Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

Die zweite Frage: Warum forcieren Sie mit diesem Gesetzentwurf eine so auffallende Machtkonzentration bei den Hochschulleitungen?

Frau Heiß, vielen Dank für Ihre Fragen. Ich fange mit der zweiten Frage an, weil ich dazu in der Tat eine eher verblüffte Feststellung von Ihnen höre. Die Machtkonzentration war bei den Rektoraten erstaunlich hoch.

Wenn Sie sich einmal anschauen, was die Mitwirkungsrechte des akademischen Senats, also des Sitzes der hochschulischen Demokratie, betrifft, dann finden Sie im heutigen Gesetz an sehr vielen Stellen, vor allen Dingen, wenn es um wirtschaftliche Aktivitäten geht, um die Haushaltsplanung und Ähnliches, zwar eine Art Anhörungsrecht oder der Senat ist zu informieren, aber er beschließt es nicht.

Das Rektorat war und ist nach dem geltenden Recht ziemlich autonom. Das ändern wir wieder. Wir übertragen diese Rechte wieder zurück auf den akademischen Senat. Er beschließt wieder über den Haushaltsplan, über den Wirtschaftsplan. Das ist meines Erachtens eine Reduktion der Rechte der Rektorate; denn der Illusion von einem vorstandsgleichen Rektorat, ein bisschen wie in einer Aktiengesellschaft, hängen jedenfalls moderne Wissenschaftspolitiker nicht mehr an.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Zur ersten Frage: Korruptionsvorsorge. Frau Heiß, für Hochschulen, die Teil des öffentlichen Sektors sind, gelten sämtliche Korruptionsvorsorge- und -verhinderungsregelungen, die für den öffentlichen Sektor gelten. Diese müssen wir nicht im Einzelnen aufnehmen. Glauben Sie mir, ich mache doch hier kein Tor für Korruption auf.

Und für Vetternwirtschaft? Na ja, warum unterstellen Sie denn, dass die Vetternwirtschaft dadurch leichter möglich wird? - Wenn wir sagen, liebe Freunde, wenn ihr euch eine Berufungsordnung gebt, wenn dann ein Verfahren über einen akademischen Senat, über einen Beschluss eines Fachbereichsrats, über eine Berufungskommission begleitet wird, mit unglaublich vielen Partnern und Vertretern, dann ist das Binnenkontrolle. Dann brauchen Sie nicht hinten, am Ende, das Ministerium, sondern dann müssen Sie einfach darauf vertrauen, dass dieser Organismus an sich, dieser lebendige akademische Organismus, selbst dafür Sorge tragen wird, dass keine Vetternwirtschaft entsteht.

Wenn wir Anhaltspunkte dafür haben, liebe Frau Heiß, dann können wir selbstverständlich eingreifen. Es geht mir nur darum, dass wir Regel und Ausnahme verändern. Regelfall ist in Zukunft, dass das Ministerium beteiligt wird, wenn die Stelle ausgeschrieben werden soll. Dann wollen wir nämlich wissen, was die Hochschulen vorhaben. Danach kann das Verfahren dort aber autonom laufen. Solange wir keinen Anhaltspunkt für irgendwelchen Missbrauch haben, gehen wir auch davon aus, dass der Ruf letztlich vom Rektor, von der Rektorin erteilt werden kann.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Nein, das reicht, liebe Frau Heiß, für die Mehrzahl der anderen Bundesländer auch. Oder sind Sie gegenüber unseren Hochschulen misstrauischer als unsere parlamentarischen Freundinnen und Freunde gegenüber ihren Hochschulen in mindestens zehn anderen Bundesländern?

Eine Nachfrage? - Bitte, Frau Heiß.

Was den Senat angeht, beziehe ich mich vor allen Dingen auf § 36 zu den Berufungsverfahren. In Punkt 4 haben Sie einiges weggenommen.

Ja.

Ich habe tatsächlich in den letzten Monaten einige Schreiben von unterschiedlichen Hochschulmitarbeitern erhalten, die dort tätig sind, die genau danach gefragt haben, die mich genau darauf hingewiesen haben. Das werden wir sicherlich noch einmal in der Anhörung thematisieren. Ich wollte an dieser Stelle schon einmal danach fragen. Ich denke, es ist nicht so einfach, wie Sie es jetzt darstellen, was die interne Kontrolle an den Hochschulen angeht. - Danke schön.

Frau Heiß - darf ich? -, möglicherweise habe ich ein größeres Vertrauen in die Kolleginnen und Kollegen früherer Tage. Aber, wissen Sie, wenn diejenigen, die sich bei Ihnen melden und abstrakt oder konkret Sorge tragen, dass ein Verfahren keinen ordnungsgemäßen Verlauf nimmt, dann haben Sie in Zukunft immer die Möglichkeit, sich auch vertrauensvoll an Ihr Ministerium zu wenden und zu sagen, es liegt etwas im Argen. Dann können wir sofort eingreifen. Es ist kein Totalverzicht. Wir sagen nur, der Regelfall ist tatsächlich vom Vertrauen geprägt, und dieses Vertrauen heißt: Ein durchgängiges, schnelles Berufungsverfahren an der Hochschule sichert uns den Zugriff auf Spitzenkräfte.

Dann hat Herr Harms eine Frage - oder eine Intervention, egal wie.

Herr Präsident, ich habe eine Frage. Ich werde mich auch darum bemühen, dass Sie von mir niemals Interventionen hören.

Herr Minister, auf Seite 32 des von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurfes wird dafür geworben, dass Hochschulen Professoren und Professorinnen zur Gründung oder Begleitung von Unternehmen beurlauben können. Wird mit dieser Formulierung eine bezahlte Freistellung ausgeschlossen oder ist sie darin enthalten?

Sehr schön. - Also, wir kennen im Grunde beide Formen der Beurlaubung, mit und ohne Bezüge. Diese Beurlaubung, wie sie jetzt vorgeschlagen wurde, wäre tatsächlich eine Beurlaubung ohne Bezüge. Wir hatten in einer ursprünglichen Fassung einmal die Version, nach der es wie ein Forschungsfreisemester behandelt wird. Sie wissen, alle vier Jahre gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Professuren in ein sogenanntes Forschungsfreisemester. Das ist eine bezahlte Freistellung, jetzt schon, seit dem ersten Hochschulgesetz dieses Landes.

Unser Modell hier, die Beurlaubung, ist eine nicht bezahlte Beurlaubung, aber eben eine solche, welche die Möglichkeit der Rückkehr auf die jeweilige Professur erlaubt, ein Beurlaubungsmodell, so, wie wir es in anderen Fällen im Übrigen auch im öffentlichen Dienst haben.

Herr Harms, noch eine Nachfrage?

Eine kurze. - Herr Minister, wären Sie bereit dazu, im Ausschuss auch darüber zu diskutieren, ob es sinnvoll wäre, auch Doktoranden und anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern solche Möglichkeiten einzuräumen, die zwar nicht verbeamtet sind, die aber in vielen Fällen wahrscheinlich das viel größere intellektuelle, modernere - weniger erfahren, aber moderner - in die Zukunft gerichtete Potenzial mitbringen?

Herr Harms, ich habe - - Pardon!

Ja, machen Sie mal.

Herr Harms, ich habe von diesem Vorschlag schon gehört. Ich will Ihnen sagen, ich finde ihn ganz ausgezeichnet. Da waren wir in der Tat nicht fantasievoll genug, dass man diese Regelung der Beurlaubung gleich ausdehnt und zumindest optional auch für die anderen Mitarbeiter eröffnet. Ich bin nicht nur bereit, darüber zu diskutieren, sondern ich würde es sogar ausdrücklich unterstützen.

Wir sollten es uns im Einzelnen noch einmal anschauen, wie man es macht; denn klar muss natürlich auch sein: Es muss tatsächlich ein relevan

tes Projekt dahinterstecken, eines mit Aussicht auf Erfolg. Wir wollen in Zukunft ja das Wechselspiel haben aus Absicherung mit der Stelle an der Hochschule und Gründungsaktivität im Interesse des Landes. - Vielen Dank.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Wir würden das auch mit vortragen!)

Gut. Dann sehe ich keine weiteren Nachfragen mehr, Herr Minister. Dann dürfte die Freude in der Diskussion jetzt erst einmal beendet werden.

Wir kommen jetzt zur Debatte der Fraktionen. Es ist eine Fünfminutendebatte. Es spricht zuerst für die AfD-Fraktion Herr Dr. Tillschneider. Herr Dr. Tillschneider, Sie haben das Wort.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Ihm fehlt der Karzer an der Universität!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Paket an hochschulgesetzlichen Änderungen bietet ein Flickwerk, wie wir es von der Kenia-Koalition nicht anders kennen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Oh!)

Es kommen unterschiedliche Tendenzen zur Geltung. Es ist keine klare Linie erkennbar. Es wird im Großen und Ganzen der Status quo fortgeschrieben.

Einige Dinge sind durchaus begrüßenswert, andere nicht der Rede wert und wiederum anderes vergällt die Mixtur so sehr, dass wir nach sorgfältiger Abwägung des Für und Wider nicht zustimmen können.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Eine Überraschung!)

Ich fange mit dem Lobenswerten an, steigere mich dann im Sinne einer Klimax hin zum Kritikwürdigen und ende beim ganz und gar Unverdaulichen.

Es ist gut, dass Sie die Anwesenheitspflicht lockern wollen; denn wichtig ist nicht, wo die Studenten lernen, wichtig ist, dass sie lernen. Dem einen bringen die Vorlesungen und Seminare etwas, der andere lernt besser im stillen Kämmerlein. Fast scheint es mir, hier hätte jemand ein wenig alte akademische Freiheit wiederentdeckt.

Es ist auch gut, dass Sie die Langzeitstudiengebühren abschaffen wollen; denn Bildung ist nichts, was man sich kaufen können sollte und auch nichts, wofür Eintrittsgeld bezahlt werden sollte, sondern etwas, das man nur durch harte Arbeit an sich selbst erlangen kann.

(Zustimmung bei der AfD)

Im Übrigen hatten diese Gebühren, wie schon gesagt, ohnehin keinen messbaren Steuerungseffekt, also weg damit. Leider bleiben aber die Gebühren für ein Zweitstudium erhalten. Auch diese Gebühren hätte man streichen können. Wenn jemand schon ein Studium abgeschlossen hat, dann ist es ein echtes Kunststück, sich noch Freiraum für ein zweites Studium zu schaffen. Wem das gelingt, der sollte nicht noch durch Studiengebühren belastet werden, der sollte in seinem Bildungsstreben zumindest dadurch gefördert werden, dass er nicht noch Studiengebühren berappen darf. Vielleicht können wir hier noch nachbessern.

Schließlich ist es auch gut, dass die Anerkennungsverfahren für Studenten mit ausländischer Zugangsberechtigung erleichtert werden. Unser Abiturniveau ist bislang dermaßen miserabel, dass es zunehmend peinlich wäre, wenn wir ausländischen Studenten noch von oben herab mit dem Generalverdacht begegnen würden, ihre Hochschulzugangsberechtigung sei weniger wert. Ich bin mir sicher, dass die Hochschulzugangsberechtigung in so manchem osteuropäischen Land, in dem an der Schule ein anderer Wind weht, mittlerweile mehr wert ist als unser Abitur.

Außerdem begrüßen wir die Erleichterung als ein Schritt der Entbürokratisierung; denn Entbürokratisierung an der Universität tut not.

Leider wird durch den Gesetzentwurf aber das, was auf der einen Seite an Bürokratie eingespart wird, auf der anderen Seite wieder zunichtegemacht, indem an anderer Stelle die Bürokratie aufgebläht wird.

Die vorgesehene Promovierendenvertretung beispielsweise ist überflüssig wie ein Kropf. Sie schafft nur Wichtigtuern eine Bühne und bringt nichts bis auf den Umstand, dass wieder ein Stück mehr von der 68er-Idee der Gruppenuniversität verwirklicht wird. Doktoranden sollen sich nicht in Demokratiesimulationsspielen ergehen und ihre Zeit nicht mit nichtsnutzigem Vertretungsquatsch vertrödeln, sie sollen promovieren.

Kritisch zu sehen ist auch, dass das Berufungsgericht vollständig auf die Hochschulen übertragen werden soll. Da an den Universitäten mittlerweile der rasende Wahnsinn in seiner Dreifaltigkeit aus Genderwahn, Klimawahn und Migrationswahn regiert, wirkt das Ministerium noch als zügelndes Bollwerk.

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

Die Beamten im Wissenschaftsministerium scheinen im Schnitt noch etwas vernünftiger als die Professorenschaft zu sein, zumindest in den Geisteswissenschaften. Aus ebendiesem Grund kann nach einem politischen Umschwung, den wir her

beisehnen, auf den wir hinarbeiten, die Heilung der Universität nicht aus der Universität selbst kommen, sondern nur von oben, von der Politik, aus dem Ministerium, weshalb die Mitsprachemöglichkeiten des Ministeriums bei der Besetzung von Professorenstellen unbedingt erhalten bleiben müssen.

Vollends abzulehnen schließlich ist, dass der Gesetzentwurf die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen vorantreiben will. Das heißt nicht die Gleichberechtigung, die mittlerweile vollumfänglich hergestellt ist und die wir befürworten, sondern die gezielte Überprivilegierung von Frauen und die Diskriminierung von Männern, also die Ungleichberechtigung der Geschlechter,

(Zustimmung bei der AfD - Sebastian Strie- gel, GRÜNE: Tss, tss! - Silke Schindler, SPD: Davor haben Sie Angst!)