Protokoll der Sitzung vom 27.09.2019

Erste Beratung

Anglerinnen und Angler im Land unterstützen - Anerkennung der Pflegearbeiten und finanzielle Unterstützung für neu zu erwerbenden Initialbesatz

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 7/4936

Alternativantrag Fraktion AfD - Drs. 7/4976

Einbringer wird der Abg. Herr Höppner sein. Er steht schon bereit. Sie haben jetzt das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn über das Angeln geredet wird, dann denken regelmäßig viele daran, dass da ein paar Anglerinnen und Angler an irgendeinem Gewässer herumsitzen und versuchen, einen dicken Fisch an Land zu ziehen, oder auch nur die Ruhe am Wasser genießen wollen. Ich glaube, die wenigsten wissen, dass zum Angeln weitaus mehr gehört und die Anglerinnen und Angler auch weitaus mehr leisten.

Im Landesanglerverband Sachsen-Anhalt e. V. sind mehr als 100 Vereine mit mehr als 43 000 Mitgliedern organisiert. Circa 4 300 Kinder und Jugendliche sind ebenfalls darin organisiert. Gerade die Jugendarbeit hat zum Ziel, den Nachwuchs frühzeitig an die Rechte und Pflichten in der Fischerei, besonders im Hinblick auf den Tier-, Natur- und Umweltschutz, heranzuführen. Die Beschäftigung in und mit der Natur ist gerade für die Jugendlichen im Verein eine wichtige Tätigkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Der Verein hat eine große Verantwortung gegenüber seinen Mitgliedern sowie den Gewässern und somit für die gesamte Natur. Auch innerhalb des Landesverbandes nimmt der Angelsportverein wichtige gemeinschaftliche Aufgaben wahr. Mit Stolz kann er auf eine erfolgreiche Vereinsarbeit im Bestreben um die Pflege und Erhaltung der Natur zurückblicken. Dafür braucht man eine ganze Menge Idealismus, vor allem aber eine hohe Einsatzbereitschaft im Ehrenamt.

Wie ich schon betonte, angeln die Anglerinnen und Angler nicht nur, sondern hegen und pflegen die Gewässer mit viel Energie und schaffen so die Voraussetzung dafür, dass die Mitglieder und auch alle Bürgerinnen und Bürger einen Nutzen von der Natur haben bzw. diese entsprechend genießen können und sie uns auf lange Zeit erhalten bleibt.

Die Angelvereine leisten wertvolle Beiträge dazu, Gewässer zu schützen, und aufgrund ihrer abgelegten Fischereiprüfung und mit dem dabei erworbenen Wissen erfüllen die Anglerinnen und Angler am Wasser außerdem eine wichtige Aufsichtsfunktion.

Der Besatz mit Fischen ist wichtig, um die Artenvielfalt zu erhalten. Es werden gezielt Fischarten eingesetzt; zum Beispiel auch, um invasive Arten in Schach zu halten. Außerdem holen Anglerinnen und Angler Müll und Unrat aus den Gewässern - das geschieht übrigens in Größenordnungen -, der sonst wahrscheinlich schon meterhoch am Ufer oder Seerand liegen würde.

Der Landesanglerverband ist für viele Gewässer nur Pächter und nicht Eigentümer. Trotzdem ist er

gesetzlich verpflichtet, die vorhandenen Fischbestände zu pflegen und entsprechend dem historisch belegten Artenspektrum zu entwickeln. Anglervereine leisten somit Erhebliches für den Naturschutz und sie betreiben dafür einen hohen persönlichen Aufwand. Nicht zuletzt ist das Angeln aber auch ein praktischer Weg, großen Teilen der Bevölkerung ein vertieftes Verständnis und Erleben von Prinzipien der Nachhaltigkeit im Umgang mit der Natur und natürlichen Ressourcen zu ermöglichen.

Auch und gerade in den vergangenen Monaten haben unsere Anglerinnen und Angler wieder Großes geleistet. Sie haben sich um die Natur und unsere Kinder gekümmert, haben sich für gefährdete Fische eingesetzt und sich auch anderweitig stark engagiert.

Ein sehr wichtiger Schwerpunkt ist die Bewirtschaftung der Gewässer, insbesondere die Erhaltung und Förderung der Gewässer als natürlicher und intakter Lebensraum verschiedenster Tier- und Pflanzenarten.

Nach eigenen Angaben stellt der Landesanglerverband Sachsen-Anhalt e. V. hierzu jährlich

500 000 € zur Verfügung. Diese werden größtenteils für den Fischbesatz sowie für Gewässerpflegemaßnahmen verwendet. Hauptsächlich geht es darum, die ökologische Artenvielfalt in den Gewässern zu fördern und zu erhalten. Dies zeigt sich zum Beispiel bei der erfolgreichen Wiederansiedlung von einstmals heimischen Fischarten wie etwa dem Lachs.

Wesentliche Besatzmaßnahmen richten sich übrigens auf den Erhalt anglerisch völlig uninteressanter Kleinfischarten. Damit wird letztlich verdeutlicht, dass keine Beschaffung von Fischen für das reine Angelvergnügen erfolgt, sondern ein Ersatz von Fischbeständen.

An dieser Stelle möchte ich den vielen ehrenamtlichen Angerinnen und Anglern danken; denn ohne deren Einsatz, ohne deren Besatz- und Pflegemaßnahmen würde es zum Beispiel den europäischen Aal in unseren Gewässern überhaupt nicht mehr geben und viele andere Fischarten wären ebenso für immer aus unseren Gewässern verschwunden.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber, meine Damen und Herren, die Anglerinnen und Angler waren in diesen Jahren an vielen Stellen besonders gefordert und im Einsatz. Durch Trockenheit und Hitze ist es in ganz Sachsen-Anhalt vermehrt zu massivem Fischsterben gekommen; zum Beispiel in der Unteren Milde, im Stadtsee Stendal, im Saalealtarm Nienburg, im Garzer See und in vielen anderen Gewässern konnten wir das erleben.

In den Medien konnte man solche und ähnliche Vorkommnisse fast täglich lesen. Viele tausend Fische sind aufgrund von niedrigen Wasserständen und Sauerstoffmangel verendet. Ein Großteil davon musste abgefischt werden.

Auch Feuerwehr und THW versuchten, mit zusätzlichen Wassereinleitungen in Standgewässer den Sauerstoffgehalt zu erhöhen. Die Vereine haben sich zum Teil auch neue Technik anschaffen müssen, um zum Beispiel Wasser zum Sauerstoffeintrag über den Gewässern verrieseln zu können.

Aber auch Umweltverschmutzung führte nicht nur in diesem Jahr zu vermehrtem Fischsterben, so zum Beispiel in der Bode. Tausende von Fischen sind dort verendet, nachdem durch einen oder mehrere Einleiter massiv Schadstoffe in das Wasser gelangt sind. Die Anglerinnen und Angler fragen zu Recht, ob es sich überhaupt noch lohnt, jedes Jahr neue Fische in die Bode zu setzen, die nach kurzer Zeit wieder mit dem Bauch nach oben schwimmen. Der wirtschaftliche Schaden ist für sie nicht mehr tragbar, und natürlich ist der damit einhergehende naturale Schaden eigentlich unbezahlbar.

Darüber hinaus kam es in ganz Sachsen-Anhalt auch zum Trockenfallen vieler Kleingewässer, für die ein erneuter Besatz von der Erfüllung weiterer Bedingungen abhängt.

In allen Landkreisen wurden somit hauptsächlich durch die Trockenheit Fischbestände reduziert. Nicht selten sind Gewässer so geschädigt, dass die natürliche Reproduktion gestützt werden muss, um das historische Artenspektrum zu erhalten.

Hohe Kosten entstehen aber beispielsweise auch durch massive Entschlammungs- und Entsorgungsmaßnahmen bzw. Wasserregulierungsmaßnahmen. Apropos Wasserregulierung: Ich denke, wir sind uns darin einig, welche große Bedeutung die Ressource Wasser für uns alle insgesamt hat.

Gerade jetzt können wir an den Entwicklungen in den letzten zwei Jahren deutlich ablesen, was es bedeutet, wenn Niederschläge massiv zurückgehen, und welch schwerwiegende Konsequenzen für Mensch und Natur zwei aufeinanderfolgende Jahre Trockenheit haben. Der gesamte Wasserhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht. Mittlerweile kann man davon ausgehen, dass die aufgezählten Probleme landesweit bestehen und wahrscheinlich leider auch künftig bestehen werden. Es gilt, die Wasserversorgung sicherzustellen und Gewässerkörper im Oberflächen- und Grundwasser zu erhalten bzw. zu regulieren.

Meine Damen und Herren! Den großflächigen Ersatz von Fischbeständen und erhöhte Pflegemaßnahmen können die Anglerinnen und Angler un

möglich aus der eigenen Tasche finanzieren. Die Erhaltung der Biodiversität und der Naturschutz bzw. die Naturerhaltung in und an unseren Gewässern stellen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar. Deshalb brauchen die Anglerinnen und Angler Hilfe und Unterstützung. Wir sind in Sachsen-Anhalt in der glücklichen Lage, viele Gewässer inmitten der Natur mit wunderschönen Seen und Flüssen zu haben. Ich denke, es ist unsere Pflicht, das uns Anvertraute und zur Verfügung Stehende zu schätzen und das Geschaffene zu bewahren. In diesem Sinne: Petri Heil! - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Höppner. Ich sehe keine Fragen. - Wir werden jetzt für die Landesregierung den Beitrag von Frau Grimm-Benne hören. Sie wird in Vertretung der Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert sprechen. - Frau Ministerin GrimmBenne, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Keine Frage, die Pflege der Gewässer und Biotope, die Erhaltung des guten ökologischen Zustands und die Hege der Fischbestände durch die Anglerinnen und Angler verdienen Beachtung, Anerkennung und Unterstützung.

Die fischereiliche Hege, zu der die Fischereiausübenden nicht nur berechtigt, sondern auch gesetzlich verpflichtet sind, hat das Ziel, einen naturnahen, artenreichen Fischbestand zu erhalten bzw. aufzubauen, der der Größe und Beschaffenheit des Gewässers entspricht. Dieser Hegeverpflichtung kommen die Fischereiausübungsberechtigten durch Entnahme, Schonung und Besatz von Fischen nach.

Abgesehen von der natürlichen Sterblichkeit von Fischen kann es durch besondere Ereignisse oder Umweltbedingungen zu ungewollten Bestandsentwicklungen in den Gewässern kommen. So können zum Beispiel einzelne Fischarten oder Größenklassen durch fischfressende Vögel oder Säugetiere in Kleingewässern starkem Fraßdruck unterliegen, der eine natürliche Bestandsentwicklung verhindert. Außerdem können fehlende Laichhabitate, Wanderbarrieren oder eine

schlechte Wasserqualität zu fehlender Reproduktion und geringem oder ausbleibendem Jungfischaufkommen führen.

Fischsterben, das durch Sauerstoffmangel oder Schadstoffe induziert wird, kann den kompletten Fischbestand eines Gewässers vernichten. Der künstliche Besatz mit Fischen kann sowohl dem

Ausgleich von Defiziten im Gewässer als auch der gezielten Förderung oder Ansiedlung von Fischarten dienen.

Besatzmaßnahmen werden zu einem bedeutenden Teil aus privaten Mitteln der Anglerinnen und Angler finanziert, sei es aus Mitgliedsbeiträgen oder aus Mitteln der Fischereiabgabe. Dieses Engagement der Fischereiausübungsberechtigten besteht seit Jahrzehnten. Es schlägt jährlich mit mehr als 500 000 Arbeitsstunden zu Buche.

Fischbesatz, meine Damen und Herren Abgeordneten, ist jedoch keine Pflicht, die Verhinderung negativer Folgen von Besatzmaßnahmen dagegen schon. Die Auswirkungen von Besatzmaßnahmen beschränken sich nicht auf die besetzte Art, sondern betreffen die gesamte Fischartengemeinschaft des Gewässers und auch weiterreichende limnologische und ökologische Prozesse. Deshalb ist beim Besatz besondere Umsicht geboten. Zu diesem Thema gibt es eine Vielzahl konkreter Empfehlungen, an denen sich der Fischereiausübungsberechtigte im Rahmen der Umsetzung seiner Hegepflicht orientieren kann.

Die finanzielle Unterstützung für neu zu erwerbenden Initialbesatz, wie es in dem Antrag der Fraktion DIE LINKE formuliert ist, ist gut gemeint, aber aus fachlichen Erwägungen durchaus ein zweischneidiges Schwert. Erfolgreicher und ökonomisch wie ökologisch vertretbarer Fischbesatz setzt eine überlegte Planung voraus. Dabei ist in jedem Einzelfall eine ganze Reihe von Punkten zu beachten, auf die ich aus Zeitgründen nicht im Einzelnen eingehen kann.

Bevor über konkrete Maßnahmen einschließlich der Bereitstellung von Haushaltsmitteln entschieden wird, ist aus der Sicht der Landesregierung eine gründliche Analyse der Situation anzuraten. Dies betrifft insbesondere diejenigen Gewässer, in denen es in den letzten Wochen und Monaten durch Trockenheit und Hitze vermehrt zu Fischsterben gekommen ist, die sich also aus diesem Grund schon als anfällig erwiesen haben.

Als Grundsatz kann gelten, dass zunächst alle Alternativen zum Besatz geprüft werden sollten. Dazu zählen insbesondere Möglichkeiten des Gewässerschutzes und der Gewässerentwicklung. Nur intakte Gewässer bieten die Gewähr dafür, Heimat für eine artenreiche und gesunde Fischfauna zu sein.

In diesem Sinne sieht die Landesregierung die Offerte zugunsten zusätzlicher Haushaltsmittel für den Wiederaufbau naturnaher Fischbestände in den zu bewirtschaftenden Gewässern - sprich: für eine finanzielle Unterstützung der Anglervereine und -verbände beim Fischbesatz - zum jetzigen Zeitpunkt kritisch. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. Ich habe eine Wortmeldung vorliegen. - Herr Abg. Gallert, Sie dürfen jetzt an das Mikrofon schreiten. Bitte.

Frau Ministerin, ich weiß, das ist jetzt sozusagen nicht ganz Ihr Teich, in dem wir fischen,

(Heiterkeit bei der LINKEN)

aber trotz alledem: Ich meine, die Logik liegt in der Sache. Dazu muss man kein Fachmann sein. Herr Höppner hat es gesagt: Zwei Jahre lang haben wir diese extrem negative Entwicklung, und es sind die Fachleute. Es gibt faktisch keine besseren Fachleute als diejenigen, die sich als Anglerverband intensiv mit dem Fischbesatz und dessen Nachhaltigkeit beschäftigen. Diese sagen, um das ökologische Gleichgewicht zu erhalten, brauchen wir Unterstützung, übrigens in einem Bereich, worüber andere Verbände nur kühl lächeln würden, was die Höhe anbelangt.

Wenn Sie jetzt sagen, wir müssten erst einmal prüfen, ob das überhaupt sinnvoll und gut ist, dann frage ich mich: Wer in der Regierung soll denn das prüfen, wenn die Fachleute - sprich: die Anglerverbände - selbst sagen, das ist das, was wir eigentlich für die nächsten Jahre brauchen? Wenn es jetzt geprüft wird, ohne dass die Mittel eingestellt werden, dann prüfen wir auch noch im Jahr 2022; denn wir bekommen jetzt einen Doppelhaushalt. Dann werden es möglicherweise noch zwei Jahre sein, in denen es verschlafen wird. Dazu muss ich ganz ehrlich sagen, dann müssen wir den Leuten klar sagen: Nein, wir lassen es. Wenn wir reagieren, dann müssen wir jetzt reagieren.