Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

(Zustimmung bei der CDU)

Kommen wir zur Streichung des § 51 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung. Ich glaube, an dieser Stelle muss ich kurz den Inhalt des § 51 Abs. 3 vortragen, damit klar wird, was im Augenblick gefordert wird.

§ 51 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung soll klarstellen, dass eine Körperschaft nur dann als steuerbegünstigt behandelt werden kann, wenn sie weder nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes verfolgt noch dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. § 51 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung bestimmt, dass bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, widerlegbar - ich wiederhole: widerlegbar - davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung nicht erfüllt sind.

Meine Damen und Herren! Eine Streichung dieses Satzes würde dazu führen, dass sämtlichen extremistischen Organisationen, egal welcher Orientierung, die Steuerbegünstigung nicht ohne Weiteres aberkannt werden könnte.

(Zustimmung von Daniel Szarata, CDU)

Das wäre die Konsequenz. Das Steuerrecht differenziert nicht nach erwünschten oder unerwünschten, nach angenehmen oder unangenehmen, nach angepassten oder unangepassten politischen Aktivitäten.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU, und von Daniel Szarata, CDU)

Das bedeutet, dass der Staat auch Organisationen am äußersten Rand des politischen Spektrums fördern müsste, die Anschauungen an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit vertreten. Das gilt nicht nur für den linken, sondern auch für den rechten Rand.

(Zustimmung bei der CDU)

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass von der bisherigen gesetzlichen Regelung lediglich Körperschaften erfasst wurden, die ausdrücklich als

extremistisch eingestuft wurden und werden. Anders als im Antrag dargestellt, führt eine bloße Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht nicht bereits zur Aberkennung der Steuerbegünstigung.

Wollen Sie wirklich, dass extremistische Körperschaften als gemeinnützig anerkannt werden? Ich halte das für abwegig. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der AfD)

Ich sehe keine Fragen an den Minister. Deswegen können wir jetzt in die Dreiminutendebatte einsteigen. Für die SPD spricht der Abg. Herr Schmidt.

Bevor Herr Schmidt aber redet, können wir gern noch Damen und Herren des Jugendverbandes der Feuerwehr aus dem Landkreis Harz begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Präsident, ich hoffe auf Nachsicht, was die Redezeit betrifft. Steuerrecht - das hat jetzt auch der Minister, glaube ich, erleben müssen - ist schwer in drei Minuten zu erklären.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich lasse, weil die Zeit kurz ist, alle Vorrede weg und setze mich gleich mit den Punkten 3 und 4 des Antrages der Fraktion DIE LINKE auseinander.

Punkt 3 betrifft die Ausweitung von § 52 der Abgabenordnung. Das ist eine ziemlich schwierige Materie. Der Minister hat schon ein bisschen hineingeleuchtet. Wenn man die Tür öffnet, gehen auch welche mit durch, die man dort gar nicht haben will. Die Vorschläge, die DIE LINKE hier gemacht hat - ich nenne nur einmal die Förderung des Friedens -, sind große Türen. Da kommen dann Kameradinnen und Kameraden, die Ihnen die Tür mitsamt der Türfüllung und den drei Fenstern daneben herausreißen.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

Diese Regelungen führen dazu, dass die russische Botschaft einen Förderverein einrichtet, dessen Titel lauten könnte „Das Baltikum ist doch eigentlich russisch, oder?“ und damit in Deutschland gemeinnützig wird zur Förderung des Friedens.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

All das kaufen Sie sich mit ein, wenn Sie das hier so anfangen. Das ist sehr viel kitzliger, als es hier in diesen etwas undurchdachten Formulierungen aufgeschrieben steht.

Das BMF arbeitet daran, und zwar an zwei Dingen; so hat sich jedenfalls der Staatssekretär Schmidt geäußert. Es arbeitet erstens an der Frage, was ist der Verein, der eigentlich nicht politisch ist, wenn er sich einmal politisch äußert? - Das klassische Beispiel ist immer der Karnevalsverein, der sagt: Ich will nicht, dass die Rechtsextremen bei uns mitmarschieren. Das ist eine politische Äußerung. Solche Vereine könnten deshalb in Angst geraten, ihre Gemeinnützigkeit zu verlieren. Dasselbe gilt auch für den Feuerwehrverband, der sich gegenüber einem Innenminister in Bezug auf die Feuerwehrausstattung äußert; auch das wäre dann politisch. Das muss man also sauber regeln, damit kein Bundesfinanzhof unverständliche Urteile fällen kann.

Das Zweite betrifft Vereine, die eigentlich nur aus Gründen von Politik existieren, wie Campact oder Attac. Auch hierbei stellt sich die Frage, wie man die Tür haben will. Ist das eine Tür, durch die man geht, oder nicht? - Das alles hat mit VVN und alledem nichts zu tun. Auch Campact oder Attac haben mit VVN gar nichts zu tun.

Auch zu Punkt 4 des Antrages muss ich etwas sagen. Die Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht soll nicht mehr als Anlass dazu dienen, die Gemeinnützigkeit infrage zu stellen. Das gilt dann für einen linken Verein und 30 rechte Vereine. Das ist überhaupt keine gute Idee. Die Finanzämter werden dann ganz viele Vereine, von denen sie das gar nicht wollen, in Ruhe lassen, und werden die Gemeinnützigkeit nicht mehr infrage stellen. Das ist ein richtig großes Problem.

Bei der VVN ist es so: Die sind ganz bestimmt nicht gefährlich, aber doof. Das muss man an der Stelle einmal sagen. Sie sind im bayerischen Verfassungsschutzbericht erwähnt, weil sie mit der DKP zusammenarbeiten; dagegen haben sie auch geklagt. Nun ist die DKP auch nicht gefährlich, möchte es aber gern sein; auch doof.

Wenn sie nicht so staatskritisch wären, hätten sie das längst mit dem Finanzamt Berlin klären können. Was haben sie stattdessen gemacht? - Eine politische Kampagne, gerichtet an einen Bundesfinanzminister, der null Regelungskompetenz hat, der nicht einmal die Akten des Falles sehen darf und in keiner Weise zuständig ist. Das offenbart auch ein bisschen ein verschwörungstheoretisches Bild, das in der VVN-Chefetage herrscht in Bezug auf die Frage, wer dort was entscheidet.

Politisch war es vielleicht noch ganz hilfreich. In der Sache hätten sie ihre Gemeinnützigkeit längst wiedererlangen können, und zwar ohne viel Ge

räusch. Wenn sie einfach das gemacht hätten, was alle vernünftigen Leute gemacht hätten, dann müssten wir heute nicht darüber debattieren. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich sehe keine Fragen. Für die AfD-Fraktion spricht der Abg. Herr Kirchner.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Antifaschismus ist gemeinnützig, so Ihr Antrag, werte Linke. Das ist Unsinn und Unsinn lehnen wir ab.

(Beifall bei der AfD)

Das tun wir aber nicht vordergründig deshalb, weil der sogenannte Antifaschismus eine Bedrohung für uns als Engagierte in der AfD ist, sondern wir lehnen Ihren unsinnigen Antrag ab, da Antifaschismus ein Problem und eben keine Lösung ist.

(Zustimmung bei der AfD)

Und Probleme können nicht gemeinnützig sein. Zudem ist die VVN rechtskräftig abgeurteilt und erhält genau aus diesem Grund keine Zuwendungen mehr.

Der Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt von 2018 führt aus, dass Antifaschismus ein wesentlicher Aktionsschwerpunkt der linksextremistischen Szene in Sachsen-Anhalt ist. Zur Bedrohung meiner Partei und Fraktion führt der VS-Bericht aus - ich zitiere -:

„Innerhalb des ‚Antifaschismus‘ hat die Fokussierung auf die AfD als politischen Gegner zugenommen. Angehörige oder Unterstützer der AfD sehen sich weiterhin einer potenziellen Bedrohung seitens Linksextremisten ausgesetzt. Sachbeschädigungen gegen Parteibüros oder Wahlplakate und Beleidigungen gegen Mitglieder werden als legitim angesehen und finden regelmäßig statt.“

Und das ist für Sie gemeinnützig, werte LINKE.

(Zustimmung bei der AfD)

Zur Zukunft linksextremistischer Gewalt im Land führt der VS-Bericht aus dem Jahr 2018 weiter aus - ich zitiere nochmals -:

„Es ist weiterhin von einer hohen Gewaltorientierung auszugehen. Zu den Hauptschwerpunkten autonomer Aktionsfelder

werden der ‚Antifaschismus‘ und der ‚Antirassismus‘ zählen, da diese über eine hohe gesellschaftliche Anschlussfähigkeit verfügen.“

Wahrlich stufen Sie eine hohe Gewaltorientierung als tatsächlich gemeinnützig ein, werte LINKE. Bei Ihrem Antrag habe ich das Gefühl, sie tun das. So fordern Sie unter Punkt 4, den ich kurz zitiere:

„Die Gemeinnützigkeit eines Vereins darf nicht ausschließlich aufgrund der Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht eines Landes aberkannt oder nicht gewährt werden.“

Was für ein Wahnsinn!

(Lydia Funke, AfD: Ja!)

Sie, meine Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, wollen ein Feuer mit Kerosin löschen. Sie wollen erreichen, dass der Verfassungsfeindlichkeit die Gemeinnützigkeit ausgesprochen wird. Sie haben das Ziel, linke Staatsfeindschaft als gesellschaftliche Normalität zu etablieren. So etwas werden wir nicht akzeptieren und immer und an jeder Stelle mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen.

(Beifall bei der AfD)