Die Träger der Gesellschaft, Mittelstand und Mittelschicht, sollen also wieder einmal besonders zur Kasse gebeten werden. Eine Grundsteuer, die auf Einkommen und Ertrag basiert, halten wir für falsch,
da für die unterschiedliche Belastung der einzelnen Bevölkerungsgruppen vor allem die Einkommensteuer das Instrument ist, zumal hier immer noch die kalte Progression greift.
Darüber hinaus, sehr geehrter Herr Lippmann, sind Sie mir noch - Herr Knöchel hat vorhin versucht, es zu beantworten - aus einer Debatte dieses Jahres die Definition des Begriffes „reich“ schuldig. Erinnern wir uns an die VW-Enteignungsdebatte, die Sie hier angestoßen haben.
- Doch. Sie haben gefordert, die Erträge, die Gewinne von VW wegzunehmen. 7 bis 8 Milliarden €, haben Sie damals gesagt, Herr Lippmann, aber ganz deutlich.
Sie wollten das Land Niedersachsen enteignen. Dem können Sie nicht widersprechen. Sie können ins Protokoll schauen; ich hatte damals nachgefragt.
- Sehen Sie, so ist das. - Aber das ist auch egal. Kommen wir zurück zur Grundsteuer. Das Bundesverfassungsgericht hat nun einmal den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum Ende des Jahres ein neues Grundsteuergesetz auf den Weg zu bringen. Hierbei sind wir alle gemeinsam in der Pflicht.
Da sich Sachsen-Anhalt als kleines Bundesland aus verschiedenen Gründen, etwa wegen des Programmieraufwandes, kein eigenes Gesetz wird leisten können, sollten wir die Beschlüsse aus Berlin und darüber hinaus die Ausgestaltung anderer Modelle abwarten, um dann für unser Bundesland die beste Entscheidung zu treffen.
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Das wurde schon mehrmals gesagt. Daher muss die Berechnung der künftigen Grundsteuer zuallererst einfach und nachvollziehbar sein.
Ich könnte einmal fragen, wer hier die Berechnung eines Einheitswertes ad hoc so drauf hat. Ich persönlich nicht. Sie vielleicht, Herr Knöchel, Sie sind auch Finanzbeamter; das ist klar. Die Grundformel ist kein Problem, aber es gehört schon einiges dazu, den Einheitswert zu ermitteln.
Dilemma eigentlich schon los. Es gelten Einheitswerte aus dem Jahr 1935 im Osten und aus dem Jahr 1964 im Westen und noch ganz andere Werte für das eine oder andere neu entstandene Haus oder Grundstück in der gesamten Republik.
Aber genau hier setzt das sogenannte Scholz-Modell wieder an. Somit laufen wir in die gleiche Falle wie schon beim derzeitigen Modell. Wer legt denn die Nettokaltmieten oder den Bodenrichtwert fest? - Beides sind fiktive Werte. Beide müssen in Zeitabständen - Herr Farle hat es gesagt, früher waren es sechs Jahre, jetzt sind sieben Jahre geplant - überprüft werden. Das hat seit 1935 im Osten bzw. seit 1964 im Westen aus meiner Sicht schon super funktioniert.
Wollen wir auch noch einen Grundstückszensus, Herr Knöchel? Wollen wir das wirklich? Sie wissen selbst, was der Zensus kostet - es steht wieder einer kurz vor der Tür -, zweistellige Millionenbeträge im Jahr 2021. Das nur einmal so nebenbei. Ganz abgesehen davon wird das ganze Thema wieder ein riesiger Verwaltungstiger.
Wie wollen wir eigentlich dem Bürger solch einen Verwaltungstiger, solch eine schwierige Berechnung erklären? Aus Ihrer Sicht natürlich wieder alles im Namen der sozialen Gerechtigkeit. Aber was ist eigentlich soziale Gerechtigkeit? Ich glaube, hier im Plenum finden wir mindestens fünf verschiedene Definitionen des Begriffs „sozial gerecht“.
Nach der Berechnung des Einheitswertes folgt die Berechnung der Steuermesszahl. Laut §§ 14 und 15 des Grundsteuergesetzes sind sehr strenge gesetzliche Maßstäbe angelegt worden. Und sie liegt im Promillebereich. Wie erklären wir einem Bürger, dass zum Beispiel ein Einfamilienhaus bis zu einem Einheitswert von 38 346,89 € zu 2,6 ‰ steuerpflichtig ist? - Also, mir persönlich erschließt sich das nicht.
Dieser wird im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung individuell festgelegt und unterscheidet sich in Deutschland erheblich. Wenn ich so an Duisburg denke: Ich weiß nicht, ob sie schon über Tausend oder knapp darunter sind. Irgendwo in diesem Bereich liegt er dort.
Dann soll mit dieser Methode die sogenannte und von fünf Fraktionen mit Sicherheit unterschiedlich definierte soziale Gerechtigkeit hergestellt werden. Also Leute, wer das glaubt, der glaubt auch, der Papst ist Protestant.
Das Scholz-Modell hat somit die gleichen Schwächen wie das derzeit gültige. Die sind, noch einmal zusammengefasst: Erstens. Es ist kompliziert und schwer vermittelbar.
Zweitens. Die Höhe wird maßgeblich durch die Hebesätze in den Kommunen bestimmt. Wenn wir da eingreifen wollen, dann greift auch die Konnexität. Darüber sind wir uns sicherlich auch einig: Wer bestellt, bezahlt.
Viertens. Selbst die Baujahre sind streitbar. Wie unterscheidet man ein altes saniertes und ein etwas jüngeres nicht saniertes Haus voneinander? Das ist die nächste Frage, die beantwortet werden muss.
Fünftens. Aufgrund dieser Fehler ist aller Voraussicht auch mit einer Welle von Klagen nach zu rechnen. Ganz zu schweigen - sechstens - von dem hohen Verwaltungsaufwand.
Nach heutigem Erkenntnisstand - ich sage bewusst: nach heutigem Erkenntnisstand, weil noch vieles diskutiert werden muss und aus Berlin noch vorgelegt werden muss - wäre aus unserer Sicht das Äquivalenzmodell - sprich: das Flächenmodell der Bayern - das Beste. Ich sage auch warum.
Die Bayern planen beim Flächenmodell, das Gebäude im Verhältnis zum Grundstück mit 10 : 1 zu bewerten. So habe ich es nachgelesen. Ob es dabei bleibt, werden wir sehen. Da dieses Modell Lage, Alter und Größe unberücksichtigt lässt, ist es sehr transparent und leicht verständlich. Darüber hinaus ist der Verwaltungsaufwand deutlich geringer als bei jedem Ertragswertmodell.
Natürlich könnte man im Hinblick auf die sogenannte soziale Gerechtigkeit einen Nachteil darin sehen, dass Steuerpflichtige mit besonders hochwertigen Immobilien sogar bessergestellt sein könnten. Bevor Sie uns kritisieren, sage ich gleich, das könnte natürlich passieren. Jedoch überwiegen aus unserer Sicht ganz klar die Vorteile.
Erstens. Das Modell ist einfach und gut vermittelbar. Ich habe das gerade zum Kollegen Schröder gesagt: Bei Kfz gleichen Hubraums interessiert auch keinen Menschen, ob es ein Porsche oder ein Ford ist. Es wird auch akzeptiert, weil die Leute es nachrechnen können.
Drittens. Der Verwaltungsaufwand ist von allen Modellen am geringsten. Es hat damit auch das beste Aufwand-Nutzen-Verhältnis.
Viertens. Es weist eine deutlich leichtere Umsetzbarkeit auf. Die Bemessungsgrundlage muss nur bei An- und Umbauten angepasst werden.
Für eine abschließende Bewertung braucht es jedoch noch viele Diskussionen. Herr Knöchel, wir werden mit Sicherheit noch darüber diskutieren. Kollegin Schindler, auch Sie haben ja gerade für ein Nachtragsmodell plädiert. Daher freue ich mich auf die ganzen Diskussionen.
Vor allem brauchen wir erstmal den Beschluss aus Berlin, was denn eigentlich kommt. Deswegen hatte ich schon im Finanzausschuss zu Ihnen, Herr Knöchel, gesagt, dass die Diskussion zu früh kommt.
Generell benötigen wir in Anbetracht dunkler Wolken am Konjunkturhimmel eine große Steuerreform verbunden mit einer Entlastung des Mittelstandes und der Mittelschicht als Träger dieser Gesellschaft. Ein erster Ansatz wäre eine Bundesratsinitiative.
Die Finanzpolitiker der Koalition sind sich schon darin einig, dass wir dort eine Bundesratsinitiative für einen neuen Verteilschlüssel für die Umsatz- und die Gewerbesteuer brauchen. Eine nachvollziehbare und einfache Grundsteuer wäre dafür ein erster richtiger Schritt.
Eine Reform der für die Kommunen wichtigsten Steuer, der konjunkturabhängigen - Herr Farle hat es vorhin als Zwischenruf auch gesagt - Gewerbesteuer wäre ein wichtiger zweiter Schritt. Vor allem müssen wir die Folgen für die Einnahmen Sachsen-Anhalts und den Länderfinanzausgleich im Blick haben.
Eines noch mal so als Abschluss: Die CDU lehnt einen Angriff auf erarbeitetes Privateigentum strikt ab. Ich freue mich auf spannende Diskussionen im Finanzausschuss. - Vielen Dank.
Ich sehe keine Fragen. Dann danke ich Herrn Heuer für den Redebeitrag. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Herr Meister. Herr Meister, Sie haben das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt leider immer wieder die Fälle, in denen ein Reformbedarf offenkundig vorhanden ist, die tatsächliche Reform dann aber nicht vom Gesetzgeber eingeleitet, sondern vom Verfassungsgericht eingefordert, ja sogar geradezu erzwungen wird.