Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

Danke. - Nun kann ich ja verstehen, dass sich die Landesregierung dafür feiert, dass das Kraftwerk Schkopau erst im Jahr 2034 vom Netz geht.

Das gibt dem Mitteldeutschen Revier Planungssicherheit. Aber man muss auch fragen: Um welchen Preis wurde dies erreicht? Der Betreiber Uniper darf noch mit dem neuen Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ans Netz. Der Rohstoff dafür wird übrigens aus der ganzen Welt herangeschafft.

Dafür sollen aber nun vor allem kleinere Kraftwerke vom Netz genommen werden. Aus unserer Sicht und aus der Sicht der Kraftwerksbetreiber ist das ein Kuhhandel auf deren Rücken und steht auch im Widerspruch zu mehr dezentraler Energieversorgung.

(Zustimmung von Doreen Hildebrandt, DIE LINKE)

Dazu kommen immense Entschädigungszahlungen für Kraftwerksbetreiber; ihnen wird der Ausstieg mit Steuergeldern vergoldet. Die Kohlelobby hat sich also wieder einmal durchgesetzt.

Nun ja, wir haben im Land länger Zeit für den Strukturwandel. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass der dringende Handlungsbedarf aufgeschoben und die Förderungen von neuen Entwicklungen und Zukunftstechnologien blockiert werden.

Als Beispiel möchte ich die digitale Infrastruktur ansprechen. Sachsen-Anhalt hinkt beim Ausbau hinterher; das wissen wir.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Meilenweit!)

Dabei wäre eben jetzt auch die Chance, in die Hände zu spucken und beim Ausbau richtig anzupacken.

(Beifall bei der LINKEN)

Davon würden viele Branchen profitieren und es würde Sachsen-Anhalt einen entscheidenden Standortvorteil verschaffen.

Wir werden uns daher bei der Abstimmung über die Beschlussempfehlung der Stimme enthalten. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Eisenreich. Ich sehe keine Fragen. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abg. Frau Frederking.

(Unruhe)

- Wenn hier noch ganz viele Gespräche geführt werden müssen - kleinen Moment noch, Frau Frederking -, dann können wir vielleicht auch fünf Minuten Pause machen. Dann können Sie Ihre Gespräche beenden und wir fangen wieder von vorne an. - Sie haben jetzt das Wort, Frau Frederking.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Klimawandel verschärft sich dramatisch, die Probleme werden immer dringlicher. So ist es gut, dass der Kohleausstieg auch ein gesellschaftlicher Kompromiss ist, dass er kommt und dass er unumkehrbar ist.

Allerdings haben wir GRÜNEN auch immer gesagt, dass der Fahrplan der Kohlekommission ein Minimalkompromiss ist; denn bis zum vorgeschlagenen Enddatum 2038 können die Klimaschutzziele nicht erreicht werden. Wir setzen deshalb auf die verankerte Revisionsklausel, damit in den Jahren 2023, 2026 und 2029 nachgeschärft und der Kohleausstieg beschleunigt werden kann, falls das erforderlich ist. Wir gehen tatsächlich jetzt schon davon aus, dass das erforderlich sein wird.

Das, was die Bundesregierung jetzt allerdings aktuell mit dem Kohleausstiegsgesetz vorgelegt hat, ist ein verantwortungsloser und dreister Bruch mit dem Kohlekompromiss. Das Abschalten einiger Kraftwerke passiert viel zu spät und dann auch noch gehäuft statt stetig. Mit Datteln 4 soll ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz gehen und in Nordrhein-Westfalen sollen immer noch Dörfer abgebaggert werden.

Außerdem bestehen Zweifel, dass die CO2Zertifikate im Emissionshandel tatsächlich gelöscht werden, weil die Regelungen dafür noch gar nicht da sind. Das alles entspricht nicht der Intention der Kohlekommission und steigende Emissionen sind die Folge. Klimapolitisch ist das

irrsinnig und für die Stromnetze unnötig belastend.

Was wir jetzt brauchen, ist ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Das ist auch ökonomisch ein Vorteil, weil ihre Stromentstehungskosten nach unten gegangen sind

(Jens Kolze, CDU: Aber nicht für die Bür- ger!)

und sie langfristig auch preisdämpfend wirken. Seit Monaten wird gefordert, dass der Ausbaudeckel bei PV abgeschafft wird; Herr Hövelmann ist schon darauf eingegangen. Das muss endlich kommen.

Auch bei Wind-Onshore - wir haben darüber hier im Landtag gesprochen - ist der Ausbau eingebrochen. Wir brauchen wirklich schnelle Entscheidungen, wir brauchen größere Ausschreibungsmengen, wir brauchen klare Flächenziele für Windvorranggebiete.

Wir können es uns nicht erlauben, dass es hier eine Versorgungslücke gibt. Wir können es uns nicht erlauben, damit eine Rechtfertigung zu haben, um alte Kraftwerke, wie Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke, weiterlaufen zu lassen. Einer solchen Entwicklung müssen wir ganz entschieden entgegentreten.

Die Zeit der Kohle läuft aus. Die Zeit der erneuerbaren Energien ist da. Wir müssen uns trauen, alle Entscheidungen für eine hundertprozentige Erneuerung mit erneuerbaren Energien zu treffen.

Der Kohleausstieg birgt auch eine unglaublich große Chance. Die drei Kohleregionen können dann wirklich zu zukunftsfähigen und -festen Wirtschaftsregionen entwickelt werden. In diesen Regionen können dann auch Antworten auf die wichtigen Zukunftsfragen gegeben werden: Wie sieht es zum Beispiel aus mit der Speicherfrage? Das kann alles bei uns und in den Kohleregionen beantwortet werden. Es geht um Innovationen, erneuerbare Energien, Reallabore, Forschungsinitiativen und auch Infrastrukturmaßnahmen wie den Schienenausbau.

Für Sachsen-Anhalt sind jährlich 240 Millionen € vorgesehen an Strukturfördermitteln für 20 Jahre. Diese Mittel können dann auch genutzt werden für Investitionen und Aktivitäten, die auch eine nachhaltige wirtschaftliche Dynamik entfalten.

Für Sachsen-Anhalt gibt es wunderbare Perspektiven, gerade den Chemiestandort im Süden des Landes zu profilieren durch innovative Produkte und neue Geschäftsmodelle mit Produkten mit einem kleinen CO2-Rucksack.

Wir sind in Sachsen-Anhalt auf einem guten Weg. Als einziges der drei betroffenen ostdeutschen Bundesländer konnte Sachsen-Anhalt zwei Reallabore vom Bundeswirtschaftsministerium bestätigt sehen: zum einen das Speicherprojekt in Bad Lauchstädt, wo in einer Salzkaverne regenerativ erzeugter Wasserstoff gespeichert werden soll. Und zum anderen eine Modellregion mit Wasserstoffwirtschaft, wo aus Windstrom Wasserstoff gemacht wird, der in den Chemieparks in Leuna und Bitterfeld genutzt werden soll sowohl für die Chemieproduktion als auch für die Energieversorgung.

Energiewende und Chemieindustrie können sehr gut Hand in Hand gehen. So können wegbrechende Arbeitsplätze in der Braunkohle durch neue Industriearbeitsplätze ersetzt werden.

Ich bin zuversichtlich, dass der Strukturwandel gelingt. Nun brauchen wir Planungssicherheit vom Bund. Deshalb bitte ich die Landesregierung, in Berlin ein bisschen Druck zu machen, damit das Strukturstärkungsgesetz jetzt auch schnell kommt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abg. Frederking. Es gibt eine Wortmeldung des Abg. Herrn Farle.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Oha! Meine Güte!)

Herr Farle, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich habe natürlich genauso wenig Lust, noch etwas dazu zu sagen, wie das hier der Fall ist.

(Swen Knöchel, DIE LINKE: Aber Sie tun es!)

Andererseits, wenn der Herr Ministerpräsident hier spricht, dann möchte ich doch dazu sagen: Es geht hier um 16 000 Arbeitsplätze, gut bezahlte Arbeitsplätze.

In der Chemieindustrie.

Die Revisionsklausel kann man in zweierlei Richtung auslegen: Entweder man sagt, wie Sie das wollen: „Die Arbeitsplätze in der Braunkohle sollen schneller wegfallen.“ Man kann die Revisionsklausel aber auch so auslegen, wie ich sie jetzt für die AfD auslege: Wenn es keine Ersatzarbeitsplätze in den Dimensionen gibt, die wir sie brau

chen, dann steigen wir aus dem Ausstieg wieder aus. So einfach ist das, weil CO2 ein sehr gesundes Gas ist,

(Kerstin Eisenreich, DIE LINKE: Ach!)

das bei den Menschen entsteht, wenn sie ausatmen, und welches die Pflanzen und Bäume aufnehmen. Ohne CO2 gibt es kein Leben auf diesem Planeten.

(Beifall bei der AfD)

Wenn Sie das nicht begreifen, dann haben Sie nichts begriffen, gar nichts.

(Beifall bei der AfD)

Frau Frederking, Sie haben jetzt die Möglichkeit, darauf zu erwidern.