Protokoll der Sitzung vom 01.09.2016

(Zustimmung bei der AfD)

Unserer vorliegenden Tagesordnung können Sie entnehmen, dass wir zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte vereinbart haben. Deswegen können wir sofort in das Abstimmungsverfahren kommen. Ich würde es hierbei ebenso handhaben, dass wir in einer Abstimmung über alle selbstständigen Bestimmungen inklusive aller Überschriften abstimmen. Gibt es dagegen Einwände? - Dem scheint nicht so.

Wer der entsprechenden Beschlussempfehlung seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um sein Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Somit kann ich feststellen, dass diese Beschlussempfehlung und der darin enthaltene Gesetzesentwurf einstimmig angenommen wurden. Damit beenden wir den Tagesordnungspunkt 12.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 13

a) Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Besoldungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt (BesNeuRG LSA) vom 8. Februar 2011, Artikel 1, Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (Landesbesoldungsgesetz - LBesG LSA)

Gesetzentwurf Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/261

b) Beratung

Höhergruppierung von Lehrkräften mit einer Ausbildung nach dem Recht der DDR an Förderschulen, Gymnasien und Berufsbildenden Schulen (Stichtagsnichterfüller nach dem Einigungsvertrag)

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/268

Die Einbringung zu beiden Beratungsgegenständen erfolgt durch den Abg. Herrn Lippmann für die Fraktion DIE LINKE. Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die Fraktion DIE LINKE legt dem Parlament aus verschiedenen aktuellen Anlässen mit der Drs. 7/261 einen Gesetzentwurf vor, mit dem Änderungen des Landesbesoldungsgesetzes im

Bereich der Ämter für Lehrkräfte erreicht werden sollen.

Wie in der Begründung bereits ausführlich dargestellt, geht es dabei insgesamt um die Beseitigung von abgesenkten Eingangs- bzw. Statusämtern, für die es entweder nur zeitlich befristet eine Begründung gab oder die schon von je her einer gewissen Willkürlichkeit der Besoldungsgesetzgebung entsprungen sind. Es geht insgesamt in dem Änderungsgesetz um die Herstellung von Gerechtigkeit und es geht dabei um weniger als 5 % unserer Lehrkräfte, die von diesen Benachteiligungen betroffen sind.

Die hier von uns aufgegriffenen Verwerfungen in unserem Landesbesoldungsgesetz bestehen seit Jahrzehnten und hätten eigentlich schon längst beseitigt werden müssen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Nicht zuletzt deshalb waren diese Forderungen nach einer gerechten Bezahlung für alle Lehrkräfte schon wiederholt Thema in diesem Hohen Hause. Es ist also so ein wenig wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

Ich appelliere deshalb an diesen neuen Landtag, sich endlich für ein Happy End in diesem Film zu engagieren. Ich appelliere an die Koalitionsfraktionen, den Antrag mit der Gründlichkeit und Ernsthaftigkeit zu behandeln, die die betroffenen Kolleginnen und Kollegen verdient haben. Sie warten seit mehr als 15 und zum Teil seit mehr als 20 Jahren darauf, dass sie für die gleiche Qualifikation und für die gleiche Arbeit endlich auch die gleiche Vergütung erhalten.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es geht dabei nicht um Wohltaten oder gar Gefälligkeiten. Es geht um das Ende von unangemessener und ungerechter Bezahlung, die wir hier im Lande selbst zu verantworten haben und die wir deshalb selbst beseitigen müssen und beseitigen können.

Es gibt, anders als zum Teil noch in der Vergangenheit, keine äußeren Gründe, die uns daran hintern würden. Ich betone dies deshalb hier ausdrücklich, weil in früheren Debatten gern der Eindruck erzeugt wurde, die Schuld für missglückte Regelungen wäre bei anderen zu suchen, zum Beispiel bei den Verhandlungspartnern der neuen Lehrerentgeltordnung, also der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, oder der GEW und man müsse sich dorthin wenden, wenn man Änderungen erreichen wolle. Dies ist schlicht falsch und nicht zutreffend.

Ich appelliere vielmehr an den neuen Finanzminister, im Unterschied zu seinem Vorgänger im Amte einer abschließenden Lösung der Besoldungsprobleme bei den Lehrkräften nicht im

Wege zu stehen. Denn dass wir als neuer Landtag zur Frage der Lehrkräftebezahlung heute und in den nächsten Wochen praktisch nachsitzen müssen, liegt einzig und allein an den unerledigten Hausaufgaben der alten Landesregierung und dem Widerstand aus dem Finanzministerium.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Nun ist Nachsitzen nicht sehr angenehm und es hätte ohne Weiteres vermieden werden können. Denn schon seit Dezember 2014 war bekannt, dass die Probleme für die Lehrkräfte mit DDRAbschluss trotz der neuen Entgeltordnung teilweise fortbestehen würden, wenn unser Landesbesoldungsgesetz nicht entsprechend geändert wird. In dem Augenblick, als das Angebot der Tarifgemeinschaft deutscher Länder zur Regelung der Lehrkräfte mit DDR-Abschluss zum ersten Mal auf dem Verhandlungstisch in Berlin bzw. in Potsdam lag, war klar, dass wir in Sachsen-Anhalt unser Landesbesoldungsgesetz von verschiedenen Stolpersteinen säubern müssen, die dort aus der Vergangenheit liegen geblieben waren.

Ich habe schon im Januar 2015, vor mehr als anderthalb Jahren, die Vertreterinnen des Landes bei der TdL am Rande der Verhandlungen auf den unmittelbaren Handlungsbedarf im Lande aufmerksam gemacht und sie gebeten, eine entsprechende gesetzgeberische Initiative auf den Weg zu bringen. Dies ist aber vom damaligen Finanzminister ebenso ignoriert worden wie alle weiteren schriftlichen Aufforderungen danach.

Nun erledigen sich Probleme zwar gelegentlich auch dadurch, dass man sie ignoriert und aussitzt; das Problem der Stichtagsnichterfüller hat sich durch die Untätigkeit von Landesregierung und Parlamentsmehrheit in der alten Legislaturperiode aber nicht erledigt. Es ist im Gegenteil aktueller und drängender denn je.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Während es das Ziel des Änderungsgesetzes ist, im Hinblick auf die Regelungen für die DDR-Lehrkräfte die grundlegende Ordnung in unserem Landesbesoldungsgesetz für die Lehrämter dauerhaft herzustellen, soll mit dem Antrag, der hier in der Drs. 7/268 mitberaten wird, der unmittelbare Schaden behoben werden, der den Kolleginnen und Kollegen spätestens seit dem 1. Januar dieses Jahres in ihrer Lohntüte bereits entstanden ist. Es handelt sich hierbei um den gleichen Sachverhalt, nämlich um die Eingruppierung von Stichtagsnichtserfüllern nach dem Einigungsvertrag.

Für diejenigen, die hier noch keine Insider sind: Das sind Lehrkräfte, die erst nach dem 31. Dezember 1996 in den Schuldienst eingetreten sind, also auch solche, die heute eintreten und die nicht mehr die Möglichkeit haben, eine Bewährungsfeststellung nach dem Einigungsvertrag im

erleichterten Verfahren in Anspruch zu nehmen und die bisher keinen Zugang zum Landesbesoldungsgesetz hatten. Deswegen der Begriff Stichtagsnichterfüller nach dem Einigungsvertrag.

Ich möchte an dieser Stelle die Geduld des Hohen Hauses nicht weiter mit Einzelheiten der Besoldungsgesetzgebung strapazieren. Das müssen wir in den Fachausschüssen leisten. Dabei setze ich auf hohe Sachlichkeit und Fachkenntnis.

Ich möchte aber die Einbringung nutzen, um für die Beratungen zu den Ein-Fach-Lehrern und zu den Schulleitern kleiner Grundschulen noch Hinweise mit auf den Weg zu geben. Ein-Fach-Lehrer sind Lehrkräfte mit einer vollständigen DDRLehrerausbildung so wie alle anderen Lehrkräfte für die Klassen 5 bis 10 oder 5 bis 12 auch. Typisch für diese Gruppe sind Polytechniklehrer, Musiklehrer, etwa die in Weimar ausgebildet wurden, Sportlehrer, die etwa in Leipzig ausgebildet wurden, und vor allem Lehrer für die unteren Klassen, also Unterstufenlehrer, die in einem postgradualen Studium ein Fach der Oberstufe nachstudiert haben.

Sie werden nach den bisherigen Besoldungsregelungen mit der Entgeltgruppe 11 zwei Entgeltgruppen niedriger eingruppiert als die Lehrkräfte mit zwei Fächern. Für diese niedrigere Eingruppierung gab es jedoch nie, nie einen sachlichen Grund.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Ausbildung dieser Lehrkräfte ist weder minderwertiger noch kürzer als die der anderen Lehrkräfte, noch sind sie in ihrem Einsatz im Unterricht in irgendeiner Weise eingeschränkt. Es gibt keinen Unterschied, der eine unterschiedliche Eingruppierung rechtfertigen würde. Dennoch müssen sie seit Jahren mit dem Makel eines Lehrers zweiter Klasse leben. Sie müssen hinnehmen, dass ihnen die gleiche Bezahlung wie ihren Kolleginnen verwehrt wird.

Inzwischen sind jedoch zwei weitere Sachverhalte hinzugekommen, die diese Ungerechtigkeit noch einmal steigern. Es gibt inzwischen Ein-FachLehrer, die als Sekundarschullehrer nach neuem Recht verbeamtet wurden und die zum 1. Januar 2016 wie alle anderen neu ausgebildeten Sekundarschullehrer in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft wurden. Ich hoffe, Sie haben ungefähr eine Vorstellung davon, wie groß der Unterschied zwischen Entgeltgruppe 11 und Besoldungsgruppe A 13 ist.

Außerdem werden seit dem 1. August 2015 nach der neuen Entgeltordnung sogenannte Seiteneinsteiger, die wir auch heute einstellen, mit einer fachwissenschaftlichen Ausbildung in die Entgeltgruppe 12 eingruppiert. Das heißt, die Seitenein

steiger ohne pädagogische Ausbildung werden beim Einsatz im Unterricht höher eingruppiert als die ausgebildeten Lehrkräfte; der Chemiker höher als der Chemielehrer, der Germanist höher als der Deutschlehrer, der Musikwissenschaftler höher als der Musiklehrer. Es ist inzwischen kaum noch etwas vorstellbar, was man den Ein-FachLehrkräften noch zumuten könnte, um sie zu demütigen.

Ich hoffe, dass der Gesetzgeber endlich seine Verantwortung wahrnimmt und für Gerechtigkeit sorgt, und zwar jetzt und nicht erst, wenn die letzten Lehrkräfte aus dem Schuldienst ausgeschieden sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Letzter aktueller Anlass für dieses Änderungsgesetz waren die Meldungen im Sommer über die vielen unbesetzten Stellen von Schulleitungen insbesondere im Bereich der Grundschulen. Zwar gibt es für den Bewerbermangel ganz unterschiedliche Gründe, aber es war unbestritten, dass es auch an den unattraktiven Bedingungen für die Ausübung solcher Funktionen liegt. Das trifft in besonderer Weise für die Leitungen kleiner Grundschulen zu. So erhält die Leiterin einer kleinen Grundschule mit bis zu 80 Schülern - und solche haben wir im Lande nicht ganz wenige - nicht einmal eine Besoldung, die der Bezahlung der normalen Lehrkräfte an den weiterführenden Schulen entspricht, also nicht einmal nach Besoldungsgruppe A 13.

Diese völlig unzureichende Bezahlung von Leitungstätigkeiten folgt zum einen aus der niedrigen Einstufung der Lehrkräfte an Grundschulen. Sie folgt aber zusätzlich auch daraus, dass die Systematik der Schulleiterbesoldung, die im Landesbesoldungsgesetz ansonsten in allen Schulformen wesensgleich geregelt ist, bei den Grundschulen nach unten durchbrochen ist. Dieser Systembruch, der als Erbe aus der Bundesbesoldungsordnung der alten Bundesrepublik übernommen wurde, soll mit diesem Änderungsgesetz ebenfalls beseitigt werden.

Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die Kosten dieser Gesetzesänderungen möchte ich allen Finanzexperten und dem Finanzminister für die Beratungen in den Fraktionen und Ausschüssen noch Folgendes mit auf den Weg geben: Es darf bei der Bewertung nicht darum gehen, ob sich aus diesem Gesetz Mehrkosten ergeben. Es muss darum gehen, die ungerechtfertigten Minderausgaben auf Kosten von Landesbeschäftigten nicht mehr länger fortzuführen und wie selbstverständlich in Anspruch zu nehmen. Gerechtigkeit hat immer einen Preis.

(Frank Scheurell, CDU: Gerechtigkeit gibt es im himmlischen Jerusalem!)

Herr Präsident, für die weitere Beratung beantragen wir die Überweisung zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Finanzen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Bildung und Kultur. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Bedauernd muss ich feststellen, Herr Lippmann, es gibt keine Nachfragen.

(Heiterkeit bei der LINKEN - Eva von An- gern, DIE LINKE: Was war das jetzt?)

Insofern gehen wir jetzt weiter in der Debatte. Für die Landesregierung spricht der Finanzminister Herr Schröder.