In vier Unterarbeitsgruppen wurden unter der Leitung von Sachsen-Anhalt Handlungsfelder identifiziert und mit Empfehlungen unterlegt, zum einen der barrierefreie Ausbau der Schutz- und Opferunterstützungseinrichtungen für Frauen mit unterschiedlichen Behinderungen, zum anderen die Entwicklung von Versorgungsstrukturen für gewaltbetroffene Frauen mit sogenannten multiplen Problemlagen, zum Beispiel Sucht oder psychische Krankheit.
Weiterhin ging es um einen Finanzierungsausgleich bei einer länderübergreifenden Unterbringung. Das ist ein Problem insbesondere in grenznahen Gebieten, aber auch für Stadtstaaten. Schließlich wurden notwendige Unterstützungsangebote für die im Frauenhaus mit aufgenommenen Kinder und Möglichkeiten der Finanzierung thematisiert.
Diese Empfehlungen will ich nicht im luftleeren Raum umsetzen. Der barrierefreie Ausbau der Frauenhäuser muss mit den kommunalen Spitzenverbänden und der Liga der Freien Wohlfahrtspflege besprochen werden. Der Bund hat dazu noch in diesem Jahr ein Modellprojekt in Aussicht gestellt.
Ein besonderes Herangehen - da gebe ich meinen Vorrednerinnen durchaus Recht - brauchen Kinder im Frauenhaus. Als mittelbar oder unmittelbar Betroffene von gewalttätigen Auseinandersetzungen brauchen sie spezifische Konzepte und Angebote sowie Betreuung, wenn diese von den Müttern nicht geleistet werden kann.
Insoweit ist eine Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration erforderlich, das für die Kinderbetreuung, aber insbesondere auch für die Kinder- und Jugendhilfe verantwortlich zeichnet. Im Hinblick auf die spezifisch mit der erfahrenen Gewalt zusammenhängenden Probleme könnte das Justizministerium mobile Teams einrichten bzw. fördern, die die Arbeit unterstützen.
Bei den Haushaltsanmeldungen für die Jahre 2017 und 2018 sind jedenfalls entsprechende Mittel eingestellt worden unter Wahrung des Eckwertes.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine Fragen. - Dann steigen wir in die Fünfminutendebatte ein. Die erste Rednerin ist Frau Prof. Dr. KolbJanssen. Sie haben das Wort, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ministerin hat es eben noch einmal dargestellt. Wir haben in Sachsen-Anhalt ein gut ausgebautes flächendeckendes Netzwerk an Unterstützungseinrichtungen für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder.
Dass wir es in den letzten Jahren immer wieder geschafft haben, dieses System zu stärken, ist auch dem Konsens in diesem Hohen Haus geschuldet, der bewirkt hat, dass wir in den Haushaltsberatungen immer wieder Geld in diesen Topf gegeben haben, zuletzt um zu gewährleisten, dass die Kolleginnen und Kollegen, die dort seit Jahren eine wirklich aufopferungsvolle, engagierte Arbeit leisten, wenigstens nach Tarif bezahlt werden.
Da einige Kolleginnen und Kollegen heute auf der Tribüne sitzen, möchte ich an dieser Stelle zum Ausdruck bringen, dass Ihnen, den Kolleginnen und Kollegen, die ihren Job tagtäglich unter schwierigen Rahmenbedingungen machen, gerade angesichts der gestiegenen Herausforderungen in den letzten Jahren mein Respekt und meine Anerkennung gilt.
Besonders betroffen und im besonderen Augenmerk unseres Antrages sind Kinder, die zum Teil Gewalt an ihrer Mutter, Gewalt zwischen ihren Eltern erlebt haben. Es gibt aber auch ganz viele Kinder, die selbst Gewalt erfahren haben. Wir wissen, dass Kinder mit Gewalterfahrungen unter Beeinträchtigungen ihrer geistigen und körperlichen Entwicklung leiden. Deshalb ist es seit Jahren schon eine politische Forderung, dafür zu sorgen, dass auch die Kinder in den Frauenhäusern eine eigene Betreuung erhalten.
Im Moment ist es so, dass das Land und die Kommunen zwar die Plätze für die Frauen finanzieren, aber die Kinder, die in den Frauenhäusern ankommen, werden quasi mit betreut und mit versorgt, ohne dass dafür Aufwendungen erstattet werden. Hintergrund ist, dass man immer wieder auf das SGB VIII verweist und sagt, es handle sich um Hilfebedarfe nach dem SGB VIII und wenn Anträge gestellt würden, dann würden die entsprechenden Hilfebedarfe auch erfüllt. Aber praktisch funktioniert das nicht.
Ich bin froh, dass es zwei Frauenhäuser in Sachsen-Anhalt gibt, bei denen die Kommunen dies für so wichtig halten, dass sie jeweils eine Mitarbeiterin finanzieren, die speziell für die Betreuung der Kinder zuständig ist. Es ist ganz wichtig, dass wir das auch in den anderen Bereichen hinbekommen.
Hier sehe ich tatsächlich auch den Bund in der Pflicht und ich höre mit Sorge, Frau Ministerin, dass das Modellprojekt, das seit zwei Jahren versprochen wird, jetzt vielleicht bis zum Jahresende umgesetzt werden soll. Das ist eigentlich ein Stück aus dem Tollhaus.
Anhand dieses Modellprojektes sollte untersucht werden, wie die Finanzierungsbedarfe von Frauenhäusern darstellbar sind, um einfach eine bundesweit einheitliche Belastungsgröße und Standards zu haben. Da hat der Bund leider bis heute nicht geliefert. Deshalb erwarte ich auch hier in Sachsen-Anhalt konkrete politische Initiativen.
Die Arbeitsgruppe ist gut und wichtig, aber ich glaube, wir kommen jetzt nur weiter, wenn wir auf der Bundesebene einfordern, dass es einen bundesgesetzlich geregelten Rechtsanspruch auf Zugangs- und Unterstützungsleistungen gibt. Denn wenn wir einen solchen bundesgesetzlich verankerten Rechtsanspruch hätten, könnte keine Kommune mehr sagen, sorry, tut mir leid, das Betreiben eines Frauenhauses ist eine freiwillige Aufgabe und angesichts der Haushaltssituation können wir diese freiwillige Aufgabe nicht leisten. Ich glaube, dass es, wenn man an dieser Stelle hart bleibt, tatsächlich gelingen wird, dafür die notwendigen Mehrheiten auf der Bundesebene zu bekommen.
Ja, es geht uns also um die Finanzierung, gerade der Betreuung von Kindern. Ich habe mit Freude gehört, dass es jetzt mobile Teams geben soll. Aber mitnichten, das ist nicht das, was wir eigentlich wollen. Wir wollen, dass Kolleginnen und Kollegen tagtäglich in den Frauenhäusern für die Betreuung der Kinder verfügbar sind.
Ich möchte auch noch eines zur aktuellen Situation sagen. Es klingt möglicherweise profan. Es waren 83 Frauen und 96 Kinder mit Migrationshintergrund, die im letzten Jahr in den Frauenhäusern betreut worden sind. Tatsächlich ist das eine Herausforderung, für die die Frauenhäuser bisher keinerlei finanzielle Unterstützung bekommen haben.
Wenn ihnen dann in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Frau von Angern noch vorgehalten wird, dass sie ja nichts dafür ausgegeben haben, dann ist das eigentlich Hohn. Das trägt dem Anspruch, dem die Kolleginnen und Kollegen gerecht werden wollen, in keiner Weise Rechnung.
Ich bin froh darüber, dass wir jetzt mit dem Antrag formuliert haben, was uns wichtig ist. Natürlich kann man darüber hinausgehende Forderungen erheben, wie es in dem Antrag der Fraktion DIE LINKE nachzulesen ist. Wir haben uns erst einmal für das entschieden, was finanzierbar ist. Ich kann Ihnen versprechen, wir werden in den Haushaltsberatungen auch dafür sorgen, dass die Dinge, die uns wichtig sind, finanziert werden. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kolb-Janssen. - Der nächste Redner ist der Abg. Herr Lehmann von der AfDFraktion. Sie haben das Wort, Herr Lehmann.
Vielen Dank. - Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Das Thema Frauenhaus - der Antrag der Fraktion DIE LINKE wie auch der Antrag der Koalitionsfraktionen sind im Ganzen erst einmal sehr wohlklingend. Denn niemand in diesem Raum ist für Gewalt gegen Frauen und Kinder. Jeder von uns ächtet so etwas.
Die Arbeit der Frauenhäuser und die ehrenamtliche aufopferungsvolle Arbeit der Mitarbeiterinnen in diesen Frauenhäusern wird von allen geachtet und geschätzt, besonders auch von mir, weil ich aufgrund meiner Tätigkeit bei der Polizei damit auch beruflich jahrelang zu tun hatte. Im Zuge der Kriminalitätsbekämpfung und bei Gewalt gegen Frauen sind wir dort ein- und ausgegangen. Deshalb gibt es wahrscheinlich wenige, die sich dort so gut auskennen wie ich.
Die Arbeit der Frauenhäuser ist sicherzustellen; das ist gar keine Frage. An dieser Stelle Mittel zu kürzen, wäre schändlich.
Frau solo oder Frau mit Kind, das sind die beiden Hauptkonstellationen im Frauenhaus, die sich immer wiederholen und die deshalb Beachtung finden sollten. Nach Rücksprache mit Leitern solcher Einrichtungen haben sich folgende Punkte bei mir herauskristallisiert:
Die Beseitigung von Defiziten bei der psychologischen Kinderbetreuung durch festangestellte Erzieher ist mit Abstand das wichtigste Problem, was es zu lösen gilt.
Oftmals haben die Muttis, die dort einziehen, Amtswege zu erledigen, gehen einer beruflichen Tätigkeit nach und die Kinder müssen dort fach
Die AfD sieht auch aufgrund der Rücksprachen keinen Bedarf für den sofortigen Ausbau von mobilen ambulanten Betreuungsteams. Das Problem der Festanstellung von Sozialpädagogen am Ort für die Kinderbetreuung ist dort viel gravierender.
Die Frage, die in den Anträgen deutlich wird, nach einer freien Wahl des Platzes in einem Frauenhaus, also ohne Wohnortbindung, stellt sich in der Praxis generell nicht, weil bei der Frauenunterbringung das Prinzip gilt, eine Distanz zum alten sozialen Umfeld herzustellen, in dem Gewalt vorherrscht, indem man aus den Familienbanden ausbricht.
Deshalb ist man generell bestrebt, bei der Unterbringung der Frau eine Distanz zum Wohnort herzustellen, damit - das klappt in den meisten Fällen - nicht der gehörnte, beleidigte, in der Ehre verletzte Ehemann nachts oder am Tage vor dem Frauenhaus steht und seine abtrünnig gewordene Frau dort abholen möchte. Solche Fälle gab es natürlich auch. Diesbezüglich stellt sich die Frage - - Ein Frauenhaus ist eine Schutzzone, ein Schutzbereich für die Frau. Dort sollte sie zur Ruhe kommen.
Die Barrierefreiheit im Frauenhaus spielt in der Praxis auch nicht die Rolle. Das muss ich wirklich sagen. In dem Umfeld, das ich in letzten 25 Jahren geprüft habe, gab es einen Fall mit einer Rollstuhlfahrerin, die konnte man auch bequem im Erdgeschoss dieses Frauenhauses unterbringen. Dafür sind keine kostenintensiven Umbauten erforderlich.
Wir reden von Barrierefreiheit, die in jedem Frauenhaus hergestellt werden muss. Wir unterhalten uns über einen Kronleuchter, den wir an die Decke hängen wollen, und haben teilweise nicht einmal die Mittel, um eine 60-Watt-Glühlampe zu finanzieren. In den Frauenhäusern reicht es oft nicht einmal für die Reparatur eines tropfenden Wasserhahnes oder einer defekten Dachrinne. Dann müssen wir jetzt nicht über Dinge wie Barrierefreiheit reden. Dies ist nicht in jedem Frauenhaus erforderlich. Man kann sich darüber unterhalten, ob man die Barrierefreiheit in jedem vierten oder fünften Frauenhaus herstellt.
In Bezug auf die Tarifbezahlung haben wir einen Bogen, der sich in Sachsen-Anhalt spannt. Tarifgerechte Bezahlung ist für die AfD überhaupt kein Thema. Leistung soll sich lohnen, und wer einen Abschluss als Diplomsozialpädagoge hat, soll für seine Arbeit in einem Frauenhaus auch ein entsprechendes Gehalt bekommen. Wir finden an dieser Stelle in der Praxis Unterschiede von bis zu
50 % bei der Bezahlung. Die Gehälter unterscheiden sich je danach, ob es ein städtischer Träger ist, Caritas oder ähnliche Träger oder ob es kleine Vereine sind, die sich das nicht leisten können.
An dieser Stelle besteht im Land Lösungsbedarf - generell im öffentlichen Dienst. Da muss das Land seine Hausaufgaben machen. Wenn das Land seine Hausaufgaben gemacht hat, dann kann es in solchen Anträgen auch dick auftragen.
Zudem fällt mir auf, dass bei dem Antrag der Koalitionsfraktionen als letzter Satz steht: Sämtliche Maßnahmen werden nur umgesetzt, sofern entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.
Es ist ein schön beschriebenes Papier, das das Papier einfach nicht wert ist. Ich betrachte das Ganze als eine Mogelpackung. Man kann dann sagen, wir haben eine soziale Ader und reagieren auf den Antrag der LINKEN, aber da keine Mittel vorhanden sind, können wir auch nichts tun. Dieser Antrag der Koalitionsfraktionen ist Augenwischerei und Wählertäuschung. Es ist eine große Zaubershow.
Wenn ich mir den Antrag der LINKEN und den Antrag der Koalition anschaue, dann komme ich zu dem Schluss: Wir haben das Problem, dass wir fordern, dass in den Frauenhäusern auch Migranten untergebracht werden. Jetzt kommen wir wieder zu dem Thema Asylproblematik, damit alle zufrieden sind. Die AfD lehnt das ab, weil wir die Frauenhausproblematik nicht als eine Hintertür für die Finanzierung der Flüchtlingspolitik sehen, ganz klare Aussage.
Jetzt schließe ich den Kreis. Ich bin oft genug als Polizeibeamter zu solchen Einsätzen in den Schutzbereich des Frauenhauses gerufen worden, wo gehörnte, aggressive Ehemänner, europäisch geprägte Ehemänner, unsere Leute, ihre Frauen herausholen wollten und dort für Unruhe gesorgt haben. Mir liegen Zahlen vor, wonach wir in den Frauenhäusern der Stadt Berlin einen Migrantenanteil von 60 % bis 80 % haben. Das wollen wir hier nicht. Ein Frauenhaus ist eine Schutzzone - -