die AfD-Fraktion und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer stimmt dagegen? - Ich sehe keine Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist das Gesetz beschlossen worden.

Bevor wir fortfahren, führen wir hier vorn einen kleinen Wechsel durch.

Gemäß unserem beschlossenen Zeitplan fahren wir nun in der Beratung fort.

Wir kommen zum