Sie sagten vorhin, dass sich jetzt schon Verfassungsrechtler damit beschäftigen. Vielleicht können Sie ihnen das ja einmal empfehlen: Es gab in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2012 ein Urteil zu dem Haushaltsplan für das Jahr 2012. Unsere Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag hatte geklagt und hat auch recht bekommen. Dort gab es eine ähnlich chaotische Situation wie hier. Das heißt, wir wissen ganz genau, dass die Regierung hier mit ihrem Verhalten gegen die Verfassung verstößt.
Ein weiterer Aspekt: Wenn Sie sagen, Sie haben keinen Wissensvorsprung, dann spricht das aber für eine schlechte Kommunikation zwischen der Koalition und der Regierung.
Jetzt kann Herr Borgwardt darauf reagieren, und dann versuchen wir, in der Debatte vorwärtszukommen.
Mir steht es nicht zu, das zu sagen, aber ich bin natürlich immer froh, wenn ich hier einen intelligenten Präsidenten habe, der das in der Weise auslegt, dass ich die Gelegenheit habe zu antworten. Dieses Kompliment darf ich mir einmal erlauben. - Erstens.
Zweitens. Frau Heiß, das ist eben etwas, das in der Verantwortung der Landesregierung liegt. Die Kabinettssitzung fand vor der Pressekonferenz statt, und Sie können sich vorstellen, welche Empfehlung ich gegeben hätte. Dann müssen Sie aber denjenigen fragen, der das gemacht hat. Ich habe den Ministerpräsidenten gefragt und ihm gesagt, ich hätte das nicht gemacht; völlig klar. Das sage ich ganz eindeutig. Aber das müssen Sie nicht mich fragen. Ich habe das vor der Pressekonferenz gesagt, und zwar im Kabinett. Das sage ich klipp und klar. Das liegt in der Eigenverantwortung.
Drittens. Noch einmal ganz deutlich: Es ist eher ein Respekt vor dem Hohen Haus - deshalb habe ich das ausdrücklich gesagt -, dass wir - -
Über den Zeitplan kann man in aller Ruhe reden. Dass es sehr spät ist, steht außer Frage. Aber wenn ich Ihnen hier erkläre - das sage ich nicht, weil ich Sie anlüge -, dass wir keine Detailkenntnisse über Einzelpläne haben, dann hat das erst einmal formalrechtlich nichts damit zu tun, ob ich hier irgendjemandem misstraue. Das sage ich ganz deutlich. Wir sind in dem Prozess, dass die Landesregierung den Haushaltsplanentwurf aufstellt. Wenn ich Ihnen sage, dass wir keine Kenntnis dazu haben, und Sie machen daraus, es gäbe kein Vertrauensverhältnis, dann ist das ziemlich weit hergeholt.
Jetzt einmal ganz im Ernst: Ich habe Ihnen erklärt, wie die Lage ist, was damit zusammenhängt und wie das mit dem sogenannten Regelungsbedarf ist, den die Koalition sieht und den Sie offensichtlich auch sehen. Das hat mit der Aufstellung des originären Haushaltsplans zumindest nach meinem Kenntnisstand nichts zu tun.
Danke. - Damit sind wir zumindest am Ende dieses Beitrags und können nun in die Debatte einsteigen. Es ist übrigens eine Dreiminutendebatte. Als Erster hat Herr Minister Richter das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht vorweg zur vorläufigen Haushaltsführung und zu dem, was Frau Heiß sagte. Mir als Finanzminister wurde schon öfter gesagt: Du kannst froh sein, wenn du eine vorläufige Haushaltsführung hast; das ist ja das Sparmodell. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Auch dieses Haus hat das Jahr 2017 miterlebt, in dem der Haushalt im März verabschiedet wurde, wie auch in anderen Ländern. Das hat keine Auswirkungen auf das gesamte Jahr, was das Ausgabevolumen betrifft. Das heißt, wenn hier jemand davon ausgeht, dass man über eine vorläufige Haushaltsführung großartig einsparen könnte - - Frau Heiß, auch wenn Sie so kritisch schauen, Sie können sich die Zahlen gern anschauen.
- Wir kommen noch zu Artikel 94, Herr Knöchel. Dann können wir uns im Einzelnen dazu auseinandersetzen, und Sie werden sehen, dass auch eine vorläufige Haushaltsführung nicht dazu führt, dass im Land gar nichts mehr geht.
Aber bevor wir dazu kommen, komme ich zu Ihrem Vorwurf des Verfassungsbruchs. Lassen Sie mich bitte erst einmal die Rechtslage darstellen, dann den Sachverhalt, der darunter zu subsumieren ist, und danach können wir uns weiter darüber unterhalten, ob hier ein Verfassungsbruch vorliegt.
Sie haben vorhin zu Recht auf Artikel 93 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung hingewiesen. Dort ist geregelt - ich zitiere -:
„Der Haushaltsplan wird für ein oder zwei Rechnungsjahre, nach Jahren getrennt, vor Beginn des ersten Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz festgestellt.“
Artikel 94 regelt den Haushaltsvorgriff für den Fall, dass bis zum Schluss eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan für das folgende Jahr noch nicht durch Gesetz festgestellt ist. Entsprechend regelt § 30 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung, dass in der Regel die Landesregierung aufgefordert ist, bis zum 1. Oktober einen Haushaltsplanentwurf vorzulegen.
- Herr Knöchel, lassen Sie mich doch bitte einfach ausreden. - Das heißt - so weit muss man es noch einmal deutlich sagen -, dass sowohl der Regelfall als auch die Ausnahme durch die Landesverfas
Nun kommen wir zu dem Sachverhalt. Sie hatten bereits den 24. September 2019 angesprochen. Damals ist ein Grundsatzbeschluss gefasst worden - ein Grundsatzbeschluss über den Haushalt deshalb, weil man einen Haushaltsplan erst dann im Kabinett verabschieden kann, wenn auch alles vertitelt ist. Man hatte sich am 24. September 2019 darauf verständigt, noch die letzten Zahlen einvernehmlich in den Haushaltsplanentwurf aufzunehmen. Das ist eine technische Frage und das dauert. Das hatte, sage ich einmal, die Folge, dass wir noch einige Tage und eine Sondersitzung brauchten, um dann den Haushalt im Kabinett beschließen zu können.
Danach gab es Beratungen, und wir mussten feststellen, dass die Einnahmenseite nicht gesichert ist. Wir wollten nicht Gefahr laufen, dass im Landtag über einen Haushaltsplanentwurf verhandelt werden muss, der nicht ausgeglichen ist. Das hatte zur Folge, dass wir nochmals in Einzelverhandlungen eingetreten sind, um sowohl einnahmenseitig als auch ausgabenseitig zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen.
Das sehen wir auch als Ausnahme von dem Regelfall entsprechend Artikel 94 der Landesverfassung und entsprechend § 30 der Landeshaushaltsordnung.
Nun kommen wir zu der Frage der vorläufigen Haushaltsführung. Damit gehen wir auf Artikel 94 der Landesverfassung ein. In dem Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung können gemäß Artikel 94 Abs. 1 unserer Landesverfassung im Rahmen eines sogenannten Nothaushaltsrechtes alle Ausgaben geleistet werden, die - ich zitiere aus unserer Verfassung -,
1. um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen,
3. um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, sofort durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind.“
Ich weise darauf hin, dass die vorläufige Haushaltsführung für einen sachlich und zeitlich beschränkten Umfang die fehlende haushaltsgesetzliche Ermächtigung durch Sie, nämlich den Gesetzgeber, ersetzt. Da das eine Einschränkung Ihres parlamentarischen Budgetvorbehalts darstellt, ist während der vorläufigen Haushaltsfüh
rung darauf zu achten, dass das Budgetrecht nicht unverhältnismäßig stark in Anspruch genommen wird. Für die Exekutive bedeutet dies eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen, die genau zu prüfen und zu begründen sind.
Durch das Ministerium der Finanzen wird vor jeder vorläufigen Haushaltsführung ein Runderlass vorbereitet, der die verfassungsmäßigen Grundlagen nochmals erläutert und den Ressorts die Prüfung der Voraussetzungen des Artikels 94 erleichtern soll. Dieser Runderlass hat nur deklaratorische Wirkung. Ausnahmen von den verfassungsmäßigen Vorgaben können per Erlass nicht festgelegt werden.
Ich kann an dieser Stelle aber deutlich machen, dass ich mit dem Erlass den Rahmen für Ausgaben, den die Verfassung einer vorläufigen Haushaltsführung eröffnet, voll ausschöpfen werde. Dies gilt auch für die von der antragstellenden Fraktion thematisierten langjährigen Projektförderungen.
Meine Damen und Herren! Der Erlass zur vorläufigen Haushaltsführung 2020 wird, da sich die Verfassungslage nicht geändert hat, demjenigen zur vorläufigen Haushaltsführung aus dem Jahr 2017 ähneln. Ich habe schon gesagt, dass im Jahr 2017 eine Bewirtschaftung der Mittel für einen langen Zeitraum, nämlich bis zum 28. März 2017, nur im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung erfolgen konnte.
Der damalige Erlass regelte zu Projektförderungen, dass diese in dem Umfang zulässig sind, soweit sie zur Erfüllung rechtlich begründeter Zahlungsverpflichtungen dienen - Artikel 94 Abs. 1 Nr. 2 - oder sofern es sich um Fortsetzungsmaßnahmen handelt - Artikel 94 Abs. 3 Nr. 3. Zu den rechtlich begründeten Zahlungsverpflichtungen gehören über Vertrag oder Verwaltungsakt bereits bewilligte Zuwendungen zur Projektförderung. Voraussetzung ist ein bestehender rechtlich durchsetzbarer Anspruch gegenüber dem Land.
Bei den von der antragstellenden Fraktion angesprochenen Fortsetzungsmaßnahmen ist zu beachten, dass bei einem Übertrag der Maßgaben des Erlasses aus dem Jahr 2017 in dem Haushaltsplan für das Jahr 2019 bereits Mittel dafür veranschlagt worden sein müssen. Der damit geäußerte Wille des Landtages als Haushaltsgesetzgeber zur Durchführung der betreffenden Maßnahmen, gegebenenfalls auch überjährig, muss erkennbar sein. Ein Indiz dafür wäre die Veranschlagung von Ausgaben oder Verpflichtungsermächtigungen für die betreffende Förderung in den Vorjahren. Für eine Veranschlagung derartiger Ausgaben in dem Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2020 muss mit der Projektförderung bereits im Jahr 2019 begonnen worden sein.
Lassen Sie mich abschließend kurz zusammenfassen: Ziel aller Beteiligten ist es, in diesem Jahr einen Haushaltsplanentwurf einzureichen, natürlich, wie Herr Borgwardt sagte, unter Beachtung der Steuerschätzung, die Anfang nächster Woche mit allen 16 Ländern, den Instituten und dem Bundesfinanzministerium durchgeführt wird. So wie es heute aussieht, werden wir am Mittwoch, in der Mitte des Tages, dann auch die Ergebnisse haben.
Wenn mich heute jemand fragt - ich kann es noch nicht sagen -, inwieweit das auch für uns in den Jahren 2020 und 2021 größere Auswirkungen hat - das wird sich zeigen. In der nächsten Woche sind wir etwas schlauer.
Zwar kann ich per Erlass die Voraussetzungen der Landesverfassung zur vorläufigen Haushaltsführung nicht abbedingen; aber ich will den Ressorts die Prüfung der Voraussetzungen von Artikel 94 erleichtern. Soweit verfassungsrechtlich zulässig, werde ich alle Ausgaben ermöglichen.
Nun, Frau Heiß, noch zu einer vorhin von Ihnen geäußerten Darstellung. Der Finanzminister hat mit den Ressorts vertraulich verhandelt. Das macht er weder über die Presse - da werde ich zwar öfter dafür gescholten, dass ich schweige - noch sonst irgendwie öffentlich. Wir haben das Ergebnis dann im September erreicht, allerdings mit der Feststellung, dass wir auf der Einnahmenseite noch ein Problem haben, das wir ausgleichen müssen.
Insoweit sage ich es noch einmal: Zielsetzung aller Beteiligten ist es, noch in diesem Jahr einen Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2020 und 2021 einzubringen, der alle Voraussetzungen erfüllt, auch unter Beachtung der Steuerschätzung, die jetzt erfolgen wird, um Ihnen dann die Möglichkeit zu geben, über diesen Haushaltsplanentwurf zu debattieren und ihn letztlich zu beschließen. - Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Finanzminister, Sie haben gesagt, das Hindernis für die Landesregierung, den Haushaltsplanentwurf einzubringen, seien Defizite bei den Einnahmen. Nun habe ich noch die letztjährige Einbringung des Haushaltsplanentwurfs und auch die Einnahmen
des Landes im Hinterkopf. Selbst wenn wir jetzt von der niedrigeren Steuerschätzung im Monat Mai ausgehen, werden wir im nächsten Jahr wieder einmal die höchsten Einnahmen in der Geschichte des Landes haben.