Wir haben an den gemeinsamen Gesprächen teilgenommen und genau das artikuliert, was an uns herangetragen worden ist. Das werden wir natürlich auch weiterhin tun, ob Ihnen das gefällt oder nicht.
Wir haben zwei Punkte in unserem Antrag formuliert. Der erste Punkt betrifft die Fachstelle. Ich habe zum ersten Mal von dieser Lindius-Geschichte gehört. Ich bitte ausdrücklich darum, dass wir relativ zügig, also noch bevor wir die Beratungen im Bildungsausschuss aufnehmen, eine Darstellung des Sachverhaltes erhalten.
Das betrifft die Fragen, die Frau Hohmann nicht stellen konnte. Diese Fragen habe ich auch auf dem Zettel gehabt, nämlich wer ist das, welche Kompetenzen und welche Aufgabenstellung hat
er und mit welchen Ressourcen ist er ausgestattet. Wir wollen wissen, ob wir über das Gleiche reden; denn wir wollen uns natürlich nicht hinter den fahrenden Zug werfen.
Wenn es tatsächlich etwas gibt, von dem wir bisher nichts wussten, dann schauen wir es uns natürlich gern an. Wenn es allerdings nicht das ist, was wir für notwendig halten, dann wollen wir auch an dieser Stelle weiterarbeiten.
Herr Aldag hat den Begriff des Flickenteppichs verwendet. Dazu hat noch niemand etwas gesagt. Wir haben einen Flickenteppich, und zwar einen mit riesigen Löchern und mit wenig tauglichen Flicken. Es gibt sie natürlich; es gibt die Inseln und Oasen.
Ich werbe ausdrücklich dafür, dass wir uns so aufstellen, dass es eine Erfolgsgeschichte wird, wie es Frau Gorr gesagt hat. Es wird aber keine Erfolgsgeschichte werden, wenn dieser Flickenteppich hinterher zwar qualitativ verbessert, aber trotzdem ein Flickenteppich ist. Diese Gefahr besteht ausdrücklich. Es gibt ganz klare Hinweise darauf.
Dies mag nicht in allen Landkreisen so sein. Ich will auch keine Namen nennen. Es gibt aber Landkreise, die sagen, sie hätten kalkuliert, was erforderlich sei, und zwar das, was hinter dem Glasfaseranschluss kommt. Dafür brauchen sie das Doppelte, allein für die Elektroinstallation. Deswegen habe ich gesagt, es mag nicht überall gleich sein. Es gibt Schulen, die haben und kennen das alles schon. Es gibt aber auch Schulen, bei denen diese Voraussetzungen geschaffen werden müssen.
Wenn dies alles auf halber Strecke stecken bleibt, wenn wieder die Frage gestellt wird, welche Landkreise diese Ressourcen haben und es leisten können und welche Landkreise nicht, dann brauchen wir ein Begleitprogramm, das in den Haushaltsverhandlungen eine Rolle spielen muss. Ich weiß, wie schwierig das ist.
Es macht aber keinen Sinn, jetzt loszulaufen und den Kreisen zu sagen, wir reichen euch das Geld durch, richten eine Fachstelle ein, aber mehr machen wir nicht. Das Geld des Bundes ist eine wichtige Voraussetzung und stellt einen ordentlichen Sockel dar. Es reicht aber nicht aus, um hinterher eine IT-Infrastruktur zu haben, von der wirklich alle Schulen und Schulträger sagen können, wir haben vergleichbare Bedingungen und können die Infrastruktur pädagogisch einsetzen.
Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Ich konnte wahrnehmen, dass der Vorschlag gemacht worden ist, den Antrag an den Ausschuss für Bildung und Kultur zu überweisen. Dann stimmen wir darüber ab. Wer der Überweisung des Antrages zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalition, die Fraktion DIE LINKE, die AfD und der fraktionslose Abgeordnete. Gibt es Gegenstimmen? - Das sehe ich nicht. Gibt es Stimmenthaltungen? - Zwei Stimmenthaltungen bei der AfD-Fraktion. Damit ist der Antrag an den genannten Ausschuss überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 26 ist erledigt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede möchte ich zum besseren Verständnis einen Blick auf das Jahr 2001 werfen. Nach dem Pisa-Schock - Deutschland fand sich nur im Mittelfeld wieder - haben sich die Kultusministerinnen und -minister in ihrer Plenarsitzung am 5. und 6. Dezember 2001 auf sieben Handlungsfelder verständigt.
Zu den Bereichen, in denen sie vorrangig tätig werden wollten, gehörten gleich als erstes Handlungsfeld Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachkompetenz bereits im vorschulischen Bereich und als weiteres Handlungsfeld Maßnahmen zur wirksamen Förderung bildungsbenachteiligter Kinder, insbesondere auch der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.
Der Bildungskonvent in Sachsen-Anhalt orientierte in seiner damaligen Handlungsempfehlung zur frühkindlichen Entwicklung im März 2008 auf - ich zitiere -:
Sprachstandserhebungen für Vier- bis Fünfjährige, in deren Folge, in Abhängigkeit vom Ergebnis, verbindliche Sprachförderkurse angeboten werden. Das Ziel besteht in dem Bestreben, Entwicklungsprobleme beim Spracherwerb frühzeitig zu erkennen und bis zum Schuleintritt abzubauen.“
die Beschlüsse der ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder als auch die Handlungsempfehlungen des Bildungskonvents für das Land Sachsen-Anhalt gelten heute noch und gehören unserer Auffassung nach umgesetzt.
Wie sieht es derzeit in unserem Land aus? - In unserer Großen Anfrage zur Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt antwortete die Landesregierung auf die Frage, wie hoch der Anteil von in Armut lebenden Kindern und Jugendlichen bezüglich der Auffälligkeit in ihrem Sprachverhalten sei, so:
„Die Häufigkeit von Sprachstörungen bei allen Schülern ist vom Sozialstatus der Kinder abhängig. Kinder mit niedrigem Sozialstatus sind deutlich häufiger betroffen als Kinder mit mittlerem Sozialstatus und diese wiederum häufiger als Kinder mit hohem Sozialstatus.“
Dies, meine Damen und Herren, darf meiner Meinung nach nicht so hingenommen werden und es verlangt ein Gegensteuern.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht so, dass wir im Land damals nicht tätig geworden wären. Bis zum Jahr 2013 gab es im Kinderförderungsgesetz eine flächendeckende Sprachstandserhebung in den Kitas.
Dass mit der Auswahl des Programms „Delfin“ nicht das optimale Instrument zum Einsatz kam, bestätigten uns damals viele Fachleute. Leider gab es hierzu nie eine Evaluation des Verfahrens, wie es gesetzlich vereinbart war, da, wie Sie alle wissen, mit der Einführung des neuen KiFöG kurzerhand die Sprachstandsfeststellung abgeschafft wurde.
Damit sind wir das einzige Bundesland, welches keine landesweite Sprachstandserhebung mehr durchführt. Zwar sind die 2,5 Millionen €, die für diese Aufgabe bereitgestellt wurden, im Finanzierungssystem des KiFöG weiterhin enthalten, aber nicht mehr zweckgebunden. Das heißt, es wird für andere Aufgaben genutzt.
In Expertenkreisen war diese Maßnahme seitens der Landesregierung und der Koalition heftig umstritten. Die Daten zur Schuleingangsunter
suchung zeigen uns aber gegenwärtig insgesamt einen Anstieg der Sprachstörungen. Die Defizite in der Artikulation stiegen im Zeitraum von 2014 bis 2017 um fast 2 %, die Defizite in der Grammatik im selben Zeitraum ebenfalls um 2 %.
Frau Prof. Dr. Schlenker-Schulte, Institut für Rehabilitationspädagogik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, sagte damals - ich zitiere -:
„Eine ersatzlose Abschaffung der Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung ist bildungspolitisch die falsche Botschaft; denn es entstünde der Eindruck, in Sachsen-Anhalt sei Sprache nicht mehr wichtig.“
Frau Prof. Dr. Rabe-Kleberg, Institut für Soziologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, sagte damals - ich zitiere -:
„Ich denke, der Umstand, dass der Gesetzgeber und die Regierung Sprachfeststellungsverfahren eingerichtet haben, spricht dafür, dass sie die Verantwortung für diesen entscheidenden Punkt in den Bildungsprozessen bei den Kindern übernommen haben. Würde dies ersatzlos gestrichen, wäre das eindeutig ein falsches politisches und ein falsches fachliches Signal.“
Ich könnte Ihnen weitere Meinungen von Expertinnen vorstellen, denke aber, es ist deutlich geworden, worum es geht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß, dass in unserem Land das Bildungsprogramm „Bildung elementar - Bildung von Anfang an“ gesetzlich verankert wurde und ein Halbsatz zur Legitimierung Eingang fand, der da heißt - Zitat -, „unter besonderer Beachtung der Sprachförderung“. Dabei blieb es auch.
Aus unserer Sicht wurde dieser Teil inhaltlich nicht umgesetzt. Auch wenn einige Kitas im Land am Modell Sprach-Kitas teilnehmen, ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits seit dem Jahr 2012 gibt es eine Bund-Länder-Initiative zur Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Leseförderung. „Bildung durch Sprache und Schrift“ ist eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegebene Studie. Sie war auf fünf Jahre angelegt. Verbünde aus Kindertageseinrichtungen und Schulen sollten enger zusammenarbeiten, um ihre Erfahrungen auszutauschen und natürlich abgestimmte Maßnahmen der Sprachbildung umzusetzen.
Dabei sollen die sprachliche Bildung von Kindern und Jugendlichen sowie die in den Bundesländern eingeführten Angebote zur Sprachförderung,
Sprachdiagnostik und Leseförderung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Effizienz wissenschaftlich überprüft und weiterentwickelt werden.
unsere Sprachstandsfeststellung im Jahr 2013 abgeschafft haben, konnten wir logischerweise im Kita-Bereich nicht an dieser Studie teilnehmen.
Das heißt also, an dieser Stelle ist eine Chance vertan worden, wie ich meine. Deshalb, meine Damen und Herren, würde ich es begrüßen, wenn wir uns erneut mit dem Thema Sprachstandsfeststellung auseinandersetzen und die aktuellen Ergebnisse der Studie einbeziehen.