Protokoll der Sitzung vom 29.08.2019

im 21. Jahrhundert widerspiegelt, ist kein wirklich abwegiger Gedanke. Dass das Bundesverfassungsgericht dies wirklich erst ultimativ formulieren musste und sich dabei auf die im Verhältnis zu den geradezu frischen westdeutschen Einheitswerten von 1964 bezog, ist kein Ruhmesblatt bundesdeutscher Gesetzgebung.

Die Bedeutung der Grundsteuer für die kommunalen Haushalte wurde heute schon völlig korrekt dargelegt. Ich will nicht verhehlen, dass auch wir mit großer Sorge nach Berlin geschaut haben und noch schauen, ob innerhalb der gesetzten Fristen dort eine Regelung zustande kommt.

Andernfalls wären wir als Land gezwungen gewesen, in einer hektischen Hauruckaktion eine eigene Landesregelung auf die Beine zu stellen, um unsere Kommunen vor millionenschweren Steuerausfällen zu bewahren. Ich gehe davon aus, dass dieses Szenario abgewendet ist.

Da sich der Bund auf Drängen insbesondere Bayerns für eine Länderöffnungsklausel entschieden hat, stehen wir als Land vor der Frage, ob wir von dieser Öffnung Gebrauch machen und eine eigene Regelung auf den Weg bringen oder ob wir die Bundesregelung für Sachsen-Anhalt anwenden.

Aus der Sicht meiner Fraktion ist die Bundesregelung vielleicht nicht die schönste aller möglichen Varianten. Sie hat aber wesentliche Vorteile. Letztlich stehen sich ja grob zwei Modelle gegenüber. Man könnte die Grundsteuer ganz schlicht nach der Grundstücksfläche berechnen; Herr Heuer ist darauf eingegangen. Das ist sehr einfach und transparent. Allerdings geht wie so oft im Steuerrecht mit Einfachheit auch eine gewisse Ungerechtigkeit einher.

Wäre es wirklich gerecht, wenn für ein Grundstück in bester Lage mit hochwertigen Wohnungen die gleiche Steuer anfällt wie für Oma ihr unsaniertes klein Häuschen, nur weil die Grundstücksfläche gleich ist? Daran habe ich doch erhebliche Zweifel.

Auch ob eine solche Regelung der vom Verfassungsgericht geforderten gleichheitsgerechten

Ausgestaltung der Wertbemessung entspricht, kann man bezweifeln. Frau Schindler ist völlig zu Recht auf die Frage des ländlichen Raums eingegangen. Ich glaube, der würde bei einer solchen Verfahrensweise auch schlechter wegkommen.

Eine Einbeziehung des tatsächlichen Grundstückswertes - das war übrigens Anlass für das Verfassungsgerichtsurteil - scheint mir angemessen. Das entspricht auch der bisherigen grundsätzlichen Ausrichtung der Grundsteuer, führt aber natürlich zu einem komplizierteren Festsetzungsverfahren.

Der jetzt vom Bund eingeschlagene Weg dürfte ein gangbarer sein. Man darf hoffen, dass wir sowohl die Verfahren als auch die Erhebung der erforderlichen Daten bis zum Jahr 2025 hinkriegen.

Das Einschlagen eines eigenen Wegs für das Land Sachsen-Anhalt setzt nicht nur voraus, dass wir uns inhaltlich auf ein eigenes Verfahren verständigen. Das könnte ja eine sehr interessante Diskussion werden. Wir müssten den Sonderweg dann auch selbst verfahrenstechnisch umsetzen. Das wäre zumindest ein erheblicher zusätzlicher Aufwand, der die Effizienz eines solchen Vorgehens fraglich erscheinen lässt.

Ein gemeinsames Verfahren mit anderen Bundesländern möchte ich nicht generell ausschließen. Sinnvoll wäre es aber nur dann, wenn es inhaltliche Vorteile bringt. Das tut zumindest das bayrische Modell nach unserer Auffassung nicht.

Dann sind noch einige Worte zur Aufkommensneutralität zu sagen. Zum Teil lesen sich die politischen Bekenntnisse dazu als Versprechen, dass zukünftig niemand mehr zahlen muss. Zumindest wird das in der Bevölkerung zum Teil so als Versprechen der Politik verstanden. Da sind bittere Enttäuschungen vorprogrammiert. Wenn alle das Gleiche zahlen würden wie vorher, hätten wir ja die alte verfassungswidrige Regelung. Der Herr Minister ist darauf eingegangen.

Es geht natürlich darum, dass es im Durchschnitt in etwa so bleibt. Das wird in vielen Fällen zu Minder-, aber eben auch zu Mehrbelastungen führen. Ich ahne schon jetzt, dass sich die Klagen der Minderbelasteten in Grenzen halten werden und die stärker Herangezogenen die Kommentarbereiche und Leserbriefspalten dominieren werden.

Die letzte Entscheidung liegt darüber hinaus ohnehin bei der jeweiligen Kommune und ist uns entzogen, auch wenn der Kollege recht hat, dass wir bei den Kommunalfinanzen sehr wohl über die Entscheidungsspielräume mitreden.

Die Grundsteuer C wurde angesprochen. Ich meine auch, es ist eine interessante Entwicklung. Ob die für Sachsen-Anhalt maßgeblich ist, bleibt abzuwarten. Für die Großstädte und ihre speziellen Probleme, meine ich, ist es eine angemessene Regelung.

Die Frage der Umlagefähigkeit - das wurde heiß diskutiert - ist eine Bundesangelegenheit. Insofern muss man gucken, was der Bund macht. Meine Bundestagsfraktion hat das als Bedingung dafür gesetzt, dass sie der Verfassungsänderung zustimmen. Insofern meine ich, dass es tatsächlich zu dieser Veränderung kommen wird.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich fordere abschließend vom Bund einen schnellen Abschluss des dortigen Gesetzgebungsverfahrens. Unser Ziel ist es dann, die Grundsteuer als wichtige Einnahmequelle der Kommunen zuverlässig und gerecht auch in Sachsen-Anhalt umzusetzen. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fragen sehe ich nicht. Dann danke ich Herrn Meister für den Redebeitrag. - Jetzt erteile ich noch mal Herrn Knöchel für die Fraktion DIE LINKE das Wort. Herr Knöchel, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Heuer, der Finanzminister wird Ihnen versichern, dass kein einziger Betrieb in unserem Land ungeprüft bleibt, bloß weil ich die Bevölkerung unseres Landes vertreten darf.

Aber weil eben Finanzbeamten ein gewisses Maß an Genauigkeit nachgesagt wird, muss ich mich nach dem Hinweis des Herrn Finanzministers ein wenig korrigieren. Das kommt davon, wenn die Koalition uns die Mittagspause mit dem grünen Band versüßt, dann schreibt man mitunter eine Zahl falsch ab. Das ändert nichts an der Einschätzung. Aber Sie haben recht, ich habe statt der Istzahlen die Hebesätze genannt.

Die Einschätzung, die im Übrigen folgte, dass wir in Sachsen-Anhalt vor dem Hintergrund, dass wir bei Grundstücken, die weniger Verkehrswert haben als in alten Bundesländern, trotzdem eine überproportionale Steuerbelastung haben, ergibt sich aus den Steuerzahlen. Diese Korrektur wollte ich - das hat mir keine Ruhe gelassen - wenigstens noch bringen.

Vielleicht noch zu Herrn Heuer. Sie haben das Flächenmodell in leuchtenden Farben gepriesen. Nachdem es das erste Mal vorgestellt worden ist, ist es, wie übrigens zum Wertmodell, in der Steuerfachliteratur zu Zehntausenden Aufsätzen gekommen, die jeweils dem anderen Modell die Verfassungswidrigkeit bescheinigen. Es ist im Steuerrecht wie immer: Jede Frage, die von einem Gericht geklärt werden kann, wird auch von einem Gericht geklärt. Wir werden in zehn Jahren klüger sein. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich danke Herrn Knöchel für den Redebeitrag. - Beschlüsse zur Sache werden gemäß § 46 der Geschäftsordnung nicht gefasst. Damit ist der Tagesordnungspunkt 8 erledigt.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 16

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über die Auflösung der Personenzusammenschlüsse alten Rechts in Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 7/4653

Einbringerin ist die Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert. Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf über die Auflösung der Personenzusammenschlüsse alten Rechts hat zum Ziel, Rechtsklarheit zu einem überholten Rechtsgebilde aus dem 19. Jahrhundert zu schaffen.

Im vorvergangenen Jahrhundert wurden die ländlichen Bodenverhältnisse neu geordnet und der Grundbesitz neu aufgeteilt. Dabei wurden sogenannte Separationsgemeinschaften gebildet, die gemeinsam genutzte Grundstücke wie Wirtschaftswege oder Gräben zu verwalten und zu unterhalten hatten.

Um die rechtliche Handlungsfähigkeit der Separationsgemeinschaften nach der Wiedervereinigung vorläufig zu sichern, wurde 1992 in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch eine Übergangsvorschrift eingefügt. Diese regelt eine Art Notgeschäftsführung durch die Gemeinden, nimmt jedoch keine Vermögenszuweisung an die betreffenden Gemeinden vor. Die Gemeinden verwalten das Vermögen der Personenzusammenschlüsse daher lediglich treuhänderisch.

Nach nunmehr 27 Jahren ist es dringend angezeigt, diese von Anfang an als vorübergehend angedachte Lösung durch eine abschließende und endgültige landesgesetzliche Regelung zu ersetzen. Sachsen-Anhalt ist neben Thüringen das letzte Bundesland, in dem sich diese Problematik stellt.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Rechtsbereinigungsgesetz. Er sieht die Auflösung der handlungsunfähigen Personenzusammenschlüsse alten Rechts in Sachsen-Anhalt vor. An die Stelle dieser aufgelösten Personenzusammenschlüsse treten die Gemeinden, denen die Grundstücke und das sonstige Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übertragen werden. Mit dem Übergang des Vermögens übernehmen die Gemeinden die Rechte und Pflichten der alten Personenzusammenschlüsse.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, ich sehe eine Nachfrage.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich begrüße es ausdrücklich, dass wir uns als Sachsen-Anhalt auf den Weg machen, dieses Problem zu lösen. Ich habe eine Frage, bei der ich seit Monaten nicht zu einer Antwort komme. Es betrifft Ihr Haus.

Ich habe in meinem Wahlkreis einen Fall, in dem eine solche Fläche durch die Gemeinde - in Anführungsstrichen - verwaltet wird, wie Sie es dargestellt haben. Auf dieser Fläche soll eine Naturschutzmaßnahme stattfinden. Die Gemeinde würde ganz gern Fördermittel in Ihrem Hause beantragen.

Jetzt bekommt der Stadt, die betroffen ist, ständig gesagt, das gehe nicht, weil ihr das Grundstück nicht gehöre.

Jetzt habe ich im Ministerium versucht, eine Antwort zu bekommen: Sind sie in der Lage oder berechtigt, Fördermittel zu beantragen, um etwas Sinnvolles zu machen, oder sind sie es nicht? - Ich bekomme weder ein Ja noch ein Nein. Können Sie mir helfen?

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Herr Hövelmann, es freut mich ja sehr, dass Sie jetzt in mich das Vertrauen setzen, dass ich Ihnen eine Antwort gebe, die das Haus Ihnen länger nicht geben konnte.

Ich kenne den Vorgang nicht, aber wenn ich mir das angucke, ist es ja so: Im Augenblick wird es treuhänderisch verwaltet. Da kann niemand irgendetwas tun. Das ist ja einer der Gründe, warum wir das endlich einmal bereinigen müssen. Wenn es an die Gemeinde übertragen wird, dann kommt es darauf an, um welche Fördermittel es geht und ob Gemeinden für die Fördermittel antragsberechtigt sind. So würde ich das jetzt sehen.

Herr Hövelmann, Sie haben noch eine Nachfrage.

Dann will ich konkret nachfragen, damit ich auch vor Ort Auskunft geben kann: Die Gemeinde muss sich gedulden, bis wir das Gesetz unter Dach und Fach haben?

Der Vorgang selbst, um den sie sich vor Ort bemühen, ist tatsächlich auch für die Gemeinde förderfähig; das wissen wir schon. Es geht nur darum, dass sie im Moment nicht Eigentümer der Fläche ist, sondern nur treuhänderischer Verwalter.