Nur noch einmal eine kurze Nachfrage. - Ist es eine abgestimmte Meinung der Landesregierung, dass wir zurzeit die schlimmste Klimakatastrophe haben? Ja oder nein?
Wenn Sie wollen, können Sie - - Nein, Sie müssen antworten. Entschuldigung, Frau Dalbert, Sie müssen.
Frau Ministerin, Sie sprachen gleich am Anfang davon, dass 17 der 18 heißesten Jahre in diesem Jahrhundert lagen. Sie sind, wie wir alle, sicherlich der Ansicht, dass damit nur der Zeitraum seit der Temperaturaufzeichnung gemeint sein kann. Diese begann bekanntlich im Jahr 1881. Das heißt, wir reden von 150 Jahren. Das ist eine ziemlich kurze Epoche in der Menschheitsgeschichte.
Wie die Temperaturen vorher gewesen sind, ob sie geschwankt haben, das lassen Sie weg. Das, was Sie jetzt mitgeteilt haben, ist mehr eine Meinungsäußerung, weil Sie es so bewerten. Wir hatten zu anderen Zeiten sehr viel heißere Jahre und auch Jahrzehnte. Das ist zwischenzeitlich bewiesen. Ich denke, darauf müssen wir in der öffentlichen Debatte Rücksicht nehmen, weil wir ansonsten Hysterie verbreiten. - Das aber nur als Eingangsstatement.
Ich habe eine Frage. CO2-Einsparung kostet eine Menge Geld. Welche Auswirkungen auf diese Einsparpotenziale, die festgelegt werden, hat zum Beispiel ein Leistungsbilanzüberschuss, wie ihn Deutschland mit dem Ausland erzielt, von 260 Milliarden € im Jahr 2018? - Es werden praktisch in Deutschland Industriewaren und Güter auf umwelttechnisch sehr moderne Art und Weise pro
duziert und in das Ausland geliefert. Das Ausland kann in diesem Fall auf eigene Produktion und auf eigenen CO2-Ausstoß verzichten.
Ich frage Sie: In welcher Form wird das international zwischen den Staaten verrechnet, bezogen auf die geforderten Einsparpotenziale?
Herr Raue, ich würde mich gern auf die landespolitischen Aspekte beschränken, die Thema meiner Regierungserklärung sind.
Zu Ihrer ersten Frage würde ich gern noch einmal aus meiner Rede vorlesen - ich glaube, ich war darin sehr präzise -: „17 der 18 global wärmsten jemals gemessenen Jahre traten in diesem Jahrhundert auf.“ - Das nur, um den Zeitrahmen noch einmal genau zu benennen.
Das Klima hat in der Tat immer geschwankt, war mal wärmer, mal kälter usw. Aber das Besondere der Zeit, in der wir jetzt leben, ist die enorme Beschleunigung der Erderwärmung.
Als Nächster hat Herr Lieschke das Begehren. - Er zieht zurück. Frau Ministerin, ich sehe keine weiteren Begehren. Deswegen können wir den Debattenbeitrag der Landesregierung an dieser Stelle beenden.
Wir steigen in die Debatte der Fraktionen ein. Die Fraktion DIE LINKE wird in ihrem nunmehr folgenden Debattenbeitrag auch den Antrag in der Drs. 7/4494 einbringen. Dafür hat die Abg. Frau Eisenreich das Wort. Bitte sehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anfang Mai und Mitte Mai 2019 haben Großbritannien bzw. Irland den
Klimanotstand erklärt. Die britische Regierung muss jetzt innerhalb eines halben Jahres Maßnahmen für den Klimaschutz und für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft vorlegen.
Gestern hat auch das kanadische Unterhaus einen entsprechenden Beschluss gefasst. Dieser Beschluss definiert dabei den Klimawandel als reale und akute, vom Menschen verursachte Krise mit gravierenden Auswirkungen auf die Umwelt, die Biodiversität, die Gesundheit der Bevölkerung und die Wirtschaft Kanadas.
Seit Anfang Mai 2019 haben sich auch bereits zehn deutsche Städte in die weltweite Schar von Städten und Regionen eingereiht und ebenfalls den Klimanotstand ausgerufen. All das kommt schließlich nicht von ungefähr, auch wenn uns das einige hier suggerieren wollen.
Die von der Ministerin beschriebene Situation des vergangenen Jahres mit lang anhaltender Hitze und Dürre, mit Orkanen in Sachsen-Anhalt war wohl nur ein kleiner Ausblick auf das, was uns und den nachfolgenden Generationen droht. Parallel dazu nehmen auch Meldungen von Wetterextremen kein Ende. Fast jährlich korrigieren wir inzwischen Hitze- und Sturmrekorde, Starkregenereignisse nach oben.
Das Grönlandeis schmilzt aktuell so schnell, dass der Meeresspiegel weltweit in diesem Jahr um 7 mm steigen könnte. Der Permafrost taut viel früher und schneller als vorausgesagt. Das war für 2050 vorausgesagt. Wir sind, glaube ich, im Jahr 2019.
Indien und Pakistan stöhnen unter einer Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 50 °C, die schon mindestens 50 Tote gefordert hat. Dort kämpfen die Menschen inzwischen um Trinkwasser. Wilde Tiere suchen menschliche Siedlungen auf der Suche nach Wasser heim. Das macht, glaube ich, die soziale Dimension des Klimawandels und des Klimaschutzes absolut deutlich.
Wenn wir hier nicht endlich gegensteuern, werden immer mehr Menschen ihrer Lebensgrundlagen beraubt. Glauben Sie, dass diese dort bleiben, wo sie nicht mehr leben können?
Auch angesichts dieser Tatsachen glauben auch hier im Hause noch immer einige ernsthaft, dass die jungen Menschen, die sich weltweit für Klimaschutz engagieren, hysterisch sind. - Was für ein Irrsinn!
ihrer Forschungen belegen, wohin wir uns bewegen. Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, formulierte einmal - ich zitiere -:
„Ein stabiles Klima ist eines der wichtigsten Gemeinschaftsgüter der Menschheit. Deshalb muss die Gesellschaft wissen, wie diese Stabilität bedroht ist, welche gravierenden Auswirkungen der Stabilitätsverlust hätte und wie der Gefahr noch begegnet werden kann - durch zügige Transformation des fossilen Wirtschaftssystems und durch solidarische Anpassung an das nicht mehr Vermeidbare.“
Immerhin, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir allein in diesem Jahr bereits dreimal hier im Landtag Debatten zum Klimaschutz geführt. Doch selbst angesichts der dramatischen Entwicklungen handeln wir noch immer zögerlich. Eine drastische Reduktion der Treibhausgase muss endlich in allen Bereichen in Angriff genommen werden. Die Energiewende allein wird es nicht reißen.
Ja, mit dem Klima- und Energiekonzept hat das Land konkrete Maßnahmen zur Einsparung von Treibhausgasen im Blick, die nun schnellstmöglich umgesetzt werden müssen, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel von 31,3 t CO2-Äquivalenten bis zum Jahr 2020 zu erreichen.
Deshalb ist es gut, dass die Maßnahmen, die hierin aufgelistet sind, ein höheres Einsparpotenzial haben. Dass manche Leistungen und Maßnahmen, wie die Bürgerbeteiligung und die Teilhabe an erneuerbaren Energien und die Reduzierung von Nahrungsmittelverschwendung, hinsichtlich des CO2-Einsparpotenzials und der Kosten bisher noch nicht exakt zu beziffern sind, ist nicht verwunderlich, aber ich glaube, in Zukunft müssen wir darüber nachdenken, wie man so etwas einpreist.
Wenn das Klima- und Energiekonzept im Bereich Verkehr zu dem Schluss kommt, dass die Verlagerung vom Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr ein schwieriges Kosten-NutzenVerhältnis aufweist mit im Vergleich zu anderen Maßnahmen geringem Einsparpotenzial und hohen Kosten, dann darf das nicht dazu führen, genau in diesem Bereich auf Maßnahmen zu verzichten.
Denn eines muss ganz klar gesagt werden: Bei allen Maßnahmen und bei der Diskussion über die Energie-, Wärme- und Verkehrswende sowie die Änderungen in der Landwirtschaft wird zwar stets über hohe Kosten debattiert und dies auch immer als Grund dafür angeführt, dass dies nicht umsetzbar sei, aber hierbei wird etwas Wichtiges vergessen, nämlich dass in der gesamten Bundes
republik und auch weltweit enorme klimaschädliche Subventionen gezahlt und gleichzeitig immense Summen für den Umweltschutz aufgewendet werden.
So hat die Bundesrepublik im Jahr 2010 für den Umweltschutz 35,8 Milliarden € aufgewendet. Das geht aus einer Informationsbroschüre des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2016 hervor.
Gleichzeitig hat die OECD festgestellt, dass in Deutschland 35 % aller Subventionen umweltschädlich sind. Im Jahr 2012 waren das immerhin mehr als 57 Milliarden €, die überwiegend vom Bund sowie über Gemeinschaftssteuern und Kofinanzierungen von den Ländern in umweltschädliche Subventionen flossen.
Unter anderem werden das Kerosin von der Energiesteuer und internationale Flüge von der Mehrwertsteuer befreit, produzierendes Gewerbe erhält Energiesteuerermäßigungen und CO2-Emissionsberechtigungen wurden kostenfrei zugeteilt. Der Katalog ist wesentlich umfangreicher. Diese klimaschädlichen Subventionen umfassen neben Finanzhilfen auch Steuervergünstigungen und -ausnahmen, verdeckte Subventionen wie ermäßigte Umlagesätze bei der EEG-Umlage für energieintensive Industrien, usw.
Gemein ist all diesen Subventionen, dass sie dem Verursacherprinzip zuwiderlaufen. Dadurch legen die Verursacher einen Teil der Produktionskosten und des Konsums auf die gesamte Gesellschaft um. Das ist doch ungerecht, meine Damen und Herren.
Gleichzeitig trägt die Gesellschaft auch die Kosten für die Folgen dieser umweltschädlichen Produktion. Die Verursacher bürden der Allgemeinheit mehrfach die Kosten ihrer Produktionsweise auf. Sie belasten öffentliche Haushalte mit Mehrkosten für die Subventionen, mit Mindereinnahmen, mit den erhöhten Folgekosten für die Beseitigung von Umweltschäden, mit Mehrkosten für die Gesundheit und mit Mehrausgaben für eine stärkere Förderung umweltgerechter Technologien, damit diese überhaupt eine faire Marktchance im Vergleich zu den anderen haben.