Protokoll der Sitzung vom 05.04.2019

Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Schulenburg für den Redebeitrag. - Für die AfD hat das Wort Herr Roi. Herr Roi, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Das Thema Tiertransporte ist Thema an diesem Freitagabend. Einige wollen sich offensichtlich nicht damit beschäftigen, aber es ist ein wichtiges Feld, auf dem wir als AfD dringenden politischen Handlungsbedarf sehen. Deshalb haben wir auch einen Antrag dazu gestellt. Mein Kollege Loth hat Ihnen ausführlich und anschaulich dargestellt, was nicht selten in dem Transitland Sachsen-Anhalt, das wir sind, vorkommt, nämlich Unfälle mit Tiertransporten.

Die AfD-Fraktion legt mit dem Antrag heute konkrete Forderungen auf den Tisch, mit denen wir die Debatte - offensichtlich ist uns das auch gelungen - in eine konkrete Richtung voranbringen wollten, nämlich dass überhaupt einmal über diese Problematik diskutiert wird.

Frau Frederking von den GRÜNEN - sie ist nicht mehr da -, hat gerade den wunderbaren Satz gesagt: Mir ist gar nicht bewusst, welche Probleme - - Moment, ich habe das aufgeschrieben. - Mir ist gar nicht bekannt, ob Unfälle mit Tieren ein Problem darstellen. Wenn eine Abgeordnete zu diesem Thema spricht und einen solchen Satz sagt, dann sollte sie lieber sitzen bleiben und gar nichts zum Thema sagen,

(Beifall bei der AfD)

wenn sie sagt, dass sie die Probleme nicht kennt, die mit einem solchen Tiertransport in Verbindung stehen, und erst recht nicht mit Unfällen oder erst dann, wenn Unfälle passieren.

Ich habe deshalb den Innenminister gefragt, wie er zu unserem Punkt steht, den wir aufgeführt haben zum Thema Schulungsmaterial für die freiwilligen Feuerwehren, für die Retter, die bei solchen

Unfällen gerufen werden und die mit den Problemen konfrontiert sind. Wenn ich mich dann als Abgeordneter hier hinstelle und sage, es gebe da keine besonderen Probleme, und wenn ich dann den Eindruck erwecke, es bestehe kein Unterschied, ob ein Laster mit Kies oder ein Laster mit Schweinen umfällt, also das, sehr geehrter Herr Innenminister, erzählen Sie mal den Feuerwehrleuten, wenn Sie das nächste Mal bei einer Veranstaltung der Feuerwehren sind. Das ist wirklich armselig.

(Beifall bei der AfD)

Dass Sie darauf noch nicht einmal eine Antwort haben, ist noch armseliger, muss ich sagen.

(Zurufe von der AfD)

Ich will Ihnen auch mitteilen, wie der aktuelle Stand ist. In meiner Feuerwehr in Thalheim war ein Kamerad erst kürzlich zur Gruppenführerausbildung am IBK in Heyrothsberge. Ich habe ihn gestern extra gefragt und vorhin noch einmal angerufen und nachgefragt, ob er, nachdem ich von anderen Kameraden bereits Ähnliches gehört habe, überhaupt irgendetwas zum Thema Tiertransporte gehört hat. Er sagte mir, nein, das sei mit keiner Silbe Thema gewesen, genauso wie das Thema Vegetationsbrände, das wir letztes Jahr hatten, auch kein Thema bei der Ausbildung unserer Gruppenführer in Heyrothsberge war.

Das zeigt, dass Sie immer erst Ewigkeiten brauchen, um auf Probleme, die in unserem Land bestehen, politisch zu reagieren. Aus dem Grund stellen wir die Anträge. Die Antworten von Ihnen dazu sind heute ja auch bezeichnend. Sie reden irgendein wirres Zeug zusammen, um dann am Ende zu sagen, der Antrag der AfD ist abzulehnen. Aber Sie schaffen es nicht einmal, einen Alternativantrag zu formulieren und versteifen sich dann, wie Herr Erben das gemacht hat, auf Formulierungen wie: ja, die Unfallstatistik. Da müssen Sie sich noch einmal durchlesen, was der Innenminister gesagt hat. Auf eine Anfrage des Kollegen Loth hat er einmal geantwortet, das werde nicht erfasst. Dann wird heute gesagt, es werde erfasst.

Wir von der AfD-Fraktion sind der Meinung: Wenn wir über ein Problem reden wollen, müssen wir erst einmal wissen, wie groß das Problem überhaupt ist und wie oft es vorkommt. Genau aus dem Grund haben wir das in unseren Antrag hineingeschrieben, damit wir als Politiker in diesem Landtag wissen, wovon wir reden, wie groß das Problem überhaupt ist. Aber Sie haben ja nicht einmal ein Interesse daran, festzustellen, wie groß das Problem ist. Das ist wiederum das große Problem für unsere Bürger und vor allem für unsere Nutztiere, für die wir uns als AfD einsetzen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Roi, es gibt eine Nachfrage von Frau Frederking. - Frau Frederking, Sie haben das Wort.

Sie haben jetzt so viel über das Thema Probleme schwadroniert.

(Oliver Kirchner, AfD: Nein, gesprochen hat er!)

Wäre es denn nicht angezeigt gewesen, dass Sie erst einmal identifizieren, ob Unfälle bei Tiertransporten überhaupt ein echtes, ein maßgebliches Problem sind, bevor Sie das gesamte Parlament und die Landesregierung damit befassen?

Jetzt haben Sie Ihr Zitat noch einmal bestätigt, das ich gerade vorgelesen habe. Sie haben gesagt, Ihnen sei nicht bekannt, ob es bei Unfällen mit Tieren Probleme gibt. Wenn ein Abgeordneter dieses Hauses so etwas sagt,

(Robert Farle, AfD: Dann hat er keine Ah- nung!)

dann, muss ich ehrlich sagen, weiß ich nicht, was ich darauf antworten soll. Vielleicht sollten Sie einmal vor Ort gehen, wenn so ein Unfall passiert, um zu sehen, was sich da abspielt. Ich kann Ihnen sagen, es ist ein Unterschied, ob ein Kieslaster oder ein Lkw mit Tieren umkippt. Als Feuerwehrmann weiß ich, wovon ich rede, Frau Frederking. Wir reden da sehr wohl von Problemen.

Wenn Sie sich einmal mit Statistik beschäftigen, nicht nur Unfallstatistik, sondern mit Tierschutz und dem Tierschutzbericht, dann sehen Sie: Auch darin stehen Kontrollen. Aber es steht nicht darin, welches genau die Verstöße sind, welches die Kontrollen genau waren. Auch hierzu bedarf es einer Änderung in der Problemanalyse. Nur wenn ich die Probleme kenne, kann ich politisch darauf reagieren. Das ist der Grund, weshalb wir den Antrag gestellt haben.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine weiteren Fragen. Einen Wunsch nach Überweisung konnte ich nicht wahrnehmen. Dann stimmen wir direkt über den Antrag der AfD, Drs. 7/4123, ab. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalition und die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Ich sehe keine Enthaltung. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden und wir führen hier noch einen kleinen Wechsel durch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir steigen nunmehr ein in

Tagesordnungspunkt 23

Erste Beratung

Blühende Landschaften für Sachsen-Anhalt

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/4145

Die Einbringerin wird die Abg. Frau Eisenreich sein, die schon motiviert wird, nach vorn zu kommen. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mehr als 50 % aller auf der Erde existierenden Tierarten sind Insekten. So klein sie auch sind, sie haben eine immense Wirkung. Weltweit werden 88 % aller Pflanzen von Insekten bestäubt. Sie schaffen die Voraussetzungen für Artenvielfalt, Lebensräume, Nahrung und Fortpflanzung für andere Tierarten. Zahlreiche pflanzenfressende Tierarten, insbesondere Vögel, sind direkt von der Bestäubung durch Insekten abhängig.

Das gilt auch für den Menschen. Von den 107 am häufigsten angebauten Kulturpflanzen werden 91 - das sind immerhin 85 % - durch Insekten bestäubt. Der Marktwert der Produktion durch bestäuberabhängige Kulturpflanzen beträgt rund 550 Milliarden €. Dieser Wert wird weiter ansteigen, da bereits in den letzten 50 Jahren der Anbau von bestäuberabhängigen Kulturpflanzen um rund 300 % zugenommen hat und ihr Anteil weiter steigen wird. - Das sind die Fakten zur Bedeutung von Insekten.

Doch Fakt ist auch, dass in den letzten 30 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland die Häufigkeit und die Vielfalt von Insekten um bis zu 80 % - und selbst in Schutzgebieten um mehr als 75 % - zurückgegangen sind. Von den 560 in Deutschland nachgewiesenen Insektenarten sind mehr als 50 % gefährdet. Fast 5 % gelten als vom Aussterben bedroht. Eine direkte und sichtbare Folge ist, dass die Anzahl der Vögel, die ihre Brut mit Insekten aufziehen, um rund 20 % zurückgegangen ist. Gleichlautende Untersuchungsergebnisse finden sich auf der ganzen Welt. Klar ist auch: Ein Totalverlust an Bestäubern hätte Ernteeinbrüche von bis zu 90 % zur Folge.

(Zuruf von der LINKEN: Genau!)

Auch die Ursachen für das weltweite Insektensterben sind bekannt. Immer wirksamere Pestizide führen direkt zum Tod von Insekten oder beeinträchtigen deren Orientierungs- und Fortpflan

zungsfähigkeit. Pestizide und die Monotonie der angebauten Kulturen vernichten nicht nur Nahrungsquellen, sondern auch Nist- und Überwinterungsmöglichkeiten für Insekten. Der Flächenfraß durch die Zersiedelung und die Flächenversiegelung verursacht einen weiteren Lebensraumverlust und nicht zuletzt haben Krankheitserreger, eingeschleppte invasive Arten und auch der Klimawandel Anteil an diesen Entwicklungen. Darüber haben wir hier im Landtag im Oktober 2017 debattiert.

Dass sich die Menschen mit diesen Phänomenen und möglichen Auswirkungen immer stärker auseinandersetzen und nicht mehr bereit sind, diese Entwicklung einfach hinzunehmen, zeigen die mehr als 1,7 Millionen Unterschriften unter das in Bayern durchgeführte Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern ‚Rettet die Bienen!‘“

Viele sind bereits aktiv und versuchen gegenzusteuern. Es hat bereits ein Umdenken begonnen, auch in der Landwirtschaft. Sowohl unter Ökobauern als auch unter konventionell produzierenden Betrieben wächst nämlich die Bereitschaft zur Veränderung. Erst letzte Woche wurden in der „Volksstimme“ und in der „Mitteldeutschen Zeitung“ zwei Landwirte aus der Altmark und der Börde vorgestellt, die Blühwiesen anlegen wollen. Beide nehmen dazu Ackerland bewusst aus der Bewirtschaftung und damit auch aus der gegenwärtigen Fördersystematik heraus. Dadurch werden sie statt der vorgeschriebenen GreeningMischungen Saatmischungen einsetzen, die den Standortbedingungen gerecht werden. Jetzt suchen sie Paten, um ihre Projekte finanziell abzusichern.

Das sind gute Beispiele, bei denen bewusst die Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort gesucht und aufgeklärt wird und den Menschen die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte nähergebracht wird. Denn im Ringen um die Artenvielfalt und den Insektenschutz sind sie wichtige Verbündete. An diesem Punkt muss nunmehr aus unserer Sicht endlich die Politik ihrer Rolle gerecht werden

(Beifall bei der LINKEN)

und die Rahmenbedingungen schaffen, damit ein richtiges und notwendiges Handeln zum Schutz von Insekten landwirtschaftliche Betriebe nicht in ihrer Existenz bedroht.

Mit dem Antrag meiner Fraktion sollen genau diese Rahmenbedingungen verbessert werden. Im Antrag werden deshalb auch weitere wichtige Akteure und Handlungsfelder einbezogen. Ein wichtiger Punkt ist dabei der Erhalt von Lebensräumen. Insbesondere bei der Flächennutzungsplanung sollen wichtige Prinzipien eingehalten

werden. Vor einer Neuversiegelung von Flächen muss zwingend die Entsiegelung stehen. Bevor im Außenbereich Flächen für den Bau ausgewiesen werden oder neu gebaut wird, soll zuerst überprüft werden, ob nicht im Innenbereich Lücken geschlossen werden können.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Umwidmung land- und forstwirtschaftlicher Flächen für den Straßen- und den Siedlungsbau ist zu vermeiden.

Am Beispiel der beiden Landwirte aus der Altmark und der Börde wird deutlich, dass das bisherige Greening-Programm der EU nicht nachhaltig genug ist. Das haben mir in zahlreichen Gesprächen auch andere Landwirtinnen und Landwirte bestätigt. Die Mahdverpflichtung und speziell aufzubringende Samenmischungen führen dazu, dass den Insekten bereits im Sommer der Pollen und damit eine wichtige Nahrungsquelle ausgeht sowie Überwinterungsmöglichkeiten fehlen. Auch die Regelung, wonach Greening-Flächen nach fünf Jahren umzubrechen sind, damit sie für die Förderung als landwirtschaftliche Nutzfläche erhalten bleiben, konterkariert aus meiner Sicht das Bemühen um Nachhaltigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür sind eine dauerhafte Flächenstilllegung und die Anlage von Blühflächen wesentlich effektiver. Aber das muss eben auch honoriert werden. Dafür ist sowohl die bisherige Landesförderung neu zu gestalten als auch auf EU-Ebene bei der Neuverhandlung der zukünftigen Gemeinsamen

Agrarpolitik dafür zu sorgen, dass auch bei den Direktzahlungen der sogenannten Ersten Säule verpflichtende und besonders wichtige ökologische Maßnahmen verankert werden.

Dabei könnte auch die Einführung eines Kulturlandschaftsprogramms unterstützen. Dabei sollten unbedingt die Erfahrungen aus Bayern und Thüringen, die ein solches Programm haben, einfließen. Auch hier ist zu überprüfen, ob die zum Beispiel in Bayern bestehenden ein- und fünfjährigen Blühflächen dort, wo dies sinnvoll und möglich ist, nicht doch besser Dauerblühflächen werden könnten. Auch die Anlage und der Erhalt von Hecken, Feldgehölzen, Steinmauern und anderen Feldstrukturen sowie Wiesen-, Wald- und Gewässerrandstrukturen ergänzen das Angebot von Lebensräumen und helfen beim Bodenschutz und gegen die Bodenerosion ebenso wie bestimmte Anbauverfahren.